Spruch:
Zur Beistandspflicht der Ehegattin gehören nicht Leistungen, die dem Manne einen Hausbau ermöglichen. Die Ehegattin kann diese Leistungen zurückverlangen, wenn durch den Verkauf des Hauses ihre Erwartung zunichte gemacht wurde, in dem Hause wohnen zu können.
Entscheidung vom 3. Oktober 1967, 8 Ob 265/67.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die im Jahre 1958 geschlossene Ehe der beiden Parteien ist noch aufrecht, doch leben die Eheleute getrennt. Der Beklagte strebte die Scheidung der Ehe an, jedoch bisher ohne Erfolg. Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von 75.000 S. Sie brachte vor, beide Eheleute hätten ihre Pensionsbezüge zusammengelegt, ein Grundstück erworben und darauf ein Haus erbaut. Obwohl vereinbart worden sei, daß die Liegenschaft beiden Teilen gehören solle, habe der Beklagte das grundbücherliche Eigentum allein für sich einverleiben lassen. Nunmehr verweigere der Beklagte der Klägerin auch den Zutritt zum Haus. Da die Klägerin mit dem Alleineigentum des Beklagten nicht einverstanden gewesen wäre, wenn ihr das spätere Verhalten des Beklagten bekannt gewesen wäre, der Beklagte nunmehr die wirtschaftliche Gemeinschaft aufgelöst habe und der Klägerin den Zutritt zur Liegenschaft verwehre, die einen Wert von 150.000S repräsentiere, verlange die Klägerin vom Beklagten die Zahlung des Hälftebetrages von 75.000 S.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm die Behauptung der Klägerin, es sei vereinbart worden, daß die Liegenschaft beiden Teilen gehören solle, nicht als erwiesen an. Es war der Ansicht, daß das Klagebegehren auch aus keinem anderen der nach dem Klagsvorbringen in Betracht kommenden Rechtsgrunde begrundet sei. Es stellte fest: Die beiderseitigen Pensionsbezüge seien in eine gemeinsame Kasse gelegt worden, die der Beklagte verwaltet habe. Die Pension der Klägerin habe im Jahre 1958 821.90 S netto betragen und sei bis zuletzt auf 1753 S angestiegen. Der Beklagte habe in der gleichen Zeit eine Pension von 1551.76 S bis 2165.54 S bezogen. Der Beklagte habe überdies über erhebliche Ersparnisse verfügt, wenn auch nicht feststellbar gewesen sei, daß diese Ersparnisse gerade die vom Beklagten behauptete Höhe von 56.000 S erreicht hätten. Im April 1962 habe der Beklagte von seinem früheren Dienstgeber eine Nachzahlung von 7640.16 S erhalten. Es seien mehrere Reisen ins Ausland unternommen worden. Für die Wohnung, die der Klägerin gehöre und die ihr auch bleiben solle, seien 16.447.85 S aufgewendet worden. Schließlich sei vereinbart worden, daß jeder Teil zugunsten des anderen ein Testament errichte, welcher Verpflichtung der Beklagte nachgekommen sei. Der Bau des Hauses habe sich durch mehrere Jahre hingezogen. Wesentliche Teile der Bauarbeiten habe der Beklagte selbst verrichtet, die Klägerin habe fallweise mitgewirkt. Die Barauslagen für den Bau hätten mindestens 72.759.41 S, keinesfalls erheblich mehr, betragen. Am 27. April 1967 habe der Beklagte das Haus um mindestens 105.000 S verkauft. Das Erstgericht war der Ansicht, die Gründung einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Zwecke der Erbauung des Hauses könne nach der Sachlage nicht angenommen werden. Auch von einer Bereicherung des Beklagten durch Leistungen der Klägerin könne nicht gesprochen werden. Die Klägerin hätte, wenn sie nicht mit dem Beklagten verheiratet gewesen wäre, mit ihrem Einkommen keinesfalls ein besseres Leben führen können, als sie es tatsächlich zusammen mit dem Beklagten geführt habe. Es sei wohl dem Beklagten die Erbauung des Hauses durch die Ehe erleichtert worden. Dies liege aber in der Natur der Sache. Die Klägerin könne daher keine Ersatzansprüche gegen den Beklagten stellen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge. Es hob das Urteil der ersten Instanz unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die erstgerichtlichen Feststellungen und teilte auch die Ansicht des Erstgerichtes, daß die Klägerin weder aus dem Titel einer vereinbarten Eigentumsgemeinschaft noch aus dem Titel einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes Ansprüche gegen den Beklagten stellen könne. Das Berufungsgericht pflichtete jedoch dem Erstgericht nicht darin bei, daß die Klägerin auch aus dem Titel der Bereicherung nichts fordern könne. Selbst wenn der Beklagte tatsächlich, außer über die Pensionsnachzahlung von wenig mehr als 7000 S, noch über Ersparnisse in der von ihm behaupteten Höhe von 56.000 S verfügt haben sollte, ergebe der Vergleich dieser Summe mit den vom Erstgericht als sicher angenommenen Baukosten von mehr als 72.000 S, daß für den Bau auch Geldmittel verwendet worden sein müssen, die aus der Zusammenlegung der beiderseitigen Pensionen gestammt hätten. Dazu komme noch die manuelle Mithilfe der Klägerin. Die Klägerin habe diese Leistungen in der Erwartung erbracht, einmal in dem Haus, wenn schon nicht als Miteigentümerin, so doch als Gattin des Beklagten wohnen zu können. In dieser Erwartung sei die Klägerin dadurch, daß der Beklagte die Liegenschaft nunmehr verkauft habe, getäuscht worden. Dies berechtige die Klägerin, vom Beklagten gemäß § 1435 ABGB. einen Betrag in Höhe des dem Beklagten verschafften Nutzens zu verlangen. Die Höhe dieses Nutzens könne mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen noch nicht beurteilt werden.
Der Oberste Gerichtshof gab weder dem Rekurs der Klägerin noch dem Rekurs des Beklagten Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Klägerin wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sie nur auf Grund der Bestimmung des § 1435 ABGB. Ansprüche gegen den Beklagten stellen könne. Durch den Entschluß der beiden Eheleute, zum Zwecke der Erbauung des Hauses ein Grundstück zu erwerben, die Mittel zum Hausbau gemeinsam aufzutreiben und durch Arbeitsleistung an der Erbauung des Hauses mitzuwirken, sei schlüssig eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes begrundet worden. Da der Beklagte nunmehr eigenmächtig die Liegenschaft veräußert habe, müsse er der Klägerin einen Betrag in Höhe der Hälfte des Wertes der Liegenschaft ersetzen.
Die Frage, ob durch das Zusammenwirken von Eheleuten bei der Erbauung eines Hauses eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes zustande kommt, kann immer nur nach den gesamten Umständen des Falles beurteilt werden. Im vorliegenden Fall fällt ins Gewicht, daß der Beklagte, als die beiden bereits im vorgerückten Alter stehenden Eheleute darangingen, ein Grundstück zu erwerben und auf diesem ein Haus zu erbauen, bereits über Ersparnisse verfügte, mit denen ein beträchtlicher Teil der hierbei entstehenden Barauslagen gedeckt werden konnte, daß die Pension des Beklagten nicht unbeträchtlich höher als die Pension der Klägerin war und daß der Beklagte auch den überwiegenden Teil der Arbeitsleistungen erbrachte. Bei Berücksichtigung aller Umstände des Falles kann nicht gesagt werden, das Verhalten der beiden Eheleute lasse nur den Schluß zu, daß sie sich zu einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Zwecke der Erbauung des Hauses zusammengeschlossen hätten. Die Schlußfolgerungen, die die Klägerin aus dem Bestehen einer solchen Gesellschaft ziehen zu können vermeint, entbehren daher der erforderlichen Grundlage.
Andererseits kann aber auch dem Beklagten nicht darin gefolgt werden, daß die Leistungen der Klägerin in der Bestimmung des § 92 ABGB. eine ausreichende Erklärung fänden. Die Ausführung im erstgerichtlichen Urteil, die Klägerin habe materiell überhaupt nichts zu dem Erwerb der Liegenschaft und zu dem Bau des Hauses beigetragen, ist nicht als Tatsachenfeststellung zu werten. Sie findet sich unter den Rechtsausführungen und beruht hauptsächlich auf der Meinung des Erstrichters, die Klägerin hätte allein materiell kein besseres Leben führen können, als sie es zusammen mit dem Beklagten führen konnte. Diese Ansicht des Erstgerichtes hat das Berufungsgericht mit Recht nicht geteilt. Die Frage, ob die Klägerin für die Erbauung des Hauses Leistungen erbracht hat, kann nicht allein danach beurteilt werden, ob sie als alleinstehende Person ein besseres Leben als in der Ehe mit dem Beklagten hätte führen können. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß die Ersparnisse des Beklagten, auch wenn sie die vom Beklagten behauptete Höhe gehabt haben sollten, nicht ausgereicht hätten, um den festgestellten Baraufwand für den Erwerb der Liegenschaft und die Erbauung des Hauses zu decken, daß also Mittel hiezu aus der festgestellten Zusammenlegung der beiderseitigen Pensionen stammen mußten. Entgegen der Meinung des Beklagten finden die Leistungen der Klägerin nicht in der Bestimmung des § 92 ABGB. ihre ausreichende Grundlage. Für den Unterhalt der Ehegattin hat gemäß § 91 ABGB. grundsätzlich der Mann aufzukommen. Die Beistandspflicht der Ehegattin gemäß § 92 ABGB. betrifft die Lebenshaltung der beiden Eheleute, nicht aber Leistungen, die von der Frau erbracht werden, um dem Mann den Erwerb eines Vermögens oder die Erbauung eines Hauses zu ermöglichen. Auf Grund der genannten Gesetzesstelle war daher die Klägerin insbesondere nicht verpflichtet, ihre gesamte Pension in die gemeinsame Kasse zu legen, aus der zumindest ein Teil der für die Erbauung des Hauses erforderlichen Mittel genommen wurde. Die Annahme des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe sich zu diesen Leistungen nur in der Erwartung bereitgefunden, einmal in dem Hause, wenn schon nicht als Miteigentümerin, so doch als Gattin des Beklagten wohnen zu können, ist unbedenklich. Sie entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens. Dem Berufungsgericht kann daher darin gefolgt werden, daß die Klägerin diese Leistungen vom Beklagten, der nunmehr die Liegenschaft verkauft und damit die Erwartungen der Klägerin zunichte gemacht hat, gemäß § 1435 ABGB. zurückverlangen kann (vgl. EvBl. 1964 Nr. 424 u. a.). Wenn das Berufungsgericht weitere Feststellungen über die Höhe der von der Beklagten stammenden Leistungen für erforderlich hielt, so bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken. Bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen wird allenfalls die Bestimmung des § 273 ZPO. heranzuziehen sein.
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