Spruch:
Hinsichtlich der Anfechtung der Entscheidungen der Vorinstanzen über die Gebühren des Gerichtskommissärs (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses) wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.
Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - mit Ausnahme des Punktes 2 des erstgerichtlichen Beschlusses - einschließlich der Inventarserrichtung als nichtig aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Veranlassung der Inventarserrichtung durch den den Gerichtskommissär und Entscheidung hierüber aufgetragen.
Text
Begründung
Dr.Michael N***** ist der Sohn und Testamentserbe des am 23.3.1990 verstorbenen Dr.Heinrich N*****. Er hat eine bedingte Erbserklärung abgegeben.
Mit Beschluß vom 8.1.1996 hat das Erstgericht, 1. das vom Gerichtskommissär am 19.10.1995 in Abwesenheit des Erben und seines Machthabers errichtete Inventar mit Aktiven von S 3,567.029,45 und Passiven von S 2,471.198,34, somit mit einen Reinnachlaß von S 1,095.861,11 zu Gericht angenommen und genehmigt, 2. die Gebühren des Gerichtskommissärs mit S 26.890,-- bestimmt und Dr.Michael N***** aufgetragen, diese binnen 14 Tagen zu zahlen und 3. Dr.Michael N***** zur Erstattung der Schlußanträge und damit im Zusammenhang zur Erbringung des Testamentsausweises, insbesondere des Legatsausweises, eine Frist von 4 Wochen eingeräumt.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Dr.Michael N***** nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung des Punktes 2 des erstgerichtlichen Beschlusses richtet, ist er gemäß § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG jedenfalls unzulässig und war daher insoweit zurückzuweisen.
Im übrigen ist der Revisionsrekurs jedoch zulässig und infolge einer vorliegenden Nichtigkeit im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.
Beide Vorinstanzen gingen davon aus, daß der Erbe bzw dessen Machthaber zu dem oftmals verschobenen, zuletzt für den 19.10.1995 anberaumten Termin zur Errichtung des Inventars geladen worden sei. Diese Annahme läßt sich jedoch mit dem Akteninhalt nicht in Einklang bringen.
In der Niederschrift des Gerichtskommissärs über die Inventarerrichtung scheint Dr.Alexander K***** als Erbenmachthaber des Dr.Michael N***** als anwesend auf. In der Übersendungsnote an das Erstgericht wies der Gerichtskommissär aber darauf hin, daß er das Inventar durch seine Unterschrift allein errichtet habe. Der Erbenmachthaber Dr.Alexander K***** sei zur Unterfertigung des Inventars vorgeladen worden. Seine durch Fax übermittelte Stellungnahme liege bei.
Das beigelegte Fax des Dr.Alexander K***** an den Gerichtskommissär
ist mit 9.10.1995 datiert und lautet auszugsweise: "Wir bestätigen
dankend den Erhalt Ihres Briefes vom 4.10.1995, mit dem Sie uns zur
Inventarserrichtung in Ihrer Kanzlei für morgen, den 10.10.1995, um
16.00 Uhr einladen. Wir bitten Sie jedoch namens unseres Mandanten,
Herrn Dr.Michael N*****, nochmals um Aufschub dieses Termins, und
zwar mit folgender Begründung: ........ Wir bitten Sie daher, den
morgigen Termin abzuberaumen und werden uns nach Vorliegen eines
Verhandlungsergebnisses prompt mit Ihnen in Verbindung
setzen........"
Gemäß § 95 Abs 1 AußStrG sind unter anderem die bekannten Erben vom Inventurskommissär von amtswegen zur Aufnahme der Inventur vorzuladen. Sollten die Vorgeladenen nicht erscheinen, so kann das Inventar auch in ihrer Abwesenheit aufgenommen werden. Der Inventurskommissär hat sich jedoch vorläufig die Überzeugung von der gehörig erfolgten Zustellung der Vorladungen zu verschaffen und dieses auf dem Inventar zu bemerken (§ 95 Abs 3 AußStrG).
Ein derartiger Vermerk wurde auf der Niederschrift über die Inventarserrichtung nicht angebracht. In der Übersendungsnote des Gerichtskommissärs an das Erstgericht ist ebenfalls keine Bestätigung dahin, daß Dr.N***** oder dessen Vertreter zur Errichtung des Inventars am 19.10.1995 vorgeladen worden wäre, zu erblicken. Vielmehr geht daraus im Zusammenhang mit den vorgelegten Fax hervor, daß die Inventarserrichtung zunächst für 10.10.1995 anberaumt war, daß dieser Termin aber auf Ersuchen des Dr.K***** vom Gerichtskommissär tatsächlich aufgeschoben wurde. Daß Dr.Michael N***** oder sein Vertreter zu dem Termin 19.10.1995 neuerlich geladen worden wäre, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Nichtigkeit vor, wenn das Verlassenschaftsverfahren ohne Beiziehung der nach der Aktenlage als Erben oder Pflichtteilsberechtigte Berufenen durchgeführt wird (NZ 1978, 108 ua). Die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 95 Abs 1 AußerStrG bewirkt unter diesem Gesichtspunkt die Nichtigkeit der Inventarserrichtung (4 Ob 1572, 1574/91; vgl auch SZ 64/184; EfSlg 39.861).
Diese im vorliegenden Fall aktenkundige Nichtigkeit wäre bereits vom Gericht zweiter Instanz aufzugreifen gewesen. Da das Gericht zweiter Instanz diesen Nichtigkeitsgrund aber auch nicht verneint hat, war sie vom Obersten Gerichtshof jedenfalls zu beachten (vgl Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 503 ZPO mwN). Eine unzulässige Neuerung kann in den diesbezüglichen Ausführungen des Revisionsrekurses - in dem nun erstmals ausdrücklich behauptet wird, daß der Erbe bzw dessen Machthaber vom Termin zur Errichtung des Inventars am 19.10.1995 nicht verständigt worden sei, sondern daß der Gerichtskommissär die Abberaumung des für 10.10.1996 vorgesehenen Termins telefonisch mitgeteilt, aber keinen neuen Termin bekannt gegeben habe - aufgrund der ohnehin aktenkundigen Vorgänge nicht erblickt werden.
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