Spruch:
Die rechtskräftige Unterhaltsfestsetzung steht der Geltendmachung des Ersatzes einer über den festgesetzten Unterhalt hinausgehenden Aufwendung für den Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten im Rechtsweg nicht entgegen.
Entscheidung vom 11. November 1969, 8 Ob 231/69.
I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht wies das auf § 1042 ABGB. gegrundete Begehren der ehelichen Mutter der minderjährigen Marina L. auf Zahlung von 5907.50 S durch den beklagten ehelichen Vater mit der Begründung ab, die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf die genannte Gesetzesstelle stützen, weil der Beklagte bereits beschlußmäßig für seine Tochter monatlich 1800 S an Unterhalt zu leisten habe und damit nicht in Verzug geraten sei. Die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Beklagten finde in diesem Unterhaltsbetrag ihre Grenze. Der begehrte Aufwandersatz könne daher nicht den Beklagten belasten.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache an das Gericht erster Instanz zurück. Es führte im wesentlichen aus: Infolge des Besuches der Hotelfachschule durch die Minderjährige seien jedenfalls geänderte Verhältnisse eingetreten. Daraus ergäbe sich, daß die Verwendungsklägerin, unabhängig von der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung, Verwendungsansprüche geltend machen dürfe und im Rechtsstreit zwischen ihr und dem Unterhaltspflichtigen die Vorfrage nach Bestand und Ausmaß der Unterhaltspflicht ohne Bindung an die gerichtliche Festsetzung in einem anderen Verfahren selbständig zu prüfen sei. Ein Aufwand, den der Beklagte nach dem Gesetz hätte machen müssen, liege vor, wenn zur Berechtigung des Aufwandes, die sich aus der Person der Minderjährigen und der Art des nunmehr angestrebten Berufes ergäbe, noch das Nichtzureichen des ausgemessenen Unterhaltsbetrages und die weitergehende Leistungsfähigkeit des Vaters träten. Das Erstgericht habe, von einer unzutreffenden Rechtsansicht ausgehend, erhebliche Tatsachen nicht erörtert und es verabsäumt, den entscheidungswichtigen Sachverhalt allenfalls dadurch zu ermitteln, daß es die Parteien zu einer Ergänzung des Vorbringens und der Beweisanträge angehalten hätte. Das Verfahren erster Instanz sei daher mangelhaft geblieben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs stützt sich auf die Behauptung, zur Festsetzung des Unterhaltes für die Minderjährige sei das Außerstreitgericht zuständig, weshalb eine Verfahrensergänzung durch die erste Instanz über die Angemessenheit des bereits rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsbetrages infolge Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht stattfinden könne, zumal mit der vorliegenden Klage implizite eine Erhöhung des der Minderjährigen zustehenden Unterhaltes begehrt werde.
Der Rekurswerber übersieht jedoch, daß der Verwendungskläger unabhängig von einer gerichtlichen Unterhaltsbemessung den Ersatz seines Mehraufwandes deshalb nach § 1042 ABGB. geltend machen kann, weil die Unterhaltsfestsetzung nicht rechtsgestaltend, sondern rechtsfeststellend, und zwar nur im Verhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen, wirkt. Das Ausmaß der Unterhaltspflicht ist im Falle eines Verwendungsanspruches nach § 1042 ABGB. neuerlich als Vorfrage zu prüfen. Es bleibt demnach dem Verwendungskläger die Möglichkeit offen, darzutun, daß sein Aufwand notwendig und angemessen war, durch den dem Beklagten auferlegten Unterhalt nicht gedeckt war und der Beklagte nach seinen Verhältnissen imstande ist, diese zusätzliche Unterhaltsleistung zu erbringen (SZ XXV 259, EvBl. 1968 Nr. 232, S. 392). Die vorliegende Klage ist der Klägerin nicht verwehrt, weil diese nicht einen Unterhalt, sondern den Ersatz ihres Aufwandes begehrt. Die Geltendmachung dieses Anspruches gehört auf den ordentlichen Rechtsweg. Die Frage des Ausmaßes der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Beklagten wird in diesem Verfahren selbständig zu prüfen sein. Dem steht nicht entgegen, daß - allerdings nur im Verhältnis zwischen dem minderjährigen Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen - dieses Ausmaß grundsätzlich im Außerstreitverfahren festzusetzen ist.
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