OGH 8Ob104/07p

OGH8Ob104/07p22.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eveline Z*****, vertreten durch Dr. Kurt Fassl, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Scherbaum-Seebacher, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen EUR 257.400 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 28. Juni 2007, GZ 3 R 83/07m-55, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Jänner 2001 wurde für die Klägerin bei der beklagten Bank ein Konto über ATS 5,000.000 eröffnet, die tatsächlich ihrem Bruder gehörten. Sie legte diesen Betrag „als Strohmann" für ihren Bruder in argentinischen Staatsanleihen an. Sämtliche Gespräche im Zusammenhang mit der Veranlagung wurden zwischen dem Filialleiter der beklagten Partei und dem Bruder der Klägerin geführt. Ihre Mitwirkung beschränkte sich darauf, das Anlegerprofil, den Kaufauftrag und die Risikohinweise von ihrem Bruder zu übernehmen und ihm diese unterschrieben zu übergeben. Eine Treuhandvereinbarung existierte zwischen ihr und ihrem Bruder nicht. Die Vorinstanzen wiesen das auf mangelhafte Beratung durch die beklagte Partei gestützte Schadenersatzbegehren ab. Die Klägerin könne Zahlung an sich mangels Vorliegens einer Treuhand nicht begehren, überdies treffe die Beklagte keine Verletzung der Aufklärungspflichten. Mit ihren Ausführungen, dass sie tatsächlich als Treuhänderin ihres Bruders tätig geworden sei, weil schon die Bezeichnung als „Strohmann" eine nicht deklarierte Treuhandschaft darstelle, zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf.

Das im österreichischen bürgerlichen Recht nicht gesondert geregelte Treuhandverhältnis (SZ 15/252; SZ 26/156; HS 16.524) wird von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung als aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit zulässig anerkannt (Strasser in Rummel ABGB3 § 1002 Rz 42 mwN). Treuhand ist gegeben, wenn jemand (der Treuhänder) Rechte übertragen erhält, die er im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll (Kletecka in Koziol/Welser I13, S 218). Der Inhalt eines Treuhandvertrags richtet sich im Einzelnen nach den Parteienvereinbarungen (ecolex 1991, 682; RIS-Justiz RS0010444 ua). Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass ungeachtet der Bezeichnung der Klägerin als „Strohmann" ihres Bruders ein Treuhandverhältnis nicht anzunehmen sei, hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten Rechtsprechung. Die Rechtsmittelwerberin übergeht nämlich, dass die Klägerin nach der - im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren - Feststellungsgrundlage von ihrem Bruder keinerlei Rechte übertragen erhalten hat.

Auch mit ihren weiteren Ausführungen, dass „der streitgegenständliche Fall" nicht anhand der bereits umfangreichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Beratungs- und Aufklärungspflicht von Banken hinsichtlich Veranlagungsgeschäften eindeutig gelöst werden könne, zeigt die Rechtsmittelwerberin die erforderliche Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf.

Der Umfang der Aufklärungspflicht hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 268/00f; RIS-Justiz RS0119752 ua). Der Sinn der in den Wohlverhaltensregeln des § 13 WAG geregelten Informationspflichten liegt in der Risikoüberwälzung auf die Bank. Diese Risikolage darf aber nicht dazu führen, dass das Spekulationsrisiko auch bei Erfüllung dieser Pflichten auf die Bank übertragen wird. Der Inhalt und der Umfang der nach dem WAG gebotenen Information wird von einer dosierten Interessensabwägung zwischen den Zielen des Kunden und einer maßvollen Risikoabschätzung bestimmt. Einem versierten und schon aufgeklärten Bankkunden könne es zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen selbst ausreichend zu wahren. Die Bank ist jedenfalls nicht verpflichtet, einen spekulierenden Kunden zu bevormunden. Insbesondere bei risikoträchtigen Anlagen kann einem in Bankangelegenheiten erfahrenen Kunden selbst zugemutet werden, seine wirtschaftlichen Interessen als Anleger ausreichend zu wahren (3 Ob 289/05d). Angesichts der Feststellungen, dass im vorliegenden Anlegerprofil die Erfahrung mit Anleihen bejaht und angegeben wurde, dass der Kunde sich selbst regelmäßig um seine Veranlagungen gekümmert und selbständige Entscheidungen getroffen hat, das Risiko argentinischer Anleihen zum Kaufzeitpunkt als mittleres Risiko zu qualifizieren war und der Filialleiter überdies ausdrücklich mitteilte, dass Argentinien in der Vergangenheit den Zinsendienst und die Kapitaltilgung zwar geleistet habe, dies aber nicht auch für die Zukunft gelten müsse, stellt sich die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass die beklagte Partei keine Verletzung der Aufklärungspflicht treffe, jedenfalls als vertretbar dar. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich aus der - dislozierten - Feststellung des Erstgerichts, dass der Bruder der Klägerin jedenfalls entschlossen war, in argentinische Staatsanleihen zu investieren, bereits das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem durch den Kursverfall bedingten Vermögensschaden und der behaupteten mangelhaften Aufklärungspflicht der Bank ableiten lässt. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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