Spruch:
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.066,93 (darin EUR 344,49 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin brachte am 11. 4. 2001 gegen den nunmehrigen Gemeinschuldner beim Landesgericht eine Klage über ATS 419.016,07 sA ein. Eine GmbH schulde der Klägerin auf ihrem Beitragskonto für die Monate 10/00 bis 02/01 inklusive Nebengebühren und Verzugszinsen, berechnet bis 28. 3. 2001, rückständige Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von insgesamt ATS 419.016,07 sA. Der Beklagte sei am 22. 9. 2000 der Beitragsschuld der GmbH an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen einschließlich 08/00 auf den jeweiligen Beitragskonten in Höhe von ATS 583.403,78 zuzüglich der Nachtragsvorschreibungen, Beitragszuschläge und der nach dem ASVG zu berechnenden Verzugszinsen sowie sämtlichen Nebengebühren als Bürge und Zahler vorbehaltlos und unwiderruflich ebenso beigetreten wie den ab 09/00 auf den Beitragskonten neu auflaufenden Sozialversicherungsbeiträgen, Nachtragsvorschreibungen, Beitragszahlungen, Verzugszinsen nach dem ASVG sowie sämtlichen Nebengebühren. Dieser Rechtsstreit wurde nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Beklagten mit Beschluss vom 5. 7. 2001 gemäß § 7 KO unterbrochen. Im Schuldenregulierungsverfahren meldete die Klägerin eine Forderung von ATS 1,041.161,73 sowie eine bedingte Forderung von ATS 500.000 an. Der Gemeinschuldner sei am 22. 9. 2000 der Beitragsschuld der GmbH einschließlich des Beitragsmonats 8/00 und den ab 9/00 neu auflaufenden Sozialversicherungsbeiträgen samt Nebengebühren vorbehaltslos und unwiderruflich als Bürge und Zahler beigetreten. Auf dem Beitragskonto hafteten Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit 6/00 bis 3/01 in der Höhe von ATS 1,005.795,73 zuzüglich der Kosten im oben genannten Zivilverfahren von ATS 28.476 und der Pauschalgebühr von ATS 6.890 unberichtigt aus.
In der Prüfungstagsatzung vom 17. 10. 2001 wurde die von der Klägerin angemeldete Konkursforderung zur Gänze bestritten.
In oben genanntem Zivilverfahren begehrte die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. 11. 2001 die Fortsetzung des Verfahrens gegen die Masseverwalterin und einen bestreitenden Konkursgläubiger und stellte das Begehren auf Leistung in ein solches auf Feststellung um. Mit ihrer am 6. 11. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage gemäß § 110 KO begehrte die Klägerin, es werde dem Beklagten gegenüber festgestellt, dass ihr im Konkurs des Gemeinschuldners eine fällige Forderung von ATS 622.145,66 und eine bedingte Forderung im Betrag von ATS 500.000 zustehe. In der im Konkursverfahren erstatteten Forderungsanmeldung sei bereits der mit Klage beim Landesgericht geltend gemachte Betrag von ATS 419.016,07 enthalten gewesen. Dieses Verfahren sei nunmehr gegen die Beklagte als Masseverwalterin fortgesetzt worden. Es sei daher der Streitwert im gegenständlichen Feststellungsverfahren um das bereits geltend gemachte Punktum zu kürzen. Die angemeldete Forderung sei von der Masseverwalterin und vom zweitbeklagten Gläubiger zur Gänze bestritten worden. Den Titel der angemeldeten Forderung bilde die vom Gemeinschuldner in der Niederschrift vom 22. 9. 2000 übernommene Bürgschaft als Bürge und Zahler für die damals schon bestehenden Beitragsrückstände und die auf den Beitragskonten neu auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nachtragsvorschreibungen, Beitragszuschlägen, Verzugszinsen und sämtlichen Nebengebühren.
Die Beklagten beantragten die Zurückweisung der Klage wegen Streitanhängigkeit. Die Klägerin habe hinsichtlich einer bestrittenen Gesamtkonkursforderung zwei Feststellungsklagen über zwei Teilbeträge anhängig gemacht. Gegenstand des Prüfungsprozesses bilde die Konkursforderung in der Höhe ihrer Anmeldung. Gemäß § 113 KO habe es beim vorerst unterbrochenen und dann als Prüfungsprozess fortgesetzten Verfahren bei der ursprünglichen Zuständigkeit zu bleiben. Im Rahmen der angemeldeten und bestrittenen Konkursforderung sei die uneingeschränkte Zulässigkeit von Klagsänderungen im Hinblick auf § 113 KO zu bejahen, weil die dort angeordnete Pflicht, unterbrochene Prozesse als Prüfungsverfahren fortzusetzen, notwendig eine Anpassung des Klagebegehrens jederzeit zulässig mache. Die gegenständliche Klage sei unzulässig, weil von der Klägerin ausschließlich das beim Landesgericht anhängige Verfahren über die gesamte Konkursforderung und gegen sämtliche Bestreitende als einheitliche Streitpartei fortzusetzen sei. Die von der Klägerin - contra legem - gewählte Vorgangsweise berge die Gefahr in sich, dass in zwei bei verschiedenen Gerichten geführten Verfahren allenfalls zwei verschiedene Entscheidungen über ein und dieselbe Forderung getroffen würden.
Das Erstgericht wies die Klage auf Feststellung gemäß § 110 KO wegen Streitanhängigkeit zurück. Im vorliegenden Fall seien zwei Klagen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht worden. Aus den gemäß § 171 KO anzuwendenden zivilrechtlichen Normen der §§ 232 ff ZPO ergebe sich, dass sich das später angerufene Gericht für unzuständig zu erklären und die Klage zurückzuweisen habe, sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichtes feststehe. Für gemäß § 113 KO fortgesetzte Verfahren gelte die Zuständigkeitsvorschrift des § 111 KO nicht, vielmehr bleibe die Zuständigkeit des Prozessgerichts bestehen. Von der Klägerin sei daher ausschließlich das beim Landesgericht anhängige Verfahren fortzusetzen.
Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die von den Beklagten erhobene Prozesseinrede der Streitanhängigkeit verwarf. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Identität der Ansprüche sei nur dann gegeben, wenn der neue Anspruch aus denselben rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet werde. Die Gleichheit des Rechtsverhältnisses, aus dem der Anspruch erhoben wird, genüge nicht, es müsse Nämlichkeit des Anspruchs vorliegen. Da die Klägerin nach ihrem klaren Vorbringen nur jenen Teil der Gesamtforderung mit der gegenständlichen Klage geltend mache, der nicht schon beim Landesgericht eingeklagt worden sei, liege Identität der Ansprüche nicht vor. Vielmehr sei ein neuer Anspruch gegeben, der gemäß § 111 KO beim Konkursgericht einzuklagen sei.
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen erhobenen Revisionsrekursen der Beklagten kommt keine Berechtigung zu.
Nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff kann von Identität des Streitgegenstands nur dann gesprochen werden, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen (Sachverhalt) dieselben sind (Fasching ZPR2 Rz 1155 ff; SZ 59/14; 9 ObA 366/89; 10 ObS 183/91 ua). Entgegen der von den Revisionsrekurswerberinnen offenbar vertretenen Ansicht kommt es nicht entscheidend auf die Identität des Rechtstitels an, weil das Gericht in einem Prozess nicht über das Privatrechtsverhältnis als solches, sondern über ein aus dem Privatrechtsverhältnis abgeleitetes Begehren entscheidet (SZ 68/248). Nach ständiger Rechtsprechung tritt dann, wenn nur ein Teil einer Forderung eingeklagt wird, Streitanhängigkeit nur bezüglich des eingeklagten Teiles ein. Nur insoweit erstreckt sich auch die Rechtskraftwirkung (RIS-Justiz RS0039155; Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 § 233 Rz 11). So wurde etwa bereits ausgesprochen, dass im Fall des Bekämpfens verschiedener Bescheide eines Versicherungsträgers mit Klage diese Klagen nicht denselben Anspruch zum Gegenstand haben, sodass mangels Identität des Anspruchs weder das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit noch das der entschiedenen Sache vorliegt (SSV-NF 4/116; 10 ObS 183/91). Ebenso wurde vom Obersten Gerichtshof in einem die Klägerin betreffenden Verfahren klargestellt, dass die Angabe des Beitragsmonats keineswegs einen bloßen Hilfstatbestand, sondern den Kern im tatsächlichen Vorbringen, den der Kläger nicht ändern kann, ohne von einem Anspruch auf einen anderen zu greifen, darstellt. Zwischen der Beitragsschuld verschiedener Monate bestehe keine Identität, zumal die Voraussetzungen für die Beitragszahlungen in jedem der beiden Monate verschieden sein können. Mangels Identität des rechtserzeugenden Sachverhalts begründe eine Klage auf den Beitragsrückstand eines bestimmten Monats Streitanhängigkeit und Rechtskraft nur hinsichtlich dieses Zeitraums und könne daher einer Klage auf Zahlung der Beitragsrückstände für den vorhergehenden Monat nicht entgegenstehen (8 Ob 565/76).
Gemäß § 113 KO gelten die Bestimmungen der §§ 110 und 112 KO auch für die Fortsetzung und Entscheidung der gegen den Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung anhängig gewesenen und unterbrochenen Rechtsstreitigkeiten. Ein gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochenes Verfahren kann gemäß § 7 Abs 2 KO vom Masseverwalter, von den Streitgenossen des Gemeinschuldners und vom Gegner aufgenommen werden. Mit der Aufnahme des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Prozesses wird dieser gemäß § 113 KO von Gesetzes wegen zu einem Prüfungsprozess im Sinn des § 110 KO. Die von Gesetzes wegen eintretende Änderung des Rechtsschutzanspruchs ist ebenso wie der konkursrechtlich bedingte Parteiwechsel nach ständiger Rechtsprechung in jeder Lage des Verfahrens - auch noch im Rechtsmittelstadium - von Amts wegen zu berücksichtigen (8 ObA 311/95; ZIK 1997, 20; 8 Ob 134/99k; 8 Ob 341/99a).
Der Fortsetzungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, das zuletzt im unterbrochenen Prozess tätig war (§ 165 Abs 1 ZPO). Dieses ist ausschließlich für das Prüfungsverfahren zuständig (Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 113 KO Rz 27 mwH). Schubert (aaO § 7 KO Rz 55) lehrt in diesem Sinne, dass die Feststellung einer bei der Prüfungstagsatzung bestrittenen Forderung stets nur durch Fortsetzung des schon anhängigen durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Rechtsstreits zu geschehen habe. Der Einleitung eines neuen Verfahrens stünde die Streitanhängigkeit entgegen. Letztere ohne Einschränkung gemachte Aussage wird allerdings durch die wiedergegebenen Zitate relativiert: Bartsch/Pollak, KO3 I 527 f führt lediglich aus, die Aufnahme und die Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens finde bei demselben Gericht (erster oder höherer Instanz) statt, bei welchem die Unterbrechung des Verfahrens eintritt. Der Entscheidung JBl 1947, 445 lag ganz offensichtlich ein betragsmäßig identes Begehren im unterbrochenen Verfahren sowie in dem nach Bestreitung angestrengten Prüfungsprozess zugrunde. Der Oberste Gerichtshof führte dort aus, dass zum Zwecke der Feststellung einer bestrittenen Forderung ein schon anhängiges, durch die Konkursordnung unterbrochenes Verfahren fortzusetzen und in keinem Falle ein neues Verfahren anhängig zu machen sei. Die hienach erforderlichen Klagsänderungen müssten angesichts des Zwecks der vom Gesetz ausdrücklich angeordneten Fortsetzung des Verfahrens vorgenommen werden und seien auch dann zulässig, wenn sie den sonst von der Zivilprozessordnung vorgeschriebenen Bedingungen der Klagsänderung widersprächen und normalerweise in einem Verfahren nicht möglich wären. Die Entscheidung JBl 1958, 183 hebt in einem vergleichbaren Fall insbesondere hervor, dass nicht nur eine Änderung des Klagebegehrens von einem Leistungsbegehren in ein Feststellungsbegehren erfolgen, sondern auch eine Änderung der Parteien eintreten könne. Trete der anmeldende Gläubiger im Prüfungsprozess als Kläger auf, so habe er gemäß § 110 Abs 1 KO die Prüfungsklage gegen alle Bestreitenden, aber nur gegen diese, zu richten. Dies gelte gemäß §§ 110 Abs 1, 113 Abs 1 auch für die Aufnahmeanträge. Werde die Forderung vom Masseverwalter anerkannt und nur von anderen Konkursgläubigern bestritten, so scheide der Gemeinschuldner überhaupt aus dem Prozess aus und es treten an seine Stelle die bestreitenden Konkursgläubiger. In diesem Falle sei daher der Prozess gegen Personen fortzusetzen, gegen die die Klage nicht erhoben worden sei. In JBl 1978, 433 wird der bereits mehrfach dargestellte Rechtssatz, das unterbrochene Verfahren sei als Prüfungsprozess weiterzuführen, fortgeschrieben, ohne dass auf das Problem allfälliger Streitanhängigkeit eingegangen wurde. Dies tat die Entscheidung JBl 1959, 162, die allerdings ausdrücklich prüft, dass das Begehren der neu eingebrachten Klage geringer als jenes des fortzusetzenden Verfahrens ist. Daher müsse hinsichtlich der ganzen eingeschränkten Klagsforderung die (neue) Klage zurückgewiesen werden. Lässt sich somit den erstzitierten Entscheidungen keinerlei Aussage darüber entnehmen, was rechtens sein solle, wenn mit der ursprünglichen Klage nur ein Teil der dann im Konkurs angemeldeten Forderung geltend gemacht wurde, könnte dem letztgenannten Erkenntnis durchaus die Ansicht zugrunde gelegen sein, Streitanhängigkeit reiche nur so weit, als das neue Begehren im Begehren des Vorprozesses Deckung finde.
Wie bereits eingangs dargestellt, kann Teileinklagung schon begrifflich nicht die Einrede der Streitanhängigkeit hinsichtlich des Restbetrags begründen. Die von den Revisionsrekurswerberinnen vertretene Ansicht würde im Ergebnis dazu führen, dass etwa mehrere Bestandzinse oder eben auch Forderungen auf Grund verschiedener Rückstandsausweise nur in einem einheitlichen Verfahren geltend gemacht werden könnten, was bislang weder in der Lehre noch in der Rechtsprechung vertreten wurde. Zu den vorgetragenen - zweifelsohne nicht von der Hand zu weisenden - Bedenken hinsichtlich der Gefahr divergierender Entscheidungen sowie des Verlustes der Nutzbarkeit bereits gesammelten Prozessstoffs ist darauf zu verweisen, dass das Gesetz bis zum IRÄG 1982 in dem damit aufgehobenen § 113 Abs 2 KO die Möglichkeit vorsah, das Konkursgericht könne aus Zweckmäßigkeitsgründen auf Antrag beschließen, dass der Rechtsstreit beim Konkursgericht fortzusetzen sei. Der Novellengesetzgeber erachtete dies als "eine nicht unbedenkliche Form der Zuständigkeitsverschiebung, die an keine näheren Voraussetzungen geknüpft ist". Da die Gerichte diese Bestimmung nicht mehr anwendeten, sei sie zu beseitigen (RV: 3 der BlgNR 15. GP, 56). Zumindest ebenso bedenklich müsste aber eine Verschiebung der Zuständigkeit entgegen der zwingenden Bestimmung des § 111 KO durch die Rechtsprechung in den Fällen sein, in denen dem Kläger die getrennte Klageeinbringung grundsätzlich nicht verwehrt werden kann. Ob ein derartiges Verhalten Kostenfolgen nach sich ziehen könnte, ist hier ebensowenig zu beurteilen wie die Frage, ob das hier gestellte Klagebegehren den strengen Anforderungen des Prüfungsprozesses insbesondere im Hinblick auf die klare Zuordenbarkeit und Identifizierbarkeit im Verhältnis zur Forderungsanmeldung gerecht wird.
Den Revisionsrekursen ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Da beide Revisionsrekurse dem Klagevertreter nach dem bei ON 26 erliegenden Rückschein am selben Tag zugestellt wurden, bestand keine Notwendigkeit, zwei getrennte Beantwortungsschriftsätze zu erstatten, weshalb nur die Kosten einer Revisionsrekursbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich anzuerkennen sind (RIS-Justiz RS0036159).
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