European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123909
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision zeigt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht auf.
Der Kläger (und Widerbeklagte) erachtet die Lösung der Frage der Kausalität der ihm vorgeworfenen Eheverfehlungen für die Zerrüttung der Ehe durch die Vorinstanzen als iSv § 502 Abs 1 ZPO korrekturbedürftig. Festgestelltermaßen habe die Beklagte bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung die Rückkehr zum Kläger beabsichtigt. Die Ehe sei für sie subjektiv erst eine Woche nach ihrem Auszug unheilbar zerrüttet gewesen (zumal sich der Kläger nach ihrem Auszug nicht um die Ehe bemühte, sondern Anschuldigungen gegen sie und ihren vermeintlichen Liebhaber, vor allem auch bei der Polizei, erhob). Die dem Kläger zur Last gelegten, aus der Zeit vor dem Auszug stammenden Verfehlungen hätten daher nicht als für die Zerrüttung der Ehe kausal bzw nicht als eheschädlich qualifiziert werden dürfen.
1.1. Eine unheilbare Ehezerrüttung – sowohl iSd § 49 Satz 1 als auch des insofern inhaltsgleichen § 55 Abs 1 EheG (Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 49 EheG Rz 2) – ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben und die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden geistigen, seelischen und körperlichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist (RIS‑Justiz RS0056832; 8 Ob 61/18f [Punkt 3.1.]). Die Frage, ob eine Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, stellt eine auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nach objektivem Maßstab zu beurteilende Rechtsfrage dar (RIS‑Justiz RS0043423 [T6]). Dabei handelt es sich um eine vom Gericht aus objektiver Sicht zu treffende Prognose darüber, ob die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft noch im Bereich des Möglichen liegt (8 Ob 88/17z = iFamZ 2017/232 [Deixler‑Hübner] = RIS‑Justiz RS0056986 [T1]).
1.2. Die Eheverfehlungen müssen für die unheilbare Zerrüttung der Ehe kausal gewesen sein (RIS‑Justiz RS0056921 [T3]). Dabei genügt es, dass sie dazu beigetragen haben (6 Ob 151/98v; Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 49 EheG Rz 17; Aichhorn in Gitschthaler/Höllwerth, Ehe‑ und Partnerschaftsrecht § 49 EheG Rz 3, 11).
2. Mit diesen Rechtsprechungsgrundsätzen stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen im Einklang.
Festgestelltermaßen waren die dem Kläger angelasteten Verfehlungen Ursache, wenngleich nicht unmittelbarer Grund für den Auszug der Beklagten aus der Ehewohnung (Ersturteil Seite 5; Berufungsurteil Seite 15). Zumindest für den Kläger war die unheilbare Zerrüttung der Ehe subjektiv mit dem Auszug der Beklagten eingetreten (Ersturteil Seite 6). Die Annahme des Eintritts der unheilbaren Zerrüttung mit dem Auszug der Beklagten durch die Vorinstanzen ist – vor allem auch angesichts des Umstands, dass der Kläger nur drei Tage nach dem Auszug der Beklagten seine Scheidungsklage einbrachte – jedenfalls vertretbar. Die Frage, wann eine unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten ist, hängt im Übrigen jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0056832 [T5]). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
Entgegen der Meinung des Revisionswerbers reicht nach der dargelegten Rechtsprechung bloß einseitige Zerrüttung. Der Qualifizierung seiner Eheverfehlungen als kausal für die bereits mit dem Auszug der Beklagten aus der Ehewohnung anzunehmende unheilbare Zerrüttung der Ehe steht damit nicht entgegen, dass die Beklagte erst eine Woche später die Ehe als unheilbar zerrüttet wertete.
Mit dem Standpunkt, dass die Beklagte die ihm zur Last gelegten und auch festgestellten Eheverfehlungen nicht als solche bzw nicht als ehestörend empfunden habe, entfernt sich der Kläger vom festgestellten Sachverhalt.
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