European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00040.15X.0825.000
Spruch:
Der Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs ***** ist als Vorsitzender des ***** Senats im Verfahren über den Rekurs der beklagten Partei zu AZ ***** befangen.
Begründung
Die klagende Partei ist Aktionärin der beklagten Partei. Am 7. 5. 2014 hat die 13. ordentliche Hauptversammlung der Beklagten stattgefunden. Nach einem Stimmrechtsausschluss wurde die Abstimmung über die Bestellung von zwei Verwaltungsräten durchgeführt.
Aus diesem Anlass brachte die Klägerin am 4. 6. 2014 beim Handelsgericht Wien eine Anfechtungs- und Feststellungsklage ein. Mit Beschluss vom 26. 11. 2014 wurde das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien gemäß § 29 Abs 2 ÜbG unterbrochen, und zwar zur Klärung der Zusammenrechnung von Aktien gemäß § 23 ÜbG (als Vorfrage für die allfällige Verletzung börsegesetzlicher Meldepflichten gemäß § 92 Z 7 BörseG).
Die Übernahmekommission hat über das Ersuchen des Handelsgerichts Wien mit Bescheid vom 18. 3. 2015 entschieden. Dagegen richtet sich der Rekurs der beklagten Partei, über den gemäß § 30a ÜbG der Oberste Gerichtshof zu entscheiden hat.
Für die Behandlung dieses Rechtsmittels ist nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der ***** Senat zuständig. Der Vorsitzende dieses Senats zeigte mit Note vom 11. 8. 2015 seine Befangenheit an und führte aus, dass er mit der bestellten Verwaltungsrätin gut bekannt sei, in verschiedenen Vereinsangelegenheiten mit ihr zusammengearbeitet habe und bei ihr wiederholt eingeladen gewesen sei. Er erachte sich daher als befangen.
Rechtliche Beurteilung
Dazu wurde erwogen:
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn ‑ bei objektiver Betrachtungsweise ‑ ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (8 Nc 23/15x).
Aufgrund der näheren Bekanntschaft des Senatspräsidenten *****, die von persönlichen und zum Teil auch privaten Kontakten begleitet ist, zu einer Person, die zu einer der Verfahrensparteien eine eindeutige Nahebeziehung aufweist und die zudem vom Gegenstand der Entscheidung betroffen ist, erweist sich die Befangenheitsanzeige als begründet. Ein Verfahrensbeteiligter könnte zumindest den Eindruck gewinnen, die richterliche Willensbildung des Vorsitzenden des ***** Senats könnte von den beschriebenen persönlichen Kontakten und damit von sachfremden Motiven beeinflusst werden. Hinzu kommt, dass sich Senatspräsident ***** subjektiv selbst als befangen betrachtet.
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