OGH 8Ob22/88

OGH8Ob22/8810.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** S***

reg. Genossenschaft mbH, Hauptstraße 7, 2000 Stockerau, vertreten durch Dr.Günter Kunert und Dr.Wolfgang Kunert, Rechtsanwälte in Stockerau, wider die beklagte Partei Margit K***, Angestellte, Gartenstraße 168, 3464 Hausleiten, vertreten durch Dr.Erich Els, Rechtsanwalt in Stockerau, wegen S 276.469,76 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10.März 1988, GZ 5 R 35/88-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Handelsgerichtes vom 19.November 1987, GZ 2 Cg 128/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.631,05 (einschließlich S 875,55 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte schloß anläßlich der Scheidung gemäß § 55 a EheG vor dem Bezirksgericht Stockerau (zu AZ C 3004/87) mit ihrem Ehegatten Norbert K*** einen (Scheidungs-)Vergleich, in dessen Punkt 6) ihr Ehemann die bei der V*** S*** zur Nr. 54833 und zur Nr. 4293676 bestehenden Kredite, für die beide Ehegatten hafteten, zur alleinigen Rückzahlung übernahm. Über Antrag der (hier) Beklagten sprach das Bezirksgericht Stockerau mit Beschluß vom 16.April 1987, GZ C 3004/87-4, unter anderem gemäß § 98 EheG aus, daß gegenüber der V*** S*** zur Nr. 54833 und Nr. 4293676 Norbert K*** der Hauptschuldner ist, während Margit K*** in Ansehung dieser Verbindlichkeiten Ausfallsbürge wird. Dieser Beschluß wurde der (hier) klagenden Partei am 7.Mai 1987 zugestellt und erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Am 31.März 1987 stellte die klagende Partei einen von Norbert K*** (als Bezogener und Akzeptant) und von Margit K*** (als Bürgin für den Akzeptanten) blanko zur Sicherung der Kreditverbindlichkeiten des Ehepaares K*** gefertigten Wechsel auf die Klagesumme mit Fälligkeit 31.März 1987 aus und erwirkte auf Grund dieses Wechsels am 24.Juli 1987 einen Wechselzahlungsauftrag sowohl gegen Norbert als auch gegen Margit K***. Lediglich die Beklagte erhob gegen diesen Wechselzahlungsauftrag Einwendungen, weil sie nach § 98 EheG für die Wechselsumme nur mehr als Ausfallsbürgin hafte.

Das Erstgericht hob den Wechselzahlungsauftrag bezüglich der Beklagten auf und wies das diesbezügliche Klagebegehren ab, weil auch die vorliegende Wechselverbindlichkeit der Beklagten von der Entscheidung im Sinne des § 98 EheG mitumfaßt sei und Exekutionsschritte im Sinne des § 98 Abs 2 EheG gegen den Hauptschuldner von der klagenden Partei nicht einmal behauptet worden seien. Die Beklagte könne daher als Ausfallsbürgin noch nicht in Anspruch genommen werden.

Infolge Berufung der klagenden Partei bestätigte das Berufungsgericht diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und ließ die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes von der klagenden Partei erhobene Revision ist zulässig - weil höchstgerichtliche Rechtsprechung über die Einbeziehung von Wechselverbindlichkeiten der Ehegatten in die Regelung des § 98 EheG nicht vorliegt -, jedoch nicht gerechtfertigt.

Das Bundesgesetz vom 24.Oktober 1985, mit dem Bestimmungen zum Schutz des für einen Kredit mithaftenden Ehegatten getroffen wurden, BGBl. 1985/481, fügte (ua) dem Ehegesetz einen § 98 ein, der im wesentlichen folgende Bestimmungen enthält:

"§ 98. (1) Entscheidet das Gericht (§ 92) oder vereinbaren die Ehegatten (§ 97 Abs 2, gegebenenfalls § 55 a Abs 2), wer von beiden im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, verpflichtet ist, so hat das Gericht auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, daß derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird. Dieser Antrag muß in der Frist nach § 95 gestellt werden.

(2) Der Ausfallsbürge nach Abs 1 kann - vorbehaltlich des § 1356 ABGB - nur wegen des Betrags belangt werden, der vom Hauptschuldner nicht in angemessener Frist hereingebracht werden kann, obwohl der Gläubiger gegen ihn nach Erwirkung eines Exekutionstitels

  1. 1. Fahrnis- oder Gehaltsexekution und
  2. 2. Exekution auf eine dem Gläubiger bekannte Liegenschaft des Hauptschuldners, die offensichtlich für die Forderung Deckung bietet, geführt sowie
  3. 3. Sicherheiten, die dem Gläubiger zur Verfügung stehen, verwertet hat. ..."

    Unter § 98 EheG fallen allerdings nur Kreditverbindlichkeiten, die der Aufteilungsregelung nach den §§ 81 ff EheG unterliegen. Das sind nach § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG solche Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, sowie nach § 83 Abs 1 letzter Halbsatz leg.cit. Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen (Gamerith, Die Kreditmithaftung geschiedener Ehegatten nach § 98 EheG, RdW 1987, 183 ff, 186; Fink, Zur Ehegattenbürgschaft, AnwBl. 1986, 629 ff, 631). In der Literatur (Koziol, Die Ausfallsbürgschaft des geschiedenen Ehegatten kraft Richterspruchs, RdW 1986, 5 ff, 6; Gamerith aaO 188; Fink aaO 631) besteht jedenfalls darüber Einigkeit, daß § 98 EheG auf Verbindlichkeiten Anwendung findet, für die beide Ehegatten "persönlich" haften. Koziol (aaO 6) legt zusätzlich dar, daß von § 98 EheG auch Wechselverbindlichkeiten der Ehegatten erfaßt seien, weil auch diese eine persönliche Haftung begründeten. Werde der Wechsel allerdings weitergegeben, könne sich der (als Ausfallsbürge bestimmte) Ehegatte dem Dritten gegenüber nicht darauf berufen, daß er nur mehr Ausfallsbürge sei, weil dies ein Einwand aus dem Grundverhältnis sei, der wegen der Abstraktheit der Wechselverbindlichkeit nicht mehr zulässig sei (Art 17 WG). Der Oberste Gerichtshof teilt diese Rechtsansicht des Berufungsgerichtes.

    Von einer Derogation des Wechselrechtes durch § 98 EheG - wie die Klägerin meint - kann in Wahrheit keine Rede sein. Der Bestand der abstrakten Wechselverpflichtung selbst wird nämlich durch diese Vorschrift nicht berührt. Freilich ist die Abstraktheit der Wechselverpflichtung zwischen den ursprünglichen Parteien des Grundverhältnisses nicht völlig von diesem losgelöst; vielmehr folgt aus der der Hingabe des Wechsel zugrundeliegenden Zweckvereinbarung - hier Sicherung einer Kreditschuld des Ehepaares - eine Verknüpfung der abstrakten Wechselverbindlichkeit mit dem Grundverhältnis derart, daß der erste Wechselnehmer aus dem Wechsel nicht mehr Rechte in Anspruch nehmen kann, als ihm nach dem Grundgeschäft zustehen (Baumbach/Hefermehl, WechselG und ScheckG16 Rz 10 Einl). Demgemäß kann hier die Klägerin als Wechselgläubigerin ihre Wechselforderung nur nach Maßgabe der kraft Richterspruchs gemäß § 98 EheG erfolgten Veränderung der Haftung der beklagten Wechselschuldnerin für die der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegende Kreditverbindlichkeit der Ehegatten geltend machen. Bei diesem Einwand der Beklagten handelt es sich um einen persönlichen Einwand der Wechselschuldnerin, der sich auf die unmittelbaren Beziehungen der Parteien des besicherten Schuldverhältnisses beschränkt und Dritten gegenüber nach Art 17 WG grundsätzlich - es sei denn, daß diese beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Schuldners gehandelt haben - nicht durchschlägt (vgl. aaO Rz 81 zu Art 17 WG).

    Die Vorinstanzen haben im Sinne dieser Rechtsausführungen zutreffend die vorliegende Klageführung gegen die Beklagte schon mangels Behauptung der Voraussetzungen des § 98 Abs 2 EheG als verfrüht erkannt und die Klage abschlägig beschieden. Der Revision der klagenden Partei ist demnach ein Erfolg zu versagen. Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

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