OGH 8Ob627/91

OGH8Ob627/919.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.O***** K*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des A***** K*****, wider die beklagte Partei Raiffeisenkasse E***** reg.Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer und Dr.Reinhold Wolf, Rechtsanwälte in Reutte, wegen S 250.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 25.Juni 1991, GZ 1 R 98/91-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Jänner 1991, GZ 14 Cg 102/90-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird derart abgeändert, daß sie zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 209.517 samt 4 % Zinsen seit 19.12.1989 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Hingegen wird das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere S 40.483 samt 4 % Zinsen seit 19.12.1989 zu bezahlen, abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 47.582,38 bestimmten Kosten des Verfahrens (darin S 7.034,40 Umsatzsteuer und S 5.376 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 36.933,72 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.635,62 Umsatzsteuer und S 15.120 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17.1.1990 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners A***** K***** (in der Folge nur Gemeinschuldner genannt) der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Das Konkursverfahren ist weiter anhängig.

Der Gemeinschuldner betrieb bis etwa Ende September 1989 ein sogenanntes Fitneßstudio. Mit Mietvertrag vom 20.6.1985 nahm er Geschäftsräume von E***** S***** in Bestand. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis hinsichtlich der Geschäftsräume zum 30.9.1989 gerichtlich auf, weil der Gemeinschuldner seit mehreren Monaten die Miete und die Betriebskosten schuldig geblieben war. Jedenfalls bereits im September 1989 war der Gemeinschuldner hoch überschuldet und nicht mehr in der Lage, zumindest einen Teil seiner teilweise längst fälligen und teilweise sehr hohen Verbindlichkeiten zu begleichen. Wegen seiner bereits damals bestandenen Zahlungsunfähigkeit stellte er gegen Ende September 1989 seinen Geschäftsbetrieb zur Gänze ein und setzte sich ins Ausland ab.

Für den Betrieb des Fitneßstudios hatte der Gemeinschuldner 1985 verschiedene Einrichtungsgegenstände, darunter auch Fitneß- und Sportgeräte zum Preis von insgesamt rund S 500.000 angeschafft.

Aufgrund eines Schuldscheines vom 13.6.1986 gewährte die Bank für T***** AG dem Gemeinschuldner ein Darlehen in der Höhe von S 400.000 für Zwecke seines Geschäftsbetriebes. Zur Besicherung aller Forderungen aus diesem Darlehen verpfändete dieser der Bank zugleich die gesamte Geschäftseinrichtung und alle im Betrieb vorhandenen Geräte. Angestellte der Bank begaben sich am 30.6.1986 in dessen Geschäftsräume und brachten zur Erlangung des Pfandbesitzes an deutlich sichtbarer Stelle eine Etikette mit der Aufschrift "Pfandgut der Bank für T*****" an. Sie beließen jedoch diesem die verpfändeten Gegenstände auf unbestimmte Zeit zur Fortführung seines Betriebes. Dieser kam seinen Zahlungsverpflichtungen nicht vereinbarungsgemäß nach. Mit Schuldanerkenntnis- und Vollstreckbarkeitserklärung vom 11.9.1989 anerkannte er dieser Bank gegenüber, ihr insgesamt S 557.787,83 sA zu schulden, und verpflichtete sich, den genannten Betrag samt Zinsen sofort zu bezahlen. Zu einer Zahlung war er wegen seiner zu dieser Zeit bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit aber nicht mehr in der Lage, sodaß die Bank zur Hereinbringung von S 500.000 sA am 2.10.1989 die Fahrnis- und Lohnexekution beantragte und bewilligt erhielt. Diese Exekutionsführung brachte lediglich die Pfändung eines geringwertigen gebrauchten PKWs, welcher bereits von einer ausländischen Bank, der der Gemeinschuldner ebenfalls einen größeren Geldbetrag schuldete, vorgepfändet war. Im September 1989 hatte dieser an verwertbarem Vermögen neben dem PKW lediglich die 1985 angeschaffte und seither ständig in Verwendung gestandene Geschäftseinrichtung samt den erwähnten Fitneß- und Sportgeräten. Neben seinen Verbindlichkeiten gegenüber den beiden genannten Banken schuldete er auch der Beklagten, der örtlichen Raiffeisenkasse, rund S 200.000. Schon vor September 1989 wurden mehrere Klagen und Exekutionen gegen ihn anhängig.

Mit Kreditvertrag vom 19.10.1987 räumte die Beklagte dem Gemeinschuldner zur Finanzierung seines laufenden Geschäftsbetriebes einen Kontokorrentkredit bis zu einem vereinbarten Rahmen von S 100.000 ein, wobei sich dieser zugleich verpflichtete, den gesamten Kredit bis 30.9.1992 abzudecken und zur Besicherung der Erfüllung der in diesem Vertrag eingegangenen Verbindlichkeiten der Beklagten genehme Geräte zu verpfänden. Am gleichen Tag schloß sie mit ihm einen Pfandvertrag über genau bezeichnete Fitneß- und Sportgeräte, die zu dieser Zeit in seinem Betrieb in Verwendung standen. In diesem Pfandvertrag ist allerdings ein Kredithöchstbetrag von S 130.000 angeführt; es wird festgehalten, daß die Pfandgegenstände zur Sicherstellung aller Forderungen, die aus diesem Schuldverhältnis bereits entstanden sind bzw in Hinkunft entstehen werden, sowie für alle Forderungen, die die Beklagte, aus welchem Titel immer gegen den Gemeinschuldner zu stellen berechtigt sein wird, verpfändet werden (Beilage ./2). Die vom Pfandversprechen umfaßten beweglichen Sachen wurden der Beklagten aber vorerst nicht übergeben, sondern verblieben mit ihrer Zustimmung weiterhin im Besitz und Verwendung des Gemeinschuldners. Dieser nützte den eingeräumten Kredit bis zum vereinbarten Rahmen von S 100.000 aus, überzog ihn ohne eine bestimmte Vereinbarung mit der Beklagten, jedoch mit deren Duldung laufend, sodaß dieses Kontokorrentkonto im September 1989 schließlich einen Sollstand von rund S 200.000 aufwies. Schon vor dem 28.9.1989 war er von der Beklagten mehrmals, aber erfolglos aufgefordert worden, den S 100.000 übersteigenden Überziehungsbetrag zu bezahlen.

Am 28.9.1989 war der Geschäftsbetrieb des Gemeinschuldners, der sich davor ins Ausland abgesetzt hatte, bereits geschlossen; an diesem Tag mietete die Beklagte vom Vermieter, zu dem das Bestandverhältnis des Gemeinschuldners per 30.9.1989 beendet worden war, mit Wirkung ab 1.10.1989 dessen bisherigen Geschäftsräume für die Dauer von zwei Monaten, um auf diesem Wege in den Besitz der ihr zugesagten, sich noch in den Geschäftsräumlichkeiten befindlichen Pfandgegenstände zu gelangen. In der Folgezeit (zwischen September und Dezember 1989) nahm der Gemeinschuldner zustimmend zur Kenntnis, daß die Beklagte die ihr zugesagten Pfandgegenstände in Besitz genommen hat; überdies erklärte er ihr,sie könne mit diesen Sachen, welche ohnehin ihr gehörten, machen was sie wolle.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat der Gemeinschuldner der Beklagten gegenüber seine vermögensrechtlichen Belange zu keiner Zeit vollständig offengelegt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages am 28.9.1989 und der Besitznahme der Pfandgegenstände war der Beklagten (in der Person ihres Geschäftsstellenleiters) aber bereits bekannt, daß der Gemeinschuldner seinen Geschäftsbetrieb zur Gänze eingestellt hatte, daß er dem Vermieter die Miete und Betriebskosten für mehrere Monate im Gesamtbetrag von rund S 40.000 schuldig geblieben war und auch, daß er sich ins Ausland abgesetzt hatte. In der Zeit von September 1989 bis Dezember 1989 hielt der Gemeinschuldner weiterhin Kontakt zur Beklagten durch gelegentliche Ferngespräche aus dem Ausland und durch seine damalige Lebensgefährtin als Botin. Die jedenfalls schon im September 1989 bestandene Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners dauerte bei zunehmender weiterer Überschuldung bis zur Konkurseröffnung am 17.1.1990 an.

Am 3.10.1989 verhinderte die Beklagte als nunmehrige Mieterin der bisherigen Geschäftsräume des Gemeinschuldners eine von der Bank für T***** AG zur Hereinbringung von S 500.000 sA betriebene Pfändung der in diesen Räumen befindlichen Fahrnisse des Gemeinschuldners. Anläßlich dieses verhinderten Exekutionsvollzuges wurde ihr bekannt, daß diese Bank zur Hereinbringung einer Forderung in erheblicher Größe Exekution gegen den Gemeinschuldner führte.

Über Betreiben der Beklagten und im Einverständnis mit ihr als Pfandgläubigerin verkaufte der Gemeinschuldner am 18.12.1989 um netto S 250.000 zuzüglich 20 % USt die zu dieser Zeit weiterhin im Besitz der Beklagten befindlichen Pfandgegenstände sowie weitere Einrichtungsgegenstände, welche sich ebenfalls in den ehemaligen Betriebsräumlichkeiten des Gemeinschuldners befanden und deren Wert mit netto S 10.000 unbestritten ist, an eine GmbH & Co KG. Im Kaufvertrag wies der Gemeinschuldner die Käuferin an, den im Kaufvertrag von S 300.000 enthaltenen Umsatzsteuerbetrag von S 50.000 an das Finanzamt R***** auf sein Steuerkonto zur Deckung von Steuerschulden zu überweisen. Über Verlangen der Beklagten wies er die Käuferin überdies an, den Nettokaufpreis von S 250.000 an die Beklagte zur Abdeckung ihres Kredites gegen Verrechnung mit ihm anzuweisen. Ohne diese Zahlungsanweisung hätte die Beklagte dem Kaufvertrag und der nachfolgenden Herausgabe der Pfandsachen aufgrund dieses Kaufvertrages nicht zugestimmt, sondern die Sachen weiterhin in ihrem Besitz behalten. Anweisungsgemäß überwies die Käuferin den Nettokaufpreis von S 250.000 am 18.12.1989 auf das bei der Beklagten geführte Kreditkonto. Hievon verwendete diese im Einvernehmen mit dem Gemeinschuldner einen Teilbetrag von insgesamt S 209.517 zur Abdeckung des bestehenden Kontokorrentkreditsaldos samt Nebenspesen. Den verbleibenden Restbetrag von S 40.483 zahlte die Beklagte über Verlangen des Gemeinschuldners bar an seine damalige Lebensgefährtin aus.

Durch die Anweisung des Gemeinschuldners an die Beklagte, diesen Betrag an seine Lebensgefährtin auszuzahlen, verfolgte dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit die Absicht, seine Lebensgefährtin vor seinen übrigen Gläubigern zu begünstigen. Konkrete Umstände einer Kenntnis der Beklagten von dieser Begünstigung konnte der Kläger weder behaupten noch beweisen. Es ist auch nicht hervorgekommen, daß der Beklagten diese Umstände hätten erkennbar sein müssen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, S 250.000 sA, in eventu S 120.000 sA (gemeint wohl S 130.000; siehe Begründung des Klagebegehrens) zu bezahlen. Die Pfandgegenstände seien weder der Bank für T***** AG noch der Beklagten übergeben worden. Diese habe das Bestandobjekt ab 1.10.1989 gemietet, um sich eigenmächtig in den Besitz der Pfandgegenstände zu setzen, obwohl ihr die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bekannt war bzw bekannt sein mußte. Dies sei eine unwirksame Selbsthilfe und könne nicht zur Begründung eines wirksamen Pfandrechtes führen. Durch den Verkauf der Gegenstände unter gleichzeitiger Abdeckung des Kreditkontos des Gemeinschuldners bzw Auszahlung eines Restbetrages an dessen Lebensgefährtin sei die Beklagte gegenüber anderen Konkursgläubigern, insbesondere der Bank für T***** AG begünstigt worden. Letztere habe schon vor der Beklagten Anspruch auf das Pfandrecht an den Fitneßgeräten und sonstigen Einrichtungsgegenständen erworben gehabt. Die Auszahlung des Kaufpreises für die Fahrnisse werde gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO bzw §§ 27 ff KO angefochten. Für den Fall, daß eine gültige Inbesitznahme der Pfandgegenstände durch die Miete der Betriebsräumlichkeiten vorliege, werde auch diese Rechtshandlung gemäß § 27 ff bzw § 31 Abs 1 Z 2 KO angefochten. Der Beklagten sei die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners genau bekannt gewesen. Keineswegs sei die Beklagte berechtigt gewesen, den ihr zugekommenen Kaufpreis über einen Betrag von S 130.000 hinaus zu verwenden. Nur für diesen Betrag liege nämlich ein Kreditvertrag mit dem Gemeinschuldner vor.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, daß die zur Sicherstellung verpfändeten Geräte des Gemeinschuldners auch zur Sicherstellung aller Forderungen erfolgen sollten, die aus dem Schuldverhältnis entstanden sind bzw entstehen sollten. Sie habe im Einvernehmen mit dem Gemeinschuldner und dem Vermieter die Räumlichkeiten in Bestand genommen und die ausschließliche Verfügungsmacht über die Pfandgegenstände erworben; der Mangel der fehlenden Übergabe sei somit saniert worden. Daher sei sie berechtigt gewesen, den aus der Veräußerung der verpfändeten Gegenstände erzielten Erlös zur Abdeckung ihrer offenen Kreditforderungen zu verrechnen. Sie habe aufgrund des Pfandvertrages einen materiellrechtlichen Anspruch auf Übergabe der Gegenstände gehabt. Die von ihr vorgenommene Rechtshandlung sei im Sinne der Bestimmungen der Konkursordnung nicht anfechtbar. Die Gewährung des seinerzeitigen Kredites sei in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verpfändung gestanden. Ihre Forderungen beliefen sich auf insgesamt S 209.517, für welchen Betrag die verpfändeten Gegenstände insgesamt zu haften hätten. Der Restbetrag von S 40.483 sei von der Bevollmächtigten des Gemeinschuldners bar behoben worden; hinsichtlich dieses Betrages sei das Anfechtungsbegehren ihr gegenüber schon deshalb nicht berechtigt.

Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und vertrat in rechtlicher Hinsicht zusammengefaßt im wesentlichen folgende Meinung:

Der Pfandvertrag stelle im Sinn des § 1368 ABGB einen Titel dar, aufgrund dessen die Beklagte Anspruch auf Herausgabe der als Pfand bestellten Sachen gehabt habe. Sie sei durch die Anmietung der ehemaligen Betriebsräumlichkeiten in den Besitz der Pfandgegenstände gelangt. Eine eigenmächtige Inbesitznahme des versprochenen Pfandes führe als unerlaubte Selbsthilfe zwar zu einer beschränkten Schadenersatzpflicht des Pfandgläubigers; der Rückstellungsanspruch des Pfandschuldners scheitere aber an der Sittenwidrigkeit seines Begehrens, wenn er vertraglich zur Übereignung der Pfandsache im Zeitpunkt der Entziehung verpflichtet war. Die Beklagte habe ihr Pfandrecht wirksam erworben. Aufgrund der nachträglichen Einverständniserklärung des Gemeinschuldners von dieser Besitzergreifung habe sie sogar rechtmäßig Besitz erworben. Das Pfandrecht erstrecke sich laut Pfandvertrag auf den gesamten zu Lasten des Gemeinschuldners bestehenden Saldo.

Die Anfechtung gemäß § 28 KO hinsichtlich der Auszahlung eines Betrages von S 40.483 an die Lebensgefährtin des Gemeinschuldners scheitere an der Feststellung, daß der Beklagten der Grund dieser Auszahlung und der vorgesehene Verwendungszweck weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 KO scheitere an der mangelnden Inkongruenz. Inkongruenz sei ausgeschlossen, wenn dem Gläubiger für die Sicherstellung oder Befriedigung ein vor Beginn der im § 30 Abs 1 KO genannten Frist begründeter Anspruch zugestanden sei. Dies bedeute insbesondere für die Sicherstellung, daß auch ein formfreies Pfandversprechen im Sinn des § 1368 ABGB vor Beginn der kritischen Frist und die daraufhin innerhalb der kritischen Frist erfolgte tatsächliche Pfandbestellung, den Pfandvertrag kongruent mache, also gegen § 30 Abs 1 Z 1 KO immunisiere. Auch seien Zug-um-Zug-Geschäfte nicht gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar. Ein solches liege aber vor, weil der Gemeinschuldner die Fitneßgeräte gegen die Gewährung eines Kredites von (vorerst) S 130.000 und allfälliger weiterer Kredite zur Sicherstellung verpfändet hatte. Allerdings schließe das Fehlen der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO eine Anfechtung nach anderen Tatbeständen, insbesondere etwa auch des ganzen Rechtsgeschäftes wegen Nachteiligkeit im Sinn des Abs 1 Z 2 zweiter Fall nicht aus. Eine Anfechtung des Gesamtgeschäftes sei aber nicht erfolgt. Bei der Mobiliarsicherstellung werde man von keinen anderen Gesichtspunkten ausgehen können als bei Gewährung eines Kredites gegen Sicherstellung durch eine jederzeit einverleibungsfähige Pfandbestellungsurkunde. Ein formfreier Pfandbestellungsvertrag verschaffe dem Pfandgläubiger ein nicht mehr entziehbares Recht auf die Pfandsache, welches auch zur klagsweisen Durchsetzung des Anspruches auf Herausgabe des Pfandes führen würde. Insoweit bestehe kein Wertungsunterschied zu jenem Fall, in dem der Gemeinschuldner eine Pfandbestellungsurkunde bereits unterfertigt habe, die über einseitigen Antrag des Pfandgläubigers zur grundbücherlichen Sicherstellung und damit letztlich auch zur Einverleibung des Pfandrechtes führen könne. Damit scheide die (isolierte) Anfechtung der Pfandnahme aus.

Soweit der Kläger meine, aufgrund des Kaufvertrages und der damit verbundenen Anweisung läge Anfechtbarkeit nach § 30 Abs 1 Z 4 bzw § 31 Abs 1 und 2 KO vor, scheitere die diesbezügliche Anfechtung an der allgemeinen Voraussetzung der Befriedigungstauglichkeit. Die Beseitigung des Erfolges der Rechtshandlung müsse geeignet sein, die Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger oder zumindest der Massegläubiger zu fördern. Im vorliegenden Fall sei vom Gemeinschuldner das Inventar des Betriebes veräußert worden, welches mit einem unanfechtbaren Pfandrecht belastet gewesen sei; soweit ein Verkaufserlös erzielt worden sei, wäre dieser somit aufgrund des Absonderungsrechtes ohnehin der Beklagten zugestanden.

Damit erwiesen sich insgesamt gesehen sämtliche Rechtsgeschäfte bzw Rechtshandlungen im Zusammenhang mit dem Pfandbestellungsvertrag, der tatsächlichen Inbesitznahme der Pfandgegenstände, ihres Verkaufes und der daraus resultierenden Anweisung des Kaufschillings hinsichtlich der Beklagten als anfechtungsfest.

Die Revision sei zuzulassen, weil eine ständige und gesicherte Rechtsprechung hinsichtlich der Pfandrechtsbestellung bei beweglichen Sachen - soweit ersichtlich - nicht existiere, vor allem was die Problematik eines außerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO abgeschlossenen Pfandbestellungsvertrages und die dann innerhalb dieser Frist vorgenommene Übernahme der beweglichen Sachen anlange.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt. Anfechtbar sind nur Rechtshandlungen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor der Konkurseröffnung bzw vor der Anfechtung gesetzt wurden. Die Anfechtungsfristen betragen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Der Kreditvertrag und der Pfandbestellungsvertrag wurden am 19.10.1987 geschlossen, der Besitz an den Pfandgegenständen Ende September/Anfang Oktober 1989 erlangt und der Konkurs am 17.1.1990 eröffnet. Hieraus folgt, daß nach den hier in Betracht kommenden Anfechtungstatbeständen der Kreditvertrag und der Pfandbestellungsvertrag außerhalb der Anfechtungsfrist geschlossen wurden, die Beklagte sich aber innerhalb jeder Anfechtungsfrist - auch der nur sechsmonatigen - in den Besitz der Pfandgegenstände gesetzt hat. Diese eigenmächtige Pfandnahme wurde nachträglich vom Pfandgeber sanktioniert, sodaß zumindest ab diesem Zeitpunkt das Pfandrecht als vorerst wirksam erworben anzusehen ist. Zu diesem Zeitpunkt mußte aber der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners bekannt sein; sie wußte von der Schließung des Geschäftsbetriebes und der Flucht; ihr war bekannt, daß er schon lange nicht mehr die Miete bezahlt hatte und daß er einer anderen Bank ebenfalls die Fitneßgeräte - wenn auch mangels Übergabe wirkungslos - verpfändet hatte; auch ihr Vorgehen, nämlich die Anmietung der Betriebsräumlichkeiten ihres geflohenen Schuldners lediglich zum Zweck der Erlangung des Faustpfandes und ihr Betreiben des Verkaufs der Pfandgegenstände gegen Befriedigung ihrer Kreditforderung läßt keinen anderen Schluß zu.

Der Anfechtungsklage kann nur stattgegeben werden, wenn einer der Anfechtungstatbestände der KO verwirklicht ist und die Pfandnahme (also das Verfügungsgeschäft) gesondert mit Erfolg angefochten werden kann.

Hiebei ist folgendes zu bedenken:

Regelmäßig führen mehrere Ereignisse zum anfechtbaren Erwerb. Fraglich ist, welcher Akt in die Anfechtungsfrist fallen muß. In Betracht kommt der Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäftes; es könnte aber auf das Verfügungsgeschäft abgestellt werden und dabei könnte die letzte Handlung des Gemeinschuldners, die letzte Handlung des Anfechtungsgegners oder stets der Erwerb maßgeblich sein. Diese Probleme stellten sich insbesondere bei der Anfechtung von Hypothekenbestellungen (dazu König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 254 f; Koziol in Kralik - FS 423 ff; Schumacher, ÖJZ 1985, 165 ff; Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung 100 ff).

In einigen älteren Entscheidungen (zB GlUNF 3041) stellte der Oberste Gerichtshof auf den Abschluß des Verpflichtungsgeschäftes ab; noch in ÖBA 1989, 533 meinte er, daß die Erfüllung anfechtungsfester Rechtsgeschäfte ebenfalls stets anfechtungsfest sei (dazu kritisch Schumacher, ÖBA 1989, 489). In vielen anderen, insbesondere auch neueren Entscheidungen hielt der Oberste Gerichtshof die letzte vom Schuldner gesetzte Handlung für maßgebend, so etwa die Ausfertigung der Pfandbestellungsurkunde (SZ 52/106; 57/26; ÖBA 1987, 840). In einer dritten - von der Lehre (König, aaO Rz 255; Schumacher ÖJZ 1985, 165 ff; Koziol in Kralik - FS 423, 432 ff) gebilligten und den erkennenden Senat überzeugenden - Entscheidungslinie hielt er die Verbücherung, also den Vollzug des Erfüllungsgeschäftes, für entscheidend (SZ 8/225; 9/51; 44/19; ÖBA 1988, 503 und 508).

Soweit ersichtlich beschäftigt sich nur eine

einzige - unveröffentlichte - Entscheidung mit dem maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbs bei beweglichen Sachen (E vom 11.9.1979, 5 Ob 663/79; diese hielt bei einer Anfechtung wegen § 31 Abs 1 Z 2 KO (unter Bedachtnahme auf die eben wiedergegebenen Varianten 2 und 3 beim Liegenschaftspfanderwerb) beim Faustpfand jedenfalls den Zeitpunkt, in dem der modus rechtswirksam begründet wurde, also in dem die Pfandsache oder das Sicherungseigentum in der erforderlichen Form übergeben wurde, für relevant.

Die Antwort auf die Frage, welcher Zeitpunkt maßgebend ist, hängt zunächst davon ab, welche Rechtshandlung angefochten wird, ob also das Verpflichtungsgeschäft oder - was hier allein in Betracht kommt - das Verfügungsgeschäft angefochten wird. Überzeugend führt Koziol, Anfechtung aaO 100 f aus, es wäre ein vorschneller Schluß, daß es stets auf das Verfügungsgeschäft ankommen müsse. Es geht nämlich um die Frage, wann das Vertrauen des Anfechtungsgegners, endgültig einen Vermögenswert erhalten zu haben und behalten zu dürfen, schutzwürdig ist. Für die Schutzwürdigkeit des Erwerbes kann aber auch ausschlaggebend sein, ob der Anspruch auf den Erwerb in schutzwürdiger Weise erlangt wurde.

Nach § 30 KO sind die vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung, also das Erfüllungsgeschäft, anfechtbar. Das erklärt sich daraus, daß es hier entscheidend auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Befriedigung ankommt. Gleiches gilt für die Anfechtung der Deckung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO, während der zweite Fall dieser Bestimmung das nachteilige Rechtsgeschäft betrifft und damit wohl nur das Verpflichtungsgeschäft gemeint sein kann (ÖBA 1989, 1008 (1013); Koziol, JBl 1983, 659; ders ÖBA 1987, 343 f; Karollus, ÖBA 1989, 44). Da die Anfechtbarkeit nicht entscheidend von einer verwerflichen Verhaltensweise des Schuldners oder von einem vorwerfbaren Verhalten des Gläubigers abhängt, es vielmehr auf die Schutzwürdigkeit des Erwerbes ankommt, ist sowohl bei den Verpflichtungs- als auch bei den Verfügungsgeschäften der Erwerbszeitpunkt maßgebend; dieser muß noch in die kritische Zeit fallen. Beim Verfügungsgeschäft müssen daher für die Festsetzung des maßgebenden Zeitpunktes dieselben Grundsätze wie beim gutgläubigen Eigentumserwerb gelten, sodaß es beim Liegenschaftserwerb auf die Überreichung des Grundbuchsgesuches und beim Erwerb beweglicher Sachen auf die Übergabe ankommt (Koziol, Anfechtung 101 f mwN).

Im vorliegenden Fall ist jedenfalls der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO erfüllt. § 31 Abs 1 KO setzt wie § 30 Abs 1 KO eine bereits bestehende Gläubigerstellung voraus. Zug-um-Zug mit der Schaffung des Schuldverhältnisses erfolgende Sicherstellungen, Zug-um-Zug-Geschäfte überhaupt vermögen diesen Tatbestand nicht zu verwirklichen. Ob die Deckung kongruent oder inkongruent war, ist nach diesem Tatbestand - im Gegensatz zu § 30 Abs 1 KO - unerheblich (SZ 50/57 ua; insbesondere auch die bereits erwähnte E 5 Ob 663/89 betreffend die Anfechtung eines Mobiliarpfandrechts; Bartsch-Pollak I 210;

Petschek-Reimer-Schiemer 314; König aaO Rz 291 mwN). Es ist also irrelevant, ob der Anfechtungsgegner einen obligatorischen Anspruch auf Sicherstellung hatte.Zur Anfechtbarkeit der Sicherstellung oder Befriedigung bedarf es keines aktiven Tätigwerdens oder Unterlassens des späteren Gemeinschuldners; es genügt, wenn die Sicherstellung oder Befriedigung auf Kosten der nachmaligen Konkursmasse erfolgt. Somit sind selbst im Exekutionsweg erlangte Sicherstellungen und Befriedigungen sowie gesetzliche Pfand- und Zurückbehaltungsrechte anfechtbar, sofern nur - wie hier - dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit bekannt sein mußte (König aaO Rz 293 mwN).

Wie schon die E 5 Ob 663/79 zutreffend dargelegt hat, ist im Fall der Bestellung eines Faustpfandes (oder des Sicherungseigentums an einer beweglichen Sache) die Sicherstellung im Sinn des § 31 Abs 1 Z 2 KO erst dann erlangt,wenn die körperliche Sache in der für die Pfandbestellung (oder Sicherungsübereignung) erforderlichen Form (modus) übergeben wurde.

Im vorliegenden Fall liegt daher keine Zug-um-Zug mit der Schaffung des Schuldverhältnisses erfolgte Sicherstellung vor; die gleichzeitige bloß obligatorische Verpflichtung zur Pfandbestellung genügt für den Ausschluß einer Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO nicht. Die Sicherstellung wurde erst innerhalb der kritischen Frist des § 31 Abs 4 KO erworben und kann daher gemäß den obigen Ausführungen angefochten werden.

In der Folge verkaufte der Gemeinschuldner auf Betreiben der Beklagten die Pfandgegenstände und ließ den Verkaufserlös gegen Verrechnung an die Beklagte auszahlen. Der Kläger hat nicht nur die Rechtshandlung, die zur Pfandbestellung führte, sondern auch die Auszahlung des Verkaufserlöses dieser Pfandgegenstände an die Beklagte in Höhe von S 250.000 angefochten. Diese Anfechtung ist berechtigt, soweit damit die Kreditforderung in Höhe von S 209.517 abgedeckt und damit die Beklagte Befriedigung erlangt hat, weil sie damals auch keinen Anspruch auf Befriedigung ihrer Forderung mehr hatte (§ 31 Abs 1 Z 2 erster Fall iVm Abs 4 KO). Durch beide Handlungen - Erlangung des Pfandrechts und nachfolgende Befriedigung - wurde der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger verletzt (König aaO Rz 266; Koziol, Anfechtung aaO 82 f, 101 ua).

Die Beklagte hat jedoch nicht den gesamten Kaufpreis behalten, sondern nur S 209.517. Den ihre Kreditforderung übersteigenden Verkaufserlös von S 40.483 zahlte sie auf Anweisung des Gemeinschuldners dessen Lebensgefährtin aus, ohne daß nachweisbar wäre, daß sie Kenntnis davon hätte haben müssen, daß dieser dadurch seine Lebensgefährtin vor anderen Gläubigern begünstigen wollte. Im weisungsgemäßen Weitergeben dieses Überlings liegt daher keine gegenüber der Beklagten anfechtbare Rechtshandlung. Dem Klagebegehren ist daher nur insoweit stattzugeben, als die Beklagte aus dem Verkaufserlös befriedigt wurde; das Mehrbegehren ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Der Kläger hat mit ca 84 % obsiegt, sodaß ihm auf dieser Basis seine Barauslagen und 68 % der restlichen Kosten zuzusprechen sind.

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