Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen sind je zur Hälfte E gentümerinnen des Hauses Salzburg, Ferdinand Porsche-Straße Nr. 7. Die Beklagten sind aufgrund des Mietvertrages vom 26.November/13.Dezember 1985 Mieter einer Zweizimmerwohnung mit Küche, Bad, WC, Vorraum und Balkon in diesem Hause.
Die Klägerinnen begehrten von den Beklagten die Bezahlung rückständiger Mietzinse seit Jänner 1987 von S 16.408,25. Außerdem stellten sie unter Bezugnahme auf § 1118 ABGB das Begehren, die Beklagten zur Räumung der genannten Wohnung zu verurteilen. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und bestritten jegliche Mietzinsschuld. Die Klägerinnen hätten ihnen sämtliche vor dem Jänner 1988 allenfalls aufgelaufenen Mietzinsrückstände nachgelassen. Außerdem seien sie berechtigterweise ihrer Pflicht zur Akontierung der Betriebskosten nicht vollständig nachgekommen.
Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Räumungsbegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der Nettomietzins betrug monatlich S 3.007.-. Dieser Betrag und der mit S 1.900,-- vereinbarte Akontierungsbeitrag für Betriebskosten war jeweils bis zum Fünften eines Monates zu bezahlen. Die Beklagten bezahlten im Jahre 1987 verschieden hohe Beträge, und zwar S 5.207,70 gewidmet als Mieter für Jänner 1987, jeweils S 3.307,70 für jeden der folgenden Monate Februar bis einschließlich Juni 1987, S 3.578,70 für den Monat Juli 1987, S 4.317,50 als Miete für August 1987 und S 5.207,70 für die Monate September 1987, November 1987, Dezember 1987 und Jänner 1988. Ob von den Beklagten für den Monat Oktober 1987 Mietzins bezahlt wurde oder nicht, steht nicht fest. Die Beklagten haben offensichtlich die Betriebskostenakontierungen im Jahr 1987 zum Teil nicht vorgenommen, jedoch bereits auf Mangelhaftigkeiten in der Hausverwaltung hingewiesen. Bei Schluß der Verhandlung am 22.Jänner 1988 war nur ein Zahlungsrückstand von allenfalls einer Monatsmiete für den Monat Oktober 1987 gegeben und Betriebskostenakontierungsrückstände, zu denen die Einwände der Beklagten bisher nicht geprüft wurden. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß das Räumungsbegehren ungeachtet der noch nicht zur Gänze geklärten Zahlungsrückstände spruchreif sei. Akontierungsrückstände von Betriebskosten, wie sie festgestellt wurden, stellten nur dann einen Mietzinsrückstand im Sinne des § 1118 ABGB dar, wenn die Abrechnung einen Saldo zu Lasten der Mieter bilde. Die Klägerinnen hätten behaupten müssen, daß sie die Betriebskostenakontierungsbeträge zur Abdeckung laufender Betriebskostenverbindlichkeiten benötigten. Eine derartige Behauptung sei jedoch nicht erfolgt. Der allfällige Mietzinsrückstand für Oktober 1987 sei kein qualifizierter Rückstand nach § 1118 ABGB, weil er nur aus einer Zinsperiode herrühre. Im übrigen sei der für Oktober 1987 behauptete Mietzinsrückstand erst in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung geltend gemacht worden, weshalb dessen Qualifikation im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nicht erfüllt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000 und S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte die Revision für zulässig. Es liege keine neuere oberstgerichtliche Judikatur zur Frage vor, inwieweit Betriebskostenakontierungsrückstände einen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB bildeten bzw. inwieweit dieser vom Vorliegen einer Betriebskostenabrechnung abhängt. Die Miete für Oktober 1987 sei erst anläßlich der letzten mündlichen Streiverhandlung eingemahnt worden, so daß diesbezüglich die Voraussetzungen des § 1118 ABGB keinesfalls vorlägen. Fraglicher sei, ob der Rückstand an Betriebskostenakontierungen einen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB darstellen könne. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes wäre es in höchstem Maße bedenklich, einem bloßen Betriebskostenakontorückstand - auch bei Vorliegen der sonstigen qualifizierenden Elemente des § 1118 ABGB - die auflösende Wirkung dieser Bestimmung zuzusprechen, um dann nach Legung einer Betriebskostenabrechnung möglicherweise feststellen zu müssen, daß sich ein ausgeglichener oder gar ein Saldo zu Gunsten eines inzwischen "geräumten Mieters" ergibt. Die in JBl 1966, 203 vertretene Auffassung, wonach die Qualifikation eines Akontierungsrückstandes als Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB von einem Abrechnungssaldo zu Lasten des Mieters abhängig sei, gelte auch jetzt noch. Da sich die Klägerinnen nicht auf einem Abrechnungssaldo zu ihren Gunsten stützen, sei das Räumungsbegehren jedenfalls unberechtigt.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerinnen aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Erstbeklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben. Der Zweitbeklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar - wie in der Folge dargestellt wird - zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Klägerinnen stellen sich auf den Standpunkt, daß Akontierungsrückstände von Betriebskosten im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes sehr wohl als Auflösungsgrund des Mietverhältnisses gemäß § 1118 ABGB anzusehen seien. Dem ist jedoch zu erwidern, daß der Oberste Gerichtshof bereits einmal mit diesem Problem befaßt war und dabei in der in JBl 1966, 203 = MietSlg 17.215 veröffentlichten Entscheidung dahin erkannte, daß bloße Akontierungsrückstände nur dann einen Mietzinsrückstand im Sinne des § 1118 ABGB darstellen, wenn die Abrechnung einen Saldo zu Lasten des Mieters ergibt. Diese unter der Geltung des damaligen Mietengesetzes vertretene Rechtsansicht hat auch für das derzeit geltende Mietrechtsgesetz seine Bedeutung nicht verloren (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 1118). Damals (§ 2 Abs 1 lit b MG) wie heute (§ 15 Abs 1 Z 2 MRG) bestand bzw. besteht der Mietzins auch aus einem "verhältnismäßigen Anteil an den Betriebskosten" bzw. "dem auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten". Auch unter dem Mietengesetz gab es die Möglichkeit einer "Pauschalierung der Betriebskosten" (§ 4 Abs 3 MG) so wie derzeit nach dem Mietrechtsgesetz eine Jahrespauschalierung desselben zulässig ist (§ 21 Abs 3 MRG). Von verfahrensrechtlichen Vorschriften abgesehen ist eine inhaltliche Abweichung gegenüber früher nur darin zu erblicken, daß nunmehr ein aus der Abrechnung sich ergebende Überschuß dem Mieter zurückzuerstatten ist, wogegen eine solche Vorschrift bisher nicht bestand (Würth in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 21 MRG). Die gesetzliche Diktion des § 21 Abs 3 MRG, wonach der Vermieter eine Jahrespauschalverrechnung zur Anrechnung bringen "darf", kann nicht in dem Sinn verstanden werden, daß damit für den Mieter eine Schlechterstellung gegenüber der seinerzetigen Rechtslage erfolgte; im Gegenteil, gerade aus dieser Wendung des Gesetzestextes zeigt sich die klare Absicht des Gesetzgebers, daß es sich bei der Jahrespauschalverrechnung um die Erleichterung der Abwicklung von Mietzinszahlungen, nicht aber um eine verdeckte Änderung der Mietzinshöhe mit allen daraus abzuleitenden Konsequenzen handelt. Die Jahrespauschalraten sind daher nur das der Höhe nach zunächst noch nicht abschließend bestimmte Entgelt der Mieter für die vom Mieter zur Verfügung gestellten Leistungen, die den echten Betriebskosten gemäß § 21 Abs 1 MRG gegenüberstehen (6 Ob 567/87). Der Zweck der Betriebskostenpauschalverrechnung ist nur der, den Vermieter von der Vorfinazierung überwälzbarer Betriebskosten zu entlasten, ohne den Mieter über Gebühr zu belasten (6 Ob 696/88). Eine solche - vom Gesetzgeber nicht ins Auge gefaßte - Belastung wäre es aber, wollte man in der unvollständigen Bezahlung der Pauschalrate selbst dann, wenn der Mieter den tatsächlich auf ihn entfallenden Betriebskostenanteil zur Gänze bezahlt hat, einen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB erblicken. Das Argument der Revisionswerber, wonach im Falle der Weigerung eines Mieters, die pauschalierte Betriebskostensumme zu bezahlen, schwierige Kostenberechnungen anzustellen wären, wie hoch nun eigentlich der wirkliche Betriebskosten- =Mietzinsrückstand sei, ist weder von der tatsächlichen Seite her fundiert, noch können bloße bzw. bloß allfällige Berechnungsschwierigkeiten zum Anlaß genommen werden, die Rechtsstellung der Mieter durch manipulative Vereinfachungen einer Kostenerstellung zu verschlechtern. Die im Wege der Zulässigerklärung der Revision an den Obersten Gerichtshof zutreffend herangetragene Frage ist daher im Sinne der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu beantworten.
Der Revision war somit nicht Folge zu geben.
Der Kostenausspruch beruht auf §§ 52 Abs 2, 392 Abs 2 ZPO.
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