Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des bestätigten und des nicht angefochtenen Teiles insgesamt zu lauten hat:
1. Die Klagsforderung besteht mit S 300.000 zu Recht und mit
S 620.000 nicht zu Recht.
2. Die eingewendete Gegenforderung besteht mit S 4.666,90 zu Recht und mit S 5.333,10 nicht zu Recht.
3. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin den Betrag von S 295.333,10 samt 4 % Zinsen seit 19. April 1984 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
4. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 624.666,90 s.A. abgewiesen.
5. Es wird festgestellt, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand der Klägerin für deren in Hinkunft aus dem Verkehrsunfall vom 19. November 1982 in Trofaiach auf der Bundesstraße 115 A entstehende Schäden zur Hälfte haften. Die Ansprüche der Klägerin sind jedoch der Höhe nach auf die Haftungshöchstbeträge nach dem EKHG zum 19. November 1982 beschränkt.
6. Das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand gegenüber der Klägerin für deren in Hinkunft aus dem Verkehrsunfall vom 19. November 1982 in Trofaiach auf der Bundesstraße 115 A entstehende Schäden zu einer weiteren Hälfte, insgesamt demnach zur Gänze, wobei die Haftung des Erstbeklagten der Höhe nach betraglich nicht beschränkt ist, wird abgewiesen.
7. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit S 39.753,18 (darin S 33,33 Barauslagen und S 3.060,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und S 1.949,67 (darin keine Barauslagen und S 181,33 Umsatzsteuer) an Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
8. Die beklagten Parteien sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin S 3.947,63 (darin keine Barauslagen und S 358,88 Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 19. November 1982 wurde die am 15. Dezember 1974 geborene und somit kurz vor Vollendung ihres 8. Lebensjahres stehende Klägerin als Fußgängerin in Trofaiach auf der Bundesstraße 115 A von einem von Franz W*** gelenkten PKW, dessen Halter der Erstbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die Zweitbeklagte waren, niedergestoßen und schwer verletzt. Das gegen Franz W*** eingeleitete Strafverfahren wurde nach § 90 StPO eingestellt. Die Klägerin begehrte, zuletzt ausgehend von einem alleinigen Verschulden des Franz W***, die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftige Schäden der Klägerin aus diesem Verkehrsunfall zur Gänze sowie die Zahlung eines Betrages von insgesamt S 920.000 (S 800.000 Schmerzengeld und S 120.000 Verunstaltungsentschädigung).
Die Beklagten beantragten die Abweisung dieser Begehren und wendeten Alleinverschulden der Klägerin an dem Unfall ein. Hilfsweise hielten sie die am Fahrzeug des Erstbeklagten entstandenen, von ihnen mit S 10.000 bezifferten Schäden der allenfalls zu Recht bestehend erkannten Klageforderung einredeweise entgegen.
Das Erstgericht erachtete, ausgehend von einem Mitverschulden der Klägerin im Ausmaß von einem Viertel, die Klagsforderung mit S 450.000 als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach der Klägerin daher S 450.000 s.A. zu:
weiters stellte das Erstgericht die Haftung der Beklagten für die künftigen Unfallsschäden der Klägerin im Umfang von drei Viertel unter Einschränkung auf die Haftungshöchstbeträge nach dem EKHG fest. Das Leistungsmehrbegehren von S 470.000 und das Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen.
Infolge Berufung der Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz, ausgehend von einer Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten der Klägerin, das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß die Klagsforderung mit S 200.000 als zu Recht und mit S 720.000 als nicht zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung mit S 6.222,54 als zu Recht und mit S 3.777,46 als nicht zu Recht bestehend erkannt und demgemäß der Klägerin S 193.777,46 s.A. zugesprochen und die Haftung der Beklagten für die künftigen Unfallsschäden der Klägerin im Umfang von einem Drittel festgestellt wurden; das Mehrbegehren von S 726.222,54 s.A. und das Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, einschließlich des in Geld bestehenden Teiles S 300.000 übersteigt.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Das Erstgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Unfallstelle liegt an der Bundesstraße 115 A beim Straßenkilometer 0,6 das ist etwa 40 m innerhalb des östlichen Ortsbeginnes von Trofaiach. Die Bundesstraße ist in einer Breite von 8,7 m asphaltiert. In Fahrbahnmitte befindet sich eine gelbe Leitlinie. An den Rändern waren zur Unfallszeit nur mehr die Reste von Randlinien zu sehen. Als Bezugslinie für die Vermessungen wurde beim Ortsaugenschein am 19. Dezember 1984 die östliche Begrenzung des Einmündungstrichters der Riedgasse angenommen. Aus der Anfahrtsrichtung von St. Peter - Freienstein nach Trofaiach kann man den Bereich der Unfallstelle aus einer Entfernung von mehreren hundert Metern einsehen. Die Fahrbahn verläuft ab dem Ortsbeginn Trofaiach in einer flachen im wesentlichen übersichtlichen Linkskurve. Zu beiden Seiten befinden sich schmale Bankettstreifen mit Leitpflöcken. Die Riedgasse mündet von recht, also von Norden, in die Bundesstraße ein. Der Einmündungstrichter hat eine Breite von rund 10 m, die Riedgasse ist asphaltiert und fällt in einer engen Linkskurve zur Fahrbahn der Bundesstraße ab. Rund 4 m östlich der Bezugslinie befindet sich 3 m außerhalb des nördlichen Fahrbahnrandes das Hinweisschild auf das Heimatmuseum Trofaiach. Dieses Schild ist in einem Stahlrohrrahmen montiert. Die Schildhöhe ist so, daß ein Erwachsener ohne weiteres über das Schild hinwegblicken kann. Ein Kind würde aber mit der oberen Körperhälfte durch dieses Schild verdeckt. Die Beine des Kindes aber sind hinter dem Schild zu sehen. Wenn ein Kind auf Höhe der Bezugslinie, also in dem östlichen Bereich der Trichtereinmündung der Riedgasse die Fahrbahn quert, so ist auch einige Meter außerhalb des nördlichen Fahrbahnrandes eine Verdeckung des Kindes durch das Schild nicht gegeben. Überquert hingegen ein Kind unmittelbar hinter dem Schild die Bundesstraße, so ergibt sich, daß es in einer Entfernung von 3 m nördlich des nördlichen Fahrbahnrandes für einen aus Richtung St. Peter - Freienstein herankommenden Fahrzeuglenker erstmals auffällig sichtbar wird. Am südlichen Fahrbahnrand der Bundesstraße befinden sich zwei Häuser, während am nördlichen Fahrbahnrand die sogenannten "Fürstenhäuser" rund 50 m nördlich des nördlichen Fahrbahnrandes gelegen sind. Außerdem liegen die Häuser um etwa 6 bis 8 m über dem Fahrbahnniveau. Die Riedgasse verläuft vor diesen Häusern entsprechend über der Fahrbahn und fällt dann in einem engen Bogen zum Einmündungstrichter der Bundesstraße hin ab. Weitere Häuser sind in diesem Bereich nicht vorhanden. Erst westlich der Bachbrücke beginnt dann eine weitere lockere Verbauung. Die Bachbrücke beginnt aus der Fahrtrichtung des PKW 35 m westlich der Bezugslinie. Die beiden Häuser südlich der Bundesstraße stehen innerhalb eines Vorgartens. In einem dieser beiden Häuser wohnt die Klägerin. Die Einfahrt zu diesen beiden Häusern erreicht man an ihrem westlichen Rand, wenn man auf Höhe der Bezugslinie quert. Man erreicht die Einfahrt etwa in der Mitte, wenn man knapp hinter der Ankündigungstafel des Museums quert. Zur Unfallszeit am 19. Dezember 1982, 16,55 Uhr, war die Sonne bereits untergegangen. Es herrschte Dämmerung. Die Konturen auch unbeleuchteter Gegenstände waren noch zu sehen. Die Fahrzeuglenker hatten schon Licht eingeschaltet. Franz W*** hielt bei Heranfahrt an die Bezugslinie aus Richtung Osten eine Geschwindigkeit von rund 50 km/h ein. Zum letzten des vor ihm fahrenden Fahrzeug einer aus 4 bis 5 Fahrzeugen bestehenden Kolonne hatte er einen Tiefenabstand von rund 50 m. Die Kolonnenfahrzeuge und der PKW des Erstbeklagten waren beleuchtet. Der Abstand zum rechten Fahrbahnrand hat auf der 8,7 m breiten Fahrbahn knapp mehr als 1,5 m und zur theoretischen Fahrbahnmitte rund 1 m betragen. Die mj. Klägerin Daniela R*** wohnt mit ihren Eltern in dem südlich der Bezugslinie an der Bundesstraße gelegenen Haus. Sie wurde noch vor dem Schulbesuch von ihrer Mutter auf das Verkehrsgeschehen eingeschult. Dabei wurde sie angehalten, die Bundesstraße etwa auf Höhe der Bezugslinie zu überqueren. Mit dem Schulbeginn hat die Mutter eine Zeitlang das Kind in die Schule begleitet. Auf dem Schulweg wollte das Kind vor der Schule die Straße noch einmal überqueren. Wie sich die Eltern durch Nachschauen vom Haus aus überzeugen konnten, war das Kind sehr vorsichtig und hat, wenn auch in weiter Entfernung ein Fahrzeug herangekommen ist, die Straße nicht mehr überquert. Am 19. Dezember 1982 gegen 16,55 Uhr lief die mj. Klägerin durch die Riedgasse von Norden an die Bundesstraße heran, blieb etwa 3,5 m östlich der Bezugslinie rund 0,5 m außerhalb des nördlichen Fahrbahnrandes der Bundesstraße stehen wartete das Vorbeifahren der aus Richtung Osten herankommenden PKW-Kolonne ab und setzte zum Überqueren der Straße zu einen Zeitpunkt an, zu dem der als letztes Fahrzeug der Kolonne herankommende, von Franz W*** gelenkte PKW sich bereits auf etwa 26 m genähert hatte. Die mj. Klägerin überquerte die Straße im Laufschritt und erreichte dabei eine Geschwindigkeit bis etwa 7 km/h. Franz W*** leitete aus etwa 50 km/h, noch bevor das Kind mit der Fahrbahnüberquerung begonnen hatte, eine Vollbremsung verbunden mit einer leichten Linkslenkung ein. Nach Zurücklegung einer etwa 3,5 m langen Laufstrecke und somit einer etwa 3 m langen Strecke auf der Fahrbahn stieß Franz W*** mit der Vorderfront des PKW mit etwa 20 km/h rund 3,5 m östlich der Bezugslinie gegen das laufende Kind, nahm es eine kurze Wegstrecke mit der Vorderfront mit und schleuderte es dann in süd-westliche Richtung, wobei das Kind dann letztlich 10,7 m westlich der Bezugslinie am südlichen Fahrbahnrand zum Liegen kam. Der PKW zeichnete durch die Vollbremsung eine 4,8 m bzw. 4,3 m lange Bremsspur ab, deren rechter Ast am Beginn 1,95 m und am Ende 2,10 m vom nördlichen Fahrbahnrand entfernt ist. Das Fahrzeug kam 2 m östlich des östlichen Endes des Brückengeländers, also 36 m westlich der Anstoßstelle zum Stehen, wobei der PKW bis in diese Position ausgerollt ist. Im Bereich der Endlage des Kindes am südlichen Fahrbahnrand etwa 11 m westlich der Bezugslinie verblieb auf Höhe des Wohnhauses der Eltern eine Blutlache auf der Fahrbahn. Bei Franz W*** wurde nach dem Unfall über sein Verlangen Blut abgenommen und dieses vom Institut für gerichtliche Medizin untersucht. Die Untersuchung ergab einen Blutalkoholwert von 1,5 Promille. Die Führerscheinabnahme und Anzeigenerstattung wegen Verdachtes der Alkoholisierung wurde durchgeführt.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, ein Verschulden des Lenkers Franz W*** liege nicht vor; die Fähigkeit der Klägerin zur Einsicht in die Gefährlichkeit ihres Verhaltens und damit ihre Deliksfähigkeit seien gegeben. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden im Ausmaß von einem Viertel. Die Beklagten hätten im Ausmaß von drei Viertel nach dem EKHG für den Schaden der Klägerin zu haften, weil ihnen der Nachweis, daß der eingetretene Schaden für sie ein unabwendbares Ereignis dargestellt habe, mißlungen sei. Das Erstgericht erachtete ein Schmerzengeld in der rechnerischen Höhe von S 500.000 und eine Verunstaltungsentschädigung in der rechnerischen Höhe von insgesamt S 100.000 für angemessen und auch das Feststellungsbegehren im Umfang von drei Viertel für gerechtfertigt. Das Verschulden der Klägerin reiche nicht aus, um ihre subsidiäre Ersatzpflicht bezüglich der Gegenforderung zu begründen; die Gegenforderung bestehe daher dem Grunde nach nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und stellte ergänzend fest, daß der Erstbeklagte für die Reparatur der an seinem PKW entstandenen Unfallschäden einen Betrag von S 9.333,80 zu bezahlen hatte, gelangte aber zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Im Berufungsverfahren sei nicht mehr strittig, daß die Klägerin angesichts ihres Alters und ihrer Einsichtsfähigkeit am Eintritt des Schadens eine Mitschuld treffe, wie es auch anderseits unstrittig sei, daß die Beklagten - jedenfalls nach dem EKHG - für den eingetretenen Schaden der Klägerin zumindest zu einem Drittel haften. Dem Grunde nach stehe demnach fest, daß beide Teile für die eingetretenen Schäden - zumindest teilweise - haften müßten; strittig sei somit nur noch die Frage der Schadensteilung. In diesem Zusammenhang habe das Erstgericht zutreffend erkannt, daß den Lenker des Fahrzeuges des Erstbeklagten (Franz W***) kein Verschulden treffe, habe er doch eine nicht zu beanstandene Fahrlinie und Geschwindigkeit eingehalten und auch sofort reagiert. Der Umstand, daß er zur Unfallszeit alkoholisiert und übermüdet war, habe auf den Unfallsablauf keinerlei Einfluß gehabt und könne daher auch bei der Schadensteilung nicht berücksichtigt werden. Für ein Verschulden des Lnkers des Fahrzeuges des Erstbeklagten und dafür, daß dieses kausal für den eingetretenen Schaden war, wäre nämlich die Klägerin beweispflichtig gewesen und es sei - jedenfalls im Zweifel - ein solcher Nachweis angesichts des festgestellten Sachverhaltes nicht als erbracht anzusehen. Anders verhalte es sich mit der Haftung der Beklagten nach § 9 EKHG. Lege man den dort verankerten besonders strengen Maßstab an und prüfe, ob sich der Unfall selbst bei Einhaltung der äußersten Sorgfalt des Fahrzeuglenkers in der vorliegenden Form ereignet hätte, - hiefür wären die Beklagten beweispflichtig -, so müßten sich bestehenbleibende Zweifel in dieser Richtung zu Lasten der Beklagten auswirken. Dies sei aber hier der Fall; gehe man nämlich davon aus, daß bei Anlegung äußerster Sorgfalt ein Fahrzeuglenker angesichts des am Fahrbahnrand stehenden Kindes seine Fahrgeschwindigkeit schon früher herabgesetzt hätte, so falle den Beklagten eben zur Last, daß Franz W*** dies im besonderen Fall nicht getan habe, sodaß von ihm - zumindest im Zweifel - nicht angenommen werden könne, er habe die äußerst zumutbare Sorgfalt angewendet. Mit Recht habe demnach das Erstgericht grundsätzlich die Haftung der Beklagten nach dem EKHG bejaht. Dem stehe allerdings der Umstand gegenüber, daß der Eintritt des Schadens in erster Linie darauf zurückzuführen sei, daß die Klägerin ungeachtet des herannahenden und beleuchteten, für sie daher ohne weiteres wahrnehmbaren Beklagtenfahrzeuges auf die Fahrbahn der Bundesstraße gelaufen sei, um diese - noch vor dem Fahrzeug des Erstbeklagten - zu überqueren. Möge auch bei Unmündigen wie der Klägerin ein solches Verhalten milder zu beurteilen sein, so könne doch nicht übersehen werden, daß ausschließlich hiedurch eine außerordentlich gefährliche Situation heraufbeschworen worden sei, wobei die Klägerin angesichts ihres Alters ohne weiteres in der Lage war, die Gefährlichkeit ihres Tuns einzusehen. Ihr müsse daher zum Vorwurf gemacht werden, daß sie sich grob unachtsam verhalten habe, zumal sie gegen einen der wichtigsten Grundsätze des Verhaltens im Straßenverkehr verstoßen habe. Auch unter Bedachtnahme auf das Alter der Klägerin und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß ihr Verschulden demnach grundsätzlich geringer zu veranschlagen sei, falle dieses erheblich schwerer ins Gewicht, als die relativ geringfügige, nur im Rahmen der strengen Halterhaftung zu berücksichtigende Verhaltensweise des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges. Es sei daher eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten der Klägerin gerechtfertigt. Werde jedoch die Fähigkeit der Klägerin zur Einsicht in die Gefährlichkeit ihres Verhaltens bejaht, so sei nicht einzusehen, wieso sie nicht auch im Sinne des § 1310 ABGB anteilig für den am Fahrzeug des Erstbeklagten eingetretenen Schaden von S 9.333,80 haften sollte. Der Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt nicht vor, was nicht weiter zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). In der Rechtsrüge führt die Klägerin aus, Franz W*** habe angesichts der bedenklichen Verkehrssituation eine rechtzeitige Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit des PKWs und eine Kontaktaufnahme mit der Klägerin unterlassen, überdies wäre er gemäß § 29 a StVO verpflichtet gewesen, der Klägerin das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Bei Einhaltung einer 0,5 m weiter rechts gelegenen Fahrlinie hätte der Unfall verhindert werden können. Diesen Verpflichtungen sei der Fahrzeuglenker deshalb nicht nachgekommen, weil er alkoholisiert und übermüdet gewesen sei. Es wäre daher ein Mitverschulden der Klägerin im Ausmaß von nur einem Viertel als gerechtfertigt anzunehmen gewesen.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Klägerin das Urteil des Erstgerichtes, das ein Verschulden des Lenkers Franz W*** verneinte, nicht mit Berufung bekämpft hat. Auch der Revisionsantrag geht eindeutig lediglich von einer Haftung der Beklagten nach dem EKHG, nicht aber von einer Haftung für ein allfälliges Verschulden des Fahrzeuglenkers aus. Soweit die Revisionsausführungen daher, wenn auch nicht ausdrücklich, auf die Annahme eines Verschuldens des Fahrzeuglenkers abzielen, war darauf nicht einzugehen. Vielmehr hat das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen werden kann, dargelegt, daß die Beklagten nur eine Haftung nach dem EKHG zu vertreten haben. Mangels eines Verschuldens des KFZ-Lenkers war aber auch auf die Frage seiner Alkoholisierung, die zwar schulderschwerend, nicht aber haftungsbegründend wirkt (vgl. ZVR 1979/37 und 204 ua.), nicht einzugehen. Dafür, daß die Übermüdung des Lenkers für sein Verhalten ursächlich gewesen wäre, bieten die Beweisergebnisse keinerlei Anhaltspunkte. Dasselbe gilt für die Behauptung der Revision, durch eine weiter rechts gelegene Fahrlinie hätte der Unfall vermieden werden können, die überdies auch, ebenso wie der Vorwurf einer Unterlassung der Kontaktaufnahme mit der Klägerin durch den Kraftfahrzeuglenker und dessen angebliche Verletzung der Vorschrift des § 29 a StVO in die Richtung eines Verschuldens des Kraftfahrzeuglenkers geht, welches aber, wie dargelegt, diesfalls im Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen ist.
Hingegen kommt der Revision soweit sie die Schadensteilung bekämpft, teilweise Berechtigung zu.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Deliktsfähigkeit Unmündiger im Rahmen des § 1310 ABGB unter Berücksichtigung ihrer Einsichtsfähigkeit und der Art ihres Verhaltens im konkreten Einzelfall zu prüfen (vgl. ZVR 1978/167 uva.). Die Frage ihres Mitverschuldens hängt also davon ab, ob ihnen im gegebenen Fall die Einsicht in das Unrechtmäßige ihres Verhaltens zuzumuten war (vgl. ZVR 1975/197 uva.). Bei der Abwägung des Verschuldens eines Unmündigen ist dessen Verhalten nicht in gleicher Weise zu beurteilen, wie das eines Erwachsenen; im Vordergrund steht die Bedachtnahme auf dessen verminderte Verantwortlichkeit, sodaß sein Verschuldensanteil wesentlich milder zu behandeln ist, als er bei sonst gleichen Umständen einer erwachsenen Person zuzurechnen wäre (ZVR 1974/93 u.v.a.).
Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, erscheint das vom Berufungsgericht der im Unfallszeitpunkt noch nicht 8 Jahre alten Klägerin zugemessene Mitverschulden von zwei Dritteln doch als zu hoch. Das Revisionsgericht erachtete vielmehr die Annahme eines Mitverschuldens der Klägerin im Ausmaß von 50 % als den Umständen des vorliegenden Falles angemessen (vgl. etwa die teilweise in ZVR 1984/125 veröffentlichten Entscheidung 2 Ob 46/83 ua.). Soweit die Klägerin schließlich vorbringt, das Berufungsgericht habe bei der Entscheidung über die Gegenforderung den dritten Fall des § 1310 ABGB nicht berücksichtigt und keine Feststellungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin getroffen, ist ihr zu erwidern, daß es diesbezüglicher Feststellungen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht bedurfte, weil der Klägerin ein zurechenbares Verschulden im Sinne des ersten Falles des § 1310 ABGB zur Last fällt (vgl. SZ 45/69, ZVR 1976/14 ua.). Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und das angefochtene Urteil abzuändern.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 2 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.
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