Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.198,65 (einschließlich S 927,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die AGRAR-I*** Gesellschaft mbH wurde am 1. Mai 1983 im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg in B 4.879 eingetragen. Ihr Gesellschaftszweck war u.a. die Beteiligung an anderen im Agrarhandel tätigen Unternehmen durch Einlagen, Aktienzeichnung oder Aktienerwerb, Erwerb von Lizenzen und Patenten, die dem Zweck des Agrarhandels dienen, und deren Nutzung sowie der Betrieb aller der Förderung dieser Zwecke dienenden Handelsgeschäfte und die Finanzierung und Vermögensverwaltung. Sie bot interessierten Kapitalanlegern die Beteiligung als stille Gesellschafter an den Gewinnen eines Unternehmens mit einer Beschränkung der Haftung auf die Höhe der Einlage an und stellte die Möglichkeit in Aussicht, durch die Beteiligung an großen und ertragreichen Geschäften überdurchschnittlich hohe, sichere und regelmäßige Erträge zu erwirtschaften; dabei werde mit größtmöglicher Vorsicht, Umsicht und Risikostreuung vorgegangen. Der Kläger, seit 1980 Anlageberater, ging nach Einholung einer Bankauskunft über die AGRAR-I*** Gesellschaft mbH, einer Empfehlung ihres Steuerberaters und verschiedener Erklärungen ihres Geschäftsführers insgesamt drei Beteiligungen mit Einzahlungen in der Gesamthöhe von S 550.000,-- (uzw. S 100.000,--, S 150.0000,-- und S 300.000,--) ein. Zu seiner Sicherheit erhielt er über 60 % seiner Einlageeinzahlungen Bankgarantien des B*** D*** & Co (nunmehr B*** D*** AG), die über erste schriftliche Aufforderung des Klägers ohne Prüfung des Rechtsgrundes nach vierwöchiger Kündigungsfrist zahlbar waren. An Gewinnausschüttungsbeträgen und Kapitalertragssteuergutschriften kamen dem Kläger aus den drei Beteiligungen insgesamt S 54.618,68 zu. Am 12. September 1985 wurde vom Erstgericht zur AZ S 74/85 über das Vermögen der AGRAR-I*** Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet und damit wurden die Beteiligungen des Klägers als stiller Gesellschafter aufgelöst. Es ist unbestritten, daß der Kläger aus den durch arglistige Irreführung seitens des seinerzeitigen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin zustande gekommenen Gesellschaftsbeteiligungen bei Abzug der ihm zugute gekommenen S 54.618,68 einen Schaden von S 495.381,32 erlitten hat. Davon hat der Masseverwalter im Prüfungsverfahren bereits S 208.045,40 als Konkursforderung des Klägers anerkannt. Bezüglich der von ihm bestrittenen Konkursforderung des Klägers von weiteren S 341.954,60 hat im Prüfungsprozeß das Erstgericht dem Feststellungsbegehren des Klägers voll stattgegeben. Das vom beklagten Masseverwalter angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil der ersten Instanz derart ab, daß es die zu Recht bestehende Konkursforderung mit S 287.335,92 feststellte und das Mehrbegehren über S 54.618,68 abwies. Im Verfahren über die vom Berufungsgericht für zulässig erklärte Revision des beklagten Masseverwalters, der nach dem Antrag des Klägers nicht Folge gegeben werden soll, steht nur mehr die Rechtsfrage zur Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht und mit ihm der Kläger meint - bei Vorliegen einer Bankgarantie zugunsten einer Konkursforderung nach § 18 KO vorzugehen sei, oder - wie der beklagte Masseverwalter meint - ob die Bankgarantie als Absonderungsrecht nach § 48 KO zu qualifizieren sei. Der beklagte Masseverwalter leitet für diesen Fall nämlich die Rechtsfolge ab, daß dann der Kläger als Absonderungsgläubiger infolge Unterlassung der Anführung seines Absonderungsrechtes die Konkursforderung nicht ordnungsgemäß angemeldet habe und deshalb im Prüfungsprozeß unterliegen müsse.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar wegen der bisher nicht zur höchstgerichtlichen Entscheidung gestandenen Behandlung einer Bankgarantie aus dem Gesichtspunkt des § 18 KO zulässig, sie ist aber sachlich nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zur Anwendung des § 18 KO folgende Erwägungen geäußert:
Die für jeweils 60 % des Beteiligungskapitals vorliegenden Bankgarantien des B*** D*** & Co, nunmehr B***
D*** AG, seien auf die Konkursforderung des Klägers ohne Einfluß; der Kläger habe sie vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz nicht abberufen können. Hafteten dem Gläubiger mehrere Personen für dieselbe Forderung zur ungeteilten Hand, so könne der Gläubiger gemäß § 18 KO bis zu seiner vollen Befriedigung gegen jeden Schuldner, der sich im Konkurs befindet, den ganzen Betrag der zur Zeit der Konkurseröffnung noch ausständigen Forderung geltend machen. Die Anwendung der Bestimmungen über die Gesamtschuld setze nur eine gemeinschaftliche Schuld, aber nicht deren Entstehung aus demselben Rechtsgrund voraus; eine Solidarschuld könne sich auch aus jeweils verschiedenen, bei den einzelnen Verpflichteten vorliegenden Rechtsgründen ergeben. Eine Unterscheidung zwischen echten und unechten Gesamtschulden sei dem ABGB fremd (vgl. WBl. 1988, 29). Wenn auch das B*** D*** als garantierende Bank und die Gemeinschuldnerin nicht in diesem Sinne Gesamtschuldner seien, da mit einer Bankgarantie nicht für die Erfüllung, wohl aber für die volle Genugtuung im Sinn des § 880 a ABGB gehaftet werde, sie also der Sicherung des Anspruches auf Erfüllung oder auf Interesseersatz diene (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 880 a), scheide doch eine Anrechnung aus, da jedenfalls bis zur Höhe der übernommenen Bankgarantie zumindest für das Interesse gehaftet werde. Der Kläger sei daher berechtigt gewesen, im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin seine gesamte noch ausständige Forderung ohne Berücksichtigung der Bankgarantie anzumelden.
Zunächst ist dem beklagten Masseverwalter auf seinen Einwand, die Bankgarantie sei als Absonderungsrecht zu qualifizieren, zu entgegnen, daß Absonderungsrechte überhaupt nur an dem zur Konkursmasse gehörigen, aber zur bevorzugten Befriedigung der Absonderungsgläubiger bestimmten Vermögen bestehen können. Da die Rechte aus der Bankgarantie dem Vermögen des Begünstigten zuzurechnen sind, kommt ihre Qualifikation als Absonderungsrecht im Konkurs des Schuldners nicht in Betracht.
Es entspricht dem sich gerade beim Vermögensverfall des Schuldners auswirkenden Zweck der ungeteilten Mithaftung eines oder mehrerer anderer Schuldner, daß im Einklang mit der Möglichkeit der vollen Geltendmachung der Forderung gegen jeden Schuldner auch ohne Rücksicht auf die Haftung der anderen im Konkurs jedes Schuldners, gleichviel ob jeder oder nur ein Teil von ihnen konkursverfangen ist, der Konkursteilnahmeanspruch nach Maßgabe der vollen Höhe der Forderung bis zu ihrer vollen Tilgung ausgeübt werden kann; diesen Grundsatz hat § 18 Abs 1 KO im Anschluß an sein Vorbild, den § 68 der dKO, anerkannt (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 122). Gegen den im Konkurs befindlichen Schuldner kann deshalb der ganze zur Zeit der Konkurseröffnung noch aushaftende Betrag geltend gemacht werden. Die in § 18 Abs 1 KO vorausgesetzte Gesamthaftung erfaßt auch die der Bürgschaft verwandte - wenngleich im Unterschied zu dieser nicht akzessorische, von der gesicherten Hauptschuld unabhängige - Bankgarantie, durch welche dem begünstigten Gläubiger Bestand und Einbringlichkeit seiner Forderung gesichert werden soll (Koziol, Garantievertrag 7); der Garant hat gemäß § 880 a ABGB volle Genugtuung zu leisten (Koziol aaO 44 ff.). Das durch die Garantie begründete Gesamtschuldverhältnis des Garanten mit dem Schuldner muß sich nicht auf den ganzen Betrag erstrecken; es genügt auch die teilweise Deckung, dann gilt § 18 Abs 1 KO freilich nur für den gedeckten Teilbetrag und ist insoweit nicht anwendbar, als der Schuldner bloß allein haftet (so auch Kuhn-Uhlenbruck, dKO10 Rz 5 zu § 68 mwN, insbes. BGH NJW 1960, 1295; RGZ 81, 414). Zur Zeit der Konkurseröffnung hat der Kläger aus der Bankgarantie keine Zahlungen erhalten; er war deshalb berechtigt, seine gesamte zu diesem Zeitpunkt noch nicht getilgte Forderung im Konkurs des Schuldners im Sinne des § 18 Abs 1 KO geltend zu machen. Dies haben beide Vorinstanzen richtig erkannt. Der Revision des beklagten Masseverwalters muß deshalb der Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)