OGH 8Ob51/17h

OGH8Ob51/17h30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei S***** U*****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei und den Gegner der gefährdeten Partei DI M***** U*****, Malta, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen einstweiligen Unterhalt und Erlag eines Prozesskostenvorschusses, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Februar 2017, GZ 42 R 485/16h‑40, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00051.17H.0530.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der beklagten Partei und des Gegners der gefährdeten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vorweg wird darauf hingewiesen, dass im Anlassfall § 402 Abs 1 EO sowie die §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 528 ZPO zur Anwendung gelangen. Sowohl der Anspruch auf laufenden Unterhalt als auch jener auf Deckung notwendiger Prozess‑ und Anwaltskosten gehören zum Unterhalt im Sinn des § 94 ABGB, weshalb eine Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 Z 1 JN stattzufinden hat (RIS‑Justiz RS0013486).

2. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs behaupteten Verfahrensmängel sowie die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.

3.1 Zum Standpunkt der Klägerin, den sie im außerordentlichen Revisionsrekurs wiederholt, hat das Rekursgericht festgehalten, dass sich rechtlich die Frage nach der Anerkennung der in Malta abgeschlossenen (notariellen) Trennungsvereinbarung in Bezug auf die Unterhaltsverpflichtungen des Beklagten gegenüber der Klägerin stelle, und zwar auf der Grundlage der Europäischen Unterhaltsverordnung (EuUVO 4/2009/EG ). Nach Art 17 EuUVO sei eine in Malta ergangene Unterhaltsentscheidung in Österreich anzuerkennen, ohne dass es dafür eines besonderen Verfahrens bedürfe und ohne dass die Anerkennung angefochten werden dürfe. Nach Art 19 EuUVO stehe ein Recht auf Nachprüfung nur einem Antragsgegner zu, der sich im Ursprungsstaat nicht auf das Verfahren eingelassen habe. Da die Klägerin in dem dem maltesischen Trennungsverfahren vorgelagerten Mediationsverfahren durch eine von ihr bevollmächtigte Anwältin vertreten gewesen sei und die Anwältin aufgrund einer Spezialvollmacht für die Klägerin die Trennungsvereinbarung unterzeichnet habe, stehe der Klägerin kein Recht auf Nachprüfung zu. Auch nach Art 42 EuUVO dürfe eine anzuerkennende Entscheidung nicht nachgeprüft werden. Die genannten Bestimmungen würden auch für vollstreckbare gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden gelten. Eine Bestätigung des maltesischen Gerichts im Sinn des Art 48 EuUVO liege vor. Dem österreichischen Gericht sei eine inhaltliche Prüfung der in Malta abgeschlossenen Trennungsvereinbarung daher verwehrt.

3.2 Mit den Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs nimmt die Klägerin in erster Linie wiederum auf die österreichische Rechtslage Bezug. Derartige Fragen stellen sich im Anlassfall allerdings nicht. Mit der Behauptung, die Klägerin könne (nach österreichischem Recht) auf den notwendigen Unterhalt während aufrechter Ehe nicht verzichten, kann nicht die Unwirksamkeit der maltesischen Trennungsvereinbarung argumentiert werden. Vielmehr ist die nach der EuUVO anzuerkennende maltesische Unterhaltsregelung in Österreich nicht nachprüfbar.

Dass die Trennungsvereinbarung von der maltesischen Anwältin rechtskonform für die Klägerin unterzeichnet wurde, bestreitet die Klägerin nicht. Davon abgesehen betrifft diese Frage ebenso wie die Frage, ob dem maltesischen Mediationsverfahren, das dem Trennungsverfahren vorgelagert ist, höchstpersönliche Natur zukommt und die Klägerin von der maltesischen Anwältin in diesem Verfahren wirksam vertreten werden konnte, ebenfalls die Nachprüfung der maltesischen Unterhaltsregelung. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht auf das österreichische Rechtsverständnis an.

3.3 Selbst wenn die Voraussetzungen gegeben wären, die Art 19 EuUVO für eine ausnahmsweise Nachprüfung einer (in einem anderen Mitgliedstaat anzuerkennenden) Entscheidung vorsieht, hat die Nachprüfung allein durch das zuständige Gericht des Ursprungsstaats (hier Malta) stattzufinden. Eine Nachprüfung im Anerkennungsstaat ist nach Art 42 EuUVO ausgeschlossen.

3.4 Soweit sich die Klägerin auf geänderte Verhältnisse wegen der Geburt ihres (mit dem Beklagten gemeinsamen) zweiten Sohnes beruft, hat das Rekursgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Umstand die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem zweiten Sohn betrifft, nicht aber eine neue oder weitere Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin aus der Ehe begründet. Die Klägerin hält dieser Beurteilung vor allem entgegen, dass die Besonderheit hier darin bestehe, dass die ins Treffen geführten Umstände von den Streitteilen einvernehmlich geändert worden seien. Nach dem bescheinigten Sachverhalt wollte der Beklagte, dass die mit dem zweiten Kind schwangere Klägerin wieder zu ihm nach Malta zieht, was die Klägerin jedoch ablehnte. Demnach könnte nicht einmal von einer einvernehmlichen Regelung der Umstände ausgegangen werden.

4. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Dem Beklagten steht für die – ihm nicht im Sinn des § 508a Abs 2 ZPO iVm § 528 Abs 2a, §§ 78, 402 Abs 4 EO freigestellte – Revisionsrekursbeantwortung kein Kostenersatzanspruch zu, weil seine „außerordentliche Revisionsrekursbeantwortung“ nicht für die zweckentsprechende Rechtsverteidigung notwendig ist.

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