Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zur Entscheidung über den Antrag der klagenden Partei auf Aufnahme des Verfahrens zurückgestellt.
Text
Begründung
Der von der Gemeinschuldnerin am 26. April 1989, dem letzten Tag der Rechtsmittelfrist, erhobenen Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit Urteil vom 13. Juli 1989 in Unkenntnis der am 27. April 1989 erfolgten Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der hier beklagten Gemeinschuldnerin und der dadurch bewirkten Prozeßunterbrechung nicht Folge gegeben. Die klagende Partei hatte damals keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Mit dem am 21. September 1989 überreichten Schriftsatz begehrte die klagende Partei die Fortsetzung des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens mit der Begründung, der Masseverwalter habe in der am 8. Juni 1989 abgehaltenen Prüfungstagsatzung die angemeldete Forderung von S 919.188,85, in der auch die eingeklagte Forderung enthalten gewesen sei, mit hinsichtlich eines Teilbetrages von S 519.188,85 bestritten.
In demselben Schriftsatz erstattete die klagende Partei eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision der klagenden Partei keine Folge zu geben und festzustellen, daß die eingeklagte Forderung in der Höhe von S 519.188,85 zuzüglich der (ziffernmäßig genannten) gerichtlich bestimmten Kosten aus der Zeit vor der Konkurseröffnung als Konkursforderung zu Recht bestehe. Das Erstgericht verfügte die Zustellung der Gleichschrift des Aufnahmeantrages und der Revisionsbeantwortung an den Masseverwalter und die Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof, ohne ausdrücklich über den Aufnahmeantrag zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes ist derzeit aus folgenden Gründen nicht gegeben:
Durch die mit Wirksamkeit vom 27. April 1989 erfolgte Konkurseröffnung wurde der Prozeß (zwischen der klagenden Partei und der Gemeinschuldnerin) gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen. Das unterbrochene Verfahren kann nur durch Gerichtsbeschluß wieder aufgenommen werden (§ 165 Abs 2 ZPO). Weder der Zustellung der Gleichschrift des Aufnahmeantrages an den Masseverwalter noch der Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof kommt die Wirkung der beschlußmäßigen Aufnahme eines nach § 7 Abs 1 KO unterbrochenen Verfahrens zu, weil die Zivilprozeßordnung stillschweigend schlüssige Prozeßhandlungen und Entscheidungen nicht kennt. Während der Unterbrechung des Verfahrens vorgenommene Prozeßhandlungen sind der anderen Partei gegenüber unwirksam und vom Gericht zurückzuweisen (SZ 45/19).
Da aber das Aufnahmegericht, das ist das Gericht, bei dem das Verfahren zur Zeit der Unterbrechung anhängig war - hier also das Erstgericht -, im Aufnahmebeschluß gemäß § 166 Abs 2 ZPO auszusprechen hat, mit welchem Zeitpunkt das Verfahren als aufgenommen gilt, und dieser Zeitpunkt in dem hier zu beurteilenden Fall auch mit dem Tag der Einbringung des Aufnahmeantrages festgelegt werden könnte - die beklagte Partei hat wegen der Bindung des Masseverwalters an die noch von der Gemeinschuldnerin gesetzten Prozeßhandlungen (s Bartsch - Pollak KO I 76) keine Prozeßhandlungen mehr zu setzen -, wäre die Revisionsbeantwortung im Falle der tatsächlichen Aufnahme des Verfahrens mit Wirksamkeit vom Tag ihrer Einbringung als zulässig anzusehen.
Das in Unkenntnis der Konkurseröffnung ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 13. Juli 1989 ist zwar gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (siehe SZ 51/150; JBl 1972, 578; 1 Ob 518/84) nichtig, denn die klagende Partei war infolge der durch § 163 Abs 1 und 2 ZPO normierten Unterbrechungswirkungen von dem ihr sonst nach § 507 ZPO zustehenden Recht zur Erstattung einer Revisionsbeantwortung, ausgeschlossen und demnach in ihrem rechtlichen Gehör verletzt; der Oberste Gerichtshof kann aber diese Nichtigkeit des formell in Rechtskraft erwachsenen Urteiles nicht mehr durch Aufhebung dieser Entscheidung beheben. Diese Entscheidung wirkt jedoch nicht gegen die Konkursgläubiger. Auch für die klagende Partei ist sie nur insoweit bindend, als diese hieraus nicht Folgen für die Masse ableitet (so die in ZBl 1937/329 veröffentlichte Entscheidung, der hier insoweit gefolgt wird). Sie steht daher der Aufnahme des vorliegenden Verfahrens im Prozeßrechtsverhältnis zwischen der klagenden Partei und der Konkursmasse nicht entgegen. In diesem eingeschränkten Sinn wird hier auch die von Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 467 vertretene Auffassung gebilligt, daß selbst über die Entscheidung der letzten Instanz so "zur Tagesordnung" überzugehen ist, als ob das seit Eintritt der Unterbrechung durchgeführte Verfahren nicht stattgefunden hätte. Gemäß den §§ 109, 110 und 113 KO kann aber die Aufnahme des Verfahrens nur soweit erfolgen, als die eingeklagte Forderung vom Masseverwalter oder einem hiezu berechtigten Konkursgläubiger bestritten worden ist. Dies wird das Erstgericht vor seiner Entscheidung über den Aufnahmeantrag zu prüfen haben.
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