OGH 8Ob520/84

OGH8Ob520/8423.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz Z*****, vertreten durch Dr. Hermann Karigl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Alfred M*****, vertreten durch Dr. Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 17.521,60 S sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 1983, GZ 42 R 1143/82‑7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. November 1982, GZ 41 C 393/82‑4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00520.840.0523.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass der erste Absatz ihres Spruchs zu lauten hat:

„Die Klage wird zurückgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.560,70 S bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses (darin Barauslagen von 240 S und USt von 171,90 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Kläger brachte am 6. 11. 1981 zu 41 C 791/81 des Erstgerichts gegen den Beklagten als angeblichen Eigentümer des Hauses ***** eine Klage auf Zuhaltung eines Mietvertrags ein. Der Beklagte, der in diesem Rechtsstreit zunächst andere Einwendungen erhoben hatte, brachte schließlich in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20. 4. 1982 vor, dass er nur Minderheitseigentümer dieses Hauses und daher nicht passiv klagslegitimiert sei. Der Kläger führte dazu aus, dass der Beklagte ihm gegenüber bisher immer als Alleineigentümer des Hauses aufgetreten sei. Der Richter verkündete daraufhin den Beschluss, dass von weiteren Beweisaufnahmen Abstand genommen werde. Die Parteienvertreter legten Kostennoten (der Klagevertreter über 9.811,34 S und der Beklagtenvertreter über 8.515,40 S) und die Verhandlung wurde geschlossen. Mit Urteil vom 28. 5. 1982 wies das Erstgericht das Begehren des Klägers wegen mangelnder passiver Klagslegitimation des Beklagten ab; es erkannte den Kläger schuldig, dem Beklagten die mit 7.710,26 S bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 17.521,60 S sA im Wesentlichen mit der Begründung, der Beklagte habe ihn fahrlässig über die Eigentumsverhältnisse am Haus ***** in Irrtum geführt, wodurch den Kläger ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrags (dem Gegner im Rechtsstreit 41 C 791/81 des Erstgerichts zugesprochene Kosten von 7.710,27 S und die Vertretungskosten des Klägers in diesem Rechtsstreit von 9.811,33 S) entstanden sei.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, dass der Rechtsweg unzulässig sei und entschiedene Streitsache vorliege, weil im Rechtsstreit zu 41 C 791/81 des Erstgerichts über die Kostenfrage endgültig entschieden worden sei.

Das Erstgericht wies die Klage wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache zurück. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Einmaligkeitswirkung als eine der Formen der Rechtskraft die Erneuerung einer Klage zwischen den gleichen Parteien über den gleichen Streitgegenstand ausschließe. Da sowohl die beiden Parteien dieses Verfahrens als auch der Streitgegenstand ident seien mit den Parteien und dem Streitgegenstand des zu 41 C 791/81 anhängig gewesenen Verfahrens, in welchem bereits eine rechtskräftige Entscheidung ergangen sei, sei die Klage zurückzuweisen, denn die den Streitgegenstand bildenden Prozesskosten könnten gegenüber dem ehemaligen Prozessgegner auch aus dem Titel des Schadenersatzes nicht neuerlich geltend gemacht werden.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es – unter ersatzloser Behebung des Zurückweisungsbeschlusses – dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auftrug.

Das Rekursgericht führte im Wesentlichen aus, die Klage sei nicht wegen entschiedener Streitsache zurückzuweisen, weil die Identität des Streitgegenstands nicht gegeben sei. Nunmehr liege nämlich – im Unterschied zum Vorprozess – eine auf Schadenersatz gestützte Klage vor.

Aber auch der Rechtsweg sei zulässig. Wohl würden Prozesskosten eingeklagt, doch schließe dies die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht aus. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger im Vorprozess die Möglichkeit gehabt hätte, im Wege des Prozesskostenersatzes nach den §§ 41 ff ZPO zu seinen jetzt verlangten Kosten zu kommen. Dies sei aber nicht der Fall. Der Beklagte habe knapp vor Schluss der Verhandlung im Vorprozess die Einwendung der mangelnden Passivlegitimation erhoben. Daraufhin habe der Kläger nicht etwa Kostenseparation beantragt oder überhaupt auf die Verspätung der Einwendung verwiesen, sondern ein Vorbringen erstattet, das der Erstrichter nicht zum Gegenstand von Beweiserhebungen im Rahmen seiner (öffentlich‑rechtlichen) Kostenentscheidung machen habe können. Die Behauptung des Klägers sei nämlich dahin gegangen, dass ihn der Beklagte durch sein Verschulden vor Klagserhebung über die Eigentumsverhältnisse am Haus ***** in Irrtum geführt habe. Dieses Vorbringen des Klägers habe auch die Anwendung der §§ 44 und 48 ZPO unmöglich gemacht. Da somit durch die Kostenentscheidung im Vorprozess dieses Vorbringen des Klägers – auch von Amts wegen – nicht berücksichtigt habe werden können, zumal das Erstgericht die Klage nur aufgrund der zuletzt erhobenen Einwendung und nicht wegen einer anderen früher erhobenen Einwendung abgewiesen habe, sei der Rechtsweg zur Durchsetzung des Anspruchs auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses zulässig, zumal sich der Anspruch konkretisiert auf Schadenersatz stütze. Möglicherweise bedürfe es eines Beweisverfahrens, um das vom Kläger behauptete Verhalten des Beklagten vor dem Vorprozess einer Beurteilung unterziehen zu können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern bzw ihn aufzuheben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig. Es handelt sich nicht um eine aufhebende, sondern in Wahrheit um eine abändernde Entscheidung des Rekursgerichts. Die im § 528 Abs 1 ZPO (in der Fassung vor der ZVN 1983) normierte Rechtsmittelbeschränkung gegen Entscheidungen des Rekursgerichts im Kostenpunkt findet auf den Fall der selbständigen Einklagung von Kosten nicht Anwendung (SZ 47/107; SZ 47/150; JBl 1978, 313; 1 Ob 588/83 ua).

Rechtliche Beurteilung

Auch sachlich kommt dem Revisionsrekurs des Beklagten Berechtigung zu.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung bilden Prozesskosten im Normalfall einen vom Ausgang des Rechtsstreits abhängigen Teil des Hauptanspruchs und können nicht mit gesonderter Klage geltend gemacht werden (s dazu Fasching Kommentar I 152; 7 Ob 108/57; EvBl 1958/350 ua). Dies gilt aber nur solange, als die Akzessorietät des Kostenersatzanspruchs nicht untergegangen ist (weil es etwa zu keinem Rechtsstreit über die Hauptforderung mehr kommen kann) und sich dieser Anspruch nicht verselbständigt hat (etwa im Fall einer Vereinbarung über die Kostentragung; siehe dazu EvBl 1958/350 mit weiteren Hinweisen; 1 Ob 588/83 ua).

Allein um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Hier wurde bereits im Vorprozess zu 41 C 791/81 des Erstgerichts zwischen den gleichen Parteien über ihre dort geltend gemachten Kostenersatzansprüche rechtskräftig in dem Sinne entschieden, dass der Kläger zum Ersatz der mit 7.710,26 S bestimmten Prozesskosten des Beklagten verhalten wurde, während sein eigener auf Zahlung von 9.811,34 S gerichteter Prozesskostenersatzanspruch damit verneint wurde. Diese Kostenentscheidung des Erstgerichts im Vorprozess erledigte die dort geltend gemachten Kostenersatzansprüche zwischen den Parteien endgültig und schließt eine neuerliche Aufrollung der Ersatzfrage zwischen den Parteien des Rechtsstreits aus, gleichgültig ob sie durch selbständige Einklagung als Prozesskosten oder etwa im Wege des Schadenersatzes erfolgen soll ( Fasching Kommentar II 312). Der Kläger war gehalten, seine vermeintlichen Kostenersatzansprüche im Vorprozess im Rahmen der ihm im Gesetz eingeräumten Möglichkeiten (§§ 41 ff ZPO) geltend zu machen. Es ist daher hier nicht mehr zu erörtern, was der Kläger zur Durchsetzung seines eigenen Kostenersatzanspruchs bzw zur Abwehr des Kostenersatzanspruchs des Gegners im Vorprozess unternehmen hätte müssen.

Wenn der Kläger sein nunmehr gestelltes Klagebegehren auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes zu stützen versucht, handelt es sich in Wahrheit doch nur darum, dass er eine Abänderung der im Vorprozess zwischen ihm und dem Beklagten ergangenen Kostenentscheidung in dem Sinn erreichen will, dass ihm der Beklagte nicht nur die ihm zugesprochenen Kosten zu refundieren, sondern darüber hinaus auch die dem Kläger aufgelaufenen Kosten zu ersetzen hätte. Dem steht aber die Rechtskraft der im Vorprozess ergangene Kostenentscheidung entgegen, die deren Abänderung im Klageweg verhindert, auch wenn dies unter Geltendmachung des Rechtsgrundes des Schadenersatzes versucht wird ( Fasching Kommentar I 152; JBl 1936, 193; SZ 18/41; SZ 34/34 ua).

Unter diesen Umständen hat das Erstgericht die vorliegende Klage durchaus mit Recht zurückgewiesen, sodass in Stattgebung des Revisionsrekurses des Beklagten seine Entscheidung (mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe) wiederherzustellen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses des Beklagten beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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