OGH 8Ob502/87

OGH8Ob502/8712.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Sachwalterschaftssache nach der am 20. Juni 1915 geborenen Johanna P***, Bezirksaltersheim Neuhaus, 9473 Lavamünd, Pudlach 33, infolge Revisionsrekurses der Betroffenen, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 4. November 1986, GZ. 3 R 338/86-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 8. Juli 1986, GZ. SW 3/86-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bestellte den Notariatssubstituten Dr. Josef S*** zum Sachwalter für die Betroffene zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten (§ 273 Abs 3 Z 3 ABGB). Es begründete seinen Beschluß mit folgenden Feststellungen:

Johanna P*** ist nach einem Schlaganfall (Gehirninsult) hochgradig halbseitig, und zwar rechts gelähmt. Es besteht eine senso-motorische Aphasie. Sie ist außerstande zu einem fließenden Gedankengang und zeigt bei der intellektuellen Erfassung und Wiedergabe von Fragen eine hochgradige Schwerfälligkeit, Verlangsamung, hochgradige Konzentrationsschwäche und rasche Ermüdung. Ein sinnvoller und folgerichtiger Sprachkontakt ist nur mit sehr großer Mühe herstellbar. Bei Johanna P*** liegt eine psychisch-geistige Behinderung vor, deren Ausmaß ihre Geschäftsfähigkeit praktisch aufhebt. Sie ist nicht in der Lage, wirtschaftliche und vor allem finanzielle, bzw. Entscheidungen hinsichtlich ihres Besitzes zu treffen.

Das Erstgericht erachtete es daher als geboten, für Johanna P*** einen Sachwalter zu bestellen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betroffenen in der Hauptsache nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es verwies darauf, daß bei Johanna P*** nach dem Schlaganfall nicht nur eine motorische Sprachstörung, sondern bei dem nach dem Gutachten des Sachverständigen bestehenden zerebral-sklerotischen Krankheitsbild auch eine geistige Behinderung vorliegt. Im Hinblick darauf, daß sie dadurch außerstande gesetzt wurde, die Tragweite finanzieller und wirtschaftlicher Entscheidungen zu beurteilen, habe das Erstgericht der Betroffenen mit Recht einen Sachwalter gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB bestellt, zumal sie auch Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus ist, für das erfahrungsgemäß immer wieder Verwaltungshandlungen gesetzt werden müssen. Ein ersatzweises Tätigwerden von Familienmitgliedern für sie sei nach den konkreten Verhältnissen nicht tunlich, weil nicht sichergestellt sei, daß deren Hilfe in rechtlich einwandfreier Weise erfolgte. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der ao. Revisionsrekurs der Betroffenen gemäß § 16 AußStrG, in welchem sie den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit heranzieht und beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß in Stattgebung ihres Rekurses der Antrag, die Betroffene unter Sachwalterschaft zu stellen, abgewiesen und das diesbezügliche Verfahren eingestellt werde. Bei der Bestellung des Sachwalters sei zu wenig auf die konkreten persönlichen Verhältnisse der Betroffenen Bedacht genommen worden; die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes sei ohne die hiefür notwendige gehörige Sorgfalt erfolgt. Die Ausführungen des Rekursgerichtes, wonach die Betroffene Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus sei, werde durch den inzwischen zur pflegschaftsbehördlichen Genehmigung vorgelegten Schenkungsvertrag widerlegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Es wurde bereits wiederholt ausgesprochen, daß im Verfahren zur Bestellung von Sachwaltern für behinderte Personen § 16 AußStrG gilt (7 Ob 621/84; 6 Ob 581, 582/85; 6 Ob 648/85; 8 Ob 645/85 ua.). Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder wegen Nichtigkeit die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103; 6 Ob 581, 582/85; 8 Ob 645/85 uva). Es kann keine offenbare Gesetzwidrigkeit darin liegen, daß die Vorinstanzen einen Sachwalter bestellt haben, obwohl die Rechtsmittelwerberin meint, einen solchen nicht zu brauchen (vgl. 6 Ob 682/85 ua); denn die Frage, ob genügend Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters vorliegen, ist im Gesetz nicht geregelt.

Die im wesentlichen allgemein gehaltenen Ausführungen der Betroffenen darüber, daß die Vorinstanzen nicht sorgfältig genug alle Umstände des Falles bedacht hätten, vermögen weder dem geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit noch einem anderen der im § 16 AußStrG allein zulässigen Anfechtungsgründe unterstellt werden. Davon abgesehen finden sich für ihre Behauptungen keine Anhaltspunkte im Akt.

Nicht stichhältig ist auch der Vorwurf, daß das Rekursgericht zu Unrecht davon ausging, die Betroffene sei Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus; wie die Rechtsmittelwerberin selbst zugibt, bedarf der von ihr erwähnte Schenkungsvertrag über diese Liegenschaft noch der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung, weshalb von einem bereits weggefallenen schutzwürdigen Interesse der Betroffenen als Liegenschaftseigentümerin - wie dies die Rechtsmittelwerberin offenbar anstrebt - nicht gesprochen werden kann.

Ihr Revisionsrekurs war daher mangels eines gesetzlichen Anfechtungsgrundes zurückzuweisen.

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