OGH 8Ob128/12z

OGH8Ob128/12z27.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** H*****, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, gegen die beklagte Partei R***** N*****, vertreten durch Maga. Dagmar Hoppstädter, Rechtsanwältin in Weißkirchen, wegen Wiederherstellung und Unterlassung (Streitwert 6.000 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. März 2012, GZ 35 R 11/12h-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Traun vom 15. Dezember 2011, GZ 2 C 364/11v-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte ist Eigentümerin einer Liegenschaft mit Wohnhaus samt Garten. Der Klägerin steht aufgrund des Übergabsvertrags vom 18. 8. 1995 das Recht der uneingeschränkten Bewohnung und Benützung der im Erdgeschoß des Hauses gelegenen Wohnung, bestehend aus Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad, WC und Vorraum sowie der Waschküche im Anbau, mit dem Recht des freien und ungehinderten Zu- und Abgangs zu diesen Räumlichkeiten für sie selbst und die von ihr bestimmten dritten Personen zu. Die Klägerin ist auch zur Mitbenützung der Nebenräume, wie Stiegenhaus, Keller und Dachboden, soweit für die Ausübung ihres Wohn- und Benützungsrechts erforderlich, sowie zur freien Gartenmitbenützung berechtigt. Die Beklagte bewohnt mit ihrer Familie die im ersten Stock gelegenen Räume.

Die Klägerin kann den Garten auf zwei Wegen ungehindert betreten und benützen. Nur durch ihre Waschküchentür kann sie nicht in den Garten gelangen, weil sie den Schlüssel verloren hat.

Eine Benützungsvereinbarung für die beiden vor dem Haus befindlichen Pkw-Abstellplätze wurde zwischen den Streitteilen nie getroffen.

Bis 20. 9. 2011 hielt die Beklagte den alten Hauptsicherungskasten versperrt, in dem sich drei Nachzählersicherungen für den Keller und die Waschküche der Beklagten befinden. Der Sicherungskasten, in dem sich die Stromzähler und die Sicherungen für die Wohnung der Klägerin befinden, war nie versperrt.

Das Erstgericht wies das auf Einräumung des ungehinderten Gartenzugangs durch die Waschküchentür, ungehinderten Zugang zu dem im Erdgeschoß befindlichen Sicherungskasten und Unterlassung künftiger Störungen, sowie Duldung der Benützung eines der beiden Kfz-Abstellplätze vor dem Haus, gerichtete Klagebegehren ab. Das Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin sei eng auszulegen und umfasse zwar den ungehinderten Zugang zum Garten, aber nicht mehrere Zugänge. Es berechtige sie auch nicht zur Benützung eines Kfz-Abstellplatzes. Das Schloss am alten Sicherungskasten sei von der Beklagten schon einen Tag nach der erstmaligen Aufforderung durch die Klägerin entfernt worden.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin in der Hauptsache keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und bestätigte auch dessen Rechtsausführungen. Über Antrag der Revisionswerberin erklärte es nachträglich die ordentliche Revision für zulässig, weil die kurze Begründung seiner Entscheidung möglicherweise einen Verfahrensmangel begründen könnte.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch zeigt die von der Beklagten beantwortete Revision keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf und ist daher unzulässig.

Nach § 500a ZPO kann sich das Berufungsgericht, wenn es die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend erachtet, unter Hinweis auf deren Richtigkeit mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung begnügen. Ob den Anforderungen des § 500a ZPO genügt wurde, ist eine Frage des Einzelfalls, die vom Obersten Gerichtshof nur bei einer - hier nicht vorliegenden - grob fehlerhaften Anwendung der dem Berufungsgericht eingeräumten Möglichkeit der Begründungserleichterung aufgegriffen werden könnte.

Ob nach den besonderen Umständen des jeweiligen Falls Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, hat grundsätzlich keine „erhebliche Bedeutung“ im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0031891). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin überhaupt den jederzeitigen Zugang zu Messgeräten umfasst, die nur allgemeine Teile des Hauses betreffen, wie die Vorinstanzen angenommen haben. Den Revisionsausführungen ist jedenfalls entgegenzuhalten, dass die Beklagte der Aufforderung der Klägerin, auch den ihre Wohnung gar nicht betreffenden „alten“ Zählerkasten zugänglich zu machen, sofort nachgekommen ist. Die eine Wiederholungsgefahr verneinende rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist unter diesen Umständen keineswegs korrekturbedürftig.

Die Ermittlung des genauen Umfangs des der Klägerin eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechts ist eine Frage der Vertragsauslegung, die als solche regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängt (RIS-Justiz RS0044358; RS0044298; RS0112106 ua). Was den Zugang zum Garten anlangt, übersieht die Revision, dass der Klägerin noch nicht einmal der Nachweis einer Störung ihres vermeintlichen Rechts durch die Beklagte gelungen ist, weil sie ohnedies über einen Waschküchenschlüssel verfügt hat. Den Verlust dieses Schlüssels muss sie sich selbst zurechnen.

Für die Annahme einer verbindlichen Vereinbarung über das Parken auf dem Grundstück der Beklagten fehlt es bereits an einem schlüssigen Vorbringen der Klägerin. Inwiefern eine fallweise Duldung bereits einen durchsetzbaren Anspruch gegen die Eigentümerin verschaffen sollte, vermag die Revision nicht nachvollziehbar zu begründen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte