OGH 8Ob126/14h

OGH8Ob126/14h25.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn, sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. G* T* und 2. E* T*, beide: *, beide vertreten durch Eckert Fries Prokopp Rechtsanwälte GmbH in Baden, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Parteien 1. M* F* und 2. Dr. H* F*, beide: *, beide vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M* K* und 2. K* K*, beide: *, sowie 3. M* K*, alle vertreten durch Gruböck & Lentschig Rechtsanwälte OG in Baden, wegen Abgabe von Willenserklärungen (Streitwert: 14.825,25 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2014, GZ 11 R 63/14m‑41, mit dem über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 31. Jänner 2014, GZ 24 Cg 21/12x‑37, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:E111658

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung des (Mehr‑)Begehrens, dass die im Klagebegehren geforderten Maßnahmen auf Kosten der beklagten Parteien zu erfolgen habe, unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Kläger sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ * GB *, bestehend aus dem Grundstück 724/22, Baufläche. Die Beklagten sind zu je einem Drittel die Eigentümer der Liegenschaft EZ *, GB *, bestehend aus dem Grundstück 724/1, Baufläche/Gewässer. Bei dem Gewässer handelt es sich um den sogenannten „L*teich“.

Das Grundstück 724/22 ist im Grundbuch mit einer Fläche von insgesamt 517 m², davon entfallend 40 m² auf Baufläche (Gebäude) und 477 m² auf Baufläche (begrünt), ausgewiesen.

Im Katasterplan weist das Grundstück 724/22 einen im Wesentlichen rechteckigen Schnitt auf, der „zwischen der Straße 'Am L*teich' und dem Teich selbst“ verläuft. Das Seitenverhältnis beträgt laut Kataster etwa 1 : 2.

Das Grundstück 724/22 weist eine Breite an der Straße von rund 16 m auf. Es verläuft über eine Strecke von rund 24 m zunächst eben und fällt dann über eine rund 1,5 m hohe Böschung auf einen unteren Teil des Grundstücks ab. In einer Entfernung von 32 m zur Straßenbegrenzung wäre eine Fläche von 517 m² erreicht. Das Grundstück verläuft dann noch weitere 13 m zum Teich hin. Eine auffällige Geländeformation gibt es in der vorher beschriebenen Entfernung von 32 m zur Straße hin nicht. Zur Zeit schließt im Bereich des Grundstücks 724/22 über die Katastergrenze hinausgehend ein etwa 230 m² großer, bogenförmig zum Teich hin abgegrenzter, zum Teil auch noch auf die Nachbargrundstücke reichender, fester, zum Teil mit Bäumen bewachsener Bereich an. Die Uferlinie dieses Bereiches ist etwa die Hälfte der im Kataster ausgewiesenen Tiefe des Grundstücks von der teichseitigen Katastergrundstücksgrenze entfernt. Einem ungeübten Laien ist es zwar nicht möglich, aufgrund der Sicht von der Straßenbegrenzung bis zum Ufer die konkrete Fläche festzustellen. Er kann jedoch feststellen, dass das Grundstück die anzunehmende Tiefe um nicht ganz die Hälfte überschreitet und nicht gerade, sondern bogenförmig zum Teich hin begrenzt ist.

Beide Liegenschaften standen ursprünglich im Eigentum von V* L*. Diese schritt nach Parzellierung und Verkauf anderer Grundstücke rund um den Teich dazu, ua auch das Grundstück 724/22 zu parzellieren und zu verkaufen. Dazu beauftragte sie DI R* G* mit der Errichtung eines Teilungsplans. Dieser Teilungsplan enthält zwar auch eine „Naturaufnahme“ im Maßstab 1 : 500, stellt jedoch lediglich einen Anschluss an die bereits vorhandene Kotierung der Grundstücke 724/21 und 724/18 dar. In diesem Teilungsplan ist das Grundstück 724/22 mit einer Fläche von 517 m² ausgewiesen. Tatsächlich stellte sich das Grundstück 724/22 in der Natur aber ‑ infolge des Verlaufs der Uferlinie an dieser Stelle ‑ größer dar. Daran wurde auch durch die Ausgrabungs‑ und Aufschüttungsarbeiten in den später abverkauften Grundstücken, die rechts an das Grundstück 724/22 grenzten, nichts geändert. Der tatsächliche Verlauf der Uferlinie spiegelt sich jedoch im Teilungsplan nicht wieder. Das Grundstück 724/22 wurde in der Folge anhand dieses Teilungsplans gebildet.

Am 22. 7. 1968 verkaufte V* L* das ‑ zuvor von diesen gepachtete ‑ Grundstück 724/22 an die Nebenintervenienten um 65.000 ATS (unter Anrechnung der Pachtbeträge von 35.000 ATS). „Der Kaufvertragseinigung zwischen V* L* und den Nebenintervenienten lagen sowohl das Grundstück in der Natur zugrunde, als auch die im Kaufvertrag ausgewiesene Fläche von 517 m².“ Im Kaufvertrag war ua die Bestimmung enthalten, dass die Käufer und deren Rechtsnachfolger berechtigt seien, den an das Grundstück anschließenden Teich immerwährend und unentgeltlich zum Baden und Boot fahren zu benützen, nicht jedoch zum Befahren mit Motorbooten. Dass den Nebenintervenienten bei Einigung über den Kaufvertrag und dessen Unterfertigung auch der Teilungsplan bekannt war, steht nicht fest.

Aufschüttungen in Richtung des Sees gab es auf dem Grundstück 724/22 nach Erwerb des Grundstücks durch die Nebenintervenienten im Jahr 1968 nicht.

Die Nebenintervenienten verkauften das Grundstück 724/22 mit Kaufvertrag vom 7. 5. 2004 an die Kläger.

Das Eigentum am Grundstück 724/1 ging im Erbweg von V* L* über H* H* auf die Beklagten über.

Die Kläger begehren die Einwilligung der Beklagten zur ungeteilten Hand in folgende Rechtshandlungen:

a) Vermessung der Grundstücke 724/1 und 724/22 durch einen befugten Geometer und auf Kosten der Beklagten (entsprechend der vorhandenen Zäune an drei Seiten und der Wasser- bzw Uferlinie zwischen Land und Wasserfläche des Teichs sowie entsprechend des in der Natur gegebenen Grenz- und Uferverlaufs zwischen den beiden Grundstücken) und Einholung der dafür erforderlichen Genehmigungen auf Kosten der Beklagten;

b) Erstellung eines Teilungsplans auf Kosten der Beklagten über den gemäß Punkt a) ermittelten Grenz‑ und Uferverlauf des Grundstücks 724/22 und des Trennstücks des Grundstücks 724/1, das sich aus der Vermessung ergibt;

c) Einverleibung des Eigentumsrechts der Kläger an der sich gemäß den Punkten a) und b) ergebenden Teilfläche des Grundstücks 724/1 durch Abschreibung dieser Teilfläche des Grundstücks 724/1 vom Gutsbestand der Liegenschaft der Beklagten und durch deren Zuschreibung zum Gutsbestand der den Klägern gehörenden Liegenschaft unter Einbeziehung der Teilfläche in das Grundstück 724/22 sowie durch Übertragung des Ergebnisses der Vermessung in den Grenzkataster.

Die Kläger stützten diese Ansprüche auf Ersitzung: Das Grundstück 724/22 sei bereits vor mehr als vierzig Jahren durch die Errichtung eines Wasserablaufs und die damit verbundene Senkung des Wasserspiegels in natura um etwa 200 m² verlandet und damit größer geworden. Die durch die Landzunge gebildete Uferlinie im Bereich des Grundstücks der Kläger habe sich bereits zu Beginn der 1960er Jahre so dargestellt wie heute, es habe keine eigenmächtigen Aufschüttungen durch die Nebenintervenienten gegeben. Auch zu einem späteren Zeitpunkt hätten weder die Kläger noch die Nebenintervenienten eigenmächtige Aufschüttungen durchgeführt. Seit der Verlandung hätten die Kläger und ihre Voreigentümer, die Nebenintervenienten, am gesamten Grundstück, daher auch an der verlandeten Fläche echten und redlichen Besitz ausgeübt und Eigentum an der verlandeten Fläche durch Ersitzung erworben.

Darüber hinaus machten die Kläger auch Eigentumserwerb an der verlandeten Fläche durch Kaufvertrag geltend: Der Eigentumserwerb der Kläger und der Nebenintervenienten sei immer auf das in der Natur abgegrenzte Grundstück gerichtet gewesen, so wie es sich begrenzt durch Straße, zwei Zäune und die Uferlinie ergeben habe. Die Nebenintervenienten hätten daher ein Eigentumsrecht an die Kläger veräußert. Dafür, dass der Erwerbswille der Nebenintervenienten auch den etwa 200 bis 250 m² großen, unmittelbar an den L*teich anschließenden Uferbereich umfasst habe, spreche auch, dass mit dem Grundstück das Recht zur immerwährenden und unentgeltlichen Nutzung des Teichs zum Baden und Bootfahren verbunden gewesen sei. Die Beklagten seien als Gesamtrechtsnachfolger der Verkäuferin aus dem Kaufvertrag gegenüber den Klägern verpflichtet, ihnen die Liegenschaft auf ihre Kosten zur Gänze zu übertragen.

Hilfsweise erhoben die Kläger das Begehren, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Fruchtgenussrechts hinsichtlich des Grundstücks 724/1 für das Grundstück 724/22 einzuwilligen, wobei die Ausübung des Fruchtgenusses auf jenen Teil des Grundstücks 724/1 im Ausmaß von etwa 52 m² (ON 28, S 5) beschränkt sei, der unmittelbar vor dem Grundstück 724/22 liege, wie er sich aus Beil./5 ergebe. Sie brachten dazu vor, dass der ersitzende Benützer, wenn er schon nicht Eigentümer sei, zumindest eine Dienstbarkeit habe ausüben wollen, sodass zumindest die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit anzunehmen sei.

Die Nebenintervenienten auf Seiten der Kläger brachten im Wesentlichen ebenfalls vor, dass sie gutgläubig Eigentum erworben und die Ersitzung Ende 1998 abgeschlossen hätten. Bei Kauf des Grundstücks durch sie habe sich das Grundstück in der Natur im jetzigen Zustand befunden. Der Kaufvertrag sei verloren gegangen, habe aber genauso gelautet, wie alle anderen Verträge ab 1965. Ein Vermessungs‑ oder Teilungsplan sei den Nebenintervenienten unbekannt. Der zwischen den Nebenintervenienten und V* L* geschlossene Kaufvertrag habe das gesamte Grundstück, wie es sich in der Natur präsentierte, umfasst. Das Abweichen der Quadratmeterzahl sei dem Zweitnebenintervenienten als Arzt nicht aufgefallen, er habe auch keinen juristischen Rat eingeholt. Tatsächlich sei eine Kaufeinigung über das Grundstück im Ausmaß von insgesamt rund 730 m² bis zum Seeufer zustande gekommen. Die Nebenintervenienten hätten das Grundstück so gekauft, wie sie es in natura zuvor gepachtet gehabt hätten und wie es ihnen vom Beauftragten der Verkäuferin gezeigt worden sei: Begrenzt zur Straße hin durch einen Zaun mit Tor, links und rechts Zaun, und zum See hin durch die Uferlinie. Die Nutzung des an den Teich unmittelbar angrenzenden Grundstücksteils sei nie bemängelt worden.

Die Beklagten wandten dagegen ein, dass die Nebenintervenienten eigenmächtig Aufschüttungen durchgeführt hätten, um ihre Grundflächen zu erweitern und den Zugang zum See zu vereinfachen. Die natürliche Grenze zum Ufer des Sees hin sei nicht zu übersehen. Guter Glaube liege nicht vor, da für die Nebenintervenienten erkennbar gewesen sei, dass der von ihnen behauptete Landgewinn zu Lasten der Eigentümer des Teichgrundstücks gegangen sei. Allenfalls liege eine schlüssige Bittleihe vor, auf Grund derer eine Ersitzung nicht erfolgen könne, da hiedurch der Besitz unecht werde.

Obwohl der ursprüngliche Kaufvertrag verlorengegangen sei, beziehe sich die Aufsandungserklärung darauf, dass mit diesem Kaufvertrag das Grundstück 724/22 erworben worden sei. Die Bildung dieses Grundstücks setze einen Teilungsplan notwendigerweise voraus. Die grundbücherliche Eintragung setze darüber hinaus die vermessungs‑ und baubehördliche Bewilligung dieses Teilungsplans voraus. Im Teilungsplan sei die Grundstücksfläche ausdrücklich ausgewiesen. Diese sei daher Grundlage des Vertragswillens der ehemaligen Vertragsparteien gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang statt. Die Nebenintervenienten hätten im Anlassfall ein „Teichgrundstück“ erworben. Dies ergebe sich konkludent aus dem ihnen vertraglich eingeräumten Recht, den Teich zum Baden und Bootfahren zu nutzen. Damit hätten sie einen vertraglichen Anspruch gegen die damalige Verkäuferin und die Beklagten als deren Gesamtrechtsnachfolger auf Einverleibung ihres Eigentums an dem in den See hinausreichenden Grundstücksteil erworben. Daran könne das im ‑ nicht von den Nebenintervenienten aufgesetzten ‑ Kaufvertrag angeführte geringere Flächen-ausmaß nichts ändern. Die Zahl der Quadratmeter besage nichts über den Grenzverlauf des Grundstücks, ihre Angabe führe daher auch nicht ohne Weiteres zu einer anderen Definition des Kaufgegenstands und ebenso wenig zur Annahme eines Dissenses der Parteien über das Kaufobjekt. Der Käufer sei nicht verpflichtet, ein in der Natur ersichtlich abgegrenztes Grundstück nachzumessen und das Ergebnis auf seine Übereinstimmung mit dem im Kaufvertrag angegebenen oder dem sich etwa aus der Grundbuchsmappe ergebenden Liegenschaftsumfang zu überprüfen. Dass für die Nebenintervenienten allenfalls nachträglich erkennbar geworden sei, dass das im Kaufvertrag angeführte Flächenausmaß nicht mit den Naturgrenzen übereinstimmt, bewirke weder den Wegfall noch die Ungültigkeit ihres Erwerbstitels oder die Unredlichkeit ihres Sachbesitzes. Die Beklagten seien aufgrund der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet, die begehrten Rechtshandlungen auf ihre Kosten durchzuführen.

Das Berufungsgericht gab der von den Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung teilweise Folge. Es änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es dem oben wiedergegebenen Klagebegehren auf Vermessung der Grundstücke, Erstellung eines Teilungsplans und Einverleibung des Eigentumsrechts stattgab, jedoch das Mehrbegehren, dass alle diese Rechtshandlungen auf Kosten der Beklagten zu erfolgen hätten, abwies. Im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens erwuchs die Entscheidung des Berufungsgerichts unangefochten in Rechtskraft.

Es sei zwar grundsätzlich möglich, den Liegenschaftskäufern die Ausübung des ihnen im Kaufvertrag eingeräumten Benützungsrechts am Teich auch auf andere Weise als durch die Übereignung des Grundstücks bis zur Wasserlinie (Uferlinie) zu ermöglichen. Im konkreten Fall sei es aber gerade die Einräumung eines uneingeschränkten Nutzungsrechts am Teich ohne ausdrückliche Gestattung eines anderweitigen Zugangs auf fremdem Grund, die nach redlicher Verhaltensauffassung annehmen lasse, dass beide Vertragsseiten die Vorstellung hegten, dass das verkaufte und erworbene Grundstück bis zum Teichufer reichte. Eine dem Teilungsplan entsprechende, vor der Uferlinie liegende Grenze des Grundstücks ‑ eine Böschung ‑ finde sich in der Natur nicht. Ein Hinweis auf den Teilungsplan habe sich im Kaufvertrag der Nebenintervenienten nicht befunden. Mangels Bezugnahme auf eine anderslautende Urkunde richte sich der Anspruch der Kläger und deren Rechtsvorgänger auf Erwerb des Eigentums nach den tatsächlichen Grundstücksgrenzen, woran weder die Bezeichnung des Grundstücks als „Acker“ seinerzeit im Gutsbestandsblatt der Grundbuchseinlage noch das im Vertrag angeführte, von den Gegebenheiten in der Natur abweichende Flächenausmaß etwas ändern habe können. In eben dieser Form hätten schon die Nebenintervenienten die Liegenschaft in ihren jahrelang ungestörten Sachbesitz genommen. Nach Ablauf der dreißigjährigen Ersitzungsfrist, also im Jahr 1998, hätten diese daher das Eigentum an der in Rede stehenden Teilfläche ersessen. Die Nebenintervenienten hätten dieses ohne Erforderlichkeit einer grundbücherlichen Eintragung den Klägern weitervermitteln können. Die Kläger hätten im Übrigen gegen die Beklagten aufgrund der geschlossenen Erwerbskette auch ohne Ersitzung vorgehen können. Hingegen könnten die Kläger nicht die Übernahme oder Erstattung der Kosten für die begehrten Rechtshandlungen begehren, weil sie diesen Anspruch nicht auf eine vertragliche Vereinbarung stützen könnten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht anstreben.

Die Kläger und die Nebenintervenienten beantragen in den von ihnen erstatteten Revisionsbeantwortungen die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts zulässig, sie ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1 Das Berufungsgericht geht davon aus, dass schon die Nebenintervenienten das Eigentum an der hier strittigen Fläche des Uferstreifens zwischen dem Grundstück 724/22 und der Teichliegenschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch Ersitzung im Jahr 1998 erworben haben; überdies vertritt es die Auffassung, dass die Nebenintervenienten aufgrund der geschlossenen Erwerbskette auch ohne Ersitzung gegen die Beklagten hätten vorgehen können. Beides kann jedoch aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden.

1.2 Die Kläger erwarben das Grundstück 724/22 mit Kaufvertrag vom 30. 4./7. 5. 2004 von den Nebenintervenienten, in dem unstrittig die Größe des Grundstücks 724/22 mit 517 m² angegeben ist. Die Kläger leiten ihren Anspruch auf Erwerb des Eigentums auch am rund 213 m² großen Uferstreifen von den Nebenintervenienten als ihren Rechtsvorgängern ab. Damit bedarf es der Erörterung des zwischen den Nebenintervenienten und der früheren Eigentümerin im Jahr 1968 abgeschlossenen (verloren gegangenen) Kaufvertrags über das Grundstück.

1.3 Im Anlassfall haben die Parteien nicht behauptet, dass das Grundstück 724/22 bereits in den Grenzkataster iSd §§ 8 ff VermG 1968, BGBl 1968/306, eingetragen ist. Dies ergibt sich überdies auch aus dem Klagebegehren.

Für den Umfang des Eigentumserwerbs an Grundstücken im rechtsgeschäftlichen Verkehr ist nicht die Grundbuchsmappe, sondern der Umfang, in dem das Grundstück nach dem Willen der Parteien übertragen werden sollte, entscheidend (RIS‑Justiz RS0011236). Dieser lässt sich nach den bisher getroffenen Feststellungen jedoch nicht abschließend beurteilen:

1.4 Die Feststellung des Erstgerichts, dass der Kaufvertragseinigung zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten „das Grundstück in der Natur“ zugrundelag, steht mit seiner weiteren Feststellung, dass der Kaufvertragseinigung „die im Kaufvertrag ausgewiesene Fläche von 517 m²“ zugrundelag, in unauflösbarem Widerspruch. Denn der Wille der Nebenintervenienten konnte nicht gleichzeitig auf den Erwerb der „im Kaufvertrag ausgewiesenen Fläche von 517 m²“, aber auch auf den Erwerb des Grundstücks in der Natur gerichtet sein, das ‑ wie festgestellt ‑ auch für einen ungeübten Laien erkennbar wesentlich größer ist, zumal es auch den mit rund 213 m² noch einmal etwa halb so großen Uferstreifen umfasst und daher insgesamt 730 m² groß ist. Damit fehlt es aber im Anlassfall überhaupt an einer verwertbaren Feststellung, aus der sich im konkreten Fall der Inhalt des im Jahr 1968 abgeschlossenen Kaufvertrags ergibt.

Das Fehlen solcher Feststellungen kann nicht durch die Ausführungen des Berufungsgerichts ersetzt werden, mit denen es aus der Einräumung eines uneingeschränkten Nutzungsrechts am Teich ohne Gestattung eines anderweitigen Zugangs auf fremdem Grund den Schluss zieht, dass beide Vertragsseiten „die Vorstellung hegten, dass das verkaufte und erworbene Grundstück bis zum Teichufer reichte“. Abgesehen davon, dass diese Überlegung (wie das Berufungsgericht selbst erkennt) nicht zwingend ist, geht damit das Berufungsgericht in Wahrheit ohne Beweiswiederholung von den erstgerichtlichen Feststellungen ab, aus denen eine derartige übereinstimmende Vorstellung der Parteien im vom Berufungsgericht angenommenen Sinn ‑ wie eben gezeigt ‑ gerade nicht ableitbar ist.

1.5 Widersprüchliche Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen, sind Feststellungsmängel, die grundsätzlich eine erhebliche Rechtsfrage begründen (RIS‑Justiz RS0042744) und zur Aufhebung in die erste Instanz führen müssen (4 Ob 55/14p). Ein solcher Fall liegt hier aus den dargestellten Gründen vor. Im fortzusetzenden Verfahren werden widerspruchsfreie Feststellungen über den Willen der Parteien des Kaufvertrags von 1968 zu treffen sein, die beurteilen lassen, in welchem Umfang die Vertragsparteien an der hier in Rede stehenden Liegenschaft Eigentum übertragen und erwerben wollten. Die Nebenintervenienten haben vorgebracht, dass sie ein „Teichgrundstück“ in dem Umfang erwerben wollten, in dem sie es zuvor gepachtet hatten. Es fehlen aber auch Feststellungen zu den Abmachungen der Rechtsvorgänger der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung überdies zutreffend, dass auch Feststellungen darüber fehlen, in welchem Umfang die Kläger ihrerseits das Grundstück von den Nebenintervenienten erwerben und diese es an die Kläger veräußern wollten, wobei auch hier auf den Inhalt des schriftlichen Kaufvertrags Bedacht zu nehmen sein wird.

2. Aber auch der vom Berufungsgericht erkennbar primär angenommene Eigentumserwerb der Nebenintervenienten durch Ersitzung des hier strittigen Uferstreifens im Jahr 1998 kann nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Denn das Erstgericht hat sich ‑ ausgehend von seiner Rechtsansicht, dass die Kläger das Eigentum am hier strittigen Uferstreifen derivativ erworben haben ‑ mit der Frage der Ersitzung inhaltlich gar nicht auseinandergesetzt und daher auch keine Feststellungen über die Ersitzungsvoraussetzungen getroffen. Die Kläger sind für die Ersitzungsvoraussetzungen beweispflichtig; daher auch dafür, dass durch ihre Besitzausübung und der ihrer Rechtsvorgänger die volle Zugehörigkeit des Rechts derart sichtbar zum Ausdruck gebracht wurde, dass sie eine Besitzausübung durch Dritte ausschloss (9 Ob 26/00i mwH).

3. Die Revision erweist sich daher im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags zur Schaffung der erforderlichen Tatsachengrundlage als berechtigt. Ob das Erstgericht dafür die Ergänzung des Verfahrens für erforderlich hält, bleibt seiner Beurteilung überlassen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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