OGH 8Ob61/23p

OGH8Ob61/23p3.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann‑Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, gegen die beklagte Partei E* Limited, *, vertreten durch Mag. Marcus Marakovics, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.925,26 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 14. April 2023, GZ 53 R 22/23a-31, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 22. November 2022, GZ 18 C 442/22a‑19, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00061.23P.0803.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.316,40 EUR (darin enthalten 219,40 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website in Österreich Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht.

[2] Der Kläger nahm zwischen 2021 und 2022 an von der Beklagten veranstalteten Online-Glücksspielen teil. Er erlitt in diesem Zeitraum Verluste von 14.925,26 EUR.

[3] Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte zur Rückzahlung dieses Betrags.

[4] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht über Antrag der Beklagten nachträglich zugelassen, weil „zur Frage der Kohärenz des österreichischen Glücksspielmonopols“ nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Oberste Gerichtshof eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols für notwendig erachten könnte.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[6] 2. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (ua 1 Ob 25/23t; 2 Ob 23/23f; 6 Ob 50/22d alle mwN). Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.

[7] 3. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 , Fluctus, ergibt sich bloß, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen. Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, sodass kein Anlass besteht, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (vgl 1 Ob 25/23t).

[8] 4. Nach ständiger Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online-Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um am Spiel teilzunehmen. Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand erfüllt, konkret § 52 Abs 5 GSpG, kommt es daher nicht an. Gegenteiliges kann auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nicht abgeleitet werden (jüngst etwa 1 Ob 25/23t mwN).

[9] 5. Die Revision der Beklagten ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[10] 6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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