OGH 8Ob637/84

OGH8Ob637/8421.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Dieter G*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rüdiger P*****, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 278.400,‑ s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Juni 1984, GZ 17 R 107/84‑65, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30. Dezember 1983, GZ 18 Cg 344/78‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00637.840.0321.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 9.332,10 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 960,‑ die USt. von S 761,10) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte vom Beklagten zunächst die Bezahlung von S 300.000,‑ ‑ s.A., schränkte dieses Begehren aber infolge Berücksichtigung einer Honorarforderung des Beklagten von S 21.600,‑ ‑ auf S 278.400,‑ ‑ s.A. ein (AS 59). Er führte im wesentlichen aus, daß der Beklagte an ihn herangetreten sei, sich mit einer Kommanditeinlage von S 300.000,‑ ‑ an der H***** KG zu beteiligen. Durch entsprechende Verlustzuweisungen würde sich ein Steuervorteil ergeben, der einer vollen Finanzierung des gezahlten Betrages gleichkäme. Zum Zeitpunkt der Anbahnung des Geschäftes sei der Beklagte als Steuerberater des Klägers tätig gewesen. Der Beklagte habe nicht nur diese Finanzierung garantiert, sondern darüber hinaus auch zugesagt, allfällige Verluste dadurch auszugleichen, daß er seine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung veranlassen werde. Zum angestrebten Steuervorteil des Klägers sei es deshalb nicht gekommen, weil der Beklagte in die Einkommenssteuererklärung des Klägers für 1976 wohl einen Verlust von mindestens S 300.000,‑ ‑ aufgenommen habe, jedoch keine entsprechenden Steuererklärungen und Bilanzen der P***** KG vorgelegen seien. Das Finanzamt habe daher die Anerkennung des Verlustes des Klägers abgelehnt. Der Beklagte sei nicht nur mit der Buchführung und Erstellung der Bilanzen der Kommanditgesellschaft beauftragt worden, sondern habe auch vom Kläger die gesamten Buchhaltungsunterlagen hiefür erhalten. Ebenso habe der Komplementär H***** seine Mitarbeit bei Erstellung der Bilanzen erklärt. Trotzdem habe der Beklagte schuldhaft die Erstellung der entsprechenden Bilanzen und Steuererklärungen unterlassen. Der Beklagte hafte außerdem als Sachverständiger, weil ihm bekannt gewesen sein mußte, daß die Finanzämter Verlustzuweisungen an einen Kommanditisten entweder überhaupt nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße als steuermindernd anerkennen, auch wenn dies noch nicht herrschende Gesetzeslage gewesen sein sollte. Vereinbarungswidrig habe der Beklagte auch lediglich S 50.000,‑ ‑ als Kommanditeinlage im Handelsregister eintragen lassen, so daß jedenfalls dieser Betrag die Grenze der steuermindernden Verlustzuweisung sei. Bereits im Jahre 1976 seien Beschränkungen bei Verlustzuweisung diskutiert worden, sodaß es Aufgabe des Beklagten gewesen wäre, möglichst rasch die Voraussetzungen für eine Steuerverminderung zu schaffen, das heißt die Bilanz der Kommanditgesellschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich 1. 9. 1976, fertig zu stellen. Der Beklagte habe gewußt, daß die Buchhaltung des Einzelkaufmannes H***** nicht vollständig und ordnungsgemäß geführt wurde und dieses Unternehmen keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltete. Er habe dies jedoch dem Kläger verschwiegen und ihm trotzdem zur Beteiligung geraten. Er habe außerdem als Wirtschaftstreuhänder wissen müssen, daß im Hinblick auf das Fehlen der gewerblichen Tätigkeit der beabsichtigte Zusammenschluß der Gesellschafter als Scheingeschäft im Sinne des § 23 BAO angesehen und von den Finanzbehörden nicht anerkannt werden würde. Der Beklagte habe daher den Kläger in Irrtum geführt. Der Beklagte habe weiters vertragswidrig den Betrag von S 300.000,‑ ‑ nicht an die Kommanditgesellschaft weitergeleitet, sodaß der Kläger zu dessen Rückforderung auch gemäß § 1431 ABGB berechtigt sei. Im übrigen hätten Verlustzuweisungen auch bei Vorliegen der Bilanz sowie der Gewinn‑ und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 1976 nicht erfolgen können, weil sogenannte Vorweggewinne bestanden hätten. Es liege daher auch eine schlechte Vertretung und die Abgabe eines falschen Rates vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses sei er nicht als Steuerberater des Klägers tätig gewesen, sondern habe diesem lediglich als zweiter vorgesehener Kommanditist einen Vorschlag unterbreitet. Seine diesbezügliche Tätigkeit sei außerdem unentgeltlich gewesen. Die Bestellung zum Steuerberater sei erst am 1. 12. 1976 erfolgt. Er habe keineswegs eine volle Finanzierung durch Verlustzuweisung garantiert, sondern lediglich davon gesprochen, daß mit Verlusten zu rechnen sei. Allerdings habe er erklärt, daß Verlustzuweisungen in der Höhe von S 600.000,‑ ‑ eine komplette Finanzierung der Einlage des Klägers bedeuten würden. Eine Deckung durch die Haftpflichtversicherung sei nur für den Fall vorgesehen gewesen, daß ihn der Kläger zu Recht auf Rückzahlung von S 300.000,‑ ‑ in Anspruch nehme, was jedoch bestritten werde. Der Beklagte sei wohl mit der Buchführung von H***** vor Gründung der KG beauftragt gewesen, nicht jedoch mit der Erstellung der Bilanzen und Steuererklärungen für die KG. Eine solche Tätigkeit sei ihm auch deshalb unmöglich geworden, da er über keinerlei Unterlagen verfügte. Über das Vermögen H***** sei mit Wirksamkeit vom 9. 11. 1976 der Konkurs eröffnet worden. Weder der Komplementär noch der Masseverwalter hätten ihm den Auftrag zur Erstellung von Steuererklärungen oder Bilanzen erteilt bzw. entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt. Zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses seien Verlustzuweisungen an einen Kommanditisten noch zur Gänze als steuermildernd anerkannt worden. Der sogenannte Pokorny‑Erlaß, eine interne Verfügung an die Finanzämter, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht gehandhabt worden. Eine gesetzliche Regelung sei durch das dritte Abgabenänderungsgesetz ab 1. 1. 1982 eingetreten. Weder die Änderung in der Praxis der Finanzämter noch die Gesetzesänderung sei vom Beklagten vorhersehbar gewesen. Der Betrag von S 50.000,‑ ‑ stelle lediglich die Hafteinlage dar. Der volle Betrag von S 300.000,‑ ‑ sei als Pflichteinlage vereinbarungsgemäß geleistet worden. Sofern sich der Kläger auf § 1431 ABGB berufe, stelle dies eine unzulässige Änderung der Klage dar.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Seit 1973 vertrat der Beklagte den Einzelkaufmann H***** in steuerrechtlichen Angelegenheiten. Da der Geschäftsgang schlecht war, vereinbarte er im September 1974 die Errichtung einer Kommanditgesellschaft, wobei H***** als Komplementär und der Beklagte als Kommanditist vorgesehen waren. Die Einlage des Beklagten sollte S 300.000,‑ ‑ betragen. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag wurde nicht errichtet. Es wurden lediglich die wesentlichen mündlichen Vereinbarungen notariell festgehalten. Eine Eintragung dieser Gesellschaft ins Handelsregister unterblieb. Ende des Jahres 1975 stellte sich heraus, daß weitere Kapitalzufuhren an das Unternehmen notwendig waren, so daß der Beklagte Beträge zwischen S 20.000,‑ ‑ und S 25.000,‑ ‑ mehrmals zuschoß. Ende des Jahres 1975 teilte der Beklagte H***** mit, daß eine neuerliche Kapitalzufuhr notwendig sei, was die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters bedeute.

Nachdem der Beklagte mit dem Kläger Kontakt aufgenommen hatte, wurde vereinbart, daß der Kläger, um in den Genuß von Verlustzuweisungen zu kommen, als Kommanditist in die Gesellschaft eintreten solle. Im Frühling oder Frühsommer 1976 besuchte der Kläger den Betrieb H*****s und zeigte sich an der Mitarbeit interessiert. Bei den darauffolgenden Gesprächen war von einer Kommanditgesellschaft die Rede, in welcher P***** als Komplementär und die Streitteile als Kommanditisten auftreten sollten. Der Beklagte teilte dem Kläger mit, daß mit einer Verlustzuweisung in der Höhe von S 1,2 Millionen zu rechnen sei, wobei sich dieser Verlust auf die beiden Kommanditisten aufteilen würde. Gleichzeitig würde über Sanierungsmaßnahmen gesprochen.

Am 26. 7. 1976 richtete der Beklagte an den Kläger ein Schreiben folgenden Inhaltes:

„Für Ihre Beteiligung bei der Firma Foto‑Atelier H***** KG in *****, habe ich vereinbarungsgemäß ‑ wie mit Herrn P***** besprochen ‑ den Kaufpreis von S 300.000,‑ ‑ in Teilbeträgen ab 1. September 1975 nunmehr zur Gänze erledigt. Ich bitte höflichst um Erstattung des von mir für Sie vorgelegten Kaufpreises.“

Am 27. 7. 1976 richtete der Beklagte an den Kläger nachstehendes Schreiben:

„Vereinbarungsgemäß habe ich für Sie an Herrn P***** dem Kaufpreis in Höhe von S 300.000,‑ ‑ für einen Drittelanteil in der am 1. 9. 1975 beginnenden Kommanditgesellschaft (Foto‑Atelier H***** KG) vorgelegt und nunmehr von Ihnen rückerstattet bekommen. In diesem Zusammenhang halte ich nochmals fest, daß nach der derzeitigen Rechtsprechung die Kommanditisten als Mitunternehmer im steuerlichen Sinn gelten und ‑ obwohl handelsrechtlich die Haftung beschränkt ist ‑ eine fiskalische Haftungsverpflichtung ‑ nur für Gewerbesteuerschulden ‑ in unbeschränkter Höhe in Anspruch genommen werden kann.

Da jedoch obiges Unternehmen in den letzten Jahren keinen Gewinn verzeichnet hatte, sind in den vorhandenen Steuerschulden keine Gewerbesteuer-verbindlichkeiten vorhanden. Es ist daher aus steuerlicher Sicht keine Haftungsinanspruchnahme zu befürchten. Durch die Beteiligung an obiger KG ist vielmehr infolge der Abschreibungen vom Firmenwert in der Ergänzungsbilanz mit Verlustzuweisungen im ersten Jahre zu rechnen, so daß die getätigte Investition von S 300.000,‑ ‑ durch den sich bei ihnen ergebenden Steuervorteil komplett finanziert.“

Die Höhe der vom Beklagten vorgeschossenen Beträge ist unbekannt und nicht feststellbar. Trotz der Versicherung des Beklagten ‑ ihm war die mißliche wirtschaftliche Lage der Firma P***** wohl bekannt ‑, es müsse eine weitere Kapitalzufuhr erfolgen ‑ dies sagte er auch dem Kläger ‑, brachte er die vom Kläger übergebenen S 300.000,‑ ‑ nicht in das Unternehmen ein, sondern behielt sie ‑ für angeblich bereits geleistete Vorschüsse ‑ für sich. Eine Kapitalvermehrung der Firma P***** trat also nicht ein.

Der Kläger übergab am 26. 7. 1976 S 300.000,‑ ‑ mittels eines Barschecks an den Beklagten und vereinbarte, daß dieser die Gründung der Kommanditgesellschaft durchführen sollte, wozu er auch mündlich bevollmächtigt wurde. Diese mündliche Vollmacht betraf die gesamte Erledigung der anfallenden Angelegenheiten betreffend die KG. An der Gründung der KG sollte Rechtsanwalt Dr. B***** insbesonders durch die Verfassung der Handelsregistereingabe mitwirken. Die Unterfertigung der Handelsregistereinlage erfolgte in der Kanzlei des Notars Dr. K*****. Als Hafteinlage des Beklagten war ein Betrag von S 50.000,‑ ‑ ausgewiesen. Trotz vorhandener Zweifel unterfertigte der Kläger die Eingabe. Zwischen dem Abschluß der Vereinbarung der Streitteile und der Unterfertigung der Handelsregistereingabe lagen einige Monate, während derer der Kläger wiederholt Geld der Firma P***** vorstreckte. Nachdem der Kläger um den von ihm bezahlten Betrag von S 250.000,‑ ‑ zu fürchten begann ‑ der Betrag von S 50.000,‑ ‑ war als Hafteinlage im Handelsregister ausgewiesen ‑ versuchte er vom Beklagten Garantien für die angekündigten steuerlichen Effekte zu erreichen. Auch äußerte der Kläger in Gegenwart Johann A*****s und des Beklagten Bedenken darüber, daß eine Kommanditeinlage für die steuerliche Abschreibung herangezogen werden könnte. In der Folge kam es in der Kanzlei Dris. B***** zu einer Aussprache, die letztlich zu einem Aktenvermerk vom 19. 11. 1976 führte: „Unter Verweis auf die Schreiben vom 27. 7. 1976 von Rüdiger P***** an Dkfm. Dieter G***** erklärte ersterer, für den Fall, daß er tatsächlich zu Recht auf Rückbezahlung eines Betrages von S 300.000,‑ ‑ an Dkfm. Dieter G***** in Anspruch genommen werden sollte, zunächst seine Haftpflichtversicherung zu verständigen und zur Zahlung an Dkfm. G***** aufzufordern. Sollte die Haftpflichtversicherung von Rüdiger P***** aus welchen Gründen immer Zahlung aus Anlaß dieses Schadensfalles nicht leisten, wird Herr Rüdiger P***** seine Gewinne zur Absicherung der Rückforderungsansprüche von Dkfm. Dieter G***** aus seinem Gesellschaftsverhältnis zur P***** Ges.m.b.H. und A***** Ges.m.b.H. an Herrn Dkfm. Dieter G***** abtreten und verpflichtete sich, ab jenem Zeitpunkt, in welchem die Haftpflichtversicherungsanstalt von Rüdiger P***** Zahlung nicht zu leisten erklärt, über diese Gewinne nicht mehr zu verfügen. Dkfm. Dieter G***** nimmt dieses Abtretungsangebot an, wobei gleichzeitig klargestellt wird, daß die Abtretung nur bis zur Höhe des Betrages von S 300.000,‑ ‑ wirksam wird. Dr. Dieter B***** wird schon jetzt von beiden Herren von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung für den Fall, daß diesbezügliche Zeugenaussagen abgelegt oder Erklärungen vor Behörden abgegeben werden müssen, entbunden. Allfällige Gebühren, die notwendigerweise durch die Vereinbarung auslaufen, übernimmt Rüdiger P*****.“

Schon vor Abfassung obigen Aktenvermerkes hatte sich die wirtschaftliche Situation der Firma P***** verschlechtert. Am 9. 11. 1976 wurde der Konkurs über das Vermögen Herwig P*****s als persönlich haftender Gesellschafter der Firma P***** KG eröffnet. Einen Tag vorher, nämlich am 8. 11. 1976, wurde die Foto‑Atelier H***** KG ins Handelsregister eingetragen, wobei als Kommanditisten Rüdiger P***** und Dkfm. Dieter G***** aufschienen. Die Gesellschaft hat am 1. 9. 1975 begonnen. Ein Konkursverfahren über das Vermögen dieser KG wurde nicht eröffnet.

Am 1. 12. 1976 bevollmächtigte der Kläger den Beklagten mit seiner steuerlichen Vertretung. Der Beklagte verfaßte auch die Einkommensteuererklärung des Klägers für das Jahr 1976. Diese wurde am 20. 1. 1978 beim Finanzamt für den 17. Bezirk abgegeben. Der Beklagte vertrat den Kläger auch noch für das Bilanzjahr 1977 und wurde vom Kläger gedrängt, die ihm zugesagten Abschreibungsmöglichkeiten zu verwirklichen. Er wurde jedoch vom Beklagten immer damit vertröstet, daß die Bilanz für das Jahr 1976 noch nicht fertiggestellt worden sei. Anläßlich der Räumung der Räumlichkeiten der Firma P***** sichtete der Kläger alle dort aufliegenden Unterlagen und brachte sie in das Büro des Beklagten. Nach Klagseinbringung erfolgte durch das Finanzamt eine Betriebsprüfung der Firma H*****, wobei eine Überprüfung der Bilanzjahre 1974 und 75 stattfand. Das Geschäftsjahr 1976 wurde nicht überprüft. Steuererklärungen oder Bilanzen für 1976 wurden nicht vorgelegt. In den vom zuständigen Betriebsprüfer P***** geführten Aufzeichnungen war seitens des Finanzamtes nicht geplant, für das Geschäftsjahr 1975 das Bestehen einer Kommanditgesellschaft steuerrechtlich anzuerkennen.

Die vom Beklagten für den Kläger im Rahmen der steuerlichen Vertretung für das Jahr 1976 erstellte Steuererklärung war nicht geeignet, eine Verlustzuweisung, welche für dieses Jahr grundsätzlich möglich war, zu erreichen. Unter Punkt 3.) der Steuererklärung für das Jahr 1976 wird angeführt:

„P***** KG, FA 1. Bezirk mehr als minus 300.000,‑ ‑ S“. Dies entspricht nicht den Fachkenntnissen eines ordentlichen Steuerberaters.

Zur Jahreswende 1976/77 war der Fachwelt bekannt, daß die Behandlung von Ergebnissen einer Kommanditgesellschaft zumindest strittig war. Am 4. 5. 1977 wurde ein entsprechender Erlaß im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlicht.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Haftung des Beklagten sowohl nach den §§ 1299, 1300 ABGB gegeben sei, als auch auf Grund der Irreführung. Der Umstand, daß der Kläger nunmehr seine Forderung auch auf § 1431 ABGB stütze, stelle keine unzulässige Klagsänderung dar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs. 4 (gemeint Z 1) ZPO zu lösen seien. Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Mängelrüge des Beklagten und teilte auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen im wesentlichen auch dessen Rechtsauffassung. Im einzelnen führte es aus, daß der Beklagte dem Kläger gegenüber als Sachverständiger im Sinne der §§ 1299, 1300 ABGB aufgetreten sei. Der Beklagte habe sich schon in seinem Schreiben vom 27. 7. 1976, in dem er den Erhalt von S 300.000,‑ ‑ bestätigte, als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater bezeichnet und habe detaillierte Ausführungen über die handelsrechtliche und steuerliche Behandlung der Zahlung des Klägers gemacht. In der Vereinbarung vom 19. 11. 1976 habe sich der Beklagte ausdrücklich verpflichtet, in einem Schadensfall seine Haftpflichtversicherung zur Zahlung in Anspruch zu nehmen. Für die Haftung nach § 1299 ABGB sei die Entgeltlichkeit ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob die Leistung im Rahmen eines Schuldverhältnisses erbracht wurde oder nicht. Eine Haftung nach § 1300 ABGB wäre nur dann zu verneinen, wenn es sich um eine bloße Gefälligkeit des Beklagten handelte. Die Tätigkeit in Ausübung eines Berufes sei im Zweifel eher als Vertrag denn als Gefälligkeit anzusehen. Eine Haftung habe die Rechtsprechung auch dann angenommen, wenn der Partner des Sachverständigen erkennbar die Absicht hatte, auf Grund von Rat und Auskunft wesentliche Vermögensdispositionen zu treffen. Eine Haftung sei auch bejaht worden, wenn der Vertragspartner Auskunft über wesentliche Umstände gibt und erkennt, daß sein Partner im Vertrauen darauf Dispositionen trifft, gleichgültig ob der Vertrag entgeltlich oder unentgeltlich war. Aus dem Gesamtverhalten der Parteien unter Würdigung aller Umstände sei daher davon auszugehen, daß der Beklagte als Sachverständiger im Sinne der §§ 1299, 1300 ABGB dem Beklagten gegenüber aufgetreten ist und die diesbezügliche Haftung zu tragen hat. Nach § 1299 ABGB sei der Maßstab, mit dem die Fahrlässigkeit zu messen ist, der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad des Fleißes. Lege man diesen Maßstab an das Verhalten des Beklagten an, so werde dessen Haftung begründet. Auf Grund des festgestellten Verhaltens des Beklagten habe der Kläger davon ausgehen müssen, daß der Betrag von S 300.000,‑ ‑ der Gesellschaft zufließen und den beabsichtigten wirtschaftlichen Effekt erzielen werde. Tatsächlich habe der Beklagte die Zahlungen des Klägers einbehalten, so daß sich an der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft nichts verbesserte. Die Entfaltung einer geschäftlichen Tätigkeit durch die neu gegründete KG sei jedoch unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Verlustzuweisung gewesen. Es sei wohl festgestellt worden, daß der Beklagte im Jahre 1975 mehrmals Beträge zwischen S 20.000,‑ ‑ und S 25.000,‑ ‑ der KG vorstreckte; der Beklagte habe es jedoch niemals unternommen, Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen zu konkretisierten, wozu er als Kommanditist der KG und als deren Steuerberater in der Lage sein mußte. Auch der Aufforderung des Sachverständigen Dr. S*****, Nachweis für die der Firma P***** durch den Beklagten übergebenen Geldbeträge zu führen, insbesondere entsprechende Quittungen zu legen, sei der Beklagte nicht nachgekommen, wobei es sich um Urkunden handelt, die im Besitze des Beklagten sein mußten. Der Einladung zu einer persönlichen Vorsprache beim Sachverständigen habe der Beklagte nicht Folge geleistet. Eine allfällige Unvollständigkeit des Sachverständigengutachtens gehe daher zu Lasten des Beklagten. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, dem Kläger gegenüber die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft so darzustellen, wie sie ihm nach seiner eigenen Aussage als Gesellschafter und Steuerberater bekannt war. Die Konkurseröffnung über das Vermögen von H***** mit 9. 11. 1976 sei wohl für den Kläger nicht aber für den Beklagten überraschend gewesen, sodaß die einen Tag vorher erfolgte Eintragung der Kommanditgesellschaft zusammen mit den übrigen Umständen dazu führte, daß das Finanzamt plante, ein Bestehen der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1975 nicht anzuerkennen. Dazu komme, daß der Beklagte Kenntnis davon haben mußte, daß eine ordnungsgemäße Steuererklärung bzw. Bilanz der KG Voraussetzung für eine Verlustzuweisung durch das Finanzamt war und es daher in seine Verpflichtung als Steuerberater der Gesellschaft fiel, die entsprechenden Unterlagen zu sichten und Erklärungen abzugeben. Die vom Beklagten für den Kläger erstattete Steuererklärung für das Jahr 1976 sei unsachgemäß erstellt und nicht geeignet gewesen, eine Verlustzuweisung zu begründen. Zutreffend stütze daher der Kläger seine Schadenersatzansprüche auf die §§ 1295, 1299, 1300 ABGB, da aus Verschulden des Beklagten der Kläger eine Zahlung leistete, die ohne eine sinnvolle wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft zu keiner Minderung der Steuerlast des Klägers durch eine erfolgreiche Verlustzuweisung und Finanzierung des hingegebenen Betrages von S 300.000,‑ ‑ im Wege des zugesagten Steuervorteils führte und die den Schadensumfang des Klägers darstelle, der in dieser Höhe ohne den erwarteten Vorteil blieb.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge des Beklagten stellte darauf ab, darzutun, daß er für den Kläger nicht als Steuerberater tätig war, der Unentgeltlichkeit des Geschäftes wegen nur wegen bösen Vorsatzes zur Haftung herangezogen werden könne, daß jedenfalls nicht festgestellt worden sei, er hätte S 300.000,‑ ‑ nicht in die Kommanditgesellschaft einbezahlt, daß ihn keine Verletzung der Aufklärungspflicht treffe, daß die von ihm für den Kläger erstattete Einkommensteuererklärung für das Jahr 1976 nicht unsachgemäß erstellt worden sei und daß der Kläger selbst seinen Verstand walten hätte lassen müssen, um der schließlichen Schädigung vorzubeugen.

Diesen Fragenkomplex hat das Berufungsgericht eingehend behandelt. Es ist im Gegensatz zu der Darstellung der Revision im Ergebnis zutreffend zur Haftung des Beklagten gelangt:

Wie das Gericht zweiter Instanz zunächst richtig ausführte, wies der Beklagte als Steuerberater in seinem Schreiben vom 27. 7. 1976 ausdrücklich auf sein Fachwissen hin und machte detaillierte Angaben über die handelsrechtliche und steuerliche Behandlung der Zahlung des Klägers. Er berief sich unter anderem auch auf die „derzeitige Rechtsprechung“ und gelangte zu der dezitierten Aussage, daß für den Kläger aus steuerlicher Sicht keine Haftungsinanspruchnahme zu befürchten sei. Ausdrücklich erklärte er darüber hinaus, daß sich die getätigte „Investition“ des Klägers durch den dabei zu erwirtschaftenden Steuervorteil „komplett finanzieren“ werde. Betrachtet man diese Zusage unter den Aspekten der übrigen festgestellten Erklärungen des Beklagten als Steuerberater, ist zunächst auf § 914 ABGB zu verweisen, wonach die zwischen den Parteien getroffenen schriftlichen Vereinbarungen so zu verstehen sind, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter der Absicht der Parteien im Sinne dieser Gesetzesstelle ist keineswegs etwa die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter und nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß. Es kommt also nicht darauf an, welchen subjektiven Willen die erklärende Partei hatte, sondern nur darauf, wie der andere Vertragsteil die Erklärung redlicherweise verstehen mußte ( Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 404; EvBl 1973/177; EvBl. 1974/220; 6 Ob 531/77, 6 Ob 789‑798/77 ua).

Wie oben bereits dargestellt wurde, beruft sich der Kläger nicht nur darauf, daß er vom Beklagten als Steuerberater schlecht beraten worden sei; er führt als Haftungsgrund auch ausdrücklich dessen Garantiezusicherung dafür an, daß sich die Beteiligung an der P***** KG im Betrag von S 300.000,‑ ‑ durch einen gleich hohen Steuervorteil gänzlich amortisieren werde. Wie die Vorinstanzen übereinstimmend feststellten, war dies jedoch nicht der Fall. Es kam auch nicht dazu, daß dem Kläger die Haftpflichtversicherungsanstalt des Beklagten, auf die sich dieser ebenfalls zur Absicherung des Klägers berufen hatte (siehe Aktenvermerk vom 19. 11. 1976), die investierten S 300.000,‑ ‑ gutgebracht hätte.

Unter diesen Umständen braucht auf die von den Vorinstanzen in den Vordergrund gestellten Fragen der Haftung des Beklagten gemäß §§ 1295, 1299, 1300 ABGB nicht eingegangen zu werden; vielmehr ist die zwischen den Parteien getroffene Abmachung primär unter dem Gesichtspunkt des Zustandekommens eines Garantievertrages zu beurteilen. Lehre und Rechtsprechung unterscheiden den sogenannten echten Garantievertrag und die sogenannte Garantiezusage (den unechten Garantievertrag). Der echte Garantievertrag ist im Gesetz nicht geregelt und kann nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit verschiedenem Inhalt abgeschlossen werden. In der Regel übernimmt der Garantiegeber mit einem solchen selbständigen, oftmals einseitig verbindlichen Vertrag einem anderen gegenüber ganz oder teilweise die Haftung für den Erfolg eines Unternehmens oder für den durch ein Unternehmen entstandenen Schaden ( Ohmeyer , Klang in Klang 2 VI 203; Ehrenzweig , System 2 II/1, 113 f; Gschnitzer , Schuldrecht, Allgemeiner Teil 143; Koziol‑Welser , Grundriß 4 I 247; JBl. 1978, 36; 6 Ob 789‑798/77 ua). Es kann aber auch, wie in der Regel beim Bankgarantievertrag, die Leistung eines Dritten garantiert werden, zB eine Zahlung ( Schinnerer , Bankverträge 2 II 219 f); ein solcher Vertrag ist in der Regel entgeltlich und zweiseitig verpflichtend. Von diesem echten Garantievertrag zu unterscheiden ist die besonders in Kaufverträgen häufig vorkommende sogenannte Garantiezusage, worunter bloße Gewährleistungsabreden verstanden werden, die Teile des Hauptvertrages sind.

Geht man von der Zusage des Beklagten vom 27. 7. 1976 aus, dann ergibt sich in Verbindung mit den übrigen festgestellten Umständen der Zweck der Vereinbarung eindeutig dahin, dem Kläger zuzusichern, daß alle vom Beklagten dargelegten Voraussetzungen gegeben seien, die es ermöglichen sollten, daß der Kläger tatsächlich die von ihm getätigte Investition von S 300.000,‑ ‑ in voller Höhe durch Verlustzuweisungen refundiert bekommt. Da die Verlustzuweisung außerhalb des Wirkungsbereiches des Beklagten und außerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien stand, muß redlicherweise diese Vereinbarung dahin verstanden werden, daß der Beklagte damit zum Ausdruck brachte, dafür einzustehen, daß alle sachlichen Voraussetzungen dafür gegeben seien, um dem Kläger den für die P***** KG zur Verfügung gestellten Betrag von S 300.000,‑ ‑ über den Umweg der steuerlichen Verlustzuweisung wieder gutzubringen. Schließlich kann auch die weitere Abmachung zwischen den Parteien, wonach die Verpflichtung auf Rückbezahlung des Betrages von S 300.000,‑ ‑ zunächst aus der bestehenden Haftpflichtversicherung gedeckt und erst sekundär vom Beklagten übernommen wurde, nach Treu und Glauben nur als Zusage dahin verstanden werden, daß dem Kläger die Amortisierung der aufgewendeten Investitionen von S 300.000,‑ ‑ in jeder Hinsicht garantiert wurde; dies umso mehr, als es zu dieser Zusage unter dem ‑ von den Vorinstanzen ausdrücklich festgestellten ‑ Druck des Klägers kam, „Garantien für den angekündigten steuerlichen Effekt zu erhalten“. Da der Beklagte dem Kläger demnach das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für die in Aussicht genommene Transaktion garantierte, diese aber gänzlich fehlschlug, hat er für die diesem durch das Nichtvorliegen der erforderlichen Voraussetzungen verursachten Nachteile voll einzustehen und ihm das Erfüllungsinteresse zu ersetzen (SZ 46/39; 6 Ob 789‑798/77). Dieses hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht mit dem vom Kläger geltend gemachten Betrag angenommen.

Der Revision des Beklagten war demnach der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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