Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im Konkurse über das Vermögen der Firma VIF Satz- und Druckformenherstellung GesmbH in Liquidation, verhandelte der Masseverwalter mit der "M***" Unternehmensbeteiligung, Vermögensverwaltung und Finanzierungsvermittlung GesmbH, Wien, über den Verkauf des Unternehmens der Gemeinschuldnerin an eine neu zu gründende Gesellschaft, deren Gesellschafterin offenbar die vorgenannte Gesellschaft ist. Auf Grund der Angaben des Masseverwalters über nicht eingehaltene mündliche Kaufzusagen dieser präsumtiven Käuferfirma gab das Konkursgericht mit Beschluß ON 46 dem Antrag des Masseverwalters, ihm "für die Geltendmachung der Forderung der Konkursmasse gegen die "M***" und deren Geschäftsführer Werner O*** den Rechtsvertreter der Gemeinschuldnerin Dr. Rudolf H*** als besonderen Verwalter beizugeben", statt. Mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 10. Juli 1989, GZ 18 Cg 60/88-13, wurde die gegen die vorgenannte Gesellschaft eingebrachte Klage abgewiesen. Das Konkursgericht wies hierauf den Masseverwalter am 29. August 1989 (ON 78) an, den Betrag von 68.000 S der Masse zu entnehmen, um damit die Pauschalgebühren für die gegen das klageabweisende Urteil einzubringende Berufung bezahlen zu können.
Bereits vorher hatte die "M***" beantragt, die Verteilung des Massevermögens von rund 557.000 S so lange aufzuschieben, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden sei, in eventu, zur Sicherstellung ihrer allfälligen Prozeßkostenforderung dem Masseverwalter die Anlegung eines Depots von 500.000 S aufzutragen. Dazu brachte sie vor, der Vertreter der Gemeinschuldnerin habe freimütig zu erkennen gegeben, daß die Klageführung nur erfolge, um von der beklagten Partei, die gegen die vermögenslose Masse prozessieren müsse, unberechtigterweise "etwas herauszuholen".
Mit dem Beschluß ON 70 wies das Erstgericht diesen Antrag ab, weil Massegläubiger zwar gemäß § 124 Abs. 1 KO ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen seien, sobald ihre Ansprüche feststünden und fällig seien, eine etwaige Kostenersatzforderung der "M***" nach Abschluß des Verfahrens derzeit aber noch nicht fällig und eine Rückstellung für künftige Masseforderungen in der Konkursordnung nicht vorgesehen sei.
Das Rekursgericht wies den gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs der "M***" zurück. Es wertete den Antrag dieser Gesellschaft als einen Abhilfeantrag an das Konkursgericht gemäß § 124 Abs. 3 KO, weil sich diese hinsichtlich ihrer bedingten und nicht fälligen Forderung als Massegläubigerin sehe. Die Entscheidung darüber, ob die beantragte Sicherstellung vorzunehmen oder zu verweigern sei, falle als typische Maßnahme der Geschäftsführung in die Zuständigkeit des Masseverwalters, der nur in bestimmten Fällen selbst noch weiterer Zustimmungen bedürfe. Bei unzweifelhafter Sach- und Rechtslage habe das Konkursgericht im Rahmen seiner Aufsichtspflicht dem Masseverwalter die Begleichung der Masseforderung aufzutragen oder das Abhilfebegehren abzuweisen. Grundsätzlich obliege die Befriedigung der Massegläubiger dem Masseverwalter, der nach § 81 Abs. 3 KO allen Beteiligten für die durch pflichtwidrige Führung seines Amtes entstandenen Vermögensnachteile verantwortlich sei. Die vorliegendenfalls von der "M***" begehrte Entscheidung des Konkursgerichtes beziehe sich nur auf eine Maßnahme der Überwachung der Tätigkeit des Masseverwalters nach § 84 KO, so daß der Rechtsmittelausschluß des § 84 Abs. 3 Satz 2 KO gelte. Der Rekurs der "M***", welche nicht besser gestellt werden könne, als ein Massegläubiger, der bereits eine fällige Forderung habe (§ 124 Abs. 1 KO) - ein Recht auf Sicherstellung bestehe nicht -, sei daher unzulässig. Somit könne die Frage, ob die "M***" überhaupt Beteiligte mit einer Beschwer im Rechtssinn sei, ebenso unerörtert bleiben wie die von der Rechtsmittelwerberin weiters gestellte Frage, "wie etwa ein Vertragspartner der Masse sachgerecht zu agieren habe, wenn er bei einer faktisch vermögenslosen Masse von dieser in einen aussichtslosen Prozeß verstrickt werde und ein Prozeßkostenersatz unmöglich erscheine". Auf die Anregung, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Bestimmung des § 124 Abs. 1 KO als verfassungswidrig zu begehren, sei nicht einzugehen, weil diese Bestimmung hier rechtlich unerheblich bleibe.
Gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erhebt die "M***" Unternehmensbeteiligung, Vermögensverwaltung und Finanzierungsvermittlung GesmbH Rekurs mit dem Antrage auf ersatzlose Behebung und Rückverweisung der Rechtssache an das Rekursgericht zur sachlichen Entscheidung über ihren gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs. Sie führt aus, das Rekursgericht habe ihren Antrag zutreffend als Abhilfeantrag nach § 124 Abs. 3 KO qualifiziert. In § 124 KO sei ein Rechtsmittelausschluß nicht enthalten. Die Überwachung des Masseverwalters sei nach der vor und nach Inkrafttreten des IRÄG gegebenen Rechtslage in § 84 KO geregelt; dessen Absatz 3 beziehe sich nur darauf, daß über Beschwerden eines Gläubigers, eines Mitgliedes eines Gläubigerausschusses oder des Gemeinschuldners gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters das Konkursgericht entscheide. Nur in diesem Zusammenhang sei aber der Rechtsmittelausschluß des § 84 Abs. 3 KO gegeben. Die Verteilung der Masse und eine damit in Zusammenhang stehende Frage seien etwas anderes. Ein Abhilfeantrag nach § 124 Abs. 3 KO könne somit nicht unter den Oberbegriff der Beschwerde gegen den Masseverwalter subsumiert werden, widrigenfalls der Gesetzgeber den § 124 Abs. 3 KO hätte ersatzlos aufheben müssen, was aber nicht geschehen sei. Für den Sonderfall des "Abhilfeantrages" hätte nur die Sonderregelung des § 124 Abs. 3 KO Geltung, diese enthalte jedoch keinen Rechtsmittelausschluß. Im Hinblick auf Art. 13 MRK sei jeder Rechtsmittelausschluß bedenklich, so daß kein Platz für eine analoge Anwendung eines an anderer Stelle normierten Rechtsmittelausschlusses sei. Der Abhilfeantrag nach § 124 Abs. 3 KO müsse von Beschwerden gegen den Masseverwalter nach § 84 Abs. 3 KO unterschieden werden. Da nach Art. 13 MRK grundsätzlich jede gerichtliche Entscheidung zumindest einmal bekämpfbar sein müsse, bestünden gegen die Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 2 KO auf einen Fall des § 124 Abs. 3 KO auch verfassungsrechtliche Bedenken, weshalb angeregt werde, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 84 Abs. 3 Satz 2 KO zu beantragen.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Die Rechtsmittelwerberin stützt ihre Antragslegitimation auf die Bestimmung des § 124 Abs. 3 KO, wonach sich Massegläubiger bei Verweigerung oder Verzögerung ihrer Befriedigung durch den Masseverwalter (Abs. 2 und 3 leg.cit.) an das Rekursgericht um Abhilfe wenden können. Selbst wenn man ihr im Sinne der rekursgerichtlichen Rechtsansicht im Hinblick auf ihr behauptetes Sicherstellungsinteresse die Befugnis zur Stellung eines solchen Abhilfeantrages zuerkennt, wäre für sie nichts gewonnen:
Dieser Abhilfeantrag richtet sich begrifflich gegen eine Maßnahme des Masseverwalters, nämlich die Verweigerung der begehrten Leistung einer Sicherstellung. Gemäß § 84 Abs. 3 KO entscheidet über Beschwerden eines Gläubigers gegen bestimmte Maßnahmen oder über das Verhalten des Masseverwalters in jedem Fall das Konkursgericht. Hinsichtlich der Tätigkeit des Masseverwalters insgesamt besteht also gemäß dieser Gesetzesstelle die Möglichkeit einer Beschwerdeführung vor dem Konkursgericht.
Es ist nicht erkennbar, warum der Abhilfeantrag nach § 124 Abs. 3 KO, der sich auf eine typische Tätigkeit des Masseverwalters bezieht, vom Regelungszweck des § 84 Abs. 3 KO nicht erfaßt sein sollte. Diese Bestimmung normiert allgemein die Zuständigkeit des Konkursgerichtes zur Entscheidung über gegen den Masseverwalter gerichtete Beschwerdeführungen, so daß sich eine Zuständigkeitsbestimmung auch in den Einzelregelungen erübrigt. Aus dem Fehlen einer solchen Zuständigkeitsbestimmung in § 124 Abs. 3 KO kann also nicht geschlossen werden, daß Beschwerdeführungen in Form von Abhilfeanträgen, die sich ja gerade an das Konkursgericht wenden, nicht von der Regelung des § 84 Abs. 3 KO erfaßt würden. Die vorgenannte Gesetzesbestimmung sieht in ihrem letzten Satz ausdrücklich vor, daß gegen Entscheidungen des Konkursgerichtes kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist. Dieser Rechtsmittelausschluß verstößt nicht gegen die Artikel 6 oder 13 MRK, weil dort eine Anfechtungsmöglichkeit hinsichtlich gerichtlicher Entscheidungen nicht vorgesehen ist (JBl. 1975, 379; EvBl. 1980, 220 ua).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist daher nicht gerechtfertigt und der angefochtene Zurückweisungsbeschluß demnach zu bestätigen.
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