European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00027.85.0918.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Am 16. 10. 1981 ereignete sich gegen 21,45 Uhr auf der Loiblpaß‑Bundesstraße im Gemeindegebiet von Maria Rain bei Km 8,2 (Freilandgebiet) ein Verkehrsunfall, an dem Hasan C* als Lenker des Omnibusses mit dem Kennzeichen * (D) und Alexander T* als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen * beteiligt waren. Die Klägerin ist der Kasko‑ und Haftpflichtversicherer des erstgenannten, die Erstbeklagte der Halter und die Zweitbeklagte der Haftpflichtversicherer des letztgenannten Kraftfahrzeuges. C* kollidierte beim Überholen eines Sattelschleppers mit dem von ihm gelenkten Omnibus mit dem entgegenkommenden von T* gelenkten PKW. Dabei wurde T* getötet; zwei im PKW mitfahrende Personen und zwei Insassen des Omnibusses wurden verletzt. An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde Hasan C* mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. 10. 1981, 9 E Vr 2626/81‑15, der Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z 1 StGB, der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 (2) StGB und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB schuldig erkannt. Eine von Hasan C* gegen dieses Urteil erhobene Berufung hatte nur hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg. Im Strafurteil wurde C* angelastet, daß er trotz unzureichender Sichtweite den Sattelschlepper überholt und nach erlangter Sicht auf den entgegenkommenden PKW um 1,1 Sekunden verspätet den Bremsentschluß gefaßt habe, nachdem er seine zulässige Geschwindigkeit um 10 km/h auf 90 km/h überschritten habe.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 373.112,93 s.A.; überdies stellte sie ein auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für 30 % ihrer (künftigen) Aufwendungen gerichtetes Feststellungsbegehren, wobei die Zweitbeklagte nur im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages zu haften habe. Die Klägerin begründete ihr Begehren im wesentlichen damit, daß den PKW‑Lenker T* ein mit 30 % zu bewertendes Mitverschulden treffe, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei; seine Bremsausgangsgeschwindigkeit habe 126 km/h betragen. Die Klägerin habe als Kaskoversicherer des von C* gelenkten Omnibusses an ihrer Versicherungsnehmer und als Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeuges an geschädigte Dritte bestimmte im einzelnen aufgezählte Leistungen erbracht; 30 % davon ‑ den Klagsbetrag ‑ hätten ihr die Beklagten entsprechend der behaupteten Verschuldensteilung zu ersetzen. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin noch mit weiteren gegen sie gerichteten Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall zu rechnen habe, sei auch ihr Feststellungsinteresse begründet.
Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, daß der Omnibuslenker C* den Unfall allein verschuldet habe und daß den PKW‑Lenker T* kein Mitverschulden treffe; er sei lediglich mit einer Geschwindigkeit von 90 bis 100 km/h gefahren und habe auf das Fehlverhalten des Omnibuslenkers unverzüglich durch Bremsung reagiert.
Es steht außer Streit, daß die Klägerin als Kaskoversicherer des Omnibusses Leistungen an den Eigentümer dieses Fahrzeuges erbrachte, daß sie als Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeuges die von ihr behaupteten Zahlungen an geschädigte Dritte leistete und daß zu 24 Cg 149/83 des Erstgerichtes noch ein Schadenersatzprozeß des Geschädigten Michael W* anhängig ist, wobei über die bereits erfolgten Akontierungen hinaus mit der Verpflichtung der Klägerin zu weiteren Zahlungen zu rechnen ist (ON 12 S 64 f).
Das Erstgericht entschied nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches (ON 4 S 21) mit Teil‑ und Zwischenurteil, daß die Klagsansprüche dem Grunde nach mit fünf Sechsteln zu Recht bestehen; dem Feststellungsbegehren der Klägerin gab es in Ansehung eines Viertels ihrer (künftigen) Aufwendungen statt.
Das Erstgericht stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Unfallstelle befindet sich auf der Loiblpaß‑Bundesstraße (B 91) im Gemeindegebiet Maria Rain im Bereich des Kilometers 8,2. Diese Kilometermarkierung wurde als Bezugslinie angenommen. Die Straße verläuft im Unfallsbereich in Fahrtrichtung des Omnibusses in Nord‑Süd‑Richtung; es sind weiße Randlinien und eine Leitlinie markiert. Beiderseits befinden sich 1,5 bis 2 m breite Bankette. Jenseits des östlichen Banketts schließt sich eine mit 45o abfallende Böschung mit hohem Baumbewuchs und jenseits des westlichen Banketts eine 2 m hohe ansteigende Böschung mit hohem Baumbewuchs an. Die Straße steigt in Richtung Süden mit 2 bis 3o an. In Anfahrtsrichtung des Omnibusses verläuft die Straße zuerst in einer Rechtskurve (Kurvenauslauf bis Km 7,8), dann geradlinig und geht auf Höhe des Km 9 in eine Linkskurve und ab Höhe des Km 8,2 in eine Rechtskurve über. Auch ab Km 8,4 befindet sich eine Rechtskurve, worauf die Straße in Richtung Süden über 80 m geradlinig verläuft und schließlich wieder in eine Linkskurve mündet. Die Kurvenradien der Rechtskurve bei Km 8,2 betragen 440 m und bei Km 8,4 270 m. Die Straße ist im Unfallsbereich eine Freilandstraße ohne ziffernmäßige Geschwindigkeitsbeschränkung. Es sind lediglich Gefahrenzeichen für Wildwechsel aufgestellt.
Zur Unfallszeit näherte sich Hasan C* mit dem 12 m langen und 2,5 m breiten Omnibus, in dem sich 54 Insassen befanden, auf der Loiblpaß‑Bundesstraße von Norden kommend mit einer Geschwindigkeit von rund 90 km/h der Unfallstelle. Im Bereich zwischen 178 und 163 m nördlich der Bezugslinie begann er, mit dem Omnibus den mit einer Geschwindigkeit von rund 50 km/h fahrenden von Josef H* gelenkten Sattelkraftwagen mit dem Kennzeichen * zu überholen. Die Sicht betrug 178 m der Bezugslinie nur 225 m und 163 m nördlich der Bezugslinie lediglich 210 bis 215 m. Die erforderliche Sichtweite für das vom Lenker des Omnibusses durchgeführte Überholmanöver hätte bei einer für den Gegenverkehr möglichen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zumindest 374 bis 390 m betragen müssen.
Als C* zum Überholen des Sattelkraftwagens ansetzte, näherte sich aus der Gegenrichtung der von Alexander T* gelenkte PKW, der 4,35 m lang und 1,61 m breit war. T* hielt eine Fahrgeschwindigkeit von 124 km/h ein. Als er sich mit seinem Fahrzeug rund 81 m südlich der Bezugslinie befand, war für ihn der entgegenkommende Omnibus an den Lichtern erkennbar und konnte er auch feststellen, daß zu diesem Zeitpunkt der Omnibus zur Gänze in seiner Fahrbahnhälfte gerade im Überholmanöver begriffen war. Zu diesem Zeitpunk befand sich der Omnibus etwa 108 m nördlich der Bezugslinie und blockierte gänzlich die T* mit seinem PKW zukommende Fahrbahnhälfte. Die gegenseitige Entfernung der beiden Fahrzeuge betrug in diesem Zeitpunkt rund 189 m. 0,1 Sekunden nach dem Eintauchen in den gegenseitigen Sichtbereich reagierte T* rund 78 m südlich der Bezugslinie mit einer Vollbremsung. Zu diesem Zeitpunkt war der Omnibus rund 105 m nördlich der Bezugslinie und betrug die gegenseitige Entfernung der beiden Fahrzeuge rund 183 m. Dabei legte danach der PKW während der Reaktionssekunde eine Strecke von 34,4 m zurück. Daraufhin wurde vor Zeichnung von Spuren in 0,3 Sekunden ein Verzögerungswert von 4 m/sec2 entwickelt, wobei die Geschwindigkeit über 10 m spurenlos aus 124 km/h auf 120 km/h abgebaut wurde. Danach setzte die Spurenzeichnung ein, wobei der PKW zuerst mit den linken Rädern eine Bremsspur von 18,1 m und mit den rechten Rädern eine solche von 13,6 m zeichnete. Die Mindestverzögerung betrug über diese Distanz 7,5 m/sec2, wobei über 18,1 m in 0,6 Sekunden die Geschwindigkeit auf 104 km/h abgebaut wurde. T* verringerte nach dem Blockieren der Räder infolge der Vollbremsung vor dem Abkommen von der Fahrbahn die Bremsung zur Ermöglichung der erforderlichen Lenkkorrektur in der Kurve über eine Strecke von 19 m und setzte dann die Bremsung wieder über eine Strecke von 18,3 m fort. Über die Strecke von 19 m wurde ein Verzögerungswert von 5 m/sec2 erreicht; diese Strecke wurde in 0,7 Sekunden zurückgelegt, wobei ein Geschwindigkeitsabbau aus 104 km/h auf 91 km/h erzielt wurde. Über die weitere Bremsstrecke von 18,3 m wurde unter Berücksichtigung eines mittleren Verzögerungswertes von 7 m/sec2 ein Geschwindigkeitsabbau aus 91 km/h auf 70 km/h in 0,6 Sekunden erzielt. Mit dieser Geschwindigkeit von 70 km/h prallte der PKW 22 m nördlich der Bezugslinie gegen den Omnibus, der zum Zeitpunkt des Anpralles ebenfalls eine Geschwindigkeit von 70 km/h innehatte.
C* hatte den Omnibus unmittelbar vor dem Anstoß von der Bremsausgangsgeschwindigkeit von 90 km/h auf 70 km/h Anstoßgeschwindigkeit herabgebremst und hiefür bei einem Verzögerungswert von 4 m/sec2 eine Strecke von 31 m in einer Zeit von 1,3 Sekunden durchfahren. Unter Berücksichtigung einer zuzubilligenden Reaktionszeit von 1 Sekunde, in der bei 90 km/h 25 m durchfahren wurden, hatte er dabei den Bremsentschluß 56 m oder 2,3 Sekunden vor dem Kollisionspunkt gefaßt. Dabei befand er sich 78 m nördlich der Bezugslinie. 2,3 Sekunden vor dem Anprall war der von T* gelenkte PKW bereits abgebremst und befand sich noch rund 62 m vom Kollisionspunkt entfernt oder 40 m südlich der Bezugslinie. Die gegenseitige Entfernung betrug rund 118 m. 78 m nördlich der Bezugslinie bestand eine Sichtweite von 190 m und wäre es C* leicht möglich gewesen, den PKW früher zu erkennen.
Als der PKW‑Lenker 3,4 Sekunden vor der Kollision, somit 1,1 Sekunden vor dem Omnibuslenker, den Bremsentschluß faßte, befand sich C* mit dem Omnibus noch rund 27 m vor seiner späteren Bremsentschlußposition oder 105 m nördlich der Bezugslinie.
Für die Freimachung der dem PKW zustehenden Fahrbahnhälfte hätte der Omnibus eine Seitenversetzung von 3 m benötigt, die in einer Zeit von 2,4 Sekunden durchführbar war. Vor dem Anstoß führte der Omnibus ein Drittel der Seitenversetzung in einer Zeit von 0,8 Sekunden aus. Zum Zeitpunkt des Anpralles hatte der Omnibus eine Lenktendenz nach rechts. Sein Heck befand sich 0,8 Sekunden vor dem Anprall noch rund 50 m nördlich der Bezugslinie oder 24 m nördlich des Kollisionspunktes. C* war zum Zeitpunkt des Anpralles gerade im Begriff, sein Fahrzeug wieder auf seine ihm zustehende rechte Fahrbahnhälfte zurückzulenken. Ein Kontakt zwischen dem Sattelfahrzeug und dem Omnibus fand nicht statt. Das Sattelfahrzeug mußte zumindest 32 m nördlich der Bezugslinie bereits den Stillstand erreicht haben. Beim Anprall war zwischen den beteiligten Fahrzeugen ein Überhang von 0,8 m gegeben. Die Winkelstellung des PKW zur Fahrbahnlängsachse betrug 2 bis 3o Richtung Nordwesten. Der PKW befand sich zur Gänze auf der östlichen Fahrbahnhälfte, während sich die linke vordere Omnibusecke 1,6 m innerhalb der dem PKW zustehenden Fahrbahnhälfte befand. Die linke vordere Ecke des PKW befand sich im Anprallzeitpunkt rund 2,8 m vom östlichen Asphaltrand entfernt. Die linke rückwärtige Ecke des Omnibusses hatte im Kollisionszeitpunkt einen Abstand von 0,5 m zum östlichen Asphaltrand. Zu diesem Zeitpunkt war für den PKW keine ausreichende Durchfahrtslücke vorhanden.
Hätte T* eine Geschwindigkeit von 100 km/h eingehalten, dann hätte er bei gleichem Reaktionspunkt rund 100 m vor der Kollision sein Fahrzeug bei höchstmöglicher Verzögerung bei Aufrechterhaltung der Lenkfähigkeit auf einer Strecke von 95,2 m mit einem Zeitaufwand 5,7 Sekunden anhalten können. Er hätte somit den PKW 4,6 m vor dem Kollisionspunkt nach 5,7 Sekunden zum Stillstand gebracht. Bei erster gegenseitiger Sicht hatte der Omnibus unter Berücksichtigung der danach eingeleiteten Verzögerung von 90 km/h auf 70 km/h noch 3,6 Sekunden bis zum Unfallspunkt benötigt. In der restlichen Zeit von 2,1 Sekunden gegenüber der fiktiven Anhaltezeit des PKW von 5,7 Sekunden (bei 100 km/h) hätte der Omnibus bei einer konstanten Weiterverzögerung mit 4 m/sec2 31,8 m zurückgelegt und hätte er eine Geschwindigkeit von 40 km/h innegehabt. Bei Unterlassung der fortgesetzten Verzögerung und Beibehaltung der Geschwindigkeit von 70 km/h hätte der Omnibus in 2,1 Sekunden 40,8 m zurückgelegt, sodaß in beiden Fällen auch bei Berücksichtigung der Länge des Omnibusses der Kontakt nicht zustandegekommen wäre.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen dahin, daß im Sinne des § 268 ZPO das Verschulden des Omnibuslenkers an diesem Verkehrsunfall auf Grund seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung feststehe. Aber auch den PKW‑Lenker treffe ein Mitverschulden, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten und damit gegen § 20 Abs. 2 StVO verstoßen habe. Bei Gegenüberstellung des Fehlverhaltens beider Fahrzeuglenker sei eine Verschuldensaufteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Gunsten des Lenkers des PKW gerechtfertigt, weil das Gewicht des Fehlverhaltens des Omnibuslenkers das der Geschwindigkeitsüberschreitung des PKW‑Lenkers deutlich überwiege. Da die Klägerin entsprechend der von ihr angestrebten Verschuldensteilung die Refundierung von 30 % ihrer Aufwendungen verlange, den PKW‑Lenker aber lediglich ein Mitverschulden von einem Viertel treffe, sei auszusprechen, daß die Klagsforderungen dem Grunde nach mit fünf Sechstel zu Recht bestünden. Da noch mit weiteren Ansprüchen gegen die Klägerin zu rechnen sei, sei auch ihrem Feststellungsbegehren im Rahmen der vorgenommenen Verschuldensaufteilung stattzugeben.
Dieses Urteil wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht beiden Rechtsmitteln kein Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich.
Rechtlich führte es im Wesentlichen aus, daß an einem Mitverschulden des getöteten PKW‑Lenkers nicht zu zweifeln sei, wäre doch der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h vermieden worden. Es sei zwar unstrittig, daß dem Omnibuslenker das weitaus überwiegende Verschulden treffe ‑ die Klägerin gehe ja selbst von einem solchen Mitverschulden von 70 % aus ‑, jedoch sei auch dem PKW‑Lenker eine wesentliche Unfallskomponente anzulasten, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um rund ein Viertel überschritten habe. Dieser Verstoß wiege nicht so gering, daß er bloß die Annahme eines Mitverschuldens von 20 % rechtfertige, wie die Beklagten darzutun versuchten. Es sei aber zu berücksichtigen, daß dem Omnibuslenker mehrere zum Teil schwerwiegende Verstöße zur Last fielen. So habe er ein auffallend sorgloses Überholmanöver eingeleitet, wobei er gleichzeitig die zulässige Höchstgeschwindigkeit um rund 10 % überschritten habe; überdies habe er rund eine Sekunde verspätet reagiert. Unter diesen Umständen erscheine es gerechtfertigt, das Verschulden des Omnibuslenkers dreimal so schwer zu bewerten wie jenes des PKW‑Lenkers.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und „den Untergerichten“ Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufzutragen; hilfsweise beantragen sie die Abänderung des angefochtenen Urteiles dahin, „daß die auf der Basis eines 30%igen Mitverschuldens erhobenen Ansprüche der klagenden Partei dem Grunde nach nicht mit fünf Sechsteln, sondern nur mit zwei Dritteln zu Recht bestehen und festgestellt wird, daß die Beklagten der Klägerin für künftige Aufwendungen aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1981 nur zu einem Fünftel haften und ersatzpflichtig sind, die Zweitbeklagte nur bis zur Höhe der Versicherungssumme im Rahmen des für den PKW * bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages“.
Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitwertes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs. 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig; sachlich ist sie aber nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO).
Aber auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.
Vorwegzunehmen ist, daß es sich bei den im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Leistungsansprüchen der Klägerin um Ausgleichs‑ bzw. Rückgriffsansprüche handelt, die sie einerseits aus der Behauptung ableitet, als Haftpflichtversicherer des von C* gelenkten Omnibusses Schäden Dritter in einem Ausmaß ersetzt zu haben, das die von ihr zu tragende Schadensquote übersteige und andererseits aus der weiteren Behauptung, als Kaskoversicherer aus Anlaß dieses Schadensfalles an ihren Versicherungsnehmer Leistungen erbracht zu haben, die ihr die Beklagten im Hinblick auf ein von ihnen zu vertretendes Mitverschulden des PKW‑Lenkers T* zu refundieren hätten. Im Hinblick auf die gegebenen Auslandsbeziehungen ‑ die Klägerin hat ebenso wie der Halter und Eigentümer des Omnibusses ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland ‑ ist daher zunächst zu prüfen, nach welchem Recht derartige Ausgleichsansprüche zu beurteilen sind. Dies Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß die Ausgleichsansprüche der Klägerin, die sie daraus ableitet, daß sie als Haftpflichtversicherer die Ansprüche geschädigter Dritter befriedigte, nach österreichischem Recht zu beurteilen sind, der Anspruch der Klägerin auf Refundierung eines Teiles der von ihr als Kaskoversicherer an ihren Versicherungsnehmer erbrachten Leistungen aber nach deutschem Recht (siehe dazu die einen völlig gleichgelagerten Fall betreffende Entscheidung SZ 55/9 mit ausführlichen weiteren Nachweisen).
Nach österreichischem Recht hat nun die Klägerin im Sinne der §§ 1302 letzter Halbsatz, 896 ABGB, 11 Abs. 1 EKHG unter der Voraussetzung, daß sie als Haftpflichtversicherer des Omnibusses den geschädigten Dritten Schadenersatzleistungen erbracht hat, die den von ihr letztlich zu tragenden Schadensanteil übersteigen, gegen die Beklagten, die für den Mitschädiger einzustehen haben, einen entsprechenden Ausgleichsanspruch, wobei für die Bestimmung der von den Schädigern im Innenverhältnis zu tragenden Schadensanteile die im § 11 Abs. 1 EKHG normierten Zurechnungskriterien maßgebend sind, in erster Linie also das Verschulden der Beteiligten.
Der Regreßanspruch der Klägerin für die von ihr als Kaskoversicherer an ihren Versicherungsnehmer erbrachten Leistungen ist nach der Vorschrift des § 67 Abs. 1 dVersVG zu beurteilen, die inhaltlich mit der in Österreich geltenden Regelung des § 67 VersVG völlig übereinstimmt (siehe dazu Prölls‑Martin VersVG21 360 ff ua.). Danach kommt es darauf an, ob ein ‑ im Sinne des Art. 3 des Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht nach österreichischem Recht zu beurteilender ‑ Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers der Klägerin gegen die Beklagten bestand, der infolge der Leistung der Klägerin auf sie überging. Auch für die Beurteilung eines derartigen Schadenersatzanspruches ist im Sinne der Vorschrift des § 11 Abs. 1 EKHG in erster Linie das Verschulden der Beteiligten entscheidend.
Im Ergebnis kommt es daher für die Beurteilung aller von der Klägerin geltend gemachter Leistungsansprüche und auch ihres Feststellungsbegehrens auf die Frage der Verschuldensteilung zwischen den beteiligten Lenkern an, die von den Vorinstanzen zutreffend gelöst wurde.
Entscheidend für die Verschuldensteilung ist nicht eine Gegenüberstellung der von einzelnen Verkehrsteilnehmern begangenen Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen, sondern der Grad ihrer Fahrlässigkeit, die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch ihr schuldhaftes Verhalten bewirkten Gefahr (ZVR 1972/155; ZVR 1974/130; ZVR 1976/11 uva.; zuletzt etwa 8 Ob 35/84; 8 Ob 37/84).
Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten kann der Argumentation der Beklagten in ihrer Rechtsrüge, daß die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung des PKW‑Lenkers T*, der unter Überschreitung der im § 20 Abs. 2 StVO für Freilandstraßen normierten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h fuhr, nur die Annahme eines Mitverschuldens von höchstens einem Fünftel rechtfertige, nicht gefolgt werden. Es ist sicher nicht zu übersehen, daß das dem Omnibuslenker C* anzulastende Fehlverhalten wesentlich schwerer wiegt als das des PKW‑Lenkers T*. Denn dem Omnibusfahrer ist nicht nur anzulasten, daß er durch Einleitung eines Überholmanövers trotz ungenügender Sicht auf den Gegenverkehr das den Unfall einleitende Fehlverhalten setzte, sondern auch eine (allerdings nur geringfügige) Geschwindigkeitsüberschreitung und eine (auch nicht besonders erhebliche) Reaktionsverspätung. Dem steht eine recht erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung des PKW‑Lenkers T* gegenüber, der nicht nur deswegen bedeutendes Gewicht zukommt, weil sie zur Nachtzeit erfolgte, sondern vor allem deshalb, weil ohne sie nach den Feststellungen der Vorinstanzen trotz der verkehrswidrigen Fahrweise des Omnibuslenkers C* der Unfall völlig vermieden hätte werden können. Unter diesen Umständen wäre dem Fehlverhalten des PKW‑Lenkers T* durch die von den Beklagten in ihrer Rechtsrüge angestrebte Verschuldensteilung im Verhältnis von 4 : 1 zu ihren Gunsten nicht hinreichend Rechnung getragen und ist die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung durchaus zu billigen.
Der Revision der Beklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 393 Abs 4 ZPO.
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