Spruch:
Ein hinterlassenes Unternehmen unter Beteiligung eines minderjährigen Erben kann bis zur Entscheidung über die vormundschaftliche Genehmigung der Weiterführung vorläufig fortgeführt werden. Der Minderjährige wird aus dabei abgeschlossenen Geschäften bei Gebrauch einer gemeinsamen Unternehmensbezeichnung verpflichtet.
Entscheidung vom 19. Februar 1963, 8 Ob 14/63.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht erkannte die Beklagten schuldig, der Klägerin je 12.231 S 66 g samt Anhang zu bezahlen und wies das auf Zahlung von je 666 S 67 g gerichtete Mehrbegehren ab. Hinsichtlich der passiven Klagslegitimation der Beklagten stellte es im wesentlichen folgendes fest: Mit der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes D. vom 17. Mai 1955 sei der Nachlaß nach dem am 22. August 1954 verstorbenen Franz Z. auf Grund des Testamentes vom 9. September 1952 der erblasserischen Witwe Margit Z. sowie den minderjährigen erblasserischen Kindern Peter Franz Z. und Eva Juliane Z. zu je einem Drittel als Erben eingeantwortet worden. Im Nachlaßinventar schienen Patentrechte des Erblassers nicht auf. Eine Bewertung des Rauchfangkehrergewerbes sei nicht vorgenommen worden. Die erblasserische Witwe habe der Magistratsabteilung 63 angezeigt, daß sie das Rauchfangkehrergewerbe auf Grund der dem Erblasser verliehenen Konzession für die Dauer ihres Witwenstandes für ihre Rechnung sowie für Rechnung der erbberechtigten Deszendenten Peter und Eva Z. fortführe. Der Erstbeklagte Peter Z. sei am 28. Jänner 1937, die Drittbeklagte Eva Z. am 31. März 1948 geboren. Da die Zweit- und Drittbeklagte keine Erfahrung mit den Kaminaufsätzen gehabt hätten, habe der Erstbeklagte diese Agenden bearbeitet. Ihm sei die Geschäftsstampiglie "Z., Elektromotorischer Kaminaufsatz, Patentinhaber und Alleinvertrieb Franz Z.'s Wwe.", zugänglich gewesen. Das Anbot für den gegenständlichen Auftrag habe eine Stampiglie mit dem angeführten Wortlaut getragen. Auf Grund dieses Anbotes habe die Klägerin am 15. September 1955 bei der Firma Franz Z.'s Wwe., Margit Z., Rauchfangkehrer, die Aufstellung und den Einbau von Elektro-Kaminzugreglern in ihrer Wohnhausanlage bestellt. Die Kaminzugregler hätten wesentliche Mängel aufgewiesen. Aus diesem Grund habe zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten am 1. Juli 1957 eine Besprechung stattgefunden über welche der Amtsvermerk Beilage E aufgenommen worden sei. Danach habe der Erstbeklagte erklärt, die Firma werde die Kaminaufsätze abändern und den reibungslosen Betrieb der gelieferten Kaminaufsätze garantieren. Mit Schreiben vom 24. August 1957, das vom Erstbeklagten mit dem Beisatz i. A. unterschrieben worden sei und den Stampiglienaufdruck "Z. Elektromotorischer Kaminaufsatz, Patentinhaber und Alleinvertrieb Franz Z.'s Wwe." trage, sei das Einverständnis mit dem Inhalt des Aktenvermerkes vom 1. Juli 1957 erklärt worden. Die Beklagten hafteten für die Klagsforderung, weil sie das Unternehmen des Erblassers nach der Einantwortung gemeinsam fortgeführt hätten, worin der stillschweigende Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zu erblicken sei. Es sei demnach eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden. Dem Erstbeklagten sei die Bearbeitung der Kaminaufsätze überlassen worden. Gemäß § 1190 ABGB. sei er als Bevollmächtigter der übrigen Gesellschafter anzusehen. Jeder Beklagte hafte gemäß § 1203 ABGB. entsprechend seiner Quote mit je einem Drittel. Das Erstgericht stellte weiter noch fest, daß die gelieferten Geräte ab minus 15 Grad Celsius nicht mehr sicher funktionieren und ab minus 25 Grad vollständig ausfallen, daher wesentliche Mängel aufweisen. Der Klägerin stehe ein Verbesserungsanspruch nach § 1167 ABGB. zu. Sie könne von den Beklagten die Kosten der Verbesserung verlangen.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil in Ansehung des Erstbeklagten und der Zweitbeklagten, änderte es jedoch in Ansehung der Drittbeklagten im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und stellte in Ansehung der Drittbeklagten das erstgerichtliche Urteil wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hat die Haftung der Drittbeklagten aus dem strittigen Geschäft zu Unrecht abgelehnt. Wenn es meint, daß in der gemeinsamen Fortführung des ererbten Unternehmens nur dann der konkludente Abschluß eines Gesellschaftsvertrages liege, wenn der Verstorbene sein Unternehmen unter einer protokollierten Firma betrieben habe und die Erben das Unternehmen unter derselben Firma weitergeführt hätten, setzt es sich mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung in Widerspruch. Denn zur Annahme des konkludenten Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages genügt es, wenn das ererbte Unternehmen gemeinsam fortgeführt wird (Wahle in Klang, Komm.[2], V., S. 502 bei Anm. 40, JBl. 1961, S. 595, u. a. m.), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es der Erblasser unter einer protokollierten Firma betrieben hat und unter welcher Firma es von den Erben weitergeführt wird.
Soweit jedoch das Berufungsgericht daraus, daß die Geschäfte des ererbten Unternehmens unter der Bezeichnung "Franz Z.'s Wwe." oder auch "Franz Z.'s Wwe. Margit Z." weitergeführt wurden, den Schluß zieht, daß unter dieser Bezeichnung nur die Zweitbeklagte verstanden werden könne, demnach nur sie nach außen hin als Geschäftsinhaberin aufgetreten sei, so daß - wenn überhaupt - nur eine Innengesellschaft vorliege, geht es an der Tatsache vorbei, daß das ererbte Unternehmen, wie dem verwendeten Stampiglienaufdruck zu entnehmen ist, unter dieser Bezeichnung betrieben wurde, und zwar, wie noch ausgeführt werden wird, von den drei Beklagten, die daher im Außenverhältnis als Gesellschafter anzusehen sind, auch wenn im Innenverhältnis keine Gesellschaft bestand.
Der Ansicht des Erstgerichtes, daß die Drittbeklagte als Gesellschafterin einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts der Klägerin hafte, kann sich der Oberste Gerichtshof nämlich nicht anschließen. Das Erstgericht hat zwar richtig erkannt, daß in der gemeinsamen Fortführung des ererbten Unternehmens nach der Einantwortung der stillschweigende Abschluß eines Gesellschaftsvertrages liegt, doch hat es nicht berücksichtigt, daß die Drittbeklagte minderjährig ist, weshalb ihr Vormund, die Zweitbeklagte, ohne Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes auch nicht konkludent einen Gesellschaftsvertrag abschließen konnte. Solange das Vormundschaftsgericht über die Genehmigung nicht entschieden hat, liegt, zumindest was die Drittbeklagte anlangt, ein unvollkommener, bedingt oder schwebend unwirksamer Vertrag vor, der erst dann seine Wirkung verliert, wenn die Genehmigung verweigert wird oder trotz Fristsetzung ausbleibt (Gschnitzer in Klang, Komm.[2], IV., zu § 865 ABGB., S. 89/90, SZ. XXXI 52). Zu einer Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht ist es aber bis jetzt nicht gekommen, weil die Zweitbeklagte als Vormund der Drittbeklagten noch keine diesbezüglichen Anträge gestellt hat.
Dennoch hat das Erstgericht im Ergebnis richtig die Haftung der Drittbeklagten für den auf sie entfallenden Teil der Klagsforderung bejaht. Wohl kann nach § 233 ABGB. ein Vormund keine Fabrik, keine Handlung und kein Gewerbe ohne gerichtliche Genehmigung anfangen, fortsetzen oder aufheben. Erbt also das Mundel ein Unternehmen, so muß der Vormund die gerichtliche Genehmigung einholen, gleichgültig, ob er das Geschäft weiterführen oder nicht weiterführen will (Ehrenzweig, Familien- und Erbrecht[2] § 471, S. 321/322). Soll das Unternehmen weitergeführt werden, dann muß der Vormund bis zur Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes der vorläufigen Fortführung des Unternehmens zustimmen, weil der Minderjährige bis zu dieser Entscheidung nicht aus der Gemeinschaft ausscheiden kann. Bis das Vormundschaftsgericht entscheidet, ob der konkludent abgeschlossene Gesellschaftsvertrag genehmigt wird oder nicht, besteht zwischen den eingeantworteten Erben zwar im Innenverhältnis keine Gesellschaft, sondern nur eine Unternehmensgemeinschaft, die den für die schlichte Rechtsgemeinschaft geltenden Regeln folgt, wohl aber nach außen, weil in der Fortführung des Unternehmens, insbesondere wenn diese unter einer gemeinsamen Firma oder sonstigen Unternehmensbezeichnung, wie hier unter der Bezeichnung "Franz Z.'s Wwe.", erfolgt, die Erklärung des gemeinsamen Fortbetriebes zu erblicken ist (Wahle, a. a. O., S. 502, bei Anm. 43). Aus dieser Gemeinschaft, der der Minderjährige durch die Einantwortung des ererbten Unternehmens als Gemeinschafter angehört, kann er, ohne daß die Gemeinschaft aufgelöst wird, auch nicht vorübergehend ausscheiden. Zutreffend geht die Klägerin in der Revision davon aus, daß die vorläufige Zustimmung des Vormundes zur Fortführung des Unternehmens in den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb fällt und demnach keiner vormundschaftsbehördlichen Einwilligung bedarf (vgl. auch Wahle, a. a. O., S. 502). Daß die Zweitbeklagte als Vormund der Drittbeklagten der Fortführung des ererbten Unternehmens etwa widersprochen hätte, kann der Aktenlage nicht entnommen werden. Im Gegenteil haben die Untergerichte festgestellt, daß die Zweitbeklagte, die ebenfalls an dem Unternehmen beteiligt ist, der Fortführung des Unternehmens zugestimmt hat. Daß das Vormundschaftsgericht der Fortführung des Unternehmens durch die Drittbeklagte ausdrücklich zugestimmt hat, wird von niemandem behauptet und geht auch nicht aus dem Pflegschaftsakt des Bezirksgerichtes D. hervor.
Soweit die Klägerin in der Revision vorbringt, das Vormundschaftsgericht habe die Fortführung des ererbten Unternehmens dadurch konkludent genehmigt, daß es den Inhalt des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 27. März 1956 zur Kenntnis genommen habe, mit welchem Bescheide der Magistrat der Stadt Wien mitgeteilt habe, daß die Zweitbeklagte den Witwen- und Deszendentenfortbetrieb des Rauchfangkehrergewerbes des Erblassers angezeigt habe, übersieht sie, daß es die stillschweigende Genehmigung eines Vertrages durch das Vormundschaftsgericht nicht gibt, weil der Willensentschluß des Gerichtes in der vorgeschriebenen Form geäußert werden muß (SZ. XXXI 52).
Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, ob das Rauchfangkehrergewerbe des Erblassers und die von ihm betriebene, nicht protokollierte Firma Z. ident sind.
Daß der Erstbeklagte noch minderjährig war, als er im eigenen Namen und im Namen der Zweit- und Drittbeklagten das strittige Geschäft mit der Klägerin abgeschlossen hat, steht dem Klagsanspruch schon deshalb nicht entgegen, weil die Zweitbeklagte als Vormund ihrer Kinder das Geschäft genehmigt hat. Hiezu bedurfte es keiner vormundschaftsbehördlichen Einwilligung, weil es sich um eine zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehörende Maßnahme handelt (§ 233 ABGB.). Es steht zwar nicht fest, ob der Erstbeklage von den übrigen Teilhabern zum Abschluß des gegenständlichen Geschäftes mit der Klägerin bevollmächtigt war. Es liegen jedoch deshalb keine Feststellungsmängel vor, weil die Drittbeklagte an dieses Geschäft auch gebunden ist, selbst wenn der Erstbeklagte ohne Auftrag der übrigen Teilhaber das gemeinschaftliche Gut verwaltet hätte (§ 837 ABGB.), da die Zweitbeklagte als der Vormund der Drittbeklagten der Verwaltung nicht widersprochen hat und nicht behauptet wurde, daß der Erstbeklagte gegen den Willen der übrigen Teilhaber gehandelt hat (Klang, Komm.[2] III, zu § 837, S. 1120 f.).
Steht fest, daß das ererbte Unternehmen die Kaminaufsätze der Klägerin geliefert, diese Kaminaufsätze aufgestellt und eingebaut hat, dann kann die Klägerin auch gegenüber der Drittbeklagten Gewährleistungsansprüche erheben. Diese sind begrundet, weil nach den Feststellungen der Untergerichte die Kaminaufsätze wesentliche Mängel aufwiesen, die das Werk unbrauchbar machten. Die Klägerin kann daher von der Beklagten nach deren fehlgeschlagenen Verbesserungsversuchen den Verbesserungsaufwand ersetzt verlangen (SZ. XXV 277).
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