Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wrude am 6. 5. 1992 der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. Die Gemeinschuldnerin war Eigentümerin einer Liegenschaft in der Wiener Innenstadt, auf welcher zu Gunsten einer Bank ein Höchstbetragspfandrecht von S 312 Mio einverleibt war. Zwei weitere Hypothekargläubiger, darunter der nunmehrige Revisionsrekurswerber, gehen dem Pfandrecht der Bank im Rang vor.
Mit Zustimmung der Gemeinschuldnerin und der Bank wurde die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 25. 4. 1997 (in ON 56), konkursgerichtlich genehmigt mit Beschluss vom 16. 6. 1997 (ON 68), vom Masseverwalter freihändig um den Betrag von S 140 Mio an eine Privatstiftung verkauft. Nach dem Bericht des Masseverwalters (ON 56) wurde unter anderem der nunmehrige Revisionsrekurswerber von der beabsichtigten Veräußerung am 28. 4. 1997 unter Übersendung eines Kaufvertragsdoppels mit eingeschriebenem Brief verständigt. Ein Widerspruch wurde nicht erhoben. Gemäß Punkt 2.2 des Kaufvertrages wurde vom Kaufpreis ein Teilbetrag von S 70 Mio bei Vertragsunterfertigung übergeben, der Restbetrag von S 70 Mio wurde gemäß Punkt 2.3 des Vertrages durch teilweise Übernahme des Darlehens der Bank mit einem Teilbetrag von S 70 Mio bezahlt, wobei dieses Darlehen spätestens am 1. 9. 2002 zur Rückzahlung fällig sein und bis zu diesem Tag nicht weiter verzinst werden sollte. Gemäß Punkt 1.6 des Kaufvertrags haftet das Höchstbetragspfandrecht nach dem letzten dem Veräußerer zugestellten Kontoauszug mit S 278,492.250,49 unberichtigt aus. Gemäß Punkt 3.2 übernimmt die Käuferin keine auf der Liegenschaft haftenden Darlehen, ausgenommen die S 70 Mio gemäß Punkt 2.3 und wird der Kaufgegenstand ausgenommen diesen Pfandrechtsteil im Zuge der Veräußerung im Sinn des § 120 Abs 2 KO lastenfrei gestellt.
Zur Verteilung des Erlöses von S 140 Mio hielt das Erstgericht am 6. 7. 1998 (ON 97) und am 23. 9. 1998 (ON 103) eine Meistbotsverteilungstagsatzung ab, zu welcher der nunmehrige Revisionsrekurswerber auf Grund des unter C-LNR 2 eingetragenen Pfandrechtes in der Höhe von S 27 Mio und der Nebengebührensicherstellung von S 5 Mio einschließlich Wertsicherung und Zinseszinsen einen Betrag von S 46,521.353,97 anmeldete (ON 96).
Mit Schriftsatz vom 12. 4. 1999 (ON 115) brachte der nunmehrige Revisionsrekurswerber - vor Erlassung des Verteilungsbeschlusses - vor, dass er festgestellt habe, die Käuferin habe den bis 1. 9. 2002 fälligen Teilbetrag von S 70 Mio direkt an die Bank zurückbezahlt. Damit sei nunmehr "eklatant offenkundig, dass die einschlägigen Bestimmungen zur Teilung der Masse verletzt wurden". Durch diese Maßnahme sei die Bank in den Genuss einer sofortigen Verteilung der Masse von S 70 Mio gekommen. Es werde daher beantragt, der Bank aufzutragen, den Nichtbarkaufpreisteil von S 70 Mio gemäß Punkt 2.3 des Kaufvertrags vom 25. 4. 1997 unverzüglich beim Masseverwalter bzw bei Gericht zu hinterlegen, und zwar mit Valuta 25. 4. 1997.
Mit Beschluss ON 117 verpflichtete das Erstgericht die Bank zur Bezahlung von S 2,178.152,61 und trug ihr auf, die weiterlaufenden Fruktifikationszinsen aus S 70 Mio ab der Meistbotsverteilungstagsatzung vom 23. 9. 1998 bis zur Anweisung der Sondermasse durch den Masseverwalter, wobei davon ausgegangen werde, dass die Verzinsung in gleicher Höhe erfolge wie jene des beim Masseverwalter erliegenden Betrags von S 70 Mio, an die Konkursmasse zu bezahlen. Begründend führte das Erstgericht aus, dass die Bank auf Grund der teilweisen Übernahme des Darlehens durch die Käuferin eine vorzeitige Befriedigung aus der Sondermasse erhalten habe. Durch diese Vorgangsweise dürfe die Bank aber nicht besser gestellt werden als die übrigen Hypothekargläubiger, insbesondere die bücherlich vorangehenden. Im Hinblick darauf, dass die bücherlich vorangehenden Gläubiger jedenfalls aus dem beim Masseverwalter erliegenden Betrag befriedigt werden könnten, sei die Teilung des Kaufpreises unbedenklich gewesen. Anders verhalte es sich hingegen mit den auflaufenden Fruktifikationszinsen. Diese seien zur Gänze gemäß § 215 Z 1 EO bei der Verteilung der Sondermasse aliquot auf alle Empfänger aus der Sondermasse aufzuteilen. Es liege kein Fall des § 156 Abs 1 EO vor, weil der nicht in Barem bezahlte Betrag von S 70 Mio nicht auf das Meistbot angerechnet, sondern nur der Hypothekargläubigerin vorzeitig zugedacht worden sei. Daraus folge, dass die Fruktifikationszinsen, die bei der Bank angereift seien, der Sondermasse zur Verteilung zukommen müssten.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Bank Folge und behob den angefochtenen Beschluss ersatzlos. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 48 Abs 1 KO bildeten Sachen des Gemeinschuldners, an denen Absonderungsrechte bestehen, Sondermassen. Veräußere der Masseverwalter eine Sondermasse freihändig, so bilde der Erlös der Verwertung neuerlich eine Sondermasse. Für die Rangordnung und Verteilung seien dabei die Vorschriften der EO heranzuziehen. Gemäß § 215 Z 1 EO bildeten das Meistbot und die Zinsen, soweit Letztere nicht nach den Vorschriften der EO oder nach den Versteigerungsbedingungen dem Ersteher zufallen, einen Teil der Verteilungsmasse. Zinsen im Sinn dieser Bestimmung seien die vom Ersteher bis zum Erlag des Meistbots zu zahlenden Zinsen (Meistbotszinsen) und die Zinsen, die von dem durch den Ersteher bar erlegten Beträgen durch fruchtbringende Anlegung erzielt werden (Fruktifikationszinsen). Anspruch auf diese Zinsen hätten die Gläubiger, deren Forderungen auf das Meistbot gewiesen sind, die nicht vom Ersteher übernommen werden. Im hier zu beurteilenden Fall könnten auf Grund des Inhalts des Kaufvertrages Fruktifikationszinsen nur aus dem von der Käuferin beim Masseverwalter bar erlegten Betrag von S 70 Mio abreifen. Selbst wenn die Käuferin vor dem Verteilungsbeschluss den in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommenen Schuldbetrag der Bank bezahlt haben sollte, führe der Vorteil dieser Gläubigerin, über das Geld schon verfügen zu können, gegenüber jenen Gläubigern, deren Forderung erst durch Barzahlung nach dem Verteilungsbeschluss befriedigt werde, nicht dazu, dass zu verteilende Fruktifikationszinsen zu veranschlagen seien. Weder in der Konkursordnung noch in der Exekutionsordnung gebe es eine Grundlage dafür, dass das Konkursgericht einen Absonderungsgläubiger, der vor der Verteilung des aus der Verwertung der Sondermasse erzielten Erlöses Zahlung des Erwerbers auf die in Anrechnung auf den Erlös übernommene Forderung erhielt, zu einer Zahlung zum Ausgleich eines dadurch erlangten Vorteils gegenüber anderen Gläubigern an die Konkursmasse verpflichtet werden könnte.
Rechtliche Beurteilung
Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs des der Bank im Rang vorangehenden Konkursgläubigers kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 152 Abs 1 EO ist der Ersteher vom Barerlag des Meistbots insoweit befreit, als die Pfandgläubiger, deren Forderungen aus dem Meistbot voraussichtlich zum Zuge gelangen, mit der Übernahme der Schuld durch den Ersteher einverstanden sind oder pfandrechtlich sichergestellte Forderungen, Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten vom Ersteher in Gemäßheit der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Versteigerungsbedingungen in Anrechnung auf das Meistbot übernommen werden müssen. Gemäß Abs 3 dieser Gesetzesstelle hat der Ersteher das Meistbot, soweit dasselbe nicht auf Forderungen und Lasten aufzurechnen ist, vom Tage der Erteilung des Zuschlags bis zum Erlage zu verzinsen. Diese Zinsen sowie die Zinsen der bar erlegten Meistbotsraten fallen in die Verteilungsmasse. Der Ersteher ist somit hinsichtlich jener Beträge vom Barerlag befreit, die auf Lasten entfallen, die er in Anrechnung auf das Meistbot übernehmen muss. Es sind dies unter anderem pfandrechtlich sichergestellte Forderungen, bei denen sich der Gläubiger mit der Übernahme der Schuld und der Befreiung des früheren Schuldners einverstanden erklärt hat (§ 223 Abs 1 EO). Gemäß § 223 Abs 2 EO sind bei Berichtigung von pfandrechtlich sichergestellten Forderungen durch Übernahme lediglich die bis zum Tage der Erteilung des Zuschlags rückständigen Zinsen sowie die sonstigen Nebengebühren durch Barzahlung aus der Verteilungsmasse zu berichtigen. Nur für denjenigen Betrag, von dessen Erlag der Ersteher nicht auf Grund der vorstehend genannten Bestimmungen befreit ist, muss der Ersteher für die Zeit vom Tag der Erteilung des Zuschlags bis zum Tag des Erlags Zinsen (die sogenannten Meistbotszinsen) bezahlen (Angst in Angst, KommzEO § 152 Rz 5). Der Grund für die Verzinsung des Meistbots liegt darin, dass mit der Erteilung des Zuschlags alle Nutzungen der Liegenschaft, aber auch alle Lasten, soweit sie nicht durch die Versteigerung erlöschen, auf den Ersteher übergehen (§ 156 EO) und dass dem Ersteher der bar zu erlegende Teil des Meistbots nur gestundet wird (EvBl 1994/47).
Nach ständiger Rechtsprechung ist der bei der außergerichtlichen Verwertung einer durch Absonderungsrechte belasteten Sondermasse durch den Masseverwalter erzielte Erlös nach den Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung durch das Konkursgericht in einer amtswegig durchzuführenden Verteilungstagsatzung unter Berücksichtigung der Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung im Verteilungsbeschluss zu verteilen (EvBl 1968/199; EvBl 1974/44; EvBl 1990/163; SZ 69/232; ZIK 1997, 180; 8 Ob 215/00a ua). Es kann somit nicht zweifelhaft sein, dass auch die bereits zitierten Bestimmungen der §§ 152 Abs 3, 223 Abs 2 EO im Konkursverfahren anwendbar sind und dass in der im Kaufvertrag getroffenen bereits mehrfach zitierten Vereinbarung ein der Übernahme der pfandrechtlich sichergestellten Forderung in Anrechnung auf das Meistbot gleichzuhaltender Vorgang zu sehen ist.
Es wird nicht verkannt, dass sich der Revisionsrekurswerber, der sich dieser Rechtslage offenbar bewusst ist, nicht auf eine Zahlungspflicht des Erstehers beruft, sondern unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller (Sondermasse-)Gläubiger den Erlag von Fruktifikationszinsen durch die Bank erreichen will. Abgesehen davon, dass für die von ihm behauptete vorzeitige Rückzahlung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung aus dem Akt kein Anhaltspunkt zu entnehmen ist und auch der Revisionsrekurswerber selbst dafür keinerlei Bescheinigung anbietet, versucht er damit in Wahrheit die Bestimmung des § 120 KO zu umgehen. Der durch das IRÄG 1982 geänderte Abs 2 dieser Bestimmung erleichtert die freihändige Veräußerung von mit Absonderungsrechten belasteten Sachen, indem er dem widersprechenden Absonderungsgläubiger die Behauptungs- und Bescheinigungslast für die größere Vorteilhaftigkeit der gerichtlichen Veräußerung auferlegt. Der Absonderungsgläubiger kann binnen 14 Tagen nach Verständigung von der beabsichtigten Veräußerung durch den Masseverwalter Widerspruch erheben. Dieser Widerspruch ist nur wirksam, wenn der widersprechende Absonderungsgläubiger bescheinigt, dass die gerichtliche Veräußerung für ihn erheblich vorteilhafter wäre. Über diesen Widerspruch entscheidet das Konkursgericht unanfechtbar (vgl SZ 69/232). Bereits aus dem Wortlaut des § 120 Abs 2 KO ergibt sich, dass dann, wenn kein Widerspruch erhoben wird, also kein Verfahren vom Absonderungsgläubiger eingeleitet wird, eine Beschlussfassung durch das Konkursgericht nicht erforderlich ist und die freihändige Verwertung - trotz der bestehenden und unter Umständen nicht gedeckten Absonderungsrechte - ex lege zulässig ist. Wird kein Widerspruch erhoben, ist daher ohne weiteres davon auszugehen, dass dem Absonderungsberechtigten durch die freihändige Veräußerung kein Nachteil im Sinn des § 120 Abs 2 KO entsteht (SZ 69/232; Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 120 KO Rz 31). Es ist daher dem nicht widersprechenden Absonderungsberechtigten verwehrt, im Nachhinein unter Berufung auf allgemeine Grundsätze der Konkursordnung eine Korrektur der Bedingungen des Freihandverkaufs herbeiführen zu wollen.
Auch ist dem Rekursgericht darin beizustimmen, dass nur die entsprechenden Bestimmungen der Konkurs- bzw Anfechtungsordnung den umfassenden Schutz vor Verkürzung der Gesamtgläubiger durch Rechtshandlungen bieten, die das Vermögen eines zahlungsunfähigen Schuldners betreffen. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ 47/26 ausführlich dargestellt, dass es für eine neben den Bestimmungen der genannten Gesetze wahrzunehmende Nichtigkeit einer Vereinbarung im Sinn des § 879 ABGB mangels einer gesetzlichen Pflicht des einzelnen Gläubigers auf eine gleichmäßige Befriedigung aller Mitgläubiger Bedacht zu nehmen, an einem gesetzlichen Verbot mangle. Daran ist festzuhalten, wird doch durch § 120 KO - entsprechend dem Normzweck (vlg Riel aaO Rz 10) - der Schutz des Absonderungsberechtigten abschließend geregelt.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
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