OGH 8Ob268/00w

OGH8Ob268/00w22.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des Schuldners Mehmet C*****, vertreten durch die Sachwalterin Margarete Niedermayr, pA Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft, Fabrikstraße 12, 4600 Wels, diese vertreten durch Dr. Ulrich und Dr. Georg Schwab, Rechtsanwälte in Wels, wegen Bestätigung des Zahlungsplans, infolge Revisionsrekurses des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 20. Juli 2000, GZ 21 R 235/00h-44, mit dem der Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 21. November 1997, GZ 19 S 38/97d-26, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nachdem über das Vermögen des Schuldners mit Beschluss des Erstgerichts vom 18. 7. 1997 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, dem Schuldner die Eigenverwaltung entzogen und ein Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt worden war, wurde in der Tagsatzung vom 13. 11. 1997 ein Zahlungsplan des Schuldners von den Gläubigern angenommen. Mit Beschluss vom 21. 11. 1997 wurde dieser bestätigt. Die Entscheidung wurde am 10. 12. 1997 an der Gerichtstafel angeschlagen und dem Schuldner am 11. 12. 1997 zu eigenen Handen zugestellt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 19. 11. 1999 wurde zunächst die Tochter des Schuldners zu seiner Sachwalterin für die Angelegenheiten der Einkommensverwaltung inklusive Schuldenregulierung sowie Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten bestellt. Mit Beschluss vom 11. 2. 2000 wurde die im Kopf des Beschlusses genannte Vereinssachwalterin zur Sachwalterin mit demselben Aufgabenkreis bestellt. Dieser wurde über ihr Ersuchen der Beschluss über die Bestätigung des Zahlungsplanes am 8. 6. 2000 zugestellt.

Am 20. 6. 2000 erhob der Schuldner, nunmehr vertreten durch die Vereinssachwalterin, Rekurs gegen den Beschluss, mit dem der Zahlungsplan bestätigt worden ist, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss und das gesamte Schuldenregulierungsverfahren als nichtig aufzuheben. Als Rekursgrund wurde geltend gemacht, der Schuldner sei während des Schuldenregulierungsverfahrens nicht geschäfts- und prozessfähig gewesen und habe daher dem Zahlungsplan nicht rechtswirksam zustimmen können.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine ganz aktuelle Judikatur zur Frage der Prozessunfähigkeit des Schuldners und zu deren Geltendmachung während des Schuldenregulierungsverfahrens nicht aufgefunden worden sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass die gemäß § 171 KO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen über die fehlende Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners insofern einer teleologischen Reduktion bedürfen, als das Konkursverfahren als Mehrparteienverfahren die rückwirkende Aufhebung der Konkurseröffnung und weiterer im Insolvenzverfahren ergangener Beschlüsse nicht gestatte. Im Konkursverfahren sei der Beginn der Anfechtungsmöglichkeit durch den geschäftsunfähigen Schuldner daher von der Zustellung an seinen gesetzlichen Vertreter gemäß § 534 Abs 2 Z 2 ZPO unabhängig. Der Eintritt der formellen Rechtskraft des Beschlusses über die Bestätigung des Zahlungsplanes hindere nach dem oben Gesagten die Nichtigerklärung dieses Beschlusses sowie auch der vorangegangenen Entscheidungen aus dem vom Rekurswerber geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der mangelnden Handlungs- und Prozessfähigkeit, weshalb der Rekurs des Schuldners zurückzuweisen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 526 Abs 2 ZPO iVm § 171 KO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht vor, weil zu den im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen ausreichende

neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliegt (8 Ob 37/95 =

ZIK 1996, 215 und 8 Ob 328/99i = ZIK 2000, 210) und das Rekursgericht

von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen ist. Entgegen den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers betrafen diese Entscheidungen nicht den Konkurseröffnungsbeschluss, sondern bezogen sich auf im Zuge des Konkursverfahrens ergangene Beschlüsse. Lediglich der in EvBl 1989/42 veröffentlichte Beschluss bezog sich auf die Eröffnung des Konkurses, allerdings handelte es sich um keine höchstgerichtliche Entscheidung, doch übernahm der Oberste Gerichtshof in der Folge deren Argumente. Wieso im Schuldenregulierungsverfahren, das nur eine Sonderform des Konkursverfahrens ist, die in diesen Entscheidungen dargelegten Grundsätze nicht gelten sollten, ist weder einsichtig noch werden im vorliegenden Rechtsmittel Argumente für eine abweichende Behandlung dargelegt.

Wie der erkennende Senat in der Entscheidung 8 Ob 37/95 unter Berufung auf Petschek/Reimer/Schiemer (Insolvenzrecht, 19 f) dargelegt hat, ist entgegen der von Pollak (in Bartsch/Pollak II3 44) vertretenen Auffassung ein der Nichtigkeitsklage entsprechender "Nichtigkeitsantrag" mit dem Ziel, formell rechtskräftige Entscheidungen rückwirkend zu beseitigen, wegen der Vielzahl von Verfahrensbeteiligten und der Auswirkung auf zahlreiche materiellrechtliche Beziehungen auch bei Vorliegen des in § 529 Abs 1 Z 2 ZPO genannten Nichtigkeitsgrundes abzulehnen; vielmehr liegt es an dem nunmehr gesetzmäßig vertretenen Schuldner, darzulegen, durch welche mit Wirkung ex nunc zu berücksichtigende Umstände er auf Grund der im bisherigen Verfahren fehlenden gesetzlichen Vertretung materiell beschwert sei (siehe auch 8 Ob 328/99i), wobei als funktionell zuständiges Gericht wohl nur das Gericht erster Instanz in Frage kommt. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu bemerken, dass das keinerlei konkreten Vorschlag enthaltende Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, infolge der Geschäftsunfähigkeit des Schuldners "könnten" die Vorgaben des Zahlungsplans unrichtig bzw unrealistisch sein, für die offenbar angestrebte - allenfalls unter analoger Anwendung des § 198 KO ohne unzumutbaren Eingriff in die Interessen der anderen Beteiligten in Frage kommende - Änderung des Zahlungsplans keinesfalls ausreichen würde.

Wertet man aber den Rekurs des Schuldners nicht als Antrag im oben aufgezeigten Sinn, sondern bloß als Rechtsmittel, mit dem eine nur das erstinstanzliche Verfahren betreffende Nichtigkeit geltend gemacht wurde, die sodann vom Rekursgericht verneint wurde, dann wäre der Revisionsrekurs als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (siehe SZ 65/84 mwN und ausführlicher Begründung).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte