OGH 8Ob235/74

OGH8Ob235/7419.3.1975

SZ 48/28

Normen

ABGB §37
ABGB §1330 Abs1
ABGB §1330 Abs2
Pressegesetz §36
ABGB §37
ABGB §1330 Abs1
ABGB §1330 Abs2
Pressegesetz §36

 

Spruch:

Bei Pressedelikten wird als Handlungsort im allgemeinen der Ort angesehen, wo das Presseerzeugnis hergestellt und versandt wird, als Erfolgsort der Ort, wo die Druckschrift verbreitet und empfangen wird

Bei Ehrverletzungen oder bei Verletzungen der Geheimsphäre durch Presseerzeugnisse wird mit Rücksicht auf die Eigenart des verletzten Rechtsgutes eine Lokalisierung des Erfolges nach einem Schwerpunkt der Umstände angenommen und auf denjenigen Ort abgestellt, an dem die verletzte Person ihren Hauptwirkungskreis hat. Dies ist in der Regel der Wohnsitz des Verletzten. Die dort geltende Rechtsordnung ist für die Beurteilung der Voraussetzungen und Folgen der durch Ehrverletzung begangenen unerlaubten Handlung maßgebend

Das Sorgfaltserfordernis hinsichtlich der Wahrheit der verbreiteten Tatsachenbehauptung hängt auch weitgehend davon ab, ob dem Täter die spezifische Eignung seines Verhaltens zur Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen erkennbar war

OGH 19. März 1975, 8 Ob 235/74 (OLG Wien 6 a R 126/74; LGZ Wien 40 d Cg 100/73)

Text

Die Zweitbeklagte ist Verlegerin der periodischen Druckschrift "Sch. I", in deren Nr. 21 vom 20. Mai 1968 auf S. 47 ein Artikel über E L Tod aufgenommen wurde. Dieser enthielt den Satz: "Für Baron H P, einen millionenschweren Hotelier aus Amerika und leidenschaftlichen Amateurmaler, war E das Lieblingsmodell". Diesen Artikel druckte die Zweitbeklagte der Zeitung "B am S" vom 28. April 1968, deren Verlegerin die Erstbeklagte ist, nach.

Mit der am 25. Juli 1968 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der Zweitbeklagten - das Verfahren gegen die Erstbeklagte ruht -, daß sie die von ihr verbreitete Tatsachenbehauptung, er sei leidenschaftlicher Amateurmaler, widerrufe und diesen Widerruf in der Zeitschrift "Sch. I" veröffentliche. Ferner begehrt er Ersatz eines Schadens von 300.000 S. wobei er erklärt, von dem durch die Entziehung von Aufträgen erlittenen Schaden von 600.000 S derzeit nur die Hälfte geltend zu machen. Er stützt seine Ansprüche auf § 1330 Abs. 2 A8GB. Er sei akademischer Maler und erhalte für ein Bild durchschnittlich 150.000 S. Wenn auch im Text des erwähnten Artikels der Vorname des Klägers mit dem seines Bruders verwechselt worden sei, so hätten die Leser allgemein gewußt, daß es sich hiebei um den Kläger handle, weil er sich mit der Malerei befasse. Wegen dieser falschen Bezeichnung seien mehrere dem Kläger erteilte Aufträge widerrufen worden. C P habe den Auftrag, den Prinzen A L und seine Kinder zu porträtieren, St. H-B den Auftrag, sie zum Preis von 100.000 S und ihre Tochter zum Preis von 80.000 S zu porträtieren, K P den Auftrag, ihn und seine Schwester zum Preis von je 50.000 S zu porträtieren, infolge der erwähnten Zeitungsartikel widerrufen. Aus demselben Gründe habe auch W Sch., der beim Kläger ein Bild bestellen wollte, von einem Auftrag Abstand genommen. Auch I B habe zufolge des Artikels in der Illustrierten der Zweitbeklagten ein in Auftrag gegebenes Porträt abbestellt. Die Zweitbeklagte habe die Unwahrheit der Bezeichnung "leidenschaftlicher Amateurmaler" erkennen müssen. Der Kläger sei im Standardwerk "Who's who", 7. Ausgabe, richtig als akademischer Maler bezeichnet und auch sonst derart bekannt, daß die Zweitbeklagte Erkündigungen darüber hätte einholen können, ob er Amateur- oder akademischer Maler sei. Seine Werke seien in den USA mehrfach ausgestellt worden. Er habe bedeutende Mitglieder der Gesellschaft gemalt. Daß es allgemein bekannt gewesen sei oder leicht hätte festgestellt werden können, von wem die Gemälde E L stammen, gehe schon daraus hervor, daß in einem Artikel der Nr. 20 der "B Ö-I" der Kläger und E L mit einem vom Kläger gemalten Bild mit der Überschrift abgebildet seien: "E mit K F P, der die Schönheit der Jugoslawin auf Gemälden verewigt hat" und daß in demselben Artikel eine Schloßparty im Herbst 1966 bei Baron H P in E erwähnt sei.

Die Zweitbeklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Die Bezeichnung "akademischer Maler" sei nach der österreichischen Rechtsordnung kein gesetzlich geschützter oder anerkannter Titel. Der Aufsatz in der "B Ö-I" sei lange nach der Veröffentlichung durch die Erstbeklagte erschienen, sodaß ein Wissen oder Vermuten der Leser des Artikels in der "Sch. I" um eine Identität zwischen einem Hotelier Baron H P und dem Kläger auf diese Art nicht habe begrundet werden können. Außerdem habe der Kläger reichlich Zeit gehabt, eine Entgegnung auf den Artikel der Erstbeklagten zu verlangen oder sonstwie zu reagieren, bevor die Nummer 21 der "Sch. I" herausgegeben worden sei. In der Erklärung, jemand sei leidenschaftlicher Amateurmaler, liege keineswegs irgendetwas Herabsetzendes oder gar etwas, was den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden könnte. Der Kläger führe gewisse klubmäßig organisierte Hotelbetriebe und ziehe daraus seinen Erwerb. Das sei also sein Beruf, sodaß die Bezeichnung Amateurmaler auch zutreffe. Das in Amerika erschienene Werk "Who's who" habe keinen amtlichen Charakter und könne keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die deutsche Ausgabe dieses Werkes erwähne den Kläger auch gar nicht. Die Zweitbeklagte habe das Abdruckrecht von dem angesehenen Verlag der Erstbeklagten erworben und habe sich darauf verlassen können, daß keine Tatsachen verbreitet würden, die den Kredit, Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden könnten. Der Kläger hätte auch zur Abwehr des Schadens die Besteller von seinem Beruf überzeugen und allenfalls einen Anspruch auf Zahlung des Entgeltes geltend machen müssen.

Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren auf Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufes sowie dem Leistungsbegehren hinsichtlich eines Betrages von 230.000 S statt und wies das Leistungsmehrbegehren von 70.000 S ab.

Die Abweisung dieses Teilbetrages blieb unangefochten. Das Berufungsgericht hob das Urteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Kläger noch ergänzend vor, es widerspreche den Gepflogenheiten einer ordnungsgemäß geführten Redaktion, Nachrichten mit gravierenden Vorwürfen ungeprüft zu übernehmen. Die Zweitklage habe keine Anhaltspunkte gehabt, den Kläger als millionenschweren Hotelier aus Amerika und als leidenschaftlichen Amateurmaler zu bezeichnen. Sie habe die Möglichkeit gehabt, durch einen Anruf im Schloß M den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Der Kläger habe von der Veröffentlichung in der Zeitung "B a. S" erst im Zusammenhang mit dem Artikel der "Sch. I" erfahren. Er habe daher keine Möglichkeit gehabt, eine Entgegnung gegenüber der Erstbeklagten zu erwirken.

Die Zweitbeklagte replizierte, in ihrer Redaktion habe die Unrichtigkeit nicht erkannt werden können, weil der Kläger in einschlägigen Veröffentlichungen nicht genannt sei. Da der ursprüngliche Artikel in einer von der renommierten Erstbeklagten herausgegebenen Zeitung erschienen sei, habe die Zweitbeklagte von vorneherein davon ausgehen können, dem Artikel seien Erhebungen mit der üblichen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vorausgegangen. Abweichungen in der fünf Tage vorher erschienenen Zeitschrift "B Ö-I" seien der Zweitbeklagten bei der Übernahme des Artikels nicht bekannt gewesen.

Die Parteien stellten außer Streit, daß der Kläger in den Jahrgängen 1959 bis 1971 des in New York erschienenen enzyklopädischen Werkes "Art Index" nicht aufscheint.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Die Untergerichte gingen insbesondere von folgendem Sachverhalt aus:

Der Kläger legte an der "Allgemeinen Malschule" und an der "Spezialschule für Malerei" die vorgeschriebenen Prüfungen ab, ohne jedoch den Titel "akademischer Maler" führen zu können, weil in seinen Studienjahren ein Diplom noch nicht ausgestellt wurde. Er ist vorzüglich Porträtmaler und übt nur den Beruf eines Kunstmalers aus. Von 1936 bis 1952 war er in den USA künstlerisch tätig und porträtierte Persönlichkeiten der Gesellschaft. In New York, Boston, Washington und Rhode Island stellte er seine Gemälde aus. Er entwickelte sich in Österreich ebenfalls zu einem bekannten Porträtisten und malte die Angehörigen der Familie A, F, Sch., H-L, L, M-M und P. H P, der Bruder des Klägers, hatte vorerst in M ein klubartig organisiertes Hotel geführt. Seit dem Verkauf des Hotels betreibt er ein gleiches Hotel in E. Der Kläger ist weder Eigentümer noch Miteigentümer dieses Hotels. Seit Jahren erscheint im Verlag der erstbeklagten Partei die Sonntagszeitschrift "B a. S", eine Sonderausgabe der "B-Zeitung". Darin wird über die gesellschaftlichen Kreise, zum Teil auch über Kriminalfälle berichtet, die von allgemeinem Interesse sind. Der Verlag der Zeitschrift "Sch. I" steht in einem guten Verhältnis zum S-Verlag. Er vertraute darauf, daß die Recherchen des S-Verlages stimmen. Auf Grund des guten Einvernehmens erhielt die Redaktion der Zeitschrift "Sch. I" die Ausgabe von "B a. S" jeweils 24 Stunden früher als andere Abonnenten, damit sie als erste jene Artikel bestellen kann, die sie für interessant hält. Dr. M, der Chefredakteur der "Sch. I" las in der Zeitschrift "B a. S" den Artikel "Nur der Tod war nicht eingeladen" und gab ihn ohne inhaltliche Änderung zum Druck. Zu einer Überprüfung der gekauften Nachricht auf ihre Richtigkeit an Hand des Archives der Zweitbeklagten sahen sich die Redakteure der "Sch. I" nicht veranlaßt, weil die Redaktion wie immer auf die Verläßlichkeit ihrer Quelle vertraute. Eine Nachprüfung wäre auch erfolglos geblieben, weil die in diesem Artikel erwähnten Personen in der Schweiz völlig unbekannt waren und in keinem einschlägigen, in Schweizer Redaktionen üblicherweise vorhandenen Nachschlagewerk erwähnt sind. Die Erfahrungen der Redakteure der Zeitschrift "Sch. I" im Umgang mit der Redaktion von "B a. S" hatten sie in ihrer Überzeugung bestärkt, daß deren Mitarbeiter ihre Recherchen jeweils mit großer Gewissenhaftigkeit durchzuführen pflegen. Sie fanden daher keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Angaben über die im Artikel "Nur der Tod war nicht eingeladen" genannten Personen zu zweifeln. Die Redaktion ist auch nicht in der Lage, jede Information nachzuprüfen, weil ihr die dafür erforderlichen dokumentarischen Unterlagen nicht immer zugänglich sind. Zwischen den Verlagen der Zeitschriften der beklagten Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis, das auf Vertrauen und auf längerer Erfahrung beruhte. Bei dem Abdruckverhältnis, wie es sich aus der Zusendung der Zeitung "B a. S" an die Zweitbeklagte 24 Stunden vor ihrem Erscheinen ergibt, bestand für die Zweitbeklagte kein Grund zu einem Mißtrauen. St. H-B und I B gaben dem Kläger den fixen Auftrag, Porträts anzufertigen. Wegen des Artikels in der Zeitschrift der Zeitbeklagten hielten sie aber den Auftrag nicht aufrecht.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, die Zweitbeklagte habe auf Grund ihrer Erfahrung mit der Redaktion der Zeitung "B a. S" annehmen dürfen, daß der Inhalt der Artikel, die sie von dieser Zeitung zum Nachdruck erwarb, vorher sorgfältig geprüft wird. In dem ungeprüften Nachdruck solcher Artikel könne daher keine Verletzung von Sorgfaltspflichten erblickt werden, soferne ihr Inhalt nicht offenkundig oder wahrscheinlich unrichtig sei. Von einer offenkundigen oder wahrscheinlichen Unrichtigkeit des zum Nachdruck übernommenen Artikels könne aber keine Rede sein, da der Kläger nicht allgemein bekannt und auch nicht in einschlägigen Handbüchern genannt sei. Die Redakteure der Zweitbeklagten brauchten auch keine Bedenken gegen den Ausdruck "Amateurmaler" haben, weil auch der Beruf Hotelier angeführt sei. Mangels eines Verschuldens der zweitbeklagten Partei bei der Verbreitung der unwahren Tatsache sei das Klagebegehren abzuweisen.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Der Anspruch auf Widerruf, Veröffentlichung und Schadenersatz nach § 1330 Abs. 2 ABGB setze grobe Fahrlässigkeit voraus, die Unwahrheit einer Mitteilung nicht zu kennen. Die Pflicht zu Erhebungen bestehe nur im zumutbaren Rahmen, wenn besondere Umstände vorlägen. Die Redakteure der von der Zweitbeklagten herausgegebenen "Sch. I" hätten jahrelang mit der Redaktion der Zeitung "B a. S" zusammengearbeitet. Es könne zwar auch bei längerer Geschäftsverbindung ein Artikel nicht immer ohne Prüfung des Inhaltes nachgedruckt werden. Der erschienene Artikel habe aber nicht eine Schilderung des Lebens des Klägers zum Gegenstand gehabt. Der inkriminierte Satz sei nur eine Bemerkung am Rande der Schilderung des Lebens E L's gewesen. Die Bezeichnung "Amateurmaler" sei auch insoferne nicht bedenklich gewesen, als er neben dem Beruf eines Hoteliers angeführt worden sei. Bei durchschnittlicher jedermann zumutbarer Auffassung sei die Unwahrheit der Mitteilung nicht erkennbar gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger stützt seine Ansprüche auf die Bestimmungen des § 1330 Abs. 2 ABGB. Aus Anlaß der Rechtsrüge hat sich der Oberste Gerichtshof zunächst mit der bisher im Verfahren nicht erörterten Frage des anzuwendenden Rechtes zu befassen. Diese ist stets von Amts wegen auch ohne daß sich die Parteien darauf berufen - zu prüfen (vgl. SZ 25/17 u. a.), soferne Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Sache ausländischem Recht unterliegen könnte. Solche Anhaltspunkte liegen im vorliegenden Falle deshalb vor, weil auch die auf Ehrverletzung gegrundeten Ansprüche des Klägers auf die Verbreitung unwahrer Tatsachen durch eine in der Schweiz erscheinende Zeitschrift stützen, die auch in Österreich abgesetzt wurde. Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Presse ist im Schweizer Recht - abgesehen von Art. 4 UWG nicht besonders geregelt; es gelten dafür die allgemeinen Bestimmungen der Art. 41 ff. OR über den Schadenersatz (vgl. Guhl, Das Schweizer Obligationenrecht, 6. Aufl. 195; Schweizer BGH, BGHE, 64 II, 18). Da diese eine mit den Vorschriften des § 1330 Abs. 2 ABGB übereinstimmende Regelung nicht enthalten, kann die kollisionsrechtliche Frage nicht offenbleiben. Wenn auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch über das anzuwendende Recht hinsichtlich der aus unerlaubten Handlungen entspringenden Schuldverhältnisse keine Bestimmungen enthält, ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung das Recht des Tatortes maßgebend. Die Bestimmung des Tatortes bereitet bei Pressedelikten einige Schwierigkeiten. Sie gehören ebenso wie die durch Rundfunk, Fernsehen, Schallplatten begangenen Delikte zu den sogenannten Mehrstaatsdelikten, bei denen eine einzige Handlung eine Mehrheit von Erfolgsorten in verschiedenen Staaten zur Folge haben kann. Walker vertrat noch die Auffassung, daß auch bei Pressedelikten als Tatort nur der Ort zu gelten hat, wo die Tat begangen wurde, die den verletzenden Erfolg verursacht hat, wo sich der Täter im Augenblick des Handelns aufhält. Er lehnte eine Anknüpfung an den Ort, wo der verletzende Erfolg eintritt (Erfolgsort) ab (IPR[5], 523 und 526). Nach der neueren Lehre gilt - wie im allgemeinen - auch bei Pressedelikten als Tatort sowohl der Handlungsort, d. i. der Ort, wo eine nach dem Rechte dieses Ortes unerlaubte Handlung ausgeführt wird, als auch der Erfolgsort, d. i. der Ort, in dem das durch die Deliktsnorm geschützte Rechtsgut verletzt wird. Als Handlungsort wird bei Pressedelikten im allgemeinen der Ort angesehen, wo das Presseerzeugnis hergestellt und versandt wird, als Erfolgsort der Ort, wo die Druckschrift verbreitet und empfangen wird (vgl. Schönenberger - Jäggi, Komm. z. Schweizer OR[3] 1973, Bd. V 1 a, 124 Anm. 336; Soergel - Siebert, BGB, Bd. VII, 10. Aufl., Anm. 7 zu Art. 12 in EGBGB; Kegel, IPR[3], 269 und 271; anderer Meinung Rabel, The conflict of Laws, 2. Aufl., II. Bd., 322 ff., der bei Presseerzeugnissen Haftung nur nach dem Recht des Verlagssitzes annimmt). Wolff (IPR[3], 164) Raape (IPR[5], 577) und Binder (Zur Auflockerung des Deliktsstatuts, Rabels Zeitschrift 1955, 472) nehmen ein "Handeln" auch dort an, wo die Druckschriften verbreitet werden. Dieser neueren Auffassung folgt auch die neuere Rechtsprechung und hält beide Rechtsordnungen für anwendbar (Schweizerischer Bundesgerichtshof vom 9. Mai 1971, BGE 87 II, 113). Bei Ehrverletzungen - wie im vorliegenden Falle - oder bei Verletzungen der Geheimsphäre durch Presseerzeugnisse wird mit Rücksicht auf die Eigenart des verletzten Rechtsgutes eine Lokalisierung des Erfolges nach einem Schwerpunkt der Umstände angenommen und auf denjenigen Ort abgestellt, an dem die verletzte Person ihren Hauptwirkungskreis hat. Dies ist in der Regel der Wohnsitz des Verletzten. Die dort geltende Rechtsordnung ist für die Beurteilung der Voraussetzungen und Folgen der durch Ehrverletzungen begangenen unerlaubten Handlung maßgebend (vgl. Binder, 477; Schönenberg - Jäggi, 124 Anm. 336). Der Kläger hat seinen Wohnsitz und damit seinen Hauptwirkungskreis in Österreich. Es ist daher hier der Schwerpunkt des durch die Deliktsnorm geschützten Persönlichkeitsrechtes gelegen, so daß gegen die von den Untergerichten vorgenommene Beurteilung des Sachverhaltes nach österreichischem Recht keine Bedenken bestehen.

Der Kläger macht mit seiner Rechtsrüge geltend, an die Sorgfaltsanforderungen des Redakteurs müsse ein objektiver Maßstab angelegt werden. Die bloß subjektive Überzeugung des Redakteurs, sich darauf verlassen zu können, daß der Inhalt des von einer anderen Zeitschrift zum Nachdruck übernommenen Artikels wahr sei, könne ihn nicht seiner Verantwortung hinsichtlich des Inhaltes des Artikels entbinden. Er könne sich nicht einfach darauf verlassen, daß die Redakteure der anderen Zeitschrift schon ihre Pflichten sorgfältig erfüllt haben. Die Zeitung "B a. S" als Quelle des übernommenen Artikels habe nach dem Sachverständigengutachten nicht die erforderliche Gewähr geboten, den Artikel ungeprüft zum Nachdruck übernehmen zu können. Die Zweitbeklagte hätte sich von ihrer Haftung nur durch den Nachweis befreien können, daß ihre Redakteure genügend Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrheit der verbreiteten Tatsache gehabt hätten. Dafür reiche aber eine langjährige Geschäftsverbindung zu einer anderen Zeitschrift nicht aus. Die Unwahrheit der Aussage über die berufliche Qualität des Klägers in dem zum Nachdruck übernommenen Artikel hätte aber einem erfahrenen Redakteur auffallen müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Sie tragen dem konkreten Sachverhalt nicht entsprechend Rechnung. Der Tatbestand des § 1330 Abs. 2 ABGB setzt voraus, daß jemand Tatsachen, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden, verbreitet, obwohl er die Unwahrheit seiner Mitteilung kannte oder kennen mußte. Voraussetzung für den Tatbestand ist daher, daß der Täter bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt und Aufmerksamkeit die Bedeutung des Inhaltes der Mitteilung, insbesondere die Unwahrheit der verbreiteten erwerbsgefährdenden Behauptung hätte erkennen müssen. Wer erwerbsgefährdende Behauptungen öffentlich verbreitet, wird daher grundsätzlich vorher prüfen müssen, ob seine Erkenntnisquellen genügend zuverlässig sind. Dieser Prüfungspflicht kommt bei Veröffentlichungen durch die Presse gesteigerte Bedeutung zu. Die Tatsache, daß eine Mitteilung oder ein Artikel in einer anderen Zeitschrift erschienen ist, rechtfertigt noch nicht die kritiklose Übernahme zum Nachdruck. Derartiges hat aber auch das Berufungsgericht nicht gebilligt. Es hat vielmehr hervorgehoben, daß auch bei längerer Geschäftsverbindung zweier Zeitungen ein Artikel nicht immer ohne Nachprüfung des Inhaltes nachgedruckt werden dürfe. Es ist aber zu beachten, daß das Sorgfaltserfordernis hinsichtlich der Wahrheit der verbreiteten Tatsachenbehauptung auch weitgehend davon abhängt, ob dem Täter die spezifische Eignung seines Verhaltens zur Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Stellung des Betroffenen erkennbar war. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß die inkriminierte Mitteilung über die berufliche Qualität des Klägers, die die Zeitschrift der Zweitbeklagten mit dem Nachdruck des Artikels aus der Zeitung "B a. S" übernommen hat, nicht im Rahmen einer Lebensdarstellung des Klägers erfolgte, sondern nur eine Bemerkung am Rande der Schilderungen über das Leben E L's darstellte. Wer in diesem Zusammenhang die Bezeichnung "leidenschaftlicher Amateurmaler" unbefangen neben der Berufsangabe "millionenschwerer Hotelier" liest, wird nicht den Eindruck gewinnen, daß die Bezeichnung "Amateurmaler" nicht den Tatsachen entspreche und der Betroffene dadurch in seinem Fortkommen geschädigt werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich ein reicher Hotelier als Berufsmaler betätigt, ist als sehr gering zu bezeichnen. Darüber hinaus kommt im vorliegenden Falle bei der Beurteilung der Frage, ob die Zweitbeklagte die nötige Sorgfalt bei der Prüfung der Zuverläßlichkeit ihrer Informationsquelle angewendet hat, auch dem Umstande Bedeutung zu, daß zwischen der Zeitschrift der Zweitbeklagten und der Zeitung "B a. S" eine regelmäßige Geschäftsverbindung hinsichtlich des Abdruckes von Mitteilungen und Artikeln bestand und daß nach den dabei von den Redakteuren der zweitbeklagten Partei gewonnenen Erfahrungen kein Anlaß bestand, der Gewissenhaftigkeit der Mitarbeiter der Zeitung "B a. S" bei der Berichterstattung zu mißtrauen. Soweit die Revision von einem anderen Sachverhalt ausgeht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände kann daher der Zweitbeklagten nicht zur Last gelegt werden, daß für sie und ihren Chefredakteur bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Unwahrheit der von ihr verbreiteten erwerbsgefährdenden Mitteilung über die berufliche Qualität des Klägers hätte erkennbar sein müssen.

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