OGH 7Ob93/13x

OGH7Ob93/13x19.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr.

Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** G*****, vertreten durch Dr. Alexander Lison, Rechtsanwalt in Braunau, gegen die beklagte Partei R***** S*****, vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen 13.216,70 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Februar 2013, GZ 3 R 6/13t‑25, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 30. Oktober 2012, GZ 4 Cg 97/11a-21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 908,64 EUR (darin enthalten 151,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).

Die Vorinstanzen bejahten die Verjährung der Deckungsansprüche des Klägers aus seinem (am 7. 2. 2007 gemeldeten) Arbeitsunfall vom 6. 10. 2005 , die mit Schreiben seines Unfallversicherers vom 1. 3. 2007 (das inhaltlich den Erfordernissen des § 12 Abs 2 VersVG entsprach) abgelehnt worden waren, mit folgender Begründung:

Wegen zunächst unterlassener Schadensmeldung habe die dreijährige Verjährungsfrist Mitte Dezember 2005 zu laufen begonnen, weil dem Versicherer eine angemessene Prüfungsfrist von zwei Monaten nach unverzüglicher Schadensmeldung zuzubilligen sei. Der Anspruch des Klägers auf die Versicherungsleistung sei bereits verjährt gewesen, als er am 3. 2. 2009 den ‑ nunmehr wegen „Falschberatung“ beklagten ‑ Versicherungsmakler erstmals kontaktierte.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, wann bei verspäteter Schadensmeldung die Verjährungsfrist des § 12 Abs 1 Satz 1 VersVG beginne.

Eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird damit nicht aufgezeigt; der Oberste Gerichtshof hat sich mit dem Beginn und dem Ablauf dieser Frist nach Neufassung des § 12 VersVG durch die VersVG-Novelle 1994 nämlich bereits wiederholt auseinandergesetzt:

Demnach beträgt die Verjährungsfrist nunmehr einheitlich drei Jahre und ihr Beginn ist nicht mehr im VersVG spezialgesetzlich geregelt. Es gilt vielmehr die allgemeine Regelung des § 1478 ABGB, wonach die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem das Recht hätte ausgeübt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung wird daher, wie schon nach der alten Rechtslage, in der Regel auf die Fälligkeit abgestellt, sodass etwa für die Haftpflichtversicherung gilt, dass der einheitliche, auf Befreiung von begründeten und auf Abwehr von unbegründeten Ansprüchen gerichtete Deckungsanspruch in dem Zeitpunkt entsteht und fällig wird, in dem der Versicherungsnehmer von einem geschädigten Dritten ernstlich in Anspruch genommen wird (7 Ob 268/03t und 7 Ob 91/10y mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung zur ‑ ebenfalls maßgebenden ‑ Bestimmung des § 12 Abs 2 VersVG hat die Anmeldung des Anspruchs des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag eine Hemmung der Verjährung in der Weise zur Folge, dass nach dem Fortfall des Hemmungsgrundes die bei Eintritt des Hemmungsgrundes (der Anspruchsanmeldung) noch nicht abgelaufenen Teile der Verjährungszeit ablaufen (RIS-Justiz RS0114507 [T1]). Der Hemmungsgrund fällt mit dem Zugang der ‑ wie hier ‑ nach § 12 Abs 2 Satz 1 VersVG begründeten Ablehnung des Versicherers beim Versicherungsnehmer weg (RIS-Justiz RS0114507 [T3]; 7 Ob 49/12z).

Grundsätzlich hängt somit auch nach der neuen Rechtslage der Beginn der ‑ zuvor in § 12 Abs 1 VersVG normierten ‑ Verjährungsfrist von der in § 11 VersVG geregelten Fälligkeit ab (RIS-Justiz RS0080324; RS0080075; 7 Ob 138/01x mwN). Wenn aber der Versicherungsnehmer die Beendigung der Erhebungen des Versicherers schuldhaft hindert (vgl auch § 11 Abs 3 VersVG), wozu auch das Unterlassen der Anzeige oder der Mitwirkung bei den Erhebungen zu rechnen ist, wird die Verjährung nicht hinausgeschoben. Die Verjährung beginnt dann ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Erhebungen bei einem korrekten Vorgehen des Versicherers beendet gewesen wären (RIS-Justiz RS0080324 [T4] = 7 Ob 207/00t).

Auch im Fall des Klägers begann die Verjährung grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem er das Recht hätte ausüben können. Die Beurteilung, dass insoweit die Fälligkeit nach der Frist des § 11 Abs 1 VersVG maßgebend sei, im Ergebnis also der Zeitpunkt, in dem der Versicherer bei fristgemäßer Schadensmeldung seine Erhebungen nach § 11 VersVG abgeschlossen hätte (Mitte Dezember 2005), folgt der wiedergegebenen Rechtsprechung und ist daher nicht zu beanstanden.

Da der Fortlauf dieser Verjährungsfrist nur im Zeitraum ab Schadensmeldung bis zum Ablehnungsschreiben (7. 2. bis 1. 3. 2007), also nicht einmal einen ganzen Monat, gehemmt war, liegt auch die Beurteilung, dass die Ansprüche des Klägers aus der Unfallversicherung in dem Zeitpunkt, als er dem Beklagten erstmals vom Unfall und den Problemen mit dem Unfallversicherer erzählte (3. 2. 2009), jedenfalls schon verjährt waren, im Rahmen der dargelegten Grundsätze und ist daher nicht zu korrigieren. Eine Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ist dabei nicht zu beantworten.

Gleiches gilt für die weiteren Ausführungen des Revisionswerbers, wonach die Revisionszulässigkeit auch daraus abzuleiten sei, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, welche Bedeutung der geleisteten Kulanzzahlung zukomme; die Revision vermag nämlich nicht überzeugend darzustellen, weshalb in dieser Zahlung eine konkludente „Erstfestsetzung der Invalidität“ liegen sollte:

Ist doch für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen (§ 863 ABGB) grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0014146), was in besonderem Maß für stillschweigende Erklärungen gilt (7 Ob 56/12d mwN). Außerdem steht ohnehin fest, dass der Versicherer nach der Deckungsablehnung nur deshalb zu einer „Kulanzzahlung“ von 500 EUR bereit war, weil der Kläger sich bereit erklärte, den Vertrag auf neue Bedingungen zu konvertieren und mögliche weitere Verträge in Aussicht stellte. Auch die Beurteilung, dass ihm eine Neubemessung der Invalidität (vgl dazu jüngst: 7 Ob 153/12v) gar nicht offenstand, ist daher zu billigen.

Da erhebliche Rechtsfragen nicht geltend gemacht werden und auch sonst nicht zu beantworten sind, ist die Revision zurückzuweisen. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.

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