Spruch:
Der Revisionsrekurs des Masseverwalters wird, soweit darin Nichtigkeit geltend gemacht wird, verworfen; im übrigen wird den Revisionsrekursen Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Über das Vermögen des Gemeinschuldners wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 18. 5. 1992 zu S 60/92 das Konkursverfahren eröffnet. Nach Abschluß des Verwertungsverfahrens, rechtskräftiger Genehmigung der Schlußrechnung und des Verteilungsentwurfes ergibt sich nach Abzug der Masseforderungen für die Gesamtsumme der angemeldeten und festgestellten Konkursforderungen in Höhe von S 14,085.693,52 eine verbleibende Masse von S 639.440,45, somit eine Befriedigungsquote von 4,53 %.
Mit Schriftsatz vom 23. 6. 1998 (ON 106) beantragte der durch seinen Sachwalter vertretene Gemeinschuldner die Annahme eines Zahlungsplanes und hilfsweise - bei dessen Nichtannahme - die Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung mit der Begründung, er verfüge über eine monatliche Pension von S 7.440,-- sowie über eine Waisenpension in Höhe von S 2.774,90 jeweils 14 mal und beziehe ein Pflegegeld der Stufe 2. Für die Miete habe er S 2.214,14 zuzüglich Kosten für Strom und Fernwärme zu bezahlen. Nach dem vorgelegten Zahlungsplan sollten die Konkursgläubiger insgesamt 1,24 % unter Zugrundelegung einer monatlichen Zahlung von S 2.000,-- erhalten, was der Einkommenslage des Gemeinschuldners in den folgenden 5 Jahren entspreche.
In der Tagsatzung zur Verhandlung und Beschlußfassung über den vom Gemeinschuldner erstellten Zahlungsplan und die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens verweigerte der Schuldner zunächst die Unterfertigung des vorgelegten Vermögensverzeichnisses und erklärte gegen den Willen seines Sachwalters, die gestellten Anträge auf Annahme des Zahlungsplans hilfsweise auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zurückzuziehen. Der anwesende Sachwalter des Gemeinschuldners hielt jedoch die gestellten Anträge weiter aufrecht.
In dieser Tagsatzung stimmte keiner der anwesenden stimmberechtigten Gläubiger dem Zahlungsplan zu; der Sachwalter beantragte die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens. Der Vertreter des bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes KSV als Vertreter einiger Konkursgläubiger beantragte die Abweisung dieses Antrages mit der Begründung, daß der Gemeinschuldner die für eine Restschuldbefreiung notwendige Quote nicht erzielen könne. Für die Gläubiger stünde nur der pfändungsfreie (richtig: pfändbare) Betrag von S 1.600,-- monatlich zur Verfügung, weil der verbleibende Rest von S 10.000,-- zwingend für den Gemeinschuldner zur Befriedigung seines persönlichen Aufwandes inkl. Miete aufgebraucht werde, somit sich lediglich eine Zusatzquote von 1 % für die Gläubiger binnen 7 Jahren errechne.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung ab und führte zur Begründung aus, die Einleitung des Privatkonkurses setze (neben dem offenkundigen Fehlen von Einleitungshindernissen) gemäß § 183 Abs 1 KO unter anderem die Bescheinigung der Erwartung voraus, daß der Zahlungsplan erfüllt bzw die Restschuldbefreiung erteilt werde. Bei einer angebotenen Zusatzquote von 1 % bestehe keine realistische Erwartung, daß der Antragsteller die für die Einleitung der Restschuldbefreiung erforderlichen Voraussetzungen erfüllen könne, sei doch von einer Gesamtsumme von festgestellten Forderungen von rund S 14 Mio und von einem Nettoeinkommen von S 11.916,-- monatlich
- diesen Betrag errechnete das Erstgericht, indem es die Pensionssonderzahlungen einbezog und die Jahressumme durch 12 teilte
- auszugehen, wobei der Gemeinschuldner noch monatliche Miete von S 2.214,-- sowie die Kosten für Strom- und Fernwärme in unbekannter Höhe zu zahlen habe, sodaß sich lediglich ein monatlich abschöpfbarer Betrag von ca S 1.600,-- errechne.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des durch den Sachwalter vertretenen Gemeinschuldners Folge, behob den angefochtenen Beschluß ersatzlos und trug dem Erstgericht die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens und die Bestellung eines Treuhänders auf. Weiters bewertete es den Entscheidungsgegenstand mit einem S 52.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.
Der Ansicht des Gemeinschuldners, es sei kein Einleitungshindernis gegeben, so daß die Frage einer möglichen Restschuldbefreiung derzeit nicht zu prüfen sei, sei zuzustimmen. Der Schuldner könne trotz Fehlens eines kostendeckendes Vermögens die Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens erwirken oder die Aufhebung des Konkurses verhindern (§ 183 Abs 5 KO iVm § 166 Abs 2 KO). Gemäß der Übergangsbestimmung Art IV Abs 3 der KO-Novelle 1993, BGBl 1993/974, könne in einem bereits am 1. 1. 1995 anhängigen Konkursverfahren ein Antrag auf Annahme eines Zahlungsplanes und auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens gestellt werden. Hiebei seien die §§ 199 bis 216 KO anzuwenden. Ein solcher wirksamer Antrag im Sinne des § 199 KO liege vor, weil dieser vom gerichtlich bestellten Sachwalter als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners gestellt worden sei, sodaß die vom Gemeinschuldner selbst erklärte Zurückziehung unbeachtlich sei. Da die Konkursgläubiger dem Zahlungsplan nicht zugestimmt hätten, sei nur zu prüfen, ob der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens eines der im § 201 Abs 1 KO taxativ aufgezählten Einleitungshindernisse entgegenstehe, sofern ein derartiger Hinderungsgrund von einem Konkursgläubiger geltend gemacht und bescheinigt werde. Werde nämlich der Zahlungsplan von den Gläubigern nicht angenommen, so stehe dem Schuldner das Abschöpfungsverfahren offen, das jedoch spätestens - wie im vorliegenden Fall - mit dem Zahlungsplan beantragt werden müsse. Das Abschöpfungsverfahren sei nämlich ein vom Gesetzgeber festgelegter Interessenausgleich zwischen Schuldner und Gläubigern, der der Zustimmung der Gläubiger entzogen sei. Die Gläubiger müßten eine Kürzung ihrer Forderung hinnehmen, wenn das in die Konkursmasse fallende Vermögen des Schuldners verwertet worden sei und der Erlös für die Gläubiger verwendet werde, der Schuldner redlich sei (keine Einleitungshindernisse für das Abschöpfungsverfahren vorlägen) und sich sieben Jahre lang wohlverhalte (keine Obliegenheitsverletzung im Abschöpfungsverfahren begehe) und letztlich insgesamt zumindest 10 % der Konkursforderungen beglichen würden oder Billigkeitsgründe vorlägen. In diesem Fall habe der Schuldner einen Anspruch auf Restschuldbefreiung. Ob die Voraussetzungen für die Restschuldbefreiung gegeben seien, sei aber erst nach zulässiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zu prüfen und zu entscheiden (§ 213 KO).
Da von den Konkursgläubigern in der Tagsatzung zur Verhandlung über den Zahlungsplan und die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens ein Hinderungsgrund gemäß § 201 Abs 1 KO nicht geltend gemacht worden sei, ein Abschöpfungsantrag spätestens mit dem Zahlungsplan fristgerecht gestellt wurde, eine amtswegige Prüfung des Vorliegens von Hinderungsgründen ausscheide, sei die Abweisung des Antrages auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht zulässig und könne insbesondere nicht damit begründet werden, daß nach dem Zahlungsplan die für eine Restschuldbefreiung erforderliche Befriedigungsquote von 10 % bei weitem nicht erreicht werden könne. Es dürfe nicht übersehen werden, daß dem Schuldner nach Verwertung des Vermögens ein Zahlungsplan - ein Unterfall des Zwangsausgleiches - offenstehe, für den keine Mindestquote verlangt werde und der daher auch mit einer sehr niedrigen Quote zulässig sei und nur der Einkommenslage des Schuldners in den folgenden fünf Jahren entsprechen müsse. Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung 8 Ob 121/97w (inzwischen veröffentlicht: SZ 70/100) aber auch die nachfolgende Entscheidung 8 Ob 243/97m seien zur Erwartung der Erfüllung der Antragsvoraussetzungen nach § 183 Abs 1 Z 3 KO ergangen, nämlich ob trotz Fehlens eines kostendeckenden Vermögens das Insolvenzverfahren zu eröffnen und damit dem Antragsteller im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahrens die Möglichkeit der Annahme eines Zahlungsplanes oder der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens einzuräumen sei.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob auch im Falle der Antragstellung auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach erfolgter Konkurseröffnung und Verwertung des gesamtschuldnerischen Vermögens trotz Fehlens von Einleitungshindernissen im Sinne des § 201 KO die Einleitung des Abschöpfungsverfahren auch dann verwehrt werden könne, wenn von vorneherein zu erwarten sei, daß der Antragsteller nur eine Befriedigungsquote von 1 bis 2 % erzielen werde können, nicht vorliege.
Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse
1.) des Masseverwalters mit dem Antrag, das Verfahren an das zuständige Bezirksgericht zu überweisen oder hilfsweise zu delegieren und das bisherige Verfahren (auf Annahme eines Zahlungsplanes und Einleitung des Abschöpfungsverfahrens) für nichtig zu erklären oder den erstinstanzlichen Beschluß wiederherzustellen, und
2.) der Konkursgläubiger mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig und - abgesehen vom geltend gemachten Nichtigkeitsgrund - auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Masseverwalter macht in seinem Rekurs (ON 128) den Nichtigkeitsgrund der unheilbaren Unzuständigkeit des Erstgericht geltend; "für den Privatkonkurs" eines Nichtunternehmers sei gemäß § 182 KO das Bezirksgericht zuständig (hier das Bezirksgericht Hernals), bei dem der Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens einzubringen gewesen wäre. Der Mangel könne nur noch mit einer Delegierung durch den Obersten Gerichtshof geheilt werden.
Art IV der KO-Novelle 1993 verweist in Abs 3 Z 1 für ein bereits am 1. 1. 1995 anhängiges Konkursverfahren auf die Bestimmungen der §§ 199 bis 216 KO. Auf die Zuständigkeitsnorm des § 182 KO wird dabei nicht verwiesen, sodaß gemäß § 29 erster Satz JN von einer Fortdauer der Zuständigkeit wie im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens auszugehen ist. Eine die sogenannte perpetuatio fori durchbrechende Ausnahme im Sinne des § 29 zweiter Satz JN liegt nicht vor. Die Regelung des § 101 ASGG (Übergang von Rechtssachen) hat erkennbaren Ausnahmscharakter wegen der mit dem Inkrafttreten des ASGG verbundenen tiefgreifenden Änderungen der örtlichen, sachlichen und auch funktionellen Zuständigkeit. Hätte der Gesetzgeber der KO-Novelle 1993 einen vergleichbaren Übergang von Rechtssachen gewünscht, hätte er eine solche Regelung nach dem Vorbild des ASGG auch hier treffen können, zumal er in Art IV Abs 4 erkennbar die Fälle eines Konkursantrages einer natürlichen Person (und auch eines Nichtunternehmers) bedacht hat.
Für eine Delegation nach § 31 JN ist wegen der verfahrensbeendenden Wirkung dieser Entscheidung - wie im folgenden auszuführen sein wird - kein Grund mehr gegeben.
Beide Revisionsrekurse wenden sich - kurz gefaßt - gegen die Zulässigkeit des Abschöpfungsverfahrens, weil eine realistische Erwartung, es werde die Restschuldbefreiung erteilt werden, nicht gegeben sei.
Aus § 200 Abs 1 KO wird der Grundsatz der Subsidiarität des Abschöpfungsverfahrens abgeleitet (Mohr in Konecny/Schubert Insolvenzgesetze Rz 2 ff zu § 200 KO), wobei der (vorausgehende) Zahlungsplan zulässig gewesen sein muß. Gemäß § 202 Abs 1 KO ist das Abschöpfungsverfahren einzuleiten, wenn keine Einleitungshindernisse vorliegen, wobei Mohr ausführt, ob eine Restschuldbefreiung zu erwarten sei, insbesondere die Mindestquote voraussichtlich erfüllt werde, habe das Gericht - anders als bei Konkurseröffnung nach § 183 - nicht zu prüfen (aaO Rz 1 zu § 202 KO).
Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung vom 15. 10. 1998, 8 Ob 127/98d, ausgesprochen hat, ist auch dann, wenn der Antrag auf Annahme des Zahlungsplans und Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht erst im Laufe eines Konkursverfahrens gestellt wurde, sondern von vorneherein die Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens nach § 183 KO beantragt und daraufhin die in § 183 Abs 1 Z 3 KO normierte Voraussetzung der Erwartung der Restschuldbefreiung einer amtswegigen Vorprüfung aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigungen unterzogen wurde, diese Voraussetzung nach Anhörung der Beteiligten in einer anzuberaumenden Tagsatzung neuerlich zu prüfen, da es in diesem Verfahrensstadium den Beteiligten freistehen müsse, nicht nur die in § 201 KO genannten Einleitungshindernisse geltend zu machen, sondern auch substantiiert vorzubringen, die Erwartung der Restschuldbefreiung sei durch den Schuldner nicht ausreichend bescheinigt worden. Umsomehr muß dies dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - nach Ablehnung des vom Schuldner gemäß § 193 Abs 1 KO erst im Laufe eines anhängigen Konkursverfahrens gestellten Antrages auf Annahme eines Zahlungsplanes, für den eine Mindestquote nicht vorgesehen ist (siehe Mohr aaO § 183 KO Rz 8; Deixler-Hübner Privatkonkurs2 Rz 130), über den hilfsweise gestellten Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zu entscheiden ist, da es zu einem unüberbrückbaren Wertungswiderspruch führen würde, in einem solchen Fall anders als bei einem nach § 183 KO eingeleiteten Verfahren die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht von der Erwartung der Erteilung der Restschuldbefreiung abhängig zu machen.
In der zur Verhandlung und Beschlußfassung über den vom Schuldner vorgelegten Zahlungsplan und den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens anberaumten Tagsatzung sprach sich der Vertreter mehrerer Gläubiger gegen die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens aus, da der Schuldner die für eine Restschuldbefreiung erforderliche Quote nicht erzielen könne; zu der sich aus der Vermögensverwertung ergebenden Quote von 4,53 % sei aus dem pfändbaren Teil des Einkommens des Schuldners von S 1.600,-- monatlich in sieben Jahren nur eine Zusatzquote von 1 % zu erreichen. Da das Pflegegeld unpfändbar ist und sich der pfändbare Teil der Pensionen des Schuldners bei Zugrundelegung der Ansätze der Anlage 2 (Tabelle 1 a m) der ExminV 1998 tatsächlich mit S 1.562,-- monatlich, dies jedoch vierzehnmal jährlich, errechnet, ergäbe sich ein jährlicher Abschöpfungsbetrag von S 21.868,-- woraus sich in sieben Jahren - ohne Berücksichtigung der Mindestvergütung des Treuhänders gemäß § 204 Abs 1 KO und der Überweisungsspesen - eine Zusatzquote von 1,087 % errechnet, sodaß der Einwand der Gläubiger zutrifft. Sie haben damit, wie das Erstgericht richtig erkannt hat, bescheinigt, daß die in § 213 Abs 1 Z 2 KO genannte Quote während der siebenjährigen Laufzeit der Abtretungserklärung (§ 199 Abs 2 KO) nicht zu erreichen ist. Damit lag es wieder an dem für die Wahrscheinlichkeit der Erlangung der Restschuldbefreiung bescheinigungspflichtigen Schuldner, Umstände zu behaupten und zu bescheinigen, die trotz der nicht nur geringfügigen Verfehlung der zehnprozentigen Quote die Erteilung der Restschuldbefreiung rechtfertigen würden, wobei er nicht auf die in § 213 Abs 2 letzter Satz KO aufgezählten Gründe beschränkt wäre, sondern sich auch auf die in § 213 Abs 3 KO genannten weiteren Gründe oder andere gleichwertige, im Rahmen der Billigkeitsentscheidung berücksichtigungswürdige Umstände stützen könnte (vgl Konecny, Restschuldbefreiung bei insolventen natürlichen Personen, ÖBA 1994, 911 [925]; Deixler-Hübner aaO Rz 184; Mohr aaO § 213 KO Rz 18, wonach die nur beispielsweise aufgezählten Gründe des § 213 Abs 3 KO auch schon bei der Enscheidung nach § 213 Abs 2 KO zu berücksichtigen sind).
Der Schuldner hat dazu im Antrag ON 106 lediglich vorgebracht, daß der Konkurs nicht von ihm oder seinem verstorbenen Vater verschuldet worden sei, sondern in dem betrügerischen Verhalten der Personen rund um die Firmengruppe R***** seinen Grund habe; weiters brachte er in der der Verhandlung über den Zahlungsplan und den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens dienenden Tagsatzung vom 12. Oktober 1998 (ON 123) vor, daß die Restschuldbefreiung im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des Schuldners beansprucht werde, auch wenn die Quote von 10 % nicht erreicht werden könne. Im Rekurs gegen den abweisenden Beschluß des Erstgerichtes brachte der Schuldner zur Konkretisierung der in der Tagsatzung vom 12. Oktober 1998 behaupteten besonderen Verhältnisse noch folgendes ergänzend vor:
Der Schuldner sei körperlich und geistig behindert; das Hotelprojekt sei von seinem als Architekt sehr erfolgreichen Vater zur Absicherung der Existenz des Sohnes gegründet und geführt worden; das wirtschaftliche Scheitern sei nicht auf übermäßigen Aufwand oder schlechte Führung des Hotels durch den Schuldner oder seinen Vater, sondern darauf zurückzuführen, daß der Vater des Schuldners beim Verkauf des Hotels Betrügern in die Hände gefallen sei; der Schuldner sei aufgrund seiner körperlichen und geistigen Behinderungen sowie aufgrund der bei ihm zuletzt aufgetretenen Wahnvorstellungen nicht mehr in der Lage, außer seiner Waisenpension und Berufsunfähigkeitspension künftig ein Einkommen zu erzielen, worunter er extrem leide; das gesamte Vermögen des Schuldners und seiner Familie sei im Konkurs verwertet worden; künftige Vollzüge von Fahrnisexekutionen würden nichts bringen, nur weitere Kosten verursachen und den Schuldner in seiner Psyche zusätzlich schädigen; eine allfällige Exekution auf die Pensionen des Schuldners würde nur einen einzelnen Gläubiger bevorzugen, ohne daß dieser viel mehr bekäme als bei einem Abschöpfungsverfahren. Im Antrag ON 106 sowie in der Tagsatzung vom 12. Oktober 1998 bot der Schuldner für die von ihm behaupteten Umstände keine Bescheinigungsmittel an; im Rekurs berief er sich nur darauf, daß die von ihm angeführten Umstände aktenkundig seien.
Da nach § 176 Abs 2 KO die Anführung neuer Tatsachen und Beweismittel im Rekurs grundsätzlich zulässig ist (JBl 1978, 158; 8 Ob 27/88) und der Schuldner im Verfahren vor dem Erstgericht nicht zur Ergänzung seines unzureichenden Vorbringens aufgefordert wurde, werden auch die vom Schuldner im Rekurs vorgebrachten Umstände einer rechtlichen Prüfung unterzogen.
Der Schuldner macht vor allem geltend, daß die Leistung der Mindestquote seine finanziellen Möglichkeiten übersteige und ihm eine Erhöhung seines Einkommens durch vermehrten Einsatz aufgrund seiner körperlichen und geistigen Behinderung nicht möglich sei. Zieht man in Betracht, daß jeden Schuldner, der die Restschuldbefreiung erlangen will, gemäß § 210 Abs 1 Z 1 KO die Obliegenheit trifft, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, oder, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen, dann wäre das zusätzliche Erfordernis einer Mindestquote sinnlos, wenn die Restschuldbefreiung auch dann zu erteilen wäre, wenn es dem Schuldner trotz Anspannung seiner Kräfte nicht möglich war, diese Quote auch nur annähernd zu erreichen. Da die Quote nicht nur geringfügig unterschritten würde und das Verfehlen der Quote nicht bloß auf die hohen Kosten des Verfahrens zurückzuführen ist, fehlt es an den Voraussetzungen für eine Billigkeitsentscheidung aus den Gründen des § 213 Abs 2 KO. Da die Mindestquote von 10 % für alle Forderungen auch während der nach § 213 Abs 3 oder Abs 4 KO zu gewährenden Nachfrist von höchstens drei Jahren nicht annähernd zu erreichen ist, wäre die Restschuldbefreiung nur zu erlangen, wenn Gründe vorlägen, den Schuldner von der weiteren Erfüllung einzelner Forderungen zu befreien; lägen derartige Gründe bezüglich aller Forderungen vor, wäre dies, wie oben erwähnt, sogar schon im Rahmen der Entscheidung nach § 213 Abs 2 KO zu berücksichtigen, da sich dann eine Aussetzung der Entscheidung gemäß § 213 Abs 3 KO mangels verbleibender, vom Schuldner noch bis zum Erreichen der Mindestquote zu erfüllender Forderungen erübrigen würde.
Nach § 213 Abs 3 KO kann ein Grund für die Ungleichbehandlung des Gläubigers darin liegen, daß er für seine Forderung über die bisher im Konkurs und im Abschöpfungsverfahren erzielte Quote hinaus Befriedigung erlangt hat - etwa durch die teilweise Befriedigung außerhalb des Konkurses oder die Tilgung des Kapitals ohne Zinsen und Kosten - oder er kann aus dem der Forderung zugrundeliegenden Rechtsgeschäft abgeleitet werden - etwa aus der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers von der Unfähigkeit des Schuldners, die Forderung bei Fälligkeit zu zahlen oder daraus, daß die Leistung des Gläubigers dem nunmehrigen Schuldner nicht zugutekam.
Da der Schuldner weder einen der in § 213 Abs 3 KO angeführten Gründe noch einen anderen gleichwertigen Grund hinsichtlich einzelner oder gar aller Gläubiger behauptet hat, ist davon auszugehen, daß er auch bei Aussetzung der Entscheidung über die Restschuldbefreiung im zulässigen Höchstausmaß von drei Jahren oder bei einer Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens um diesen Zeitraum, gemäß § 213 Abs 4 KO die Restschuldbefreiung nicht erlangen könnte.
Den Revisionsrekursen des Masseverwalters und der Konkursgläubiger war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)