OGH 8Ob36/14y

OGH8Ob36/14y30.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarman‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei MMag. Dr. K***** P*****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei DDr. G***** A*****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 30.000 EUR sA und Feststellung (Interesse 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. März 2014, GZ 15 R 234/13m‑11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00036.14Y.1030.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung der außerordentlichen Revision kann sich auf die Zusammenfassung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs haftet ein Sachverständiger, der im Prozess ein unrichtiges Gutachten abgibt, den Parteien gegenüber persönlich nach § 1299 ABGB (RIS‑Justiz RS0026316, RS0026319, RS0026360); dies hat auch für den im Strafverfahren bestellten Sachverständigen zugunsten des Angeklagten beziehungsweise Beschuldigten zu gelten (9 Ob 67/03y; 8 Ob 69/08t; 6 Ob 83/14w).

Allerdings kann in Strafsachen der Verurteilte, solange das Verfahren noch anhängig oder ein verurteilendes Strafurteil aufrecht ist, vom Sachverständigen, auf dessen Gutachten sich das Urteil stützt, nicht Schadenersatz wegen unrichtiger Begutachtung begehren (7 Ob 180/02z; 9 Ob 67/03y; 8 Ob 69/08t; 6 Ob 83/14w). Die Ausgestaltung des strafrechtlichen Rechtsschutzsystems schließt es aus, während des anhängigen Verfahrens eine Überprüfung der Ergebnisse des Strafverfahrens im Zivilverfahren herbeizuführen. Schon die Möglichkeit, derartige Klagen als Druckmittel zu missbrauchen, zwingt hier zu einer zurückhaltenden Beurteilung. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Person des Sachverständigen, sondern auch der Funktionsfähigkeit der Justiz insgesamt.

Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, die insbesondere der Entscheidung 8 Ob 69/08t zugrunde gelegten Grundsätze seien auch auf den Fall anwendbar, dass vordergründig andere als die unmittelbar aus einer Verurteilung resultierenden Schäden ‑ hier: erhöhte Verteidigungskosten ‑ geltend gemacht werden, ist jedenfalls vertretbar. Würde man die Möglichkeit bejahen, den Sachverständigen bereits vor rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens mit einer auf die behauptete Unrichtigkeit des Gutachtens gestützten Schadenersatzklage zu belangen, käme es im Ergebnis auch in diesem Kontext zu einer Überprüfung der im Strafverfahren ergangenen Entscheidung durch das Zivilgericht, zumal die erstinstanzliche Verurteilung sich (auch) auf die Würdigung der strittigen Gutachtensergebnisse gründet.

Ob der Sachverständige in seiner Funktion noch weiter am Strafverfahren beteiligt sein wird, spielt daher entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung keine Rolle (6 Ob 83/14w).

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO liegen daher nicht vor.

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