Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.657,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 3.600 und Umsatzsteuer von S 1.459,80) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war ab 1. Februar 1972 alleiniger Geschäftsführer der J*** I*** R*** Gesellschaft m.b.H. in Wien 8., Blindengasse 29, über deren Vermögen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. Oktober 1979 das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß des gleichen Gerichtes vom 8. Jänner 1980 der Anschlußkonkurs eröffnet wurde. Er wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Oktober 1980, 1 b E Vr 8882/79, schuldig erkannt, von Juni 1979 bis Oktober 1979 als alleiniger Geschäftsführer der J*** I***
R*** Gesellschaft m.b.H. Dienstnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von S 95.273,52 einbehalten und der W*** G*** vorenthalten zu haben sowie in der Zeit vom 1. Februar 1972 bis Mitte 1978 fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeigeführt sowie in der Zeit von Mitte 1978 bis Oktober 1979 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Befriedigung der Gläubiger dieser Gesellschaft oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert zu haben; er wurde gemäß § 114 Abs 1 ASVG sowie § 159 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB verurteilt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 573.887,78 s.A. im wesentlichen mit der Begründung, die J*** I***
R*** Gesellschft m.b.H. habe in ihrem Betrieb Dienstnehmer beschäftigt, die auf Grund der Bestimmungen des ASVG sozialversicherungspflichtig gewesen und bei der Klägerin zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien. Für diese Beschäftigten seien für die Zeit ab Juni 1979 S 573.887,78 an Sozialversicherungsbeiträgen vorgeschrieben worden, die noch unbeglichen seien. Der Beklagte habe im Sinne der Bestimmungen des ASVG von seinem Recht Gebrauch gemacht, die auf die Beschäftigten entfallenden Dienstnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen vom Entgelt in Abzug zu bringen und Dienstnehmeranteile von insgesamt S 142.689,81 einbehalten, aber nicht an die Klägerin abgeführt. Für diese Dienstnehmeranteile hafte er im Sinne des § 114 ASVG. Darüber hinaus hafte er der Klägerin sowohl für die Dienstnehmer- als auch für die Dienstgeberanteile auch wegen Verletzung des im § 159 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB normierten Schutzgesetzes. Er sei in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der von ihm geführten Gesellschaft neue Schulden auch gegenüber der Klägerin dadurch eingegangen, daß er weiter Dienstnehmer beschäftigt und dadurch Beitragsforderungen auflaufen lassen habe. Eine Befriedigung der Forderung der Klägerin aus der Konkursmasse der Beitragsschuldnerin sei nicht zu erwarten.
Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, auf Grund seines Anerkenntnisses sei der Klägerin bereits im Strafverfahren ein Betrag von S 95.273,52 zugesprochen worden. Der Betrieb der Gesellschaft sei am 10. Jänner 1980 mit der Konkurseröffnung eingestellt worden; es könnten somit Beiträge für Februar 1980, aber auch für Jänner 1980 in voller Höhe nicht mehr aufgelaufen sein. Die Klägerin habe ihre bevorrechteten Forderungen im Insolvenzverfahren nicht angemeldet. Hätte sie dies getan, wäre die Klagsforderung im Konkursverfahren befriedigt worden, da dem Masseverwalter ein Betrag von über S 1,000.000 zur Aufteilung zur Verfügung gestanden sei. Ab Eröffnung des Ausgleichsverfahrens könne dem Beklagten ein Verschulden im Sinne des § 114 ASVG bzw. des § 159 StGB nicht mehr angelastet werden. Hinsichtlich der im Klagsbetrag enthaltenen Zinsen von S 142.585,62, der Mahngebühren von S 1.020,13 sowie der Verwaltungsauslagen von S 2.615,87 werde die Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet. Selbst wenn der Beklagte die Dienstnehmer zum Zeitpunkt der Überschuldung gekündigt hätte, wären dennoch die Beiträge zur Sozialversicherung zur Zahlung fällig geworden. Die Klägerin könne daher diese Beträge nicht aus dem Titel des Schadenersatzes fordern. Sie habe sich überdies mindestens S 100.000 dadurch erspart, daß die Dienstnehmer während der Kündigungsfrist nicht zur Dienstleistung herangezogen worden seien, sondern bei anderen Dienstgebern Arbeitsleistungen erbracht hätten und dort zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Bereits im Jahr 1972, als der Beklagte die Geschäftsführung der J*** I*** R*** Gesellschaft m.b.H. übernahm,
war die Gesellschaft objektiv zahlungsunfähig. Sie erwirtschaftete vom Jahr 1972 bis zur Konkurseröffnung Jahr für Jahr Verluste, sodaß diese negative Tendenz endgültig war. Für den Beklagten war die Zahlungsunfähigkeit erst im Folgejahr erkennbar. Er führte jedoch ab dem Jahr 1973 eigene Reisen durch, sodaß er zunächst an die Möglichkeit einer Überwindung der negativen Tendenz glauben konnte. Diese Fehleinschätzung mußte ihm spätestens im Jahr 1975 bewußt werden; er hat die Zahlungsunfähigkeit auch tatsächlich erkannt. Zwischen 1975 und 1980 fand durch neue Kontrahierung von Verbindlichkeiten eine Erhöhung der Gesamtverschuldung von zumindest 6 Millionen Schilling statt. Hätte der Beklagte rechtzeitig das Insolvenzverfahren angemeldet, wäre der Schaden der Gläubiger um rund 6 Millionen Schilling geringer gewesen.
Im Jahr 1975 wurden die Beiträge zur Sozialversicherung von der Gesellschaft m.b.H. laufend und pünktlich bezahlt; damals haftete keine Forderung der Klägerin aus. Hätte der Beklagte das Insolvenzverfahren Ende 1975 angemeldet, wären Beiträge in einer Höhe von S 55.000 bis S 82.000 fällig geworden. Bei einer Konkurseröffnung per 31. Dezember 1975 wären 1,6 Millionen Schilling Kundenforderungen und 0,8 Millionen Schilling flüssige Mittel, insgesamt sohin 2,4 Millionen Schilling an Massevermögen zur Abdeckung der Verfahrenskosten, der Forderungen der bevorrechteten Gläubiger und für die Quotengläubiger zur Verfügung gestanden. Bei rechtzeitiger Konkurseröffnung wären die maximal fällig gewordenen Beiträge von S 82.000 voll durch die Konkursmasse gedeckt gewesen, sodaß der Klägerin ein Schaden nicht entstanden wäre. Die Forderung der Klägerin bis zum Tag der Konkurseröffnung (8. Jänner 1980) setzt sich zusammen aus der mit dem eingangs erwähnten Strafurteil zugesprochenen Forderung an Dienstnehmeranteilen von S 95.273,52, weiteren S 64.537,78 an Dienstnehmeranteilen und S 188.861,55 an Dienstgeberanteilen. Seit Konkurseröffnung sind S 77.149,99 an Dienstnehmerbeiträgen und S 91.014,80 an Dienstgeberbeiträgen aufgelaufen. Überdies wurden ein Beitragszuschlag von S 6.100 zugeschlagen, Mahnkosten von S 1.020,13 vorgeschrieben sowie Verwaltungsauslagen von S 2.615,87 und Verzugszinsen von S 142.585,62 (hierin ein Betrag von S 68.219,09 die Verzinsung ab Konkurseröffnung betreffend).
Die Klägerin hat ihre Forderung im Konkurs der Gesellschaft angemeldet. Die Forderung ist in der Konkursmasse nicht gedeckt. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Beklagte als verantwortlicher Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. persönlich der Klägerin für die vorgeschriebenen unbeglichenen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren hafte, weil sein Verhalten den Tatbestand des § 159 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB erfüllt habe. Da bei rechtzeitiger Konkursanmeldung der Schaden verhütet worden wäre, habe er auch für die auf die Zeit nach Konkurseröffnung entfallenden Beiträge und Nebengebühren einzustehen. Bei Berechnung der Klagsforderung sei bereits der im Strafverfahren zugesprochene Betrag von S 95.273,52 berücksichtigt worden. Da der Schaden auch die Nebengebühren umfasse, sei hiefür auch der Rechtsweg zulässig, und zwar unabhängig davon, daß gegenüber dem Schuldner die Vorschreibung nur im Verwaltungsweg zu erfolgen habe. Es sei unzutreffend, daß der Forderung der Klägerin keine Leistung gegenüberstehe, weil in dem kritischen Zeitraum von den sozialversicherten Dienstnehmern Anspruchsvoraussetzungen, die Grundlage für die Leistung des Sozialversicherungsträgers seien, erworben worden seien.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es der Klägerin einen Betrag von S 573.885,74 s.A. zusprach, ihr auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 2,04 s.A. gerichtetes Mehrbegehren aber abwies.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, der Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H., der fahrlässige Krida zu verantworten habe, hafte den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber unmittelbar für ihren Schaden, soweit sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten dafür ursächlich gewesen sei. Soweit der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtsweges für die im Klagsbetrag enthaltenen Nebengebühren in der Gesamthöhe von S 152.321,62 bestreite, verkenne er, daß die Forderung der Klägerin ihm gegenüber ihrem Wesen nach keine Beitragsforderung, sondern eine Schadenersatzforderung sei. Da der Beklagte spätestens im Jahr 1975 die Zahlungsunfähigkeit der J*** I*** R***
Gesellschaft m.b.H. erkannt habe und im Jahr 1975 keine offenen Forderungen der Klägerin bestanden hätten, sei er für den gesamten nach diesem Zeitpunkt der Klägerin entstandenen Schaden verantwortlich, weil es sich diesbezüglich um Folgeschäden aus der verspäteten Anmeldung des Insolvenzverfahrens handle. Er hafte daher aus dem Titel des Schadenersatzes für alle unberichtigten Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren als Folgeschäden, und zwar unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Konkurseröffnung entstanden seien.
Der Beklagte habe durch seinen Verstoß gegen § 159 Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB zugunsten der alten und der neuen Gläubiger verletzt. Es treffe ihn daher die Beweislast dafür, daß der Schaden nicht durch sein Fehlverhalten, sondern auf anderem Weg und in anderer Weise eingetreten wäre. Diesen Beweis habe der Beklagte aber nicht erbringen können. Er habe in keiner Weise aufgezeigt, worin eine allfällige Fehlleistung des Masseverwalters bestehen hätte können, weil er nach Konkurseröffnung Dienstnehmer nicht sofort gekündigt bzw. entlassen habe. In den meisten Fällen sei es nämlich trotz Konkurseröffnung notwendig, Dienstnehmer zu beschäftigen, um eine ordnungsgemäße Abwicklung des Konkursverfahrens im Sinne des Schutzes der Gläubiger zu gewährleisten.
Soweit der Beklagte den Standpunkt vertrete, daß begrifflich ein von ihm verursachter Schaden nicht vorliegen könne, weil auch bei rechtzeitiger Anmeldung des Konkurses die Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren gar nicht entstanden wären, übersehe er, daß es der Zweck jeder Versicherung und somit auch der Sozialversicherung sei, Versicherungsschutz zu gewähren, der darin bestehe, daß der Versicherer ab Versicherungsbeginn ein bestimmtes Risiko übernehme. Da der Beklagte als Geschäftsführer der J*** I*** R*** Gesellschaft m.b.H. die
rechtzeitige Anmeldung des Konkurses im Jahr 1975 unterlassen und weiterhin Dienstnehmer bei der Klägerin zur Sozialversicherung angemeldet habe, sei diese den Dienstnehmern gegenüber im Versicherungsfall der Krankheit leistungspflichtig gewesen, und zwar unabhängig davon, ob von der Gesellschaft die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt worden seien. Auf Grund ihrer Leistungspflicht habe die Klägerin aber Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge samt allfälligen Nebengebühren gehabt. Da diese auf Grund des rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens des Beklagten, nämlich durch die Unterlassung der rechtzeitigen Anmeldung des Insolvenzverfahrens, im Konkursverfahren der vom Beklagten geführten Gesellschaft nicht einbringlich gemacht hätten werden können, habe er für den der Klägerin dadurch entstandenen Schaden Ersatz zu leisten.
Unrichtig sei auch die Ansicht des Beklagten, die Klägerin hätte sich mindestens S 100.000 dadurch erspart, daß die Dienstnehmer der Gesellschaft während der Kündigungs- und Abfertigungszeit bereits bei anderen Dienstgebern beschäftigt worden seien. Die Sozialversicherungspflicht bestehe gemäß § 45 Abs 2 ASVG für jedes Dienstverhältnis. Die Klägerin habe daher durch den Entgang auch dieser Sozialversicherungsbeiträge einen vom Beklagten zu vertretenden Schaden erlitten.
Im Rahmen der allseitigen rechtlichen Prüfung durch das Berufungsgericht sei aber wahrzunehmen, daß die Summe der vom Erstgericht festgestellten aushaftenden und nicht bereits durch einen Exekutionstitel gedeckten Beträge nicht S 573.887,78, sondern nur S 573.885,74 betrage.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes (in seinem klagsstattgebenden Teil) richtet sich die Revision des Beklagten. Er bekämpft es aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H., der ein dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dienendes Schutzgesetz übertritt, den Gesellschaftsgläubigern nach Deliktsgrundsätzen für den Schaden haftet, der durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten verursacht wurde (SZ 42/104; GesRZ 1976, 99; SZ 50/75; GesRZ 1979, 36; EvBl 1980/4; GesRZ 1981, 111; 8 Ob 82/83; 8 Ob 515/83 ua). Diese Rechtsprechung hat im wesentlichen im Schrifttum Zustimmung gefunden (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 104; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1311; Kastner, Grundriß3 268; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 II 421 und 457 FN 28; Torggler in GesRZ 1974, 48; Pfersmann in ÖJZ 1973, 311; Schuppich in GesRZ 1972, 32 f; Doralt in JBl 1972, 125 f; Ostheim in JBl 1972, 143 ua).
Um derartige Schutzgesetze handelt es sich bei den strafrechtlichen Vorschriften bezüglich der fahrlässigen Krida und auch bei der Vorschrift des § 85 GesmbHG, jetzt § 69 KO (siehe dazu SZ 51/88; SZ 53/53 ua).
Aus diesen rechtlichen Gesichtspunkten wurde in der Rechtsprechung wiederholt bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Haftung des Geschäftsführers einer Gesellschaft m.b.H. für Sozialversicherungsbeitragsrückstände bejaht, die während des Zeitraumes aufliefen, in dem er seine Verpflichtung zur Anmeldung des Konkurses vernachlässigte (zuletzt 8 Ob 82/83). Der Beklagte gibt in seiner Revision zu, daß er bereits im Jahr 1975 zur Anmeldung des Gesellschaftskonkurses verpflichtet gewesen wäre, bestreitet aber, daß der Klägerin durch den Entgang später aufgelaufender Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebengebühren (Beitragszuschläge, Mahnkosten, Verwaltungsauslagen und Verzugszinsen) ein Schaden entstanden wäre.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Wenn der Beklagte in seiner Revision ausführt, ein Schaden der Klägerin hätte begrifflich nur darin bestehen können, daß sie Leistungen für Dienstnehmer (der Gesellschaft m.b.H.) zu erbringen gehabt hätte, die sie nicht hätte erbringen müssen, wenn nicht das sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnis aus Verschulden des Beklagten bestanden hätte, verkennt er das Wesen der Sozialversicherung. Die Beitragsleistungen im Sinne der §§ 44 ff ASVG werden nicht zur Finanzierung bestimmter Leistungen an bestimmte einzelne Versicherte erbracht, sondern zur Finanzierung aller dem Sozialversicherungsträger obliegenden Leistungen für alle Versicherungsschutz genießende Personen. Die Klägerin, die in diesem Sinne allen bei ihr sozialversicherten Personen Versicherungsschutz zu gewähren hatte, erlitt daher sehr wohl einen Vermögensnachteil in der Höhe der ihr zustehenden Beitragsleistungen (einschließlich aller ihr dazu zustehenden Nebengebühren etwa im Sinne der §§ 59 und 113 ASVG, die gleichfalls im weiteren Sinne ein Entgelt für die der Klägerin obliegenden Leistungen darstellen, das bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu entrichten ist), die ihr dadurch entgingen, daß der Beklagte in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft m.b.H. weiterhin Dienstnehmer beschäftigte, weil sie allen bei ihr sozialversicherten Personen den ihnen zustehenden Versicherungsschutz zu gewähren hatte, bezüglich der Dienstnehmer der vom Beklagten geleiteten Gesellschaft m.b.H. aber das ihr zustehende Entgelt nicht erhielt.
Es trifft sicher zu, daß der Schaden des Sozialversicherungsträgers nicht schlechthin die Höhe seiner entgangenen Beitragsforderung erreichen muß (siehe dazu auch Doralt in GesRZ 1982, 91). Es ist möglich, daß im Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Überschuldung der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen schon so zusammengeschmolzen war, daß es auch bei rechtzeitiger Konkursanmeldung nicht mehr zur vollen Befriedigung des Sozialversicherungsträgers gekommen wäre; in einem solchen Fall wäre dem Sozialversicherungsträger nur die durch die verspätete Konkurseröffnung eintretende Schmälerung der Konkursquote zu ersetzen (GesRZ 1981, 183 mwN). Allein dies trifft im vorliegenden Fall nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu. Hier wären nach diesen Feststellungen bei rechtzeitiger Konkursanmeldung die Beitragsforderungen der Klägerin voll befriedigt worden, während infolge der durch das Verschulden des Beklagten verspäteten Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft m.b.H. der Klägerin Forderungen in der Höhe des Klagsbetrages entstanden sind, auf die sie aus der Konkursmasse keine Zahlungen erhalten hat oder erhält.
Mit Recht macht die Klägerin diese Forderung im Sinne der eingangs dargestellten Rechtsprechung gegen den Beklagten aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes geltend.
Daß die Haftung des Beklagten für Dienstnehmerbeiträge ab Konkurseröffnung nicht mehr auf § 114 ASVG gestützt werden kann, mag zutreffen; daß aber diese Haftung unter Heranziehung der Schutznorm des § 159 StGB zu bejahen ist, gesteht der Beklagte in seinen Revisionsausführungen selbst zu.
Der Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe sich mindestens S 100.000 dadurch erspart, daß die bei der vom Beklagten geleiteten Gesellschaft m.b.H. beschäftigten Dienstnehmer während der Kündigungsfrist und "während der Zeiten der Abfertigung" bereits bei anderen Dienstnehmern beschäftigt waren, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, daß die Sozialversicherungspflicht gemäß § 45 Abs 2 ASVG für jedes Dienstverhältnis besteht.
Der Beklagte vermag somit mit seinen Revisionsausführungen einen dem Berufungsgericht unterlaufenen Rechtsirrtum nicht aufzuzeigen. Die Vorinstanzen haben vielmehr mit Recht dem Klagebegehren stattgegeben. Der Revision des Beklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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