European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131609
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.253,88 EUR (darin 208,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist ein in Österreich ansässiger Verbraucher. Er kaufte am 8. 12. 2018 beim Beklagten, einen in Deutschland ansässigen Gebrauchtwagenhändler, einen Pkw * mit einem Kilometerstand von 176.950 km um 14.200 EUR. Das Auto wurde dem Kläger an diesem Tag übergeben.
[2] Im März/April 2019 ließ der Kläger bei der J* GmbH das Jahresservice durchführen. Dabei stellten die Mechaniker eine erhebliche Ölverschmierung am Motorblock fest. Bereits vor diesem Service hatte der Kläger an den Stellen, wo er den Pkw zum Parken abgestellt hatte, schwarze Ölflecken entdeckt. Der Kläger bezahlte für die Servicearbeiten 396,91 EUR. Außerdem wurden Arbeiten zur Behebung des Ölverlustes und der Ölverschmierung durchgeführt, die dem Kläger mit 887,60 EUR in Rechnung gestellt wurden. Weil die durchgeführten Reparaturarbeiten den Ölverlust nicht behoben, brachte der Kläger das Fahrzeug erneut zur J* GmbH. Dort wurden die Reparaturkosten zur Behebung des Ölverlustes von einem Mechaniker mit voraussichtlich 2.690,80 EUR festgelegt.
[3] Das Fahrzeug weist einen schweren, aber behebbaren Mangel auf. Auf der rechten Seite des Motors liegen deutliche Ölablagerungen vor. Beim Starten des Motors kommt es nach etwa 5 Minuten zu einem tropfenden Ölaustritt, sodass in etwa alle 30 Sekunden ein Öltropfen ausfließt. Dieser Ölaustritt liegt im Bereich der Kurbelwelle, nämlich im Bereich des Motorendes bzw dem vorderen Ende des Motors beim Flachriemenantrieb. Auch oberhalb der Ölwannenanbindung liegt eine Tropfenbildung vor, weshalb der Ölaustritt weiter oben am Motor stattfinden muss. Auch weiter oben am Motor sind deutliche Ölablagerungen zu finden. Die Tropfenbildung lässt sich auf einen Ölaustritt mit geringem Druck zurückführen, was eindeutig darauf hindeutet, dass in einem Spalt zwischen den beiden Motorteilen eine Undichtheit besteht, wo das Öl sukzessive austritt, wenn es die notwendige Temperatur erreicht. Mit diesem Ölverlust gelingt keine erfolgreiche Überprüfung nach § 57a KFG.
[4] Am 8. 4. 2019 kontaktierte der Kläger zum ersten Mal den Beklagten per E‑Mail und informierte ihn unter Bezugnahme auf die gesetzliche Gewährleistung vom auftretenden Ölverlust. Der Beklagte kontaktierte am Tag darauf den Kläger telefonisch und bot ihm an, das Fahrzeug abzuholen. Weil der Pkw nicht fahrbereit war, schlug der Beklagte dem Kläger vor, das Fahrzeug auf Kosten des Beklagten abschleppen zu lassen. Der Beklagte hätte dem Kläger für die Zwischenzeit auch ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Darauf meinte der Kläger, dass er den Pkw durch den Beklagten nur abholen lasse, wenn ihm dieser die Reparaturkosten in Höhe von 887,60 EUR erstatte. Dies lehnte der Beklagte ab. Er schlug dem Kläger sodann vor, sich mit 1.000 EUR an den Reparaturkosten zu beteiligen, wenn der Kläger das Fahrzeug bei der J* GmbH reparieren lasse. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab. Nachdem der Kläger auf die Bezahlung der Reparaturkosten in Höhe von 887,60 EUR bestand, scheiterten die Angebote des Beklagten zur Abholung des Pkws bzw zur Beteiligung an den Reparaturkosten.
[5] Am 21. 5. 2019 forderte der Kläger den Beklagten mittels Schreiben zur schriftlichen Zusicherung der Nachbesserung und der Bezahlung der Reparaturkosten von 887,60 EUR sowie zur Bezahlung der Kosten des Einschreitens seines Rechtsanwalts (1.043,52 EUR) bis spätestens 24. 5. 2019 auf. Für den Fall, dass der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkomme, erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, das Auto bei der J* GmbH abzuholen und den Betrag von 16.198,37 EUR zuzüglich der Rechtsanwaltskosten bis spätestens 27. 5. 2019 zu bezahlen. Mit Schreiben vom 23. 5. 2019 forderte der Kläger vom Beklagten die„1. [b]edingungslose Zusage der Mangelhaftigkeit des PKW´s im Sinne des übersendeten Klagsentwurfes und Ihrer Gewährleistungsverpflichtung, d.h. Mängel werden unter allen Umständen auf Ihre Kosten von einem tauglichen Professionisten behoben. 2. Zusage der Bezahlung der Kosten der nutzlosen Reparatur von € 887,60, der Fahrtkosten von € 35,24 und der pauschalen Unkosten von € 50 im Sinne des Klagsentwurfes bis spätestens 7. 6. 2019 bei mir [= Klagsvertreter; Anm] einlangend. 3. Zusage der Bezahlung der Kosten meines Einschreitens laut Schreiben vom 21. 5. 2019 von € 1.043,52 ebenfalls bis spätestens 7. 5. 2019 bei mir einlangend. 4. Zusage, dass die Reparatur bis 7. 6. 2019 ordnungsgemäß abgeschlossen und der PKW an [Kläger] […] in repariertem Zustand zurückgestellt wird auf Ihre Kosten“.
[6] Mit Antwortschreiben vom 27. 5. 2019 verweigerte der Beklagte die geforderte bedingungslose „Zusage der Mangelhaftigkeit“ sowie die Zahlung der Reparaturkosten (887,60 EUR) und der Kosten des Klagsvertreters. Der Beklagte erklärte sich bereit, den gerügten Sachmangel in einer Fachwerkstatt überprüfen zu lassen und für den Fall der Mangelhaftigkeit des Pkws den Mangel auf seine Kosten in einer Fachwerkstatt fachgerecht beheben zu lassen. Der Beklagte erklärte, die Aufwendungen für die Nacherfüllung sowie Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Außerdem erklärte er sich bereit, das Fahrzeug des Klägers auf seine Kosten abzuholen. Auch mit Schreiben vom 5. 6. 2019 zeigte sich der Beklagte nachbesserungsbereit. Die Verbesserungsbereitschaft des Beklagten ist nach wie vor aufrecht.
[7] Da das klagsgegenständliche Fahrzeug bei der J* GmbH abgestellt ist, wird von dieser ab 19. 4. 2019 eine Standgebühr von 6,25 EUR netto (7,50 EUR brutto) pro Tag verrechnet. Der Kläger ist im Stadtgebiet von Enns wohnhaft und verfügt über keine Tiefgarage oder einen Abstellplatz. Er besitzt zwar eine Parkberechtigung, diese gilt aber nur für ein Fahrzeug und wird daher für das neu gekaufte Fahrzeug, das er aufgrund der Fahruntauglichkeit des klagsgegenständlichen Fahrzeugs erworben hat, verwendet. Ansonsten besteht für den Kläger keine weitere Abstellmöglichkeit.
[8] Der Beklagte erfuhr erstmals durch den Kläger von einem Ölverlust am Fahrzeug. Beim vorliegenden Ölverlust handelt es sich um ein selten auftretendes Problem.
[9] Der Kläger begehrt mit der Behauptung eines ihm zukommenden Wandlungsrechts, weil der Beklagte die begehrte Verbesserung verweigert habe, sowie gestützt auf Schadenersatz 17.686,83 EUR (darin 13.015 EUR für bezahlten Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung; 396,91 EUR für „Kosten des nutzlosen Services“; 887,60 EUR für „Kosten der nutzlosen Reparatur der J* GmbH“; 415,96 EUR für vom Kläger bezahlte Normverbrauchsabgabe; 211 EUR für „nutzlose Kosten für die Erlangung des Datenblattes“; 120 EUR für Kosten der Anmeldung; 372,62 EUR für Fahrtkosten zur Erstbesichtigung und Abholung des Pkws; 35,24 EUR für 5 Fahrten zur J* GmbH; 50 EUR für pauschale Unkosten; 2.182,50 EUR für Standgebühr) Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkws.
[10] Der Beklagtebeantragte die Abweisung der Klage. Er wendete soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse ein, der Kläger habe ihm keine Gelegenheit zur Überprüfung des behaupteten Mangels gegeben. Obwohl der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten der (erfolglosen) Reparatur durch die J* GmbH habe, habe er davon die Abholung des Pkws durch den Beklagten abhängig gemacht. Der Beklagte bestritt zunächst mit Nichtwissen das Vorliegen eines Mangels. Nach Erstattung des Gutachtens in der mündlichen Streitverhandlung vom 3. 2. 2020 erklärte er seine Bereitschaft, das Fahrzeug zu verbessern und dem Kläger in verbessertem Zustand zurückzugeben.
[11] Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. Diesen beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, dass der Kläger kein Recht gehabt habe, die vom Beklagten angebotene Verbesserung von Bedingungen abhängig zu machen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Kosten für den Reparaturversuch zu bezahlen, zumal er vom Kläger darüber nicht informiert worden sei. Die vom Beklagten angebotene Verbesserung sei vom Kläger vereitelt worden, sodass kein Anspruch auf Wandlung bestehe. Weil dem Beklagten der Mangel nicht bekannt gewesen sei und es sich um ein selten auftretendes Problem gehandelt habe und der Mangel daher auch nicht erkennbar gewesen sei, habe der Beklagte kein sorgfaltswidriges vorwerfbares Verhalten zu verantworten und auch keinen Schadenersatz zu leisten.
[12] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Zu den Schadenersatzansprüchen vertrat es in erster Linie die Ansicht, der Kläger sei auf eine allfällig unrichtige rechtliche Beurteilung derselben in seiner Berufung nicht zurückgekommen, weshalb diese Ansprüche aus der Beurteilungspflicht des Berufungsgerichts ausgeschieden seien. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des (eingeschränkten) Kaufpreises bestünde nur dann, wenn von einer Weigerung des Beklagten, die geforderte Verbesserung vorzunehmen, auszugehen wäre, weil sich diesfalls der vom Kläger erklärte Vertragsrücktritt als berechtigt erwiese und der Vertrag nach § 877 ABGB rückabzuwickeln wäre. Für die Frage, ob der Beklagte die Verbesserung verweigert oder der Kläger selbst die Verbesserung vereitelt habe, komme es darauf an, ob der Kläger die Vornahme des Verbesserungsversuchs von der Zahlung der von ihm selbst veranlassten, jedoch nutzlos gebliebenen Reparatur in Höhe von 877,60 EUR abhängig machen durfte. Dies verneinte das Berufungsgericht. Weil die Reparatur durch die J* GmbH nutzlos gewesen sei, habe der Kläger nach § 1038 ABGB keinen Anspruch auf Ersatz der ihm hierfür entstandenen Kosten von 887,60 EUR. Umso weniger habe er die Zahlung dieses Betrags zur Bedingung der vom Beklagten angebotenen Verbesserung machen dürfen, wozu die Abholung des Fahrzeugs der erste Schritt gewesen wäre. Es habe eine vom tatsächlichen Bestehen eines Mangels abhängige Bereitschaft des Beklagten zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten bestanden. Den Kläger habe eine Obliegenheit getroffen, dem Beklagten die Prüfung des Fahrzeugs zu ermöglichen. Wegen deren Verletzung durch den Kläger habe der Beklagte bis zum Vorliegen des gerichtlichen Gutachtens das Vorliegen des Mangels bestreiten dürfen. Das Gesetz verlange vom Verkäufer keine vorbehaltlose und unbedingte Anerkennung eines Mangels ohne entsprechende Prüfung des Kaufgegenstands. Indem der Kläger bereits nach dem ersten Telefonat die Verbesserung von einer unzulässigen Bedingung (Zahlung der nutzlosen Reparatur) abhängig gemacht habe, habe er bereits damit die Verbesserung vereitelt und komme es auf die nachfolgenden Ereignisse, etwa auf das Angebot des Beklagten, sich an den inländischen Reparaturkosten (nur) beteiligen zu wollen, nicht mehr entscheidend an. Dem Kläger komme aufgrund seiner Vereitelung der Verbesserung nicht das Recht auf Umstieg auf den sekundären Gewährleistungsbehelf der Wandlung zu. Mangels eines dem Kläger zukommenden Gestaltungsrechts auf Vertragsaufhebung sei der Kaufvertrag weiterhin aufrecht, sodass der auf § 877 ABGB gestützte Rückabwicklungsanspruch abzuweisen gewesen sei.
[13] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob im Gewährleistungsrecht eine Obliegenheit des Übernehmers bestehe, dem Übergeber bei behauptetem Mangel eine Überprüfungsmöglichkeit zu gewähren, keine österreichische höchstgerichtliche Judikatur bestehe.
[14] Gegen das Berufungsurteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene ordentliche Revision des Klägers mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
[15] Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision, hilfsweise ihr den Erfolg zu versagen.
[16] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[17] 1. Vorweg wird festgehalten, dass die Anwendbarkeit österreichischen Sachrechts nicht mehr strittig ist.
[18] 2. Der Kläger bestreitet die Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichts, er sei in seiner Berufung auf die Unrichtigkeit der Verneinung der auf Schadenersatz gegründeten Ansprüche durch das Erstgericht nicht zurückgekommen, weshalb diese aus der Beurteilungspflicht des Berufungsgerichts ausgeschieden seien. Er begründet dies damit, dass „sich das Ersturteil in seinen 2‑sätzigen Ausführungen auf Seite 8 zur Schadenersatzberechtigung des Klägers auch darauf bezieht, dass die vom Beklagten angebotene Verbesserung vom Kläger vereitelt wurde“. Er habe aber in der Berufung bestritten, die Verbesserung vereitelt zu haben, und damit auch die Richtigkeit der schadenersatzrechtlichen Beurteilung in Abrede gestellt.
[19] Dies überzeugt nicht. Die Begründung des Erstgerichts, weshalb der Beklagte keinen Schadenersatz zu leisten habe, lautete wie folgt: „Nach dem festgestellten Sachverhalt war dem Beklagten der Mangel nicht bekannt. Es handelt sich um ein selten auftretendes Problem und war der Mangel daher auch nicht erkennbar. Der Beklagte hat daher kein sorgfaltswidriges vorwerfbares Verhalten zu verantworten. Er hat auch keinen Schadenersatz zu leisten.“
[20] Der Kläger ging in seiner Berufung mit keinem Wort auf die Frage der Schadenersatzpflicht ein. Er thematisierte auch nicht, ob dem Beklagten ein rechtswidriges und/oder schuldhaftes Verhalten zur Last falle. Richtig ist, dass der Kläger in der Berufung in Abrede stellte, die Verbesserung vereitelt zu haben. Das Erstgericht hat aber damit gerade nicht die Verneinung von Schadenersatzansprüchen begründet, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung des Klägers auch nicht als Angriff auf die Richtigkeit der erstgerichtlichen Beurteilung der Schadenersatzansprüche angesehen werden können. Der Oberste Gerichtshof vermag aus diesem Grund der Ansicht des Berufungsgerichts nicht entgegenzutreten, dass der Kläger auf allfällige Schadenersatzansprüche in der Berufung nicht zurückkam. Wie bereits vom Berufungsgericht unter Hinweis auf RS0043352 (insb T17, T26, T35 und T37) dargestellt, durfte das Berufungsgericht daher die Verneinung von Schadenersatzansprüchen durch das Erstgericht nicht mehr überprüfen.
[21] 3. Der Kläger hält in seiner Revision die Ansicht aufrecht, er habe die Abholung des Fahrzeugs durch den Beklagten davon abhängig machen dürfen, dass dieser die Kosten der erfolglosen Reparatur von 887,60 EUR zahle. Nach der Rechtsprechung zur „voreiligen Selbstvornahme der Verbesserung“ habe er als Geschäftsführer ohne Auftrag einen Anspruch darauf gehabt, dass ihm der notwendige und zweckmäßige Aufwand ersetzt werde. Die Beurteilung der Notwendigkeit und Nützlichkeit sei nach den Verhältnissen zur Zeit der Vornahme der Reparatur vorzunehmen. Auf § 8 Abs 2 KSchG könne sich der Beklagte nicht berufen, weil diese Vorschrift von einer Versendung spreche. Zudem läge hier Untunlichkeit im Sinne dieser Vorschrift vor, weil das Fahrzeug ins Ausland verbracht würde und es dem Beklagten möglich wäre, am Fahrzeug Arbeiten durchzuführen, nach denen es dem Kläger nicht mehr gelingen könnte, einen Mangel nachzuweisen. Auch könnte der Beklagte sodann vom Kläger unter Hinweis darauf, dass kein Mangel vorgelegen habe, Reparaturkosten verlangen. Es sei vielmehr dem Beklagten zumutbar, dass er seinen Gewährleistungspflichten an jenem inländischen Ort, an dem sich das Fahrzeug befindet, gegebenenfalls durch Vertragswerkstätten als Erfüllungsgehilfen nachkomme. Damit habe eine Verweigerung des berechtigten Verbesserungsbegehrens des Klägers vorgelegen, weshalb dieser berechtigt gewesen sei, den Vertrag zu wandeln.
[22] Der Senat hat dazu erwogen:
[23] 3.1. Es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in erster Instanz sowie bereits in der vorprozessualen Korrespondenz die von der J* GmbH durchgeführte, nach den Feststellungen erfolglose Reparatur stets als „nutzlos“ bezeichnete. Er behauptete zu keinem Zeitpunkt, dass sich der Beklagte durch sie etwas erspart hätte, würde er nunmehr die Behebung des Mangels in Angriff nehmen.
[24] Dem Willen des Gesetzgebers kann nicht entnommen werden, dass der in § 932 Abs 2 und 4 ABGB normierte „Vorrang der Verbesserung“ die Konsequenz haben solle, dass der Übernehmer bei „voreiliger Selbstvornahme“ der Verbesserung endgültig mit den gesamten Kosten der Verbesserung belastet bleiben soll (RS0123968). Der Übernehmer kann vielmehr den Ersatz seines Aufwands jedenfalls insoweit ersetzt verlangen, als dieser Aufwand auch den Übergeber getroffen hätte (RS0123968 [T2]). Die Behauptungs- und Beweislast hierfür trifft aber den Übernehmer. Grundsätzlich muss jede Prozesspartei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen unter Beweis stellen (RS0037797). Weil der Kläger von Anfang an die Nutzlosigkeit der Reparatur vortrug, bestand keine Veranlassung zu einer gerichtlichen Erörterung, ob die erfolglose Reparatur für den Beklagten in Hinsicht auf die ihn treffende Verbesserungspflicht von Nutzen gewesen sei. Die Grenze der richterlichen Anleitungspflicht liegt dort, wo der Rahmen des behaupteten Anspruchs (der geltend gemachten Einwendung) überschritten wird und der zur Unparteilichkeit verpflichtete Richter Gefahr läuft, „zum Rechtsfreund einer Partei zu werden“ (4 Ob 253/04s; Rassi in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 II/3 §§ 182, 182a ZPO Rz 64 mwN).
[25] 3.2. Nach Ansicht des BGH folgt aus dem Vorrang der Nacherfüllung im Gewährleistungsrecht (in Deutschland: § 323 Abs 1 und § 439 BGB; in Österreich: § 932 ABGB) die Obliegenheit des Übernehmers, die mangelhafte Sache dem Übergeber zur Prüfung zur Verfügung zu stellen. Der Übergeber sei nicht verpflichtet, sich auf die vom Übernehmer gewählte Nacherfüllung einzulassen, bevor er Gelegenheit hatte, die Sache in Hinblick auf das Bestehen von Mängeln, deren Behebbarkeit und die dafür erforderlichen Aufwendungen zu prüfen. Eine unter Missachtung dieser Obliegenheit erfolgte Aufforderung des Übernehmers an den Übergeber, dieser solle innerhalb der gesetzten Frist dem Grunde nach seine Bereitschaft zur gewählten Nachbesserung erklären, wird vom BGH nicht als ordnungsgemäßes Nacherfüllungsverlangen gewertet (BGH VIII ZR 310/08 mwN; VIII ZR 226/14).
[26] Unter Verweis auf diese Judikatur vertreten auch für Österreich P. Bydlinski (in KBB6 § 932 Rz 2), Augenhofer (Das Gewährleistungsrecht in Österreich und Deutschland als Beispiele für eine holprige Harmonisierung des europäischen Kaufrechts, JBl 2019, 2 [8]) und Santangelo‑Reif (Verbesserung und Austausch – Primäre Gewährleistungsbehelfe beim Kaufvertrag [2019] 103 ff mwN) die Ansicht, dass den Übernehmer die Obliegenheit trifft, dem Übergeber eine Überprüfungsmöglichkeit zu gewähren bzw die Sache für die Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen. Ohne die Begutachtung der Sache würde der Übergeber weder einen zu Unrecht behaupteten Gewährleistungsfall entkräften können, noch ließe sich feststellen, ob die Nacherfüllung möglich ist und auf welche Art sie zu erfolgen hat. Die bloße Behauptung des Übernehmers, die Sache sei mangelhaft, sei zu wenig (idS Santangelo‑Reif aaO 104).
[27] Die Richtigkeit all dessen liegt auf der Hand. Es ist das eine, dass der Übernehmer einen Mangel behauptet, etwas anderes, ob dieser tatsächlich vorliegt. Ohne Überprüfung der Sache kann der Übergeber die Richtigkeit des Standpunkts des Übernehmers nicht beurteilen. Es ist daher davon auszugehen, dass der mit einem Mängelvorwurf konfrontierte Übergeber Gelegenheit haben muss, die Sache auf den angeblichen Mangel hin zu untersuchen. Folglich konnte vom Beklagten, bevor er Gelegenheit hatte, den Pkw zu untersuchen, nicht erwartet werden, dass er eine Verbesserungspflicht oder gar eine Pflicht, dem Kläger durch den angeblichen Mangel entstandene Kosten zu ersetzen, anerkennt.
[28] 3.3. Dass der Erfüllungsort der Verbesserungspflicht des Beklagten iSd § 8 Abs 1 KSchG in Österreich liegt, wurde von keiner Partei in Zweifel gezogen. Der Kläger bestreitet jedoch, dass er wegen § 8 Abs 2 KSchG verpflichtet gewesen sei, in die Abholung des Pkws durch den Beklagten einzuwilligen.
[29] 3.3.1. Zum einen begründet der Kläger die Nichtanwendbarkeit des § 8 Abs 2 KSchG damit, dass Untunlichkeit iSd § 8 Abs 2 KSchG vorliege.
[30] Eine Übersendung der mangelhaften Sache vom Verbraucher an den Unternehmer ist für den Verbraucher untunlich und kann daher von ihm trotz Verlangens des Unternehmers verweigert werden, wenn die Übersendung den Verbraucher ernsthaft belastet (Krejci in Rummel, ABGB3 § 8 KSchG Rz 42).
[31] Wenn der Kläger Untunlichkeit iSd § 8 Abs 2 KSchG annimmt, weil der Beklagte den Pkw nach Deutschland verbringen würde, so überzeugt dies schon deshalb nicht, weil er sich für den Kauf von einem in Deutschland ansässigen Händler entschied, bei dem er das Fahrzeug auch abholte, weshalb ihm auch eine Reparatur in Deutschland zumutbar ist.
[32] Dass der Kläger die Sache aus der Hand gibt und es damit dem Beklagten theoretisch möglich wäre, an der Sache – unter Umständen strafbare (vgl §§ 125, 146 StGB) – Manipulationen vorzunehmen, macht weder die Übermittlung der Sache an den Beklagten untunlich noch ändert dies etwas an der zuvor genannten Obliegenheit des Klägers, die Sache dem Beklagten zur Überprüfung der behaupteten Mangelhaftigkeit bzw erforderlichen Reparatur zur Verfügung zu stellen. Es steht jedem Übernehmer frei, der solches trotz Fehlens konkreter Anhaltspunkte befürchtet, zur eigenen Absicherung zuvor (auf eigene Kosten) eine Beweissicherung zu beantragen (§§ 384 ff ZPO).
[33] Auch die Befürchtung des Klägers, bei Nichterweislichkeit eines Mangels dem Beklagten Reparaturkosten zu schulden, führt nicht zur Untunlichkeit der Übermittlung des Fahrzeugs an den Beklagten iSd § 8 Abs 2 KSchG. Ein Verbesserungsverlangen kann nicht als Erteilung eines Auftrags verstanden werden (8 Ob 99/20x). Kommt der Übergeber bei der Untersuchung der angeblich mangelhaften Sache zum Ergebnis, dass kein Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts vorliegt, sondern der Mangel erst nach der Übergabe entstanden ist, so muss er sich, will er die Sache dennoch reparieren, nach § 1037 Satz 1 ABGB um die „Einwilligung“ des Übernehmers bemühen. Bei der Tunlichkeitsprüfung iSd § 8 Abs 2 KSchG ist davon auszugehen, dass der Übergeber sich an diese Grundregel hält und nicht eigenmächtig repariert und sodann Aufwandersatz verlangt (vgl Kietaibl/Ladler in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1037 ABGB Rz 1). Die dem Übergeber durch die Überprüfung des sich als unberechtigt erweisenden Verbesserungsbegehrens entstandenen Kosten hat der Übergeber nach dispositivem Recht grundsätzlich selbst zu tragen, hat der Übergeber doch – kommen nicht besondere Umstände hinzu – gegen den Verbesserung begehrenden Übernehmer keinen Schadenersatzanspruch (8 Ob 99/20x mwN).
[34] 3.3.2. Zum anderen begründet der Kläger die Nichtanwendbarkeit des § 8 Abs 2 KSchG damit, dass nach dem Wortlaut von dessen Satz 1 der Unternehmer bloß verlangen kann, dass ihm der Verbraucher die Sache „übersendet“, der Beklagte das Fahrzeug aber abholen wollte.
[35] Auch dies überzeugt nicht.
[36] Nach § 8 Abs 2 Satz 2 KSchG trägt der Unternehmer die Gefahr der Übersendung, nach § 8 Abs 3 KSchG zudem die Kosten der Versendung. Aufgrund der Gefahr- und Kostentragung durch den Unternehmer muss diesem grundsätzlich die Entscheidung über die Versendungsart zugebilligt werden (Eccher in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 8 KSchG Rz 16). Wenn der Unternehmer sogar die für den Verbraucher zwar nach § 8 Abs 3 KSchG kostenfreie, aber doch mit einem gewissen Organisationsaufwand verbundene Übersendung verlangen kann, so kann er umso mehr verlangen, die Sache abholen zu dürfen. Gründe dafür, dass die Abholung als solche für den Kläger hier untunlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
[37] 3.4. Der Kläger hat daher, wie bereits vom Berufungsgericht erkannt, seine Obliegenheit, dem Beklagten die Überprüfung des behaupteten Mangels zu ermöglichen, sowie seine Obliegenheit, nach § 8 Abs 2 Satz 1 KSchG (argumento a maiore ad minus) dem Beklagten die Abholung des Fahrzeugs zu gestatten, verletzt. Erst im Wege der Erstattung von Befund und Gutachten über die Mangelhaftigkeit des Pkws durch den vom Gericht hinzugezogenen Sachverständigen gelangte der Beklagte in jene Position, die vorgelegen hätte, wäre der Kläger der Obliegenheit, dem Beklagten die Überprüfung des Mangels zu ermöglichen, nachgekommen. In der – zutreffend mit Nichtwissen begründeten – vorherigen Bestreitung der Mangelhaftigkeit des Pkws war aus diesem Grund keine (endgültige) Verweigerung des Verbesserungsanspruchs des Klägers zu erblicken (vgl 8 Ob 145/10x; Ofner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 932 Rz 49). Weil der Beklagte sich sogleich nach Vorliegen des Gutachtens bereit erklärte, den Mangel zu beseitigen, erweist sich der auf den sekundären Gewährleistungsbehelf der Wandlung gestützte Anspruch auf (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises als nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Abweisung der Klage durch das Erstgericht bestätigt.
[38] 4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens fußt auf §§ 41, 50 ZPO.
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