OGH 8Ob117/09b

OGH8Ob117/09b22.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Elfriede F*****, vertreten durch Dr. Birgit Riel-Katschthaler, Rechtsanwältin in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Erich F*****, vertreten durch Mag. Hans-Peter Pflügl und Mag. Stefan Hutecek, Rechtsanwälte in Herzogenburg, wegen Unterhalt, über den „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 29. Juni 2009, GZ 2 R 81/09p-20, mit dem infolge Rekurses der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 16. März 2009, GZ 7 C 81/08g-13, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit 336,82 EUR (darin enthalten 56,14 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin und gefährdete Partei (im Folgenden: Klägerin) und der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden: Beklagter) sind seit 1979 verheiratet. Der Beklagte hat ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 1.066 EUR. Die Klägerin bezog ab Dezember 2008 Sozialhilfe in Höhe von 662 EUR.

Mitte Oktober 2008 zog der Beklagte aus der ehelichen Wohnung aus und lebt nunmehr bei seiner Freundin.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage einen monatlichen Unterhalt von 402,35 EUR sowie einen rückständigen Unterhalt von 972,72 EUR. Gleichzeitig begehrte sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ebenfalls in Höhe von monatlich 402,35 EUR.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage sowie des Antrags auf Erlassung der einstweiligen Verfügung und verwies darauf, dass er finanziell nicht in der Lage sei, einen entsprechenden Unterhaltsbetrag zu leisten. Er habe nur ein geringes Einkommen und einen Kredit zurückzuzahlen.

Das Erstgericht gab dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Ausmaß von 352 EUR statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren von 50,35 EUR rechtskräftig ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass im Hinblick auf die im maßgeblichen Landesgesetz vorgesehene Legalzession hinsichtlich des Sozialhilfeanspruchs dieser auf den Unterhaltsanspruch nicht anzurechnen sei. Dieser Unterhaltsanspruch errechne sich ausgehend vom Einkommen des Klägers unter Anwendung eines Prozentsatzes von 33 % mit 352 EUR.

Das Rekursgericht gab dem gegen den antragsstattgebenden Teil des Rekurses erhobenen Rekurs des Beklagten teilweise Folge; es bestätigte den Zuspruch von 261 EUR, hob jedoch im darüber hinausgehenden Betrag von 91 EUR die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurück.

Das Rekursgericht ging im Wesentlichen von einem Verfahrensmangel des erstgerichtlichen Verfahrens aus, da das Erstgericht seine Anleitungspflicht verletzt habe. Nach ständiger Rechtsprechung seien bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche nach § 94 ABGB auch Aufwendungen für Schuldtilgungen von Krediten abzugsfähig, soweit diese unter anderem für Investitionen aufgenommen worden seien, die auch dem Unterhaltsberechtigten dienten und nicht unangemessen hoch seien. Der Beklagte habe hiezu ausgeführt, dass er mit Zustimmung der Klägerin zur allgemeinen Lebensführung einen Kredit aufgenommen habe, diesen letztlich habe umschulden müssen und nunmehr monatliche Kreditraten in Höhe von 274,64 EUR zu leisten habe. Bereits im erstgerichtlichen Verfahren habe er sich auf diesen Kredit gestützt und auch entsprechende Urkunden vorgelegt. Es wäre daher zu erörtern gewesen, ob und in welcher Form die Schuldtilgungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sind. Insoweit sei das Verfahren des Erstgerichts mangelhaft und im von der behaupteten Kreditrückzahlung betroffenen Ausmaß von 91 EUR aufzuheben, im Übrigen jedoch die Entscheidung des Erstgerichts zu bestätigen.

Abschließend „bemerkte" das Rekursgericht auch, dass für das Existenzminimum von Unterhaltspflichtigen entsprechende Tabellen nach der Existenzminimumverordnung bestehen, und zwar jeweils unterschiedlich für betriebene Unterhaltsansprüche und für andere Ansprüche. Die Differenz diene der Befriedigung von Unterhaltsansprüchen. Der Oberste Gerichtshof habe im Zusammenhang mit Zahlungsplänen ausgeführt, dass die rasche Wiederherstellung der vollen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners auch im Interesse des Unterhaltsberechtigten liege. Es sei auch festgehalten worden, dass nach Abzug von Zahlungsplanraten dem Unterhaltsberechtigten jedenfalls ein Unterhalt in der Höhe zustehen müsse, wie er sich aus der sogenannten Differenzmethode ergebe. Der Abzug von Kreditraten sei dem Abzug von Zahlungsplanraten vergleichbar. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse zwischen den Ehegatten könne es aber jedenfalls nicht zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche allein nach dem Willen des Beklagten kommen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 138/08b zeige, dass eine abschließende Verfestigung der Rechtsprechung selbst zu Zahlungsplanraten noch nicht vorliege. Auch auf die vorliegende Konstellation sei, soweit überblickbar, noch nicht eingegangen worden. Gegebenenfalls müsse auch erst erörtert werden, in welchem Verhältnis bzw welcher Höhe sich der Unterhaltsberechtigte an der Rückzahlung zu beteiligen habe.

Bloß gegen den aufhebenden Teil des Beschlusses richtet sich der „Revisionsrekurs" der Klägerin mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Beklagte beantragt, den „Revisionsrekurs" mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen; hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht in seinem Spruch nur den „Revisionsrekurs nach §§ 78, 402 EO, § 528 Abs 1 ZPO" für zulässig erklärte und nur in seiner Zulassungsbegründung (S 13 der Entscheidung) die Zulässigkeit eines weiteren Rechtszugs an den Obersten Gerichtshofs zusätzlich auch auf § 527 Abs 2 ZPO gestützt hat. Damit ist jedoch ausreichend klargestellt, dass es die Anrufung nicht nur bezüglich des bestätigenden, sondern auch hinsichtlich des aufhebenden Teils seiner Entscheidung zulassen wollte und damit auch dieser (von der Klägerin allein bekämpfte) Teil anfechtbar ist (RIS-Justiz RS0109580; RS0007219).

Der „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs - § 527 Abs 2 ZPO) ist mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO iVm §§ 402 Abs 4 und 78 EO ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig.

Die Klägerin moniert, dass das Rekursgericht zu Unrecht eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens wegen Verstoßes gegen die richterliche Anleitungspflicht angenommen, den erstgerichtlichen Beschluss insoweit aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen habe. Nähere Ausführungen dazu, warum diese Rechtsansicht des Rekursgerichts unzutreffend sein sollte, finden sich indes im Rechtsmittel nicht. Ein Verstoß gegen die richterliche Manuduktionspflicht (vgl allgemein zur Anleitungspflicht nach § 182 ZPO RIS-Justiz RS0037076; RS0108818 uva; im Exekutionsverfahren vgl auch RIS-Justiz RS0111111 oder RS0002650 mwN) kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hier werden aber weder allgemeine Rechtsfragen aufgezeigt noch wird dargestellt, warum die konkrete Beurteilung im Einzelfall eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung darstellen sollte. Insoweit vermag der Revisionsrekurs jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Hinsichtlich der Ausführungen der Rechtsmittelwerberin zur Anwendung der „Differenzmethode" ist eine Relevanz dieser (Rechts-)Frage schon hinsichtlich der (bloßen) „Bemerkungen" hiezu durch das Rekursgericht nicht ersichtlich. Beziehen sich doch sämtliche vom Rekursgericht herangezogenen Entscheidungen (1 Ob 252/06z, „3 Ob 49/07a" [richtig: 3 Ob 19/07a], 3 Ob 138/08b oder 7 Ob 289/05k) auf Berechnungsfragen im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren des jeweiligen Unterhaltsschuldners. Ein solches liegt aber hier nicht vor. Das Rekursgericht selbst vermag auch nicht schlüssig darzustellen, was die „Bemerkungen" zum Abschluss der Entscheidung für die Lösung des konkreten Falls beitragen könnten. Die vom Rekursgericht grundsätzlich zutreffend herangezogene Rechtsprechung, dass Aufwendungen bzw Schuldtilgungen von Krediten des Unterhaltspflichtigen für Investitionen, die zumindest auch den Zwecken des Unterhaltsberechtigten dienen bzw ihm zugutekommen und nicht von vorneherein unangepasst hoch sind, angemessen bei der Bildung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind (vgl in diesem Zusammenhang die stRsp RIS-Justiz RS0110549 mzwN, zuletzt 6 Ob 15/08m; RIS-Justiz RS0047479; RS0079451 jeweils mwN) wird letztlich weder vom Rekursgericht noch von der Rechtsmittelwerberin in Frage gestellt. Zur Erörterung und Feststellung, inwieweit dies hier in Betracht kommt, erfolgte ja auch die Zurückverweisung an das Erstgericht.

Insgesamt vermögen daher auch diese Ausführungen des Revisionsrekurses keine erhebliche Rechtsfrage darzustellen. Dementsprechend war dieser ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 402, 78 EO sowie §§ 50 und 41 ZPO (RIS-Justiz RS0123222 mwN); der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

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