OGH 8Ob48/12k

OGH8Ob48/12k24.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 100.749,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Februar 2012, GZ 4 R 166/11b-80, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der von der Beklagten behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht vor.

Zum Zugang der Auftragsbestätigungen Beilagen ./1 und ./5 hat das Erstgericht ausdrückliche Negativfeststellungen getroffen (US 17 und 21). Wenn es im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ausführt, dass selbst unter der Annahme des Zugangs dieser Schreiben für die Beklagte nichts gewonnen sei, handelt es sich dabei nicht um widersprüchliche dislozierte Feststellungen, sondern um eine (nicht relevante) Hilfsbegründung.

2.1 Die rechtsgeschäftliche Zession ist ein kausales Verfügungsgeschäft, das durch Willenseinigung zwischen Zedenten und Zessionar zustande kommt (2 Ob 137/08y). Jede Zession führt im Umfang der Abtretung zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit und damit zum Verlust der Aktivlegitimation des Zedenten.

Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Rechtstitel) beruht (RIS-Justiz RS0032510). Bestreitet der Schuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels für die Zession, so hat der Zessionar den Rechtsgrund der Zession zu nennen und die erforderlichen Beweise für dessen Gültigkeit zu erbringen (vgl RIS-Justiz RS0032652).

2.2 Der Rechtstitel für die Zession kann auch in der Abrede bestehen, dass die Abtretung zum Zweck der Befriedigung einer Forderung des Zessionars dient. Im Zweifel erfolgt die Zession zur Befriedigung einer anderen Forderung nur zahlungshalber. Der Rückgriff auf die ursprüngliche Forderung ist dabei grundsätzlich weiterhin möglich. Die ursprüngliche Forderung ist nur bis zu einem vergeblichen Eintreibungsversuch gestundet (RIS-Justiz RS0032572; 8 Ob 70/08i). Naturgemäß erlischt die ursprüngliche Forderung des Zessionars gegenüber dem Zedenten, soweit der Zessionar aus der zedierten Forderung Befriedigung erlangt.

Anerkannt ist zudem das Rechtsinstitut der Inkassozession. Dabei handelt es sich um eine Zession, bei der der Zessionar Gläubiger wird, aber verpflichtet ist, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Im Regelfall liegt die Übertragung eines Vollrechts mit einer obligatorischen Beschränkung, also eine uneigennützige Treuhand vor (RIS-Justiz RS0010457). Der Rechtsgrund bei einer (Inkasso-)Zession kann vor allem im Auftrag zur Einziehung oder zur Geschäftsbesorgung liegen (RIS-Justiz RS0065298).

Erfolgt eine Zession zahlungshalber, so ist mangels besonderer Vereinbarung davon auszugehen, dass eine Überzahlung des Zessus vom Zessionar an den Zedenten herauszugeben ist (vgl auch Reischauer in Rummel 3 § 1414 ABGB Rz 12). Diese Frage betrifft (nur) das (Innen-)Verhältnis zwischen Zedenten und Zessionar.

3.1 Das Erstgericht hat festgestellt, dass an die Klägerin die gesamten klagsgegenständlichen Forderungen gegenüber der Beklagten unwiderruflich abgetreten wurden, und zwar für offene Forderungen in Höhe von 60.000 EUR. Damit steht nicht nur die Willenseinigung zwischen Zedentin und Zessionarin, sondern ebenso der Rechtstitel für die Abtretung in ausreichendem Maß fest.

3.2 Entgegen den Ausführungen in der außerordentlichen Revision geht das Berufungsgericht keineswegs davon aus, dass die Klägerin den Rechtsgrund für die Abtretung nicht hätte darlegen müssen. Vielmehr nimmt es auf die Frage der überschießenden Tatsachenfeststellungen Bezug und gelangt zum Ergebnis, dass sich die zitierte Feststellung des Erstgerichts im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes und der erhobenen Einwendungen halte (vgl RIS-Justiz RS0040318). Das Berufungsgericht geht damit zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen für die Beurteilung des Vorliegens eines sekundären Feststellungsmangels einerseits und der Bejahung einer (unzulässigen) überschießenden Feststellung andererseits unterschiedlich sind.

Ebenso geht das Berufungsgericht richtig davon aus, dass die Willensübereinkunft bei einer Zession zahlungshalber als eine Art „Erfüllungsvereinbarung“ qualifiziert werden kann, die dem Zweck dient, dass der Zessionar die Erlangung der Zahlung aus den abgetretenen Forderungen versucht. Dabei übersieht die Beklagte, dass die Befriedigung nicht schon mit der Abtretung, sondern erst mit dem Eingang der Leistung erfolgt. Mangels gegenteiliger Vereinbarung kann gerade nicht von einer Beschränkung der Wirksamkeit der Zession mit dem Schuldenbetrag aus dem Zessionsverhältnis ausgegangen werden. Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung der Klägerin berufen, weil sie mit der Zahlung an die Klägerin von der Schuld gegenüber der Zedentin aus dem Grundverhältnis befreit wird und ihr gegenüber eine Bereicherung gerade nicht eintritt. Außerdem handelt es sich bei der Behauptung, die Klägerin würde weiteres Vermögen der Zedentin wohl nicht bekannt geben, um eine bloße Spekulation.

4. Insgesamt hat das Berufungsgericht die Rechtsgrundsätze zur rechtsgeschäftlichen Zession zutreffend dargestellt. Das Erstgericht hat zudem auf eine bloß treuhändige Zession hingewiesen, die den Zweck habe, dem Unternehmer die Eintreibung der Forderung abzunehmen. Damit nimmt es auf eine Inkassozession Bezug.

Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis, demzufolge die zu beurteilende rechtsgeschäftliche Zession wirksam sei, hält sich im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Da es der Beklagten damit nicht gelungen ist, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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