OGH 8Ob11/06k

OGH8Ob11/06k23.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH KG I, vertreten durch Dr. Michael Kramer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Peter H*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 57 Cg 138/02h des Landesgerichtes Innsbruck (Streitwert EUR 58.138,27), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 28. November 2005, GZ 2 R 229/05a-5, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO stützt, müssen geeignet sein, eine günstigere Entscheidung über den Gegenstand des Vorprozesses herbeizuführen. Schon die Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses genügt, wobei es ausreicht, dass die neuen Tatsachen und Beweismittel geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen (8 ObA 18/05p; Kodek in Rechberger ZPO2 § 530 Rz 5 mwN ua). Ob diese Eignung gegeben ist, hängt wiederum von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0111744 mwN etwa 8 ObA 18/05p).

Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes, dass es den von der Klägerin „neu aufgefundenen" Einzahlungsbelegen betreffend eine mit dem Hauptverfahren in keinem Zusammenhang stehende Investition an der Eignung mangle, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen, hält sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung. Wurde doch weder vorgebracht noch der Beweiswürdigung im Hauptverfahren zugrunde gelegt, dass der Beklagte nur aus den im Hauptverfahren strittigen Zahlungen eine solche Investition hätte tätigen können. Vielmehr ist selbst aus dem Hauptverfahren ersichtlich, dass der Beklagte im zeitlichen Nahebereich mit den strittigen Zahlungen unstrittig große andere Zahlungen erhielt. Soweit die Klägerin ausführt, dass die Ansicht der Vorinstanzen, das die Klägerin gar kein substantiiertes Vorbringen für das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne des § 530 Abs 1 Z 3 ZPO erstattet habe, unzutreffend sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Auslegung des Prozessvorbringen im Einzelfall ebenfalls regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO darstellt, soweit die Auslegung nicht mit dem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl RIS-Justiz RS0042828 mwN). Genau das vermag die Klägerin hier aber nicht dazustellen. Ein Verweis auf Urkunden (Strafanzeige) kann nach ständiger Rechtsprechung ein entsprechendes Vorbringen nicht ersetzen (vgl RIS-Justiz RS0001252 mwN etwa 8 Ob 19/04h).

Soweit sich die Klägerin hinsichtlich der Frage der selbständigen Beurteilung des Vorbringens durch die Zivilgerichte unter dem Aspekt der in § 539 ZPO vorgesehenen Bindung an Entscheidungen der Strafgerichte auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 4. 6. 1996 zu 1 Ob 2038/96d bezieht, kann dies nicht nachvollzogen werden. Gerade in dieser Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof davon ausgegangen, dass es einer entsprechenden Konkretisierung eines geeigneten Vorbringens bedarf, um die Unterbrechungspflicht nach § 539 ZPO auszulösen; soweit diese Konkretisierung aber fehlt, hat eine selbständige Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage durch die Zivilgerichte nach § 538 ZPO zu erfolgen (vgl allgemein auch RIS-Justiz RS01111744 mwN; Jelinek in Fasching/Konecny IV 12 § 539 Rz 1 - „Ergänzung" der Zurückweisungsgründe).

Die Klägerin vermag es jedenfalls nicht, eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

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