OGH 8Nc20/17h

OGH8Nc20/17h8.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Felfernig & Graschitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 963,20 EUR, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080NC00020.17H.0608.000

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von bevorschussten Provisionen aus vom Beklagten vermittelten Versicherungsverträgen aufgrund Stornos dieser Verträge durch die Kunden.

Der Beklagte bestreitet und beantragt die Delegierung gemäß § 31 JN an das Arbeits- und Sozialgericht Wien, weil dies den Gerichtszugang für ihn erleichtern würde und sämtliche Versicherungskunden, die allenfalls als Zeugen in Betracht kämen, aus Wien und Umgebung stammen. Die Klägerin sprach sich in ihrer Stellungnahme gegen eine Delegierung aus. Das angerufene Gericht sei aus ähnlichen Verfahren mit den Sachfragen vertraut. Die Geschäftsführerin der Klägerin sei aus Salzburg, die Kanzlei des Klagevertreters läge im Sprengel des angerufenen Gerichts. Zeugen könnten im Rechtshilfeweg oder mittels Videokonferenz einvernommen werden.

Das Erstgericht verwies in seiner neutral gehaltenen Stellungnahme auf die Möglichkeit von Nachmittagsterminen, die überschaubare Anreisezeit aus Wien und darauf, dass jährlich eine Vielzahl von Arbeitsrechtsfällen mit der Klägerin abgewickelt würden.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS‑Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS‑Justiz RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS‑Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Im vorliegenden Fall wohnt der Beklagte zwar in Wien, die Geschäftsführerin der Klägerin aber in Salzburg. Namhaft gemacht wurde ein Zeuge aus Wien und ein Zeuge aus Schwechat. Wo potenzielle, aber (noch) nicht beantragte Zeugen ihren Wohnsitz haben könnten, kann bei der Entscheidung über einen Delegationsantrag nicht berücksichtigt werden. Eine relevante Verfahrensvereinfachung oder Beschleunigung durch eine Delegierung ist daher derzeit nicht zu erwarten. Damit war der Delegierungsantrag abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte