Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,39 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 83,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Über das Vermögen des Beklagten wurde am 14. 3. 1988 der Konkurs eröffnet. Aufgrund eines rechtskräftigen Zwangsausgleichs wurde das Konkursverfahren mit Beschluss vom 21. 1. 1992 aufgehoben.
Mit ihrer am 18. 11. 1988 - also nach Konkurseröffnung - beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten zur ungeteilten Hand mit einer weiteren beklagten Partei die Zahlung von S 77.827,68 aus einem am 3. 4. 1985 abgeschlossenen Leasingvertrag über einen PKW. Der Vertrag sei mangels Erfüllung der die Beklagten treffenden Zahlungsverpflichtungen von der Klägerin vorzeitig aufgelöst und vertragsgemäß abgerechnet worden.
Über dieses Klagebegehren erging am 15. 11. 1989 ein stattgebendes Versäumungsurteil, das hinsichtlich der weiteren (damals erst-)beklagten Partei in Rechtskraft erwuchs. Hinsichtlich des nunmehrigen (alleinigen) Beklagten wurde das Versäumungsurteil mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. 7. 2001 (ON 32) als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen. In der zitierten Entscheidung vertrat das Oberlandesgericht Wien die Rechtsauffassung, dass als Folge der Konkurseröffnung der Masseverwalter gemäß § 23 KO - § 21 KO sei mangels entsprechenden Vorbringens über einen entsprechenden Inhalt des Vertrages nicht anzuwenden - in den Leasingvertrag eingetreten sei. Die Klage habe daher - zumindest auch - Masseforderungen zum Gegenstand und habe daher auch nach Konkurseröffnung eingebracht werden können. Allerdings hätte sie nicht dem Beklagten sondern dem Masseverwalter zugestellt werden müssen. Da dies unterblieben sei, sei das Versäumungsurteil als nichtig iSd § 477 Abs 1 Z 5 ZPO aufzuheben. Das Erstgericht werde - da der Konkurs nunmehr aufgehoben sei - das Verfahren gegen den Beklagten fortzuführen haben.
Im fortgesetzten Verfahren beantragte der Beklagte, das Klagebegehren zurückzuweisen, hilfsweise, es abzuweisen. Er brachte vor, dass es sich beim zu beurteilenden Leasingvertrag inhaltlich um einen Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt handle, sodass die Klägerin keine Masse- sondern eine Konkursforderung geltend mache und das Klagebegehren daher zurückzuweisen sei. Dem Beklagten sei eine Kaufoption eingeräumt worden, die nicht auszuüben wirtschaftlich unvernünftig gewesen wäre. Das Schwergewicht des Vertrages sei daher nicht in der Gebrauchsüberlassung sondern in der Veräußerung gelegen. Zudem werde das Klagebegehren auch der Höhe nach bestritten, auch deshalb, weil durch den rechtskräftigen Zwangsausgleich ein Forderungsnachlass von 80 % gewährt worden sei.
Die Klägerin bestritt, dass es sich beim Vertrag inhaltlich um einen Kaufvertrag handle. Der Vertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, ohne dass eine Kaufoption vereinbart worden sei. Überdies schlüsselte sie nunmehr die von ihr geltend gemachte Forderung näher auf, woraus sich ua ergibt, dass im Klagebetrag S 100,- an Mahnspesen enthalten sind.
Hinsichtlich dieser Mahnspesen wendete der Beklagte in der Folge Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.
Nach Durchführung eines Verfahrens wies das Erstgericht die Klage mit Beschluss vom 20. 11. 2001 zurück. Es ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass im schriftlichen Vertrag ausdrücklich weder eine bestimmte noch eine unbestimmte Vertragsdauer, jedoch eine Kalkulationsdauer von 48 Monaten vereinbart wurde. Eine Kaufoption für den Beklagten zum Vertragsende wurden zwar nicht ausdrücklich vereinbart; nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen (Pkt. 6.6), die dem Leasingvertrag angeschlossen sind, hat jedoch der Leasingnehmer das Recht, nach Vertragsende einen Käufer namhaft zu machen, der bereit ist, gegen sofortige Bezahlung das Objekt zu erwerben, wobei das vorliegende Bestanbot dem kalkulatorischen Restwert gegenüber gestellt und mit dem Kunden abgerechnet wird. Auch der für die Klägerin beim Vertragsabschluss einschreitende Autoverkäufer erklärte dem Beklagten, dass der Basispreis des von ihm gekauften Fahrzeugs S 174.087,- netto und der Restwert nach 48 Monaten S 8.704 betrage und dass der Beklagte nach Ablauf der 48 Monate das Fahrzeug zu diesem Preis kaufen könne. Daraus schloss das Erstgericht, dass es sich bei diesem Vertrag inhaltlich um einen Vertrag auf bestimmte Dauer mit einer Kaufoption handle, die abzulehnen wirtschaftlich unsinnig wäre. Der Leasingnehmer könne einen Käufer namhaft machen und daher auch im eigenen Namen ein Kaufanbot stellen. Er habe es in der Hand, jedenfalls das beste Angebot zu stellen, da jeder über den kalkulatorischen Restwert hinausgehende Preis ohnehin wieder ihm als Leasingnehmer zukomme. Damit habe es der Leasingnehmer bei dieser Vertragsgestaltung in der Hand, das Fahrzeug jedenfalls nach Vertragsablauf zu kaufen. Materiell sei Pkt 6.6 der Allgemeinen Vertragsbedingungen daher eine verschleierte Kaufoption. Dass dies von den Parteien auch so gewollt sei, ergebe sich aus den Feststellungen über die Gespräche beim Vertragsabschluss. Im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei daher von einem Kauf unter Eigentumsvorbehalt auszugehen, sodass die Entgelte nicht als Mietzinse zu behandeln und daher keine Masseforderungen seien. Damit sei aber die zum Zeitpunkt eines anhängigen Konkursverfahrens (also trotz Prozesssperre) eingebrachte Klage zurückzuweisen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Ferner sprach es aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht billigte die vom Erstgericht vorgenommene Qualifizierung der Klageforderung als Konkursforderung, vertrat aber die Rechtsauffassung, dass die zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage bestandene Prozesssperre durch die Aufhebung des Konkurses weggefallen sei und daher im nunmehrigen Zeitpunkt kein Prozesshindernis mehr bestehe.
Über Antrag des Beklagten änderte das Rekursgericht in der Folge seinen Zulassungsausspruch iS der Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses ab und begründete dies damit, dass Rechtsprechung zu einer vergleichbaren Fallkonstellation fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Auf die von der Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung nach wie vor bestrittenen Ausführungen der Vorinstanzen über die Qualifizierung der Klageforderung als Konkursforderung braucht allerdings für die hier zu treffende Entscheidung gar nicht eingegangen zu werden, weil sich die zweitinstanzliche Entscheidung unabhängig von dieser Qualifizierung in jedem Fall als zutreffend erweist:
Der zweiten Instanz ist beizupflichten, dass es grundsätzlich ausreicht, dass die Prozessvoraussetzungen bei Schluss der Verhandlung vorliegen und Prozesshindernisse bis dahin weggefallen sind (RZ 1991/71; 10 ObS 49/91; Rechberger/Simotta 6 Rz 377). Dass in verschiedenen Bestimmungen davon die Rede ist, Prozesshindernisse seien in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, steht dem nicht entgegen, weil damit nur ausgesagt wird, dass das Prozesshindernis auch in einem späteren Verfahrensstadium wahrgenommen werden kann, aber nur dann, wenn es zu diesem Zeitpunkt noch vorliegt. In diesem Sinne hat daher der erkennende Senat bereits in RZ 1991/71 in einem Fall, in dem der Gemeinschuldner als Kläger aufgetreten ist, die durch Aufhebung des Konkurses bewirkte Wiedererlangung der Verfügungsberechtigung nachträglich berücksichtigt und es als nutzlosen, übertriebenen und sachlich nicht gerechtfertigten Formalismus bezeichnet, den zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage nicht klageberechtigten Gemeinschuldner nach Konkursaufhebung zur Wiederholung seiner bloß verfrüht gesetzten Verfahrensschritte zu zwingen.
Im hier zu beurteilenden Fall sind aber mit der Aufhebung des Konkurses - also bereits 1992 - sämtliche aus der Eröffnung des Konkurses resultierenden Beschränkungen der Fähigkeit des Beklagten, Prozesse zu führen, weggefallen. Das bedeutet aber, dass selbst im Falle der Qualifizierung der Klage als anmeldepflichtige Konkursforderung - unter dieser Voraussetzung hätte die gegen den Gemeinschuldner erhobene Klage wegen des damals noch anhängigen Konkursverfahrens im Hinblick auf § 6 Abs 1 KO zurückgewiesen werden müssen (SZ 69/70; Jbl 1973, 93; 4 Ob 555/90; 1 Ob 106/02y) - zum maßgebenden Entscheidungszeitpunkt alle der Prozessführung durch den Beklagten entgegenstehenden Hindernisse nicht mehr bestanden haben und eine Zurückweisung der Klage daher nicht mehr in Betracht kam.
Der gegen dieses Ergebnis im Revisionsrekurs vorgebrachte Hinweis auf RdW 1996, 363 ist verfehlt, weil es in dieser Entscheidung weder um die "nachträgliche Aufhebung der Konkurseröffnung" noch um die "nachträgliche Aufhebung des Konkurses" geht, sondern um die hier in keiner Weise interessierende Frage der nachträglichen Geltendmachung der Prozessunfähigkeit des (im Laufe des Verfahrens besachwalteten) Gemeinschuldners im konkursrechtlichen Mehrparteienverfahren. Dass die Prozesssperre des § 6 KO dadurch "ad absurdum geführt" werde, trifft ebenfalls nicht zu, weil diese Sperre - so sie im hier zu beurteilenden Fall überhaupt bestanden hat - zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht mehr bestand. Auch kann es hier von vornherein nicht an einer "nachträglichen Genehmigung der Prozessführung" mangeln, weil eine zu genehmigende Prozessführung durch den Gemeinschuldner hier gar nicht erfolgte. Diesem wurde die Klage ja erst nach Aufhebung des Konkurses zugestellt; das vorher durchgeführte Verfahren wurde ohnedies als nichtig aufgehoben.
Damit erweist sich aber die Rechtsauffassung der zweiten Instanz als zutreffend, dass wegen der mittlerweile erfolgten Aufhebung des Konkurses das der Klageführung gegen den Gemeinschuldner entgegenstehende Prozesshindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz nicht mehr bestanden hat und eine Zurückweisung der Klage daher nicht mehr in Betracht kommt.
Insofern ist daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Aber auch der Einwand, hinsichtlich des auf Mahnspesen (S 100) entfallenden Klagebegehrens liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor, ist nicht berechtigt.
Am 1. 8. 2002 - und damit nach Erlassung der hier zu beurteilenden erstgerichtlichen Entscheidung - trat das Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG), BGBl I 118/2002, in Kraft. Nach dessen Art I Z 2 bestimmt seither § 1333 Abs 3 ABGB, dass der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch "den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden" geltend machen kann, "insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen", soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Diese Regelung, die derartige Betreibungskosten als (auf dem Rechtsweg geltend zu machende) Schadenersatzansprüche behandelt, geht somit - anders als die bisherige Rechtsprechung - von einem materiell-rechtlichen und nicht von einem prozessualen Ansatz aus (so bereits 2 Ob 70/02m; 2 Ob 251/02d).
Nach ständiger Rechtsprechung hat das Rechtsmittelgericht auf eine Änderung der Rechtslage Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das umstrittene Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Insbesondere sind Änderungen des zwingenden Rechts, sofern nicht Übergangsrecht etwas anderes bestimmt, vom Rechtsmittelgericht ohne weiteres von Amts wegen seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor In-Kraft-Treten des neuen Rechts verwirklicht wurde (Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 11 zu § 482; RIS-Justiz RS0031419; RIS-Justiz RS0106868; zuletzt etwa 10 ObS 246/02b).
Nach dieser Rechtsprechung ist auf die Änderung der Rechtslage durch das ZinsRÄG Bedacht zu nehmen; sie ist daher auf den hier zu beurteilenden Anspruch anzuwenden.
Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der aus den Materialien ersichtlichen Absicht des Gesetzgebers. Auch dieser ging von der Anwendbarkeit der neuen Regelung auf bereits früher entstandene Ansprüche aus. So wird in den Erläut zur RV ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Übergangsbestimmungen nicht vorgesehen seien, "sodass die neuen Regelungen nach ihrem In-Kraft-Treten auch auf Forderungen Anwendung finden werden, die schon vorher begründet worden sind" (1167 BlgNR 21. GP 18).
Zwar ist richtig, dass der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen 2 Ob 70/02m und 2 Ob 251/02h im Ergebnis einen von der hier vertretenen Rechtsauffassung abweichenden Standpunkt vertreten hat. Dieses Abweichen von der eben wiedergegebenen Rechtsprechung wurde aber ausdrücklich mit den Ausführungen von Vonkilch (Das intertemporale Privatrecht 206 f) zum deliktischen Schuldverhältnis begründet, sodass die dort angestellten Überlegungen auf den hier zu beurteilenden Fall von vornherein nicht zu übertragen sind.
Damit erweist sich auch der Einwand, für die Durchsetzung des in Rede stehenden Anspruchs sei der Rechtsweg nicht zulässig, als erfolglos, sodass auch in diesem Zusammenhang dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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