Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 3,629.184,-- samt 12,25 % Zinsen pA aus diesem Betrag seit 18. 12. 1998 bei Exekution in ihr gesamtes Vermögen, insbesondere bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ ***** der KG ***** V***** im Gerichtsbezirk Villach, bestehend aus den Grundstücken Nr ***** Baufläche (Gebäude), Baufläche (begrünt), 525 Baufläche (Gebäude), Baufläche (begrünt, *****) zu bezahlen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit S 41.413,44 (darin S 6.902,24 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 29.823,80 (darin S 4.970,63 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
In ihrer Klage mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Begehren brachte die klagende Partei gegen die im Rubrum als Angestellte bezeichnete Beklagte unter anderem vor:
"Die beklagte Partei schuldet der klagenden Partei aus der fällig gestellten Geschäftsbeziehung des Einmalbarkredites, eingeräumt zum Kreditkonto Nr 55575/100/001 per plus den zu diesem Tag sich ergebenden Saldo von S 3,629.184,-- sA eine Verzinsung von ...., sohin eine Gesamtverzinsung für den längst überfälligen Kreditbetrag von 12,25 % p.a., wurden vereinbart".
In der für den 15. 2. 1999 anberaumten ersten Tagsatzung erging über Antrag der klagenden Partei ein stattgebendes Versäumungsurteil.
In ihrer gegen dieses Versäumungsurteil erhobenen Berufung aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung machte die Beklagte geltend, sie sei Verbraucherin im Sinne des KSchG. Die Klage sei unschlüssig, da die in § 13 KSchG normierten besonderen Voraussetzungen nicht behauptet worden seien. Lediglich hilfsweise wandte sich die Beklagte mit einem Widerspruch gegen das Versäumungsurteil.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. In der rechtlichen Beurteilung führte es aus, der Klagsanspruch gründe sich nach dem gemäß § 396 ZPO für wahr zu haltenden Vorbringen auf ein zur Rückzahlung fälliges Hypothekardarlehen. Ein Terminsverlust sei nicht behauptet worden, weshalb die Entscheidung SZ 57/69 nicht anwendbar sei. Das Klagsvorbringen sei schlüssig, ohne dass die Frage eines Terminsverlustes zu prüfen sei. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig; die Frage der Schlüssigkeit sei im Einzelfall zu prüfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung zu den Schlüssigkeitsvoraussetzungen einer Klage abgewichen ist (vgl SZ 63/134; 8 Ob 7/99h).
Die Revision ist auch berechtigt.
Gemäß § 226 Abs 1 ZPO sind in der Klage die rechtserzeugenden Tatsachen im einzelnen kurz und vollständig anzugeben. Sie muss soviel an rechtserzeugenden Tatsachen enthalten, dass der geltend gemachte Anspruch auf Grund dieser Tatsachen hinreichend substantiiert erscheint. Das Klagevorbringen muss somit schlüssig sein. Ob alle für eine Stattgebung des Klagebegehrens erforderlichen rechtserzeugenden Tatsachen behauptet wurden, hat das Gericht, wenn die klagende Partei die Fällung eines Versäumungsurteils beantragt, nach amtswegiger Prüfung der Rechtslage zu beurteilen und das Klagebegehren abzuweisen, wenn der vorgebrachte Sachverhalt den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertigt (ZVR 1986/9; SZ 57/69; JBl 1979, 492; 1 Ob 606/95). Undeutliches und unvollständiges Vorbringen in der Klage geht zu Lasten der klagenden Partei und führt, wenn diese die Fällung eines Versäumungsurteils beantragt, zur Abweisung des Klagebegehrens (JBl 1979, 492; 1 Ob 516/93 ua).
Die klagende Partei hat zur Fälligkeit des eingeklagten Kreditbetrages lediglich vorgebracht, sie habe "die Geschäftsbeziehung fällig gestellt", ohne näher auszuführen, auf welche Weise diese "Fälligstellung" gegenüber der Beklagten erfolgte. Die Behauptung, "die Geschäftsbeziehung" sei "fällig gestellt" worden, ist mangels jeden Vorbringens, von welchem (vereinbarten) Recht die klagende Partei auf welche Weise Gebrauch machte, selbst wenn sie gemäß § 396 ZPO für wahr gehalten wird, keine geeignete Tatsachengrundlage für die rechtliche Beurteilung, ob der eingeklagte Kreditbetrag fällig ist. Damit weist die vorliegende Klage zur Frage der Fälligkeit ein noch geringeres Tatsachensubstrat auf als die den Entscheidungen SZ 57/69 und 2 Ob 609/88 zu Grunde liegenden Klagen, in denen immerhin Verzug der beklagten Partei mit den vereinbarten Raten und Eintritt des Terminsverlustes bzw Fälligstellung (wegen des Verzuges) behauptet wurde.
In der Klage ist die Beschäftigung der Beklagten mit "Angestellte" angegeben; somit ist die Eigenschaft der Beklagten als Verbraucherin im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG zu vermuten (siehe SZ 63/134). Sollte die nicht näher präzisierte "Fälligstellung" etwa durch Geltendmachung eines vereinbarten Terminsverlustes erfolgt sein, wären die rechtserzeugenden Tatsachen nach § 13 KSchG - Fälligkeit einer rückständigen Leistung seit mindestens sechs Wochen und qualifizierte Mahnung - schon in der Klage anzuführen gewesen (SZ 57/69; zuletzt 1 Ob 266/97t).
Das Erstgericht hatte auch kein Verbesserungsverfahren im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO durchzuführen. Nach überwiegender Lehre und einheitlicher Rechtsprechung ist diese Vorschrift, die die amtswegige Anordnung der Verbesserung vorsieht, wenn in einem Schriftsatz Erklärungen oder sonstiges Vorbringen fehlen, die für die mit dem Schriftsatz vorgenommenen Prozesshandlungen vorgeschrieben sind, auch auf nicht fristgebundene Klagen anzuwenden (SZ 60/286 = AnwBl 1988, 637 = RZ 1988/26; JBl 1991, 195; Ballon, FS Fasching (1988) 65; Fasching LB2 Rz 513; Rechberger/Simotta ZPR4 Rz 523). Diese Vorschrift verpflichtet das Gericht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens dann, wenn einem bestimmenden Schriftsatz gesetzlich vorgeschriebener Inhalt fehlt, sodass ein Antrag nicht sachlich erledigt werden kann; hingegen ist eine Verbesserung nicht möglich, wenn das Vorbringen zwar unvollständig und damit auch unschlüssig, eine sachliche Erledigung aber nicht ausgeschlossen ist (EvBl 1985/153; RdW 1987, 45, JBl 1991, 195; Gitschthaler in Rechberger ZPO Rz 11 zu § 85; EvBl 1997/104 = JBl 1997, 450). Das Klagebegehren war daher mangels Schlüssigkeit abzuweisen, wobei dies im Sinne der herrschenden Rechtsprechung (SZ 46/23 = RZ 1973/101 = JBl 1974, 581) und auch eines Teils der Lehre (Fasching LB2 Rz 1398) mit "negativem" Versäumungsurteil zu erfolgen hatte (EvBl 1997/104).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 70
ZPO.
Die Pauschalgebühren für das Berufungs- und Revisionsverfahren waren der Beklagten, der zufolge die ihr gewährten Verfahrenshilfe von deren Entrichtung einstweilen befreit war, nicht zuzuerkennen, da sie gemäß § 70 1. Satz ZPO unmittelbar beim Gegner einzuheben sind.
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