Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.808,82 (darin EUR 301,47 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Noch im Jahr 2001 wurde die klagende Partei mit der Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragt und für die Innenwände der Ausbau mit Lehmsteinen bestellt. Ein Mitarbeiter der klagenden Partei besaß einigermaßen Erfahrung mit diesen Baumaterialien und veranstaltete dazu auch Seminare. Einer der Seminarteilnehmer war der Beklagte. Die klagende Partei bestellte beim Beklagten, der außer dem einen Seminarbesuch keinen weiteren Erfahrungen mit dem Baumaterial besaß, die Lehmsteine. Über einen Baumaterialienhändler in Deutschland bestellte der Beklagte die gewünschten Lehmbausteine bei einer deutschen Firma. Die Lehmsteine wurden über ein Wochenende in einer Halle des Beklagten zwischengelagert und am 24. 2. 2002 auf der Baustelle der Auftraggeber der klagenden Partei abgeladen. Die Lehmsteine lagerten ein bis eineinhalb Wochen auf der Baustelle und wurden dann von einem Maurer der klagenden Partei eingebaut, der außer einer Videoeinführung hinsichtlich des Arbeitens mit Lehmsteinen über keine Erfahrung verfügte. Bei der Verarbeitung der Lehmsteine fiel ihm auf, dass sie überdurchschnittlich staubten und einen auffallenden Geruch besaßen, aber insgesamt trocken waren.
Der Bauherrschaft fiel bald, insbesondere als man die Baustelle beheizte, ein unangenehmer Geruch auf, der von den Steinen oder einzelnen Steinen ausging, auf, ebenso ein da und dort sichtbares weißes Gespinst. Sie reklamierte dies beim Ansprechpartner der klagenden Partei, der zunächst die Auffassung vertrat, dass es sich bei den „Gespinsten" um mineralische Ausblühungen handle. Die Bauherrschaft zog einen Sachverständigen bei. Die Ergebnisse, nämlich die Steine als Geruchsquelle, wurden der klagenden Partei übermittelt, die sie wieder ihrem Anwalt und dem Beklagten weiterleitete. Der Beklagte meinte dazu, dass der muffige Geruch durch Lüften des Hauses beseitigt werden könne. Die Klagevertreter teilten dem Beklagten mit Schreiben vom 15. 5. 2002 mit, dass man beabsichtige, um Regressansprüche gegen ihn zu sichern, ein Beweissicherungsverfahren zu beantragen, außer der Beklagte anerkenne allfällige Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche. Da keine befriedigende Antwort erfolgte, leitete die klagende Partei zu Nc 10.040/02i BG Neuhofen an der Krems unter anderem gegen den Beklagten ein Beweissicherungsverfahren ein. Im Bericht des im Beweissicherungsverfahren beigezogenen Sachverständigen vom 2. 7. 2002 wurde ausgeführt, dass ein Pilz für den muffigen Geruch verantwortlich sei. Man war allerdings damals noch der Meinung, dass der Geruch auch von möglichen Klärschlammbeimengungen in den Lehmssteinen stammen könnte, was letztlich nicht der Fall war. Im Gutachten vom 9. 7. 2002 wurde festgehalten, dass im Verhältnis zum Privatgutachten die Geruchsbelästigung zurückgegangen sei, diese jedoch vor allem beim Betrieb der Heizung intensiv werde. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass Lehmbausteine an sich einen leicht modrigen Geruch aufweisen und einzelne Steine sehr stark riechen - insbesondere an Schnitt- und Bruchstellen, wobei der Geruch an Klärschlamm erinnere. Die Ausblühungen wurden Pilzen, insbesondere Schimmelpilzen, zugeordnet und ebenfalls als mögliche Ursache der Geruchsausbildung gewertet. Man empfahl, die Lehmbausteine auf Schwermetallkonzentrationen zu untersuchen und der Frage des Schimmelpilzbefalls noch weiter nachzugehen. Der Klagevertreter bezog sich in seinem Schreiben vom 16. 7. 2002 auf diese Beweisergebnisse und ersuchte um eine Haftungserklärung des Beklagten. Der Beklagtenvertreter schlug vor, die noch ausstehenden Gutachten (Thema: Pilzbefall, Klärschlamm) abzuwarten.
Mit Schreiben vom 17. 7. 2002 teilte der Klagevertreter der Bauherrschaft mit, dass die Lehmziegelzwischenwände abgetragen und entsorgt werden. Dies erfolgte am 18. 7. 2002.
Das im Beweissicherungsverfahren eingeholte weitere Gutachten langte am 9. 9. 2002 beim BG Neuhofen an der Krems ein und hatte zum Ergebnis, dass es sich bei den Pilzen hauptsächlich um Mycel und Sporangien von Zygomyceten handle, dass diese Sporen Allergene bilden und sich pathogen auf den Menschen auswirken und die Schwermetalluntersuchung keinen Hinweis auf die Verwendung von Klärschlamm gebracht habe, sondern der Mangel (wohl: Geruch und Allergene) in den massiv mit Schimmelpilzen befallenen Lehmbausteinen liege. Es waren sowohl das eingebaute als auch das original verpackte Liefermaterial massiv mit Schimmelpilz befallen. Zusammenfassend besagte das Gutachten, dass die festgestellten Pilze aus den organischen Beimengungen (Stroh) im Lehm stammen, die bei gutem Klima (Luftfeuchte, Wärme etc) „ausblühen".
Die klagende Partei verrechnete dennoch ihren Auftraggebern das Liefern und Montieren der Karphosit-Lehmbauwände und deren Abbruch. Nachdem der Klagevertreter in einem an den Beklagtenvertreter gerichteten Schreiben die Frage aufgeworfen hatte, ob es bei den vorliegenden Beweisergebnissen sinnvoll sei, gegen die Auftraggeber der klagenden Partei zu prozessieren, antwortete der Beklagtenvertreter, dass der Beklagte keine Zahlung leisten werde, da er nur als Lieferant aufgetreten sei und es im Übergabezeitpunkt keine Beanstandungen gegeben habe. Das Auftreten des üblen Geruchs nach etwa zwei Monaten sei auf unzulängliche Lüftung des Hauses durch die Bauherren zurückzuführen. Die klagende Partei erhob aufgrund dieses Schreibens gegen ihre Auftraggeber am 29. 1. 2003 zu 3 Cg 10/03a des LG Steyr eine Klage über EUR 29.413,41. Die (dort) Beklagten wendeten im Wesentlichen die schon im Beweissicherungsverfahren erörterten Mängel ein und erhoben eine Gegenforderung in Höhe von EUR 17.111,78 (Verspätungsschaden, Einholung von Gutachten, Verlust von Rabatten etc). Der (hier) Beklagte trat auf Seiten der (dort) klagenden Partei als Nebenintervenient bei. Im Urteil erfolgte aufgrund einer Aufrechnung der berechtigten Klagsforderung mit der berechtigten Gegenforderung lediglich ein geringer Zinsenzuspruch. Den Entscheidunsgründen lässt sich entnehmen, dass eine Verursachung des Schimmelpilzbefalls durch ein Fehlverhalten der (damals) Beklagten auszuschließen sei. Die klagende Partei verzeichnete Prozesskosten von EUR 16.673,37 und wurde zum Ersatz von Prozesskosten in Höhe von EUR 11.699,86 verurteilt.
Die klagende Partei begehrt die Zahlung von EUR 57.488,95 sA bestehend aus
1. Abbruch der Karphosit-Lehmbauwändeund
Entsorgung EUR 2.525,50
2. Errichtung neuer Innenwände EUR 5.323,79
3. Berechtigte Schdenersatzforderung
der Auftraggeber der klagenden
Partei zuzüglich 4 % Zinsen aus
EUR 2.350,34 EUR18.503,55
und 25. 10. 2002 - 4. 3. 2003 EUR 33,48
4. Kosten des Beweissicherungsverfahrens
Nc 10.040/02i BG Neuhofen an der Krems:
Rechtsanwaltskosten EUR 1.676,97
Pauschalgebühr, Fahrtspesen EUR 641,--
Sachverständigenkosten EUR 2.321,40
5. Kosten der außergerichtlichen Be-
sprechungen und Korrespondenz der
klagenden Partei mit ihren Auftraggebern
bzw mit dem Beklagten EUR 3.029,79
6. Kosten des Verfahrens 3 Cg 10/03a
LG Steyr
Eigene Vertretungskosten EUR 7.575,76
Sachverständigenkosten EUR 1.966,91
Kosten der Prozessgegner EUR 11.699,86
7. Zinsenentgang aus der gegen die Scha-
denersatzforderung von EUR 18.503,55
verrechneten restlichen Werklohn-
forderung EUR 2.190,94
EUR 57.488,95
Die vom Beklagten am 26. 2. 2002 gelieferten Karphosit-Lehmbauziegel seien in der ersten März-Woche 2002 eingebaut worden. Nach einer Mitte April 2002 durchgeführten Probeheizung sei im Haus ein unangenehmer Geruch aufgetreten als dessen Ursache ein von den Auftraggebern beauftragter Sachverständiger die Lehmbausteine angegeben habe. Bei Anlieferung und Einbau der Ziegel sei der Mangel noch nicht erkennbar gewesen. Die klagende Partei habe die diesbezügliche Reklamation ihrer Auftraggeber unverzüglich mündlich und schriftlich an den Beklagten weitergeleitet. Da der Beklagte am Lokalaugenschein vom 26. 4. 2002 teilgenommen habe und ihm daher die Mängel zur gleichen Zeit wie der klagenden Partei bekannt gewesen seien, hätte sich eine Mängelrüge ohnehin erübrigt. Der Beklagte habe in Anerkennung seiner Gewährleistungsverpflichtung auch einen schadhaften Ziegel ausgetauscht. Da er erstmals in seinem Beitritt als Nebenintervient im Verfahren 3 Cg 10/03a LG Steyr behauptet habe, dass keine Mängelrüge erhoben worden sei, habe er auf den Einwand der nicht fristgerechten Erhebung der Mängelrüge verzichtet. Die klagende Partei sei zur Einleitung des Beweissicherungsverfahrens gezwungen gewesen, da der Beklagte seine Regresspflicht nicht anerkannt habe. Hiebei habe sich herausgestellt, dass die Lehmbauziegel von Pilzen befallen seien, die bei Menschen zu gesundheitlichen Schäden führen. Die klagende Partei habe daher das Mauerwerk abbrechen und durch ein anderes ersetzen lassen. Der Beklagte habe auch nach dem Vorliegen des im Beweissicherungsverfahren eingeholten Gutachtens eine von ihm zu vertretende Mangelhaftigkeit der Lehmbauziegel bestritten und behauptet, die Geruchsbelästigung sei auf mangelhafte Lüftung durch die Auftraggeber der klagenden Partei zurückzuführen. Erst im Verfahren 3 Cg 10/03a LG Steyr, in dem die klagende Partei ihre Werklohnforderung gegen ihre Auftraggeber eingeklagt habe und dem der Beklagte als Nebenintervenient auf ihrer Seite beigetreten sei, habe sich herausgestellt, dass der Beklagte fehlerhaftes Material geliefert habe. Der Beklagte habe seine Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag dadurch verletzt, dass er die klagende Partei unrichtig dahin informiert habe, dass die Auftraggeber der klagenden Partei die Mangelhaftigkeit der Lehmbauziegel zu vertreten hätten. Er hafte daher für die Kosten des Beweissicherungsverfahrens, des Verfahrens 3 Cg 10/03a LG Steyr und der erforderlichen außergerichtlichen Besprechungen.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und bestritt die unverzügliche Erhebung einer Mängelrüge. Er habe die Mangelhaftigkeit der Ziegel bestritten, da die klagende Partei keine Mängelrüge erstattet habe und ihm daher keine Überprüfung vor Ort möglich gewesen sei. Da im Zeitpunkt der Übergabe keine Mängelrüge erfolgt sei, seien unsachgemäße Lagerung durch die klagende Partei oder mangelhafte Lüftung durch die Auftraggeber naheliegender gewesen als ein Materialfehler. Der Vorprozess wäre im Fall rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Erhebung einer Mängelrüge zu vermeiden gewesen. Die klagende Partei habe jedenfalls ein Mitverschulden zu vertreten, da sie von ihren Auftraggebern bereits im März 2002 auf die Geruchsbelästigung und die „weißen Gespinste" hingewiesen worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Soweit der Beklagte der klagenden Partei vorwerfe, die Ziegel nicht bei der Übernahme geprüft zu haben, sei ihm dies selbst vorzuwerfen, da die Ziegel bei ihm zwischengelagert gewesen seien. Überdies gelte für beide Streitteile die Regelung, dass eine unterlassene Überprüfung dann nicht vorwerfbar sei, wenn der Mangel nicht oder nur mit unverhältnismäßigem oder unüblichem Aufwand erkennbar sei. Halte man sich das aufwändige Beweissicherungsverfahren vor Augen, gehe der Einwand des Beklagten ins Leere. Der Beklagte hafte für die von der klagenden Partei geltend gemachten Kosten, da sein Verhalten zur Einleitung des Beweissicherungsverfahrens sowie des Zivilprozesses vor dem LG Steyr geführt habe.
Das Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil hinsichtlich eines Betrags von EUR 2.033,36 sA auf und wies die Klage in diesem Umfang (unbekämpft) zurück. Hinsichtlich des Betrags von EUR 55.455,59 samt Zinsen gab es der Berufung des Beklagten Folge, wies das Klagebegehren ab und verurteilte die klagende Partei zum Ersatz der Prozesskosten. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Auf die Ausführungen zur Nichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils in Ansehung eines Teilbetrags von EUR 2.033,36 (Kosten des Beweissicherungsverfahrens von EUR 1.546,55 sA und vorprozessuale Korrespondenz EUR 3486,91) ist mangels Relevanz für das Revisionsverfahren nicht näher einzugehen.
Im Übrigen lässt sich die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts wie folgt zusammenfassen:
Sei der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, habe der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnunsgemäßem Geschäftsgang tunlich sei, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeige, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu erstatten (§ 377 Abs 1 HGB); sonst gelte die Ware außer bei Nichterkennbarkeit des Mangels als genehmigt (§ 377 Abs 2 HGB). Zeige sich ein Mangel erst später, müsse die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung erfolgen (§ 377 Abs 3 HGB).
In der Literatur werde eine Frist von zwei Tagen als ausreichend erachtet. Nach der Entdeckung des Mangels dürfe der Käufer jedenfalls nicht noch die Ware einer Untersuchung unterziehen und deren Ergebnis abwarten, wenn er den Rechtsverlust des § 377 Abs 3 HGB vermeiden wolle. Die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ergebe, dass keine unverzügliche Rüge im Sinn des § 377 Abs 3 HGB vorliege. Die Reklamation des unangenehmen von den Lehmbausteinen ausgehenden Geruchs sei durch die Auftraggeber der klagenden Partei dieser gegenüber nach Beheizung der Baustelle „etwa Mitte April 2002" erfolgt. Die klagende Partei habe in der Klage zunächst das Schreiben ihres Vertreters vom 15. 5. 2002 als die von ihr erhobene Mängelrüge bezeichnet, nach Einwendung der Verspätung der Mängelrüge jedoch das Schreiben vom 29. 4. 2002, und - was zu ihren Lasten gehe - ohne Angabe konkreter Zeitpunkte behauptet, die Reklamationen auch mündlich weitergeleitet zu haben. Das Schreiben der klagenden Partei vom 29. 4. 2002 (./L) genüge den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Mängelrüge nicht. Eine solche habe die Mängel, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, so doch so genau zu bezeichnen, dass der Verkäufer ermessen könne, welche Mängel ihm gegenüber gerügt werden; das Schreiben vom 29. 4. 2002 beschränke sich auf die Mitteilung des beabsichtigten Austausches eines einzelnen Ziegels. Eine Mängelrüge hinsichtlich einer aufgetretenen Geruchsbelästigung betreffend die mit den gelieferten Lehmbausteinen errichteten Zwischenwände sei hierin nicht zu erblicken. Der klagenden Partei hätten aufgrund der Reklamation ihrer Auftraggeber bereits alle Informationen vorgelegen, die sie zur Erhebung der Mängelrüge dem Beklagten gegenüber benötigte. Dass der klagenden Partei die Ursache der Geruchsbelästigung noch nicht bekannt gewesen sei, habe ihrer Mängelrüge nicht entgegengestanden, da sie zur Bekanntgabe der Mängelursache gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet gewesen sei. Die Auffassung, nicht die Geruchsbelästigung, sondern die ihr erst im September 2002 zur Kenntnis gelangte Gesundheitsgefährdung des Pilzbefalls sei der Mangel, sei von der klagenden Partei nicht vertreten worden, habe diese doch ausdrücklich das Hervorkommen des Mangels innerhalb von zwei Monaten nach Übergabe behauptet und sich hinsichtlich des Vorhandenseins des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe auf § 924 ABGB berufen. Im Übrigen läge, selbst wenn die Geruchsbelästigung als Verdacht eines Mangels zu qualifizieren wäre, schon in diesem Verdacht ein rügepflichtiger Mangel. Die Mängelrüge am 15. 5. 2002 sei keinesfalls unverzüglich nach der Entdeckung des Mangels erhoben worden.
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung müsse die Anzeige nach § 377 HGB selbst dann erstattet werden, wenn der Verkäufer über den Mangel bereits im Bilde sei; somit habe auch die Anwesenheit des Beklagten beim Lokalaugenschein vom 26. 4. 2002 die klagende Partei nicht von der Verpflichtung zur Erhebung der Mängelrüge entbunden.
Der Beklagte habe bereits im Schreiben seines Vertreters vom 5. 12. 2002 behauptet, es sei im Übergabezeitpunkt keine Beanstandung erfolgt. Dass der Beklagtenvertreter sich nicht bereits im Schreiben vom 19. 7. 2002 auf das Fehlen bzw die Verspätung einer Mängelrüge berufen habe, könne unter Berücksichtigung des strengen Konkludenzmaßstabs des § 863 ABGB nicht als Verzicht auf die Geltendmachung des Einwands der unverzüglich erstatteten Mängelrüge gewertet werden. Die gesetzliche Fiktion der Genehmigung einer Ware durch Unterlassung der unverzüglichen Anzeige trete ohne Rücksicht auf den Parteiwillen in Kraft und bedeute nicht nur den Verlust von Gewährleistungsansprüchen, sondern aller aus dem Mangel der Ware abeleiteten Rechte, insbesondere auch von Schadenersatzansprüchen einschließlich von Ansprüchen auf Ersatz von Mangelfolgeschäden. Das restliche Klagebegehren sei daher schon aus diesem Grunde abzuweisen.
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, da zur Frage, ob eine Mängelrüge auch bei Kenntnis des Verkäufers von einem Mangel erhoben werden muss, um die „Genehmigungsfiktion" des § 377 Abs 1 HGB zu vermeiden, jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht existiert. Sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Rechtsmittelwerberin erstmals in der Revision die Auffassung vertritt, dass sie nicht bereits die von den Lehmziegeln ausgehende Geruchsbelästigung, sondern lediglich „den Pilzbefall" als Mangel empfunden habe, ist auszuführen, dass gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene gegenteilige Interpretation des Vorbringens der klagenden Partei keinerlei Bedenken bestehen.
Abgesehen davon, dass die Rechtsmittelwerberin selbst in ihrem vorbereiteten Schriftsatz ON 4 vorbrachte, dass sich die „ersten Reklamationen" der Bauherrn auf Geruchsprobleme bezogen hätten, weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass es der von der Rechtsmittelwerberin begehrten Feststellung, sie habe in der Geruchsbelästigung keinen Mangel erblickt, an Relevanz mangle, da es nicht auf die subjektive Auffassung des Käufers von einem Mangel ankomme. Im hier zu beurteilenden Fall wurde nach den Feststellungen die Geruchsbelästigung von der Bauherrschaft gegenüber dem Ansprechpartner der klagenden Partei als Mangel geltend gemacht, der unverzüglich „weiterzuleiten" gewesen wäre (3 Ob 535/90).
Abgesehen davon, dass es sich bei der Frage, ob eine Mängelrüge erhoben wurde, um rechtliche Beurteilung handelt, bedarf es der Auslegung des Schreibens vom 16. 7. 2002 nicht, da - worauf in der Folge näher eingegangen wird - eine allfällige, erst am 16. 7. 2002 erstattete Rüge in jedem Fall verspätet wäre.
Mit ihrem Argument, dass zum Zeitpunkt 9. 7. 2002 die Ursache für den Geruch noch nicht abschließend und zweifelsfrei geklärt gewesen sei, ist für den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin ebenfalls nichts gewonnen, weil nach den Feststellungen die Steine als Geruchsquelle feststanden und der Käufer zur Angabe der Ursache des Mangels nicht verpflichtet ist (SZ 53/63). Die in der Revision aus den Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Sachverständige im Beweissicherungsverfahren „nicht eindeutig beurteilen konnte, ob der Geruch auf natürliche Eigenschaften der Lehmziegel oder auf einen Mangel beruhte" ist unzulässig, zumal als mögliche Ursache neben dem Pilzbefall Klärschlammbeimengungen, also keineswegs ein natürlicher Bestandteil von Lehmbausteinen, angeführt wurde und überdies die „Ausblühungen" Pilzen zugeordnet wurden.
Es kann weiters keine Rede davon sein, dass es sich bei den als „Schimmelpilze identifizierten Ausblühungen" um einen versteckten Mangel gehandelt habe, der erst aufgrund des Gutachtens im Beweissicherungsverfahren erkennbar und damit rügepflichtig gewesen sei.
Vielmehr hätte die klagende Partei bereits den ihr (bzw dem für sie tätigen Ansprechpartner) von den Bauherrn gemeldeten Mangel einer erheblichen Geruchsbelästigung der beklagten Partei mitteilen müssen. Auch der Käufer, dem sein Abnehmer eine konkrete Beanstandung der Ware übermittelt, hat unverzüglich Mängelrüge gegenüber dem Verkäufer zu erheben (SZ 47/41; 3 Ob 535/90).
In jedem Fall liegt in der der klagenden Partei gegenüber seitens der Bauherrschaft beanstandeten „Geruchsbelästigung" ein erhebliches Indiz für das Vorliegen eines Mangels (vgl 7 Ob 136/02d) und ist diese daher als Verdacht eines Mangels bereits rügepflichtig. Wenn der Käufer untätig bleibt und abwartet, bis sich der Verdacht eines Mangels mit der Zeit zur Gewissheit verdichtet, ist seine erst dann erstattete Rüge verspätet (RIS-Justiz RS0062578; SZ 69/17).
Soweit die Rechtsmittelwerberin damit argumentiert, dass eine Mängelrüge nicht erforderlich gewesen sei, da die beklagte Partei (bereits) Kenntnis vom Mangel gehabt habe und insoweit die Feststellung begehrt, dass ein Vertreter der beklagten Partei beim Lokalaugenschein am 26. 4. 2002 teilgenommen hat, ist ihr Folgendes zu entgegnen: Nach ständiger Rechtsprechung tritt die gesetzliche Fiktion der Genehmigung der Ware infolge unterlassener Mängelrüge nach § 377 HGB ohne Rücksicht auf den Parteiwillen in Kraft und bedeutet nicht nur den Verlust von Gewährleistungsansprüchen, sondern aller aus dem Mangel der Ware abgeleiteten Rechte, insbesondere also auch von Schadenersatzansprüchen (SZ 50/93; SZ 53/164; SZ 69/17; 8 Ob 89/03a; RIS-Justiz RS0662435 ua). Auch in der österreichischen (Kramer in Straube HGB I³ § 377 Rz 4) und deutschen Lehre (Brüggemann in Großkomm, HGB4 § 377 Rz 162; Ebenroth/Boujong/Joost/Müller § 377 HGB Rz 124; Emmerich in Heymann, HGB § 377 Rz 63; Schlegelberger/Hefermehl HGB5 § 377 Rz 82 f) wird weit überwiegend diese Auffassung vertreten. In seiner Entscheidung 6 Ob 514/79 = HS 10.859 hat der Oberste Gerichtshof unter Zitierung von Lehrmeinungen daraus ausdrücklich abgeleitet, dass die Mängelrüge selbst dann zu erstatten sei, wenn der Verkäufer über den Mangel bereits „im Bild sei". Es besteht für den erkennenden Senat keinerlei Veranlassung, von dieser Entscheidung abzugehen.
Nach herrschender Meinung muss ein echter Mangel (also eine Schlechtlieferung, wie sie hier unzweifelhaft vorliegt) immer gerügt werden, auch wenn der Mangel die Ware zur völlig unbrauchbaren, unter keinen denkbaren Gesichtspunkt mehr verwendbaren macht und die „Genehmigung" einer derartigen Lieferung seitens des Käufers nach objektiven Gesichtspunkten nicht erwartet werden könnte (Kramer in Straube HGB I³ §§ 377, 378 Rz 24 mwH). Ein Gegenbeweis, etwa dahin, dass der Wille, die Ware nicht genehmigen zu wollen, in anderer Weise durch Kundgabe gegenüber dem Verkäufer schlüssig bekundet worden sei, ist unzulässig (Brüggemann in Großkomm HGB4 § 377 Rz 161 mwH). Umso weniger vermag der hier relevierte Umstand, dass die beklagte Partei beim Lokalaugenschein vertreten war, an den Rechtsfolgen einer unterlassenen Mängelrüge etwas zu ändern. Soweit die Rechtsmittelwerberin weiters die Auffassung vertritt, dass der Käufer durch die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens „zumindest schlüssig" zu erkennen gebe, dass er die Ware nicht genehmigen werde, weshalb die Annahme einer „unwiderlegbaren Genehmigungsfiktion" nicht gerechtfertigt wäre, steht diese Ansicht im Widerspruch zum eindeutigen Gesetzeswortlaut und der herrschenden Auffassung.
Der vom Berufungsgericht aus den Feststellungen und dem Vorbringen der klagenden Partei geschlossene zeitliche Ablauf wird (mit Ausnahme des bereits behandelten Einwands, dass erst die Kenntnis von einem gesundheitsschädlichen Pilz als Ursache für Geruchsbelästigung und „Gespinste" als Mangel zu rügen gewesen wäre) von der Rechtsmittelwerberin nicht bekämpft. Ebensowenig wird die Rechtsansicht des Berufungsgerichts bestritten, dass das Schreiben der klagenden Partei vom 29. 4. 2002 den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Mängelrüge nicht entspricht.
Eine allenfalls mit Schreiben vom 15. 5. 2002 erstattete Mängelrüge wäre allerdings im Hinblick auf die nach der Probeheizung dem Ansprechpartner der klagenden Partei etwa Mitte April seitens der Bauherrschaft als Mangel mitgeteilte Geruchsbelästigung jedenfalls verspätet (RIS-Justiz RS0062420; RS0062384; RS0062479; RS0062387).
Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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