European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00104.16A.0629.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss des unbekämpft gebliebenen klagsabweisenden Teils insgesamt zu lauten hat:
„ Die Klagsforderung besteht mit 79.695,84 EUR zu Recht und mit 2.671,56 EUR nicht zu Recht.
Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht bis zur Höhe der Klagsforderung nicht zu Recht.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 79.695,84 EUR samt Zinsen in der Höhe von 9,2 % über dem Basiszinssatz aus 116.499,68 EUR vom 22. 10. 2013 bis 9. 12. 2013, aus 55.242,40 EUR vom 31. 10. 2013 bis 9. 12. 2013, aus 12.401,60 EUR seit 21. 11. 2013, aus 29.142 EUR seit 29. 11. 2013, aus 20.388,90 EUR seit 6. 12. 2013, aus 16.744,70 EUR seit 13. 12. 2013 und aus 1.018,64 EUR seit 10. 12. 2013 zu bezahlen.
Das Mehrbegehren von 2.671,56 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 21.787 EUR (darin 8.786,73 EUR Barauslagen und 2.166,71 EUR USt) bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz zu bezahlen. “
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.320,02 EUR (darin 386,67 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin, eine in Italien ansässige Herstellerin von Strickmodewaren, belieferte die Beklagte, die in Österreich Bekleidungsgeschäfte betreibt, seit dem Jahr 2008 laufend mit Strickwaren. Der erste Kontakt der Streitteile erfolgte zwischen einem Einkaufsmitarbeiter der Beklagten und einem für die Klägerin tätigen Handelsagenten. Diese Personen besprachen per Telefon und E‑Mail die konkreten Waren, Preise und Zahlungsbedingungen, ferner dass Liefertermine fix einzuhalten seien. Der Einkaufsmitarbeiter der Beklagten verwies im Rahmen dieser Kommunikation auch allgemein auf die AGB (Einkaufsbedingungen) der beklagten Partei, diese wurden aber inhaltlich nicht besprochen und nicht schriftlich übermittelt. Die Verhandlungssprache zwischen den Vertretern der Streitteile war stets Deutsch, lediglich die Rechnungen wurden in Italienisch verfasst. Das erste Anschreiben der Beklagten an die Klägerin vom 24. 9. 2008 enthält unter anderem den Vermerk „AGB: es ist ausdrücklich die ausschließliche Gültigkeit unserer Einkaufsbedingungen vereinbart“. In den mit diesem Schreiben versandten Bestellscheinen hieß es ferner, dass „für alle Aufträge ausschließlich unsere Einkaufsbedingungen gelten“. Als Lieferkondition wurde „frei Haus“ vorgesehen, für die Zahlungsbedingungen „10 Tage nach Warenerhalt ‑5 %“ und Valuta mit „30 Tagen“. In der Regel übermittelte die Beklagte keine Auftragsbestätigungen, lediglich zu einer der Folgebestellungen im Jahre 2009 wurde eine firmenmäßig gezeichnete Auftragsbestätigung der Beklagten übermittelt. Eine Übersendung der AGB der Beklagten hat die Klägerin nie verlangt.
Bei den streitgegenständlichen Warenlieferungen in den Monaten September bis November 2013 kam es zu teilweise mehrwöchigen Verzögerungen, jedoch nahm die Beklagte die verspäteten Lieferungen an. Die Klägerin stellte für diesen Zeitraum sechs Rechnungen über insgesamt 251.212,10 EUR aus.
Unter Berufung auf Punkt 1.6 ihrer „Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Einkaufsbedingungen)“ (in der Folge: AGB) machte die Beklagte daraufhin mit als „Mängelrüge und Belastungsnote“ bezeichneten Schreiben unter Berufung auf ihre AGB Abzüge für Preisminderung, für (unstrittige) Minderlieferungen, (strittige) Qualitätsmängel sowie Skonto von den Rechnungssummen geltend und überwies der Beklagten am 9. 12. 2013 den Restbetrag von 170.451,41 EUR.
Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Differenzbetrags von 80.488,66 EUR zuzüglich 1.878,74 EUR an Mahn‑ und Inkassobürokosten. Die AGB der Beklagen seien nicht Vertragsinhalt geworden, die vereinbarte Skontofrist sei bereits abgelaufen gewesen.
Die Beklagte wandte ihre in den Belastungsnoten aufgeschlüsselten Abzugsposten im Verfahren als Gegenforderungen aufrechnungsweise ein. Die AGB der Beklagten seien von der Klägerin akzeptiert worden; darin sei die Anwendbarkeit des materiellen österreichischen Rechts unter Ausschluss des UN‑Kaufrechts bedungen worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es kam zu dem Ergebnis, dass die AGB der Beklagten zugrundezulegen und danach die Abzüge berechtigt gewesen seien.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin teilweise Folge. Es sprach aus, dass die Klagsforderung mit 81.574,58 EUR sA zu Recht, hingegen das Mehrbegehren von 792,82 EUR und die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehen.
Die Vertragsbeziehung der Streitteile unterliege dem sowohl von Italien als auch von Österreich ratifizierten UN‑Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG). Das UN-Kaufrecht sei daher grundsätzlich anzuwenden, sofern die Streitteile dies nicht gemäß Art 6 CISG wirksam ausgeschlossen hätten. Ob eine Ausschlussklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde, sei aber nicht nach nationalem Recht, sondern nach den Grundsätzen der Art 14 bis 24 CISG auszulegen. Die AGB der Beklagten mit der darin enthaltenen Ausschlussklausel wären nur zum Vertragsbestandteil geworden, wenn sie entweder übersendet oder anderweitig zugänglich gemacht worden wären, damit die Klägerin wenigstens die Möglichkeit gehabt hätte, ihren Inhalt kennenzulernen. Eine aktive Erkundigungsobliegenheit habe die Klägerin nicht getroffen. Mangels wirksamer Einbeziehung der AGB der Beklagten sei das CISG anzuwenden und seien Rechnungsabzüge, die auf die Geltung der AGB gestützt würden, ebensowenig berechtigt wie der lange nach Ablauf der 10‑tägigen Frist ab Warenerhalt beanspruchte Skontoabzug. Ausgenommen sei nur ein Teilbetrag von 792,82 EUR, dessen Abweisung in der Berufung inhaltlich nicht bekämpft wurde.
Nach Art 74 CISG sei die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Kosten angemessener außergerichtlicher Rechtsverfolgungsmaßnahmen zu ersetzen.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, nach welchen Regeln das Zustandekommen einer Ausschlussvereinbarung iSd Art 6 CISG zu beurteilen sei, sowie ob im Anwendungsbereich des CISG eine Kenntnisverschaffungsobliegenheit des Verwenders von AGB bestehe.
Die beklagte Partei strebt in ihrer Revision die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung an. Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den bereits vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig. Sie ist jedoch nur teilweise berechtigt.
1. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass das Zustandekommen und die Wirksamkeit eines Ausschlusses der Anwendung des CISG nach dessen Vertragsabschlussregeln in Art 14 ff zu beurteilen ist, entspricht den herrschenden Literaturstimmen, der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sowie der Rechtsprechung der Gerichte in anderen Mitgliedsstaaten des Abkommens (Schacherreiter, Gerichtsstand, Erfüllungsort, Rechtswahl und Ausschluss des UN‑Kaufrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AnwBl 2016, 75, 81; Hager, Zur Auslegung des UN-Kaufrechts – Grundsätze und Methoden, FS‑Huber [2006] 319, 327; Piltz, Internationales Kaufrecht2 Rn 2‑112; Saenger in Bamberger/Roth 3 Art 6 CISG Rn 2; Magnus in Staudinger [2013] Art 6 CISG Rn 11; Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht5 Rn 47; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer 6 Art 6 CISG Rn 13; Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer 6 vor Art 14–24 CISG Rn 14b; OGH 7 Ob 275/03x = RdW 2004/275 = JBl 2004/449 = ZfRV 2004, 110 = SZ 2003/175 OLG Oldenburg 20. 12. 2007, 8 U 138/07 IHR 2008, 112; OLG Frankfurt 24. 3. 2009, 5 U 214/05 IHR 2010, 250; LG Aachen 22. 6. 2010, 41 O 94/09 IHR 2011, 82; Rb Rotterdam 25. 2. 2009 Fresh‑Life International B.V. vs Cobana Fruchtring GmbH & CoKG CISG-online 1812; HG St. Gallen 15. 6. 2010 HG 2009.164 IHR 2011, 149).
Soweit der Anwendungsbereich des CISG eröffnet ist und das Übereinkommen für eine bestimmte Sachfrage eine Regelung enthält, verdrängt es das nationale Recht. Beim Ausschluss des UN-Kaufrechts handelt es sich um eine in Art 6 CISG ausdrücklich geregelte Bedingung seiner Anwendung. Insoweit kommt dem Abkommen daher der Anwendungsvorrang zu und setzt die Abwahl des CISG eine materielle Einigung der Parteien voraus, deren wirksames Zustandekommen autonom den Vertragsschlussregeln des Abkommens unterliegt (vgl Schacherreiter aaO AnwBl 2016, 75 [81]).
Einer in der Literatur vereinzelt vertretenen Differenzierung zwischen der Anwendung des CISG auf Auslegung, aber nicht Wirksamkeit der Abwahl (Huber, MünchKomm7 Art 6 CISG Rn 4 f) oder der Heranziehung eines gleichzeitig genannten nationalen Rechts (Siehr in Honsell² Art 6 CISG Rn 4) wird nicht gefolgt.
2. Maßgeblich für die Lösung der Frage, ob die Streitteile wirksam die Geltung des UN‑Kaufrechts abbedungen haben, ist daher, ob die AGB der Beklagten nach den Regelungen der Art 14 ff CISG in das Vertragsverhältnis einbezogen wurden.
Dies erfordert einerseits den für den Vertragspartner klar erkennbaren Willen des Verwenders der AGB, dass diese Bestandteil seines Angebots sein sollen und er nur unter diesen Bedingungen Geschäftsabschlüsse zu tätigen bereit ist. Eine ausdrückliche Vereinbarung ist dafür nicht zwingend notwendig, die Einbeziehung kann auch stillschweigend, schlüssig aus den Verhandlungen der Vertragsteile oder aus einer zwischen ihnen ergebenden Gepflogenheit entstehen (RIS‑Justiz RS0104921; RS0104924).
Nach den Feststellungen hat die Beklagte bereits in den Vorgesprächen zur Vertragsbeziehung „ganz allgemein“ auf ihre AGB hingewiesen und diese Erklärung im Begleitschreiben zum ersten Auftrag schriftlich bekräftigt. Der Klägerin musste unter diesen Umständen bewusst sein dass die Beklagte die Geschäfte grundsätzlich nur aufgrund ihrer eigenen AGB abschließen wollte.
Für den Bereich des CISG ist seit der Entscheidung des BGH 31. 10. 2001, VIII ZR 60/01, jedoch auch allgemein anerkannt, dass AGB nur dann in den Vertrag einbezogen werden, wenn der Text dem anderen Teil übersendet oder „anderweitig zugänglich gemacht“ wurde (vgl Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer 6 Art 14 CISG Rn 40 ff; Magnus in Staudinger [2013] Art 14 CISG Rn 41; Saenger in Bamberger/Roth³ Art 14 CISG Rn 7; Ventsch/Kluth, Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen des UN‑Kaufrechts, IHR 2003, 61, 65; Janssen, Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in internationale Kaufverträge und die Bedeutung der UNIDROIT‑ und der Lando‑Principles, IHR 2004, 194, 199; Piltz,Internationales Kaufrecht² Rn 3–84; tw abweichend Gruber, MüKomm7 Art 14 CISG Rn 29 f [Bereitstellung im Internet]; krit Schmidt-Kessel/Meyer, Allgemeine Geschäftsbedingungen und UN‑Kaufrecht, IHR 2008, 177, 178 f). Der BGH führte in der zitierten Entscheidung aus: „Zwar wird in vielen Fällen die Möglichkeit bestehen, Erkundigungen über den Inhalt der jeweiligen in bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzuholen. Hierdurch kann es jedoch zu Verzögerungen beim Geschäftsabschluss kommen, woran beide Vertragsteile kein Interesse haben können. Dem Klauselverwender ist es hingegen unschwer möglich, die – für ihn regelmäßig vorteilhaften – Allgemeinen Geschäftsbedingungen seinem Angebot beizufügen. Es widerspräche daher dem Grundsatz des guten Glaubens im internationalen Handel (Art 7 Abs 1 CISG) sowie der allgemeinen Kooperations- und Informationspflicht der Parteien, dem Vertragspartner eine Erkundigungsobliegenheit hinsichtlich der nicht übersandten Klauselwerke aufzuerlegen und ihm die Risiken und Nachteile nicht bekannter gegnerischer Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu überbürden (...).“
Dagegen vermag die Revision keine stichhaltigen Gegenargumente darzulegen. Nach Art 7 Abs 1 CISG sind bei der Auslegung dieses Übereinkommens sein internationaler Charakter und die Notwendigkeit zu berücksichtigen, seine einheitliche Anwendung und die Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel zu fördern. Damit sind die nationalen Rechtsanwender aufgefordert, sich bei der Auslegung des CISG des internationalen Charakters der Vorschriften bewusst zu sein und die Rechtsprechung anderer Staaten zu berücksichtigen (ua Posch in Schwimann/Kodek 4 IV Art 7 CISG Rz 6).
Wenn die Revisionswerberin meint, die Klägerin sei im Laufe der mehrjährigen Geschäftsbeziehung immer wieder auf Bestellscheinen und deren Deckblättern auf die Geltung der AGB der Beklagten unmissverständlich hingewiesen worden, weshalb es ihr zumutbar gewesen wäre, nach deren Text zu fragen, ist dies nicht überzeugend.
Es liegt im beiderseitigen Interesse und entspricht sowohl der Sorgfalt eines gewissenhaften Kaufmanns als auch Treu und Glauben im Geschäftsverkehr, sich gegenüber dem Geschäftspartner klar und präzise auszudrücken, um Missverständnisse zu vermeiden. Will ein Vertragsteil mit dem anderen nur unter Bedingungen kontrahieren, die in erheblichen Teilen vom dispositiven Recht abweichen, dann obliegt es ihm auch, diese Bedingungen konkret und in einer Weise zu nennen, die dem anderen Teil eine unmittelbare Kenntnisnahme ermöglicht. Es ist ohne Sinn und widerspräche dem Grundsatz des guten Glaubens im internationalen Handel (Art 7 CISG), den anderen Teil im Ungewissen zu lassen und die Klärung der Vertragsbedingungen davon abhängig zu machen, ob und wann der Adressat vielleicht eine Nachfrage unternimmt. Unter solchen Umständen sind spätere Streitigkeiten geradezu wahrscheinlich.
Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist auch nicht standardisiert. Der Adressat eines leeren Hinweises auf AGB, deren Inhalt ihm vorenthalten wird, muss darin nicht von vornherein wesentliche Abweichungen vom dispositiven Recht vermuten. Hinzu kommt, dass AGB von ihrem Verwender jederzeit abgeändert werden können. Nach der Rechtsansicht der Revisionswerberin hätte die Klägerin während der jahrelangen Geschäftsverbindung bei jeder einzelnen Teilbestellung nach dem jeweils aktuellen Stand der AGB eigens nachfragen müssen, um zu erfahren, worauf sie sich einlässt. Mit den Erfordernissen eines effizienten internationalen Warenverkehrs wäre eine solche Obliegenheit nicht vereinbar.
Das Erfordernis der hinreichenden Offenlegung von AGB resultiert insbesondere aus Art 19 Abs 1 bzw Abs 3 CISG. Danach ist eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, eine Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar. Ergänzungen oder Abweichungen, die sich insbesondere auf Preis, Bezahlung, Qualität und Menge der Ware, auf Ort und Zeit der Lieferung, auf den Umfang der Haftung der einen Partei gegenüber der anderen oder auf die Beilegung von Streitigkeiten beziehen, werden nach Art 19 Abs 3 CISG so angesehen, als änderten sie die Bedingungen des Angebots wesentlich.
Da sich aus einem leeren Hinweis auf nicht zugängliche AGB nicht erkennen lässt, ob der Besteller damit eine wesentliche Änderung der Bedingungen des Anbieters vorschlägt, kann diese Vorgangsweise im Regelungssystem des CISG nicht für eine wirksame Einbeziehung der AGB ausreichen.
Den auf die Geltung ihrer AGB gestützten Einwendungen der Beklagten ist das Berufungsgericht daher zu Recht nicht gefolgt.
3. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum beanspruchten Skontoabzug sind zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
Mangels wirksamer Vereinbarung ihrer AGB kann sich die Beklagte nicht auf eine darin geregelte Verschiebung des Fälligkeitstermins berufen.
Unabhängig davon ist ihr aber auch der von ihr selbst gewählte Wortlaut der Skontovereinbarung entgegenzuhalten. Die Formulierung „10 Tage nach Warenerhalt ‑5 % Skonto“ bezieht sich klar und ausschließlich auf den Zeitpunkt der übernommenen Lieferung. Es ist entgegen den Revisionsausführungen nicht nachvollziehbar, dass eine Meinungsverschiedenheit über Vertragsstrafen und Mängelabzüge die Skontofrist gerade für jenen Rechnungsteilbetrag verlängern sollte, der jedenfalls und unstrittig zu zahlen war.
4. Die Revision bekämpft darüber hinaus den Zuspruch von Mahnspesen (15,34 EUR) sowie Kosten der Einschaltung eines Inkassobüros (1.863 EUR).
Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, dass sie entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts tatsächlich die Angemessenheit der Mahn‑ und Inkassospesen in erster Instanz bestritten hat (AS 60), sodass deren Zuspruch im Rechtsmittelverfahren angefochten werden kann. Soweit sich ihre Rechtsausführungen allerdings auf die Prämisse stützen, dass die Streitteile die Anwendung des CISG wirksam ausgeschlossen hätten, kommt ihnen, wie oben dargelegt, keine Berechtigung zu.
Das CISG selbst enthält keine speziellen Regelungen für Mahn‑ und Inkassokosten. Allgemein ist nach Art 74 CISG als Schadenersatz für die durch eine Partei begangene Vertragsverletzung der der anderen Partei infolge der Vertragsverletzung entstandene Verlust, einschließlich des entgangenen Gewinns, zu ersetzen. Dieser Schadenersatz darf den Verlust nicht übersteigen, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen musste, hätte voraussehen müssen.
Grundsätzlich erfasst Art 74 CISG nach herrschender Auffassung auch außergerichtliche Betreibungsmaßnahmen (Posch in Schwimann/Kodek 4 Art 74 CISG Rz 12; Piltz, Internationales Kaufrecht2 Rn 5–539). Als ersatzfähig wurden insbesondere vorprozessuale anwaltliche Mahnschreiben anerkannt, soweit die Einschaltung eines Anwalts geboten war und die Kosten das Maß des Notwendigen nicht überschritten haben (Saenger in Bamberger/Roth 3 Art 74 CISG Rn 6; Huber in MüKomm BGB Art 74 CISG Rz 42 mwN; LG Berlin 21. 3. 2003, 103p 213/02 IHR 2003, 228; LG Potsdam 7. 4. 2009, 6 O 171/08 IHR 2009, 205). Die Haftung für solche Kosten im Rahmen des Art 74 CISG wurde damit begründet, dass es sich um sachlich gebotene Aufwendungen zur Rechtswahrnehmung handelt, mit denen der andere Teil als allgemein übliche Reaktion auf sein vertragswidriges Verhalten rechnen muss (so OLG Düsseldorf 11. 7. 1996, 6 U 152/95 RIW 1996, 958).
Umstritten ist hingegen, ob auch die Kosten der Einschaltung eines Inkassobüros im Rahmen des Art 74 CISG ersatzfähige Rechtsverfolgungskosten bilden. Überwiegend wird diese Ansicht abgelehnt (ua LG Frankfurt 16. 9. 1991 RIW 1991, 952 = CISG‑online Nr 26; Huber aaO Rz 45 mwN; Schwenzer in Schlechtriem/Schwenzer 5 Art 74 CISG Rn 31).
Ein Ersatz von Inkassospesen könnte im Einzelfall zuzuerkennen sein, wenn sie – unter Anlegung eines überaus strengen Maßstabs – ausnahmsweise zur zweckentsprechenden und angemessenen Rechtsverfolgung dienlich und daher voraussehbar waren (Huber aaO Art 74 CISG Rn 45). Die Einschaltung eines Inkassobüros kann nur dann als angemessene Maßnahme der Rechtsverfolgung angesehen werden, wenn das Inkassobüro über Möglichkeiten der Rechtsverfolgung verfügt, die denjenigen des Gläubigers überlegen sind, was aber gerade im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr regelmäßig nicht zutrifft (LG Frankfurt aM, 16. 9. 1991, 3/11 O 3/91 CISG‑online 26 [italienisches Inkassoinstitut]). Wenn keine besonderen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner auf die Aufforderung eines Inkassobüros hin zahlen würde und deshalb die Beiziehung eines Anwalt ohnehin unumgänglich ist, so sind die Kosten der vorherigen Beauftragung eines Inkassoinstituts auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht ersatzfähig (vgl auch LG Berlin 6. 10. 1992 103 O 70/92 CISG-online 173; AG Tiergarten 13. 3. 1997, 2 C 22/97 IPRax 1999, 172). Sobald der Gläubiger weiß, dass die Einschaltung des Inkassoinstituts nicht zum Erfolg führen wird, sind dessen Kosten nicht ersatzfähig (Magnus in Staudinger [2013] Art 74 CISG Rn 51; idS auch OLG Köln 3. 4. 2006, 16 U 65/05 CISG‑online 1218). Von einer Erfolglosigkeit außergerichtlicher Inkassoversuche ist insbesondere auszugehen, wenn der Schuldner die Bezahlung bereits ausdrücklich verweigert hat (LG Frankfurt am Main, 16. 09. 1991, 3/11 O 3/91 CISG-online 26).
Im vorliegenden Verfahren steht fest, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin Fehlmengen und Lieferverspätungen gerügt hat, mit Schreiben vom 30. 10. 2013 dafür eine Preisreduktion und weitere Rechnungsabzüge geltend gemacht und Anfang Dezember 2013 den von ihr errechneten Differenzbetrag bezahlt hat. Über die reklamierten Abzüge entspann sich in der Folge zwischen den Repräsentanten der Streitteile auch eine E‑Mail‑Korrespondenz. Das erste Schreiben des italienischen Inkassobüros ist hingegen erst mit 20. 12. 2013 datiert. Zu diesem Zeitpunkt wusste die Klägerin bereits, dass die Beklagte eine weitere Zahlungspflicht dem Grunde nach ablehnt. Unter diesen Umständen war die Notwendigkeit einer gerichtlichen Geltendmachung absehbar und konnten weder eine Mahnung noch die Einschaltung eines Inkassobüros als objektiv erfolgversprechende Maßnahmen zur Durchsetzung der offenen Forderungen angesehen werden.
Im Umfang der bestrittenen Nebenforderungen von insgesamt 1.878,74 EUR war der Revision daher Folge zu geben.
5. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Die Revisionswerberin konnte mit der Nebenforderung nur einen geringfügigen Teil des Klagebegehrens, dessen Geltendmachung auch keine besonderen Kosten verursacht hat, abwehren. Dieses geringfügige Obsiegen hat keinen Einfluss auf die Kostenersatzpflicht.
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