OGH 8Ob644/87

OGH8Ob644/8730.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Huber und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rainer S***, Rechtsanwaltsanwärter, Andreas Hofer-Straße 2-4, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Heidi S***, geborene B***, Hausfrau, Pontlatzerstraße 51a, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 10. März 1987, GZ 1 R 266/86-66, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. Juni 1986, GZ 14 Cg 131/85-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1) Die Revision wird, insoweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

2) Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 308,85 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist der eheliche Sohn, Heidi S*** die Witwe des am 17. 12. 1979 verstorbenen, zuletzt in Innsbruck wohnhaft gewesenen (österreichischen) Rechtsanwaltes Dr. Ekkehard S***. Die vom Kläger im Hinblick auf die im Verlassenschaftsverfahren des Bezirksgerichtes Innsbruck nach seinem Vater abgegebenen widersprechenden Erbserklärungen erhobene Erbrechtsklage wurde rechtskräftig abgewiesen (14 Cg 116/81 des Landesgerichtes Innsbruck). Mit rechtskräftigem Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 7. 3. 1983, 3 A 378/80-94, wurde der Verlassenschaftskurator Dr. Hansjörg M*** seines Amtes enthoben und der auf Grund des erblasserischen Testamentes erbserklärten erblasserischen Witwe Heidi S*** die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. 8. 1985 wurde der im österreichischen Verlassenschaftsverfahren abgehandelte Nachlaß Dr. Ekkehard S*** der erblasserischen Witwe eingeantwortet. Zu dem nicht Gegenstand des österreichischen Verlassenschaftsverfahrens bildenden Nachlaß Dr. Ekkehard S*** gehört dessen Eigentumsrecht an 100/1000-stel Anteilen an der Liegenschaft in Malcesine (Gardasee, Italien), Folio IV, Parzelle (mappale) 724, samt untrennbar verbundenen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. 11 im Ausmaß von 31,6 m2.

Mit der am 7. 7. 1982 erhobenen, ausdrücklich gegen die Verlassenschaft nach seinem in Innsbruck wohnhaft gewesenen Vater, "vertreten durch den im Verlassenschaftsverfahren vor dem Bezirksgericht Innsbruck bestellten Verlassenschaftskurator Dr. Hansjörg M***", gerichteten Klage begehrte Dr. Rainer S***, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an diesen Miteigentumsanteilen seines Vaters an der Liegenschaft in Malcesine samt dem damit untrennbar verbundenen Wohnungseigentum an der genannten Wohnung zu seinen Gunsten einzuwilligen. Diese Garconniere sei ihm von seinem Vater zu einem nicht näher erinnerlichen Zeitpunkt in den Jahren 1977 bis 1979 auf Grund eines in Innsbruck mündlich geschlossenen Schenkungsvertrages geschenkt und auch tatsächlich übergeben worden.

Die beklagte Verlassenschaft, vertreten durch den Verlassenschaftskurator, und die auf deren Seite dem Verfahren als Nebenintervenientin beigetretene erbserklärte Witwe Heidi S*** beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Erblasser diese Garconniere dem Kläger weder geschenkt noch übergeben habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Zwischen Dr. Ekkehard S*** und seinem am 13. 4. 1946 geborenen Sohn Rainer bestand bis zum Jahr 1972 kein Kontakt. Von November 1976 bis Oktober 1978 wohnten Vater und Sohn im gemeinsamen Haushalt. Ab Februar 1977 gestattete Dr. Ekkehard S*** dem Kläger wiederholt, die genannte Garconniere für Urlaufsaufenthalte - auch mit Freunden und Bekannten - unentgeltlich zu benützen. Für Zwecke einer derartigen Benützung dieser Wohnung hat Dr. S*** seinen Sohn im Frühjahr 1977 in die Benützung dieser Wohnung eingewiesen und ihm die erforderlichen Schlüssel ausgefolgt. Schließlich traf das Erstgericht noch die negative Feststellung, es sei nicht erwiesen, daß zwischen Dr. Ekkehard S*** und dem Kläger jemals ein Schenkungsvertrag über diese Garconniere zustandegekommen sei und daß dem Kläger auf Grund eines solchen Schenkungsvertrages diese Garconniere tatsächlich übergeben worden sei.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß es Sache des Klägers gewesen wäre, den von ihm behaupteten Schenkungsvertrag nachzuweisen. Da ihm dieser Nachweis nicht gelungen sei, komme dem Klagebegehren keine Berechtigung zu.

Mit seinem Beschluß (ebenfalls) vom 9. 6. 1986 (ON 52 dA) stellte das Erstgericht im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Beendigung des (österreichischen) Verlassenschaftsverfahrens die Bezeichnung der beklagten Partei von Verlassenschaft nach Ekkehard S*** in "Heidi S***" richtig. Dem vom Kläger dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz keine Folge (Beschluß vom 11. 12. 1986, ON 62 dA).

Das Gericht zweiter Instanz verwarf die wegen Nichtigkeit (mangelnde Vertretung der beklagten Verlassenschaft im Verfahren) erhobene Berufung des Klägers und gab dessen Berufung im übrigen nicht Folge; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000,- S übersteigt. In Erledigung des in der Berufung geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes - Heidi S*** sei nur für das im Inland gelegene Vermögen des Erblassers, nicht aber für die im Ausland befindlichen Vermögensgegenstände und Liegenschaften vertretungsbefugt gewesen - führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, daß es im vorliegenden Verfahren ausschließlich um die Verpflichtung der Verlassenschaft nach Dr. Ekkehard S*** (bzw der Beklagten als eingeantwortete Erbin) auf Zuhaltung eines angeblichen Schenkungsvertrages zwischen Dr. Ekkehard S*** und dem Beklagten gehe, wobei die Frage, wer Erbe sei, sich gemäß § 28 IPRG nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, also nach österreichischem Recht richte. Da der Nachlaß Dris S*** vom österreichischen Gericht an Heidi S*** zur Gänze eingeantwortet worden sei, sei sie als Erbin des gesamten Nachlasses anzusehen. Eine allfällige Verpflichtung aus dem Schenkungsvertrag wäre also auf die nunmehrige Beklagte übergegangen. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund sei daher nicht gegeben.

In der Sache selbst übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines einwandfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise.

Von dieser Sachverhaltsgrundlage ausgehend, erachtete das Berufungsgericht auch die Rechtsrüge des Berufungswerbers als nicht berechtigt. Da der Kläger die mündliche Schenkung an ihn behauptet habe, treffe ihn hiefür die Beweislast. Dieser Beweis sei von ihm aber nicht erbracht worden. Soweit sich die Rechtsrüge gegen die Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei auf "Heidi S***" richte, werde der Berufungswerber auf die Entscheidungsbegründung des Oberlandesgerichtes Innsbruck (als Rekursgerichtes) vom 11. 12. 1986 (ON 62 dA) verwiesen. Da unter diesem Berufungsgrund weiter nichts vorgebracht werde, was über den Rahmen des bei Erörterung der behaupteten Nichtigkeit Gesagten hinausgehe, sei der Berufung der Erfolg zu versagen gewesen. Den Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes gründete das Berufungsgericht auf § 500 Abs 2 Z 3 ZPO.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 1 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung desselben Urteiles und Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens ab 8. 8. 1983 und in letzter Rangfolge die Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht beantragt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, insoweit sie Nichtigkeit geltend macht, unzulässig, im übrigen im Hinblick auf den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Unter dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 1 ZPO wiederholt der Revisionswerber seine Ausführungen zum Berufungsgrund der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO. Da das Berufungsgericht über die Frage des Vorliegens der behaupteten Nichtigkeit - diese verneinend - abgesprochen hat, und § 519 ZPO die Anfechtung dieses Beschlusses ausschließt (Fasching IV 409; derselbe, Lehrbuch, Rz 1979 f), kann im Verfahren dritter Instanz die vom Kläger behauptete Nichtigkeit nicht mehr aufgegriffen werden (Fasching IV 299 f; RZ 1968, 108; SZ 44/76; RZ 1976/110; 5 Ob 677/77; 5 Ob 755/81; SZ 54/190 ua). Insoweit die Revision also Nichtigkeit geltend macht, ist sie unzulässig und muß deshalb verworfen werden.

In seiner Rechtsrüge verweist der Revisionswerber auf den Mangel der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit bezüglich des Miteigentumsanteils des Erblassers an der in Italien gelegenen Liegenschaft iS des § 21 AußStrG und den Umstand, daß die im Verfahren 3 A 378/80 des Bezirksgerichtes Innsbruck ergangene Einantwortung des Nachlasses an die erblasserische Witwe das unbewegliche Vermögen des Erblassers in Italien nicht zum Gegenstand hatte. Damit ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen, denn die von ihm daraus gezogenen Schlüsse gehen nicht von der tatsächlichen Verfahrenslage aus und verkennen den Kern des Problems. Der Kläger hat nämlich von Anfang an sein Klagebegehren ausdrücklich gegen die der inländischen Nachlaßpflege unterliegende Verlassenschaft nach seinem in Innsbruck zuletzt wohnhaft gewesenen Vater, vertreten durch den in diesem Verfahren bestellten Verlassenschaftskurator, gerichtet und erst nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung im Zusammenhang mit der vom Erstgericht vorgenommenen Berichtigung der Parteienbezeichnung den Standpunkt eingenommen, daß die beklagte Partei "richtigerweise nach wie vor die Verlassenschaft nach Dr. Ekkehard S*** und nicht die erbserklärte Witwe" sei. Wenn er in diesem Zusammenhnag meinte, es seien die Voraussetzungen für eine "Berichtigung der Parteienbezeichnung" nicht vorgelegen, mit dem die Bezeichnung der beklagten Partei "richtigstellenden" Beschluß werde vielmehr ein anderes Rechtssubjekt in das Verfahren eingeführt, übersieht er, daß er im Verfahren erster Instanz als beklagte Partei eben nur den der österreichischen Abhandlungspflege unterliegenden ruhenden Nachlaß in Anspruch genommen hat, nicht aber die aus dem in Malcesine gelegenen unbeweglichen Erbschaftsvermögen bestehende "hereditas jacens" (eredita giacente), die nach italienischem Recht zwischen dem Erbfall (delatio hereditatis; delazione) und Annahme der Erbschaft (aditio hereditatis; accettazione) besteht (vgl Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, III, Länderteil Italien, Rz 196 bis 199). Damit ist aber er es selbst, der im Rechtsmittelverfahren eine Änderung der Person der beklagten Partei herbeiführen möchte; dies ist aber nicht zulässig.

Insoweit der Revisionswerber in seiner Rechtsrüge auf seiner Rechtsansicht beharrt, Heidi S*** sei zur Vertretung der (von ihm in Anspruch genommenen) beklagten Partei nicht befugt gewesen, versucht er auch unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO in unzulässiger Weise die in Ansehung der Frage der Vertretung der vorerst beklagt gewesenen Verlassenschaft unanfechtbare Entscheidung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen.

Bei Zugrundelegung der wahren Verfahrenslage entspricht die Abweisung des Klagebegehrens im Ergebnis der Sach- und Rechtslage. Die Passivlegitimation der beklagten Partei ist nicht dargetan. Das in Italien gelegene unbewegliche Nachlaßvermögen war nicht Gegenstand der inländischen Nachlaßpflege. Es wurde aber auch nicht behauptet, und ist es im Verfahren auch nicht hervorgekommen, daß es hinsichtlich des in Malcesine gelegenen unbeweglichen Nachlasses zu einer für die Wirksamkeit der Erbschaftsannahme der erblasserischen Witwe - als Anknüpfungsmoment (criterie di collegamento) gilt im italienischen internationalen Erbrecht ausschließlich die Staatsangehörigkeit des Erblassers (vgl Ferid-Firsching, aaO, Rz 9), sodaß das Erbrecht nach Dr. Ekkehard S*** auch hier nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen ist - gegenüber Dritten erforderlichen Transkription (trascrizione degli atti relativi ai beni immobili) im Sinne der Art 2648 mit 2643 Ziff 1, 2, und 4 sowie Art 2660 bis 2662 Codice Civile gekommen wäre (vgl Ferid-Firsching, aaO, Rz 209 sowie Texte C1, 120 bis 123). Da Malcesine nicht zu den durch den Friedensvertrag von Saint Germain an Italien abgetretenen ehemals österreichischen Gebieten gehört, gilt auch italienisches Verfahrensrecht und nicht das durch Königliches Dekret vom 4. 11. 1928 ab 1. 7. 1929 in den sogenannten Neuen Provinzen aufrecht erhaltene ehemalige österreichische Außerstreitverfahren, das nunmehr mit dem "certificato ereditario" (der Einantwortungsurkunde vergleichbar) endet (vgl Ferid-Firsching, aaO, Rz 19 und 266). Steht somit auf Grund der Aktenlage nicht fest, daß Heidi S*** als testamentarische Alleinerbin die Erbschaft (in Italien mit deren wirksamen Annahme mit Rückwirkung vom Erbfall; Art 459 Codice Civile) erworben hat (vgl Ferid-Firsching, aaO, Rz 196), so kann von ihr die mit der vorliegenden Klage begehrte Leistung nicht verlangt werden.

Der Revision konnte somit kein Erfolg beschieden sein. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Da im Revisionsverfahren eine Änderung des Streitgegenstandes nicht erfolgte, konnten der Revisionsgegnerin Kosten für ihre Revisionsbeantwortung nur auf der bisherigen Kostenbemessungsgrundlage zuerkannt werden. Mangels Beibringung der Gerichtskostenmarken besteht kein Anspruch auf Ersatz von Barauslagen.

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