Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 978,84 EUR (darin 163,14 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Am 7. 5. 2013 war der PKW des Klägers mit dem Kennzeichen ***** bei der Beklagten kaskoversichert. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kraftfahrzeugkaskoversicherung (AKKB 2007) zugrunde.
Die AKKB 2007 lauten auszugsweise:
„Artikel 1
Was ist versichert? (Umfang der Versicherung)
1. Versichert sind das Fahrzeug und seine Teile, die versperrt in oder an ihm befestigt sind, gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust
1.1. in der Elementarkaskoversicherung
a) durch folgende Naturgewalten:
unmittelbare Einwirkung von Blitzschlag, Felssturz, Steinschlag, Erdrutsch, Lawinen, Hagel, Hochwasser, Überschwemmungen und Sturm (wetterbedingte Luftbewegung von mehr als 60 km/h).
Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden;
(…)
In den Fällen des Pkt.1 Abs. 1a) … sind jene Schäden ausgeschlossen, die auf ein durch diese Versicherungsfälle veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
Als der Kläger den PKW mit 20 bis 25 km/h von der L 632 kommend in die Gemeindestraße (nach Norden) lenkte, sah er die Überschwemmung der Straße noch nicht. Aus Süden kommend ist der Unfallbereich aus einer Position etwa 30 m südlich der Bezugslinie (einer Fahrbahnnormale zur Längsachse der Gemeindestraße auf Höhe des nördlichen Asphaltrandes der Landesstraße) einsehbar; die Sicht reicht dann bis mehr als 200 m nördlich der Bezugslinie.
Der Kläger, der „auf der Höhe des Wasserdurchlasses“ (20 m nördlich der Bezugslinie) vor ihm Wasser auf der Straße wahrnahm und in diesem Moment noch nicht damit rechnete, „dass es tiefer werde“, reagierte unmittelbar nach dem Einfahren in den mit Wasser überfluteten Bereich der Straße so mit einer Bremsung, dass er das Fahrzeug nach 13 bis 15 m (40 m nördlich der Bezugslinie) an einer Stelle, an der das Wasser 37 cm tief war, anhielt. Aufgrund der Fahrgeschwindigkeit von 20 bis 25 km/h kam es durch die Reifen zu einer Wasserverdrängung, zu einem Hochspritzen von Wasser in den Bereich des Motorraums, zur Luftansaugung von Wasser in den Verbrennungsraum und dadurch zu einem Motorschaden (sogenannter Wasserschlag). Wäre der Kläger mit 10 km/h in die Wasserlache eingefahren, wäre wegen der geringeren Wasserverdrängung durch die Reifen trotz der Wassertiefe von 37 cm kein Motorschaden eingetreten.
Der Kläger begehrte von der Beklagten aus der Elementarkaskoversicherung die Zahlung von 15.237,59 EUR sA zur Deckung der Kosten der Behebung des Motorschadens. Es sei ohne sein Zutun und Verschulden durch unmittelbare Einwirkung von Hochwasser als einzige und jedenfalls letzte Schadensursache der Motorschaden an seinem PKW eingetreten. Die Beklagte habe eine Versicherungsleistung zu Unrecht abgelehnt, gehörten doch gemäß Art 1 AKKB 2007 Naturgewalten in Form von unmittelbaren Einwirkungen von Hochwasser und Überschwemmungen zum versicherten Risiko.
Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass sie leistungsfrei sei, weil der Kläger nach dem Erkennen der Überflutung so lange weitergefahren sei, bis Wasser in den Motor eingedrungen und den Motorschaden herbeigeführt habe. Der Schadenseintritt sei nicht auf eine unmittelbare Einwirkung von Hochwasser, sondern auf das grob fahrlässige Verhalten des Klägers zurückzuführen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ‑ abgesehen von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens ‑ statt. Rechtlich war es ‑ zusammengefasst ‑ der Ansicht, dass dem Beklagten kein grobes Verschulden zur Last liege, weil er ohne Verzug und angemessen reagiert habe. Es habe für den Kläger keine Veranlassung bestanden, eine niedrigere Geschwindigkeit zu wählen. Der Schaden sei einzig und allein durch die direkte Einwirkung des Hochwassers bzw der Überschwemmung eingetreten.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Es war der Rechtsansicht, dass nicht zu prüfen sei, ob der Motorschaden durch die Kollisionskaskoversicherung gedeckt sei, weil der Kläger sein Begehren darauf nicht gestützt habe. Der Kläger sei mit 20 bis 25 km/h in die Wasserlache auf der Gemeindestraße eingefahren. Durch Wasserverdrängung und Luftansaugung sei Wasser in den Verbrennungsraum des Motors gelangt und habe den Motorschaden herbeigeführt. Das Tatbestandsmerkmal des unmittelbaren Einwirkens von Hochwasser sei demnach nicht verwirklicht, der Schaden durch die Elementarkaskoversicherung nicht abgedeckt und das Klagebegehren daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „unmittelbare Einwirkung von Hochwasser“ (Art 1.1.1. lit a AKKB 2007) fehle.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klagsstattgebung. Hilfsweise stellt der Kläger auch einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Der Kläger macht in seiner Revision ‑ zusammengefasst ‑ geltend, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die fragliche Risikobeschreibung als adäquat kausales Einwirken von Hochwasser verstehe. Im Hinblick auf die Unklarheitenregel des § 915 ABGB könne sich die Beklagte nicht ihrer Haftung entziehen. Im Übrigen bestünden sekundäre Feststellungsmängel betreffend die Anpreisung der Kaskoversicherung durch die Beklagte und die Risikoausschlüsse nach Art 6 AKKB 2007. Preise nämlich die Beklagte die Kaskoversicherung als umfassenden Fahrzeugschutz an und sei die vom Berufungsgericht angenommene Risikobeschränkung in Art 6 AKKB 2007 nicht vorgesehen, müsse der Kläger mit dieser zufolge § 864a ABGB nicht rechnen.
Der Senat hat dazu Folgendes erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063). Versicherungsbedingungen sind aus ihrem Zusammenhang heraus zu verstehen. Allenfalls bestehende Unklarheiten gehen gemäß § 915 ABGB zu Lasten des Versicherers (RIS-Justiz RS0008901 [insb T10, T11, T12]).
2. Versichert ist das Fahrzeug des Klägers in der Elementarkaskoversicherung gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust durch „unmittelbare Einwirkung“ bestimmter Naturgewalten. Ein ‑ hier nicht in Frage kommender ‑ Einschluss der bloßen Folge einer unmittelbaren Einwirkung von Naturgewalten ist für solche Schäden vorgesehen, „die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden“. Im Lichte dieses Zusammenspiels von primärer Risikobeschreibung und dem genannten Einschluss ist das Erfordernis „unmittelbarer Einwirkung“ nur dann verwirklicht, wenn die Naturgewalt die einzige oder letzte Ursache für den Schaden ist (7 Ob 152/97x VersR 1998, 919 = VersE 1747 [zu Art 1.1.1 EKB 1993]; 7 Ob 110/11v ecolex 2012/208 = VersR 2012, 883 = VersE 2394 [Art 1 Abs 3 lit a AStB] [jeweils zur unmittelbaren Sturmeinwirkung]; vgl dazu auch Ertl , Im Labyrinth der Eigenheimversicherung - Zugleich Besprechung der E des OGH 7 Ob 110/11v, ecolex 2012, 468), daher insbesondere dann, wenn die versicherte Sache sofort und in dem Zeitpunkt beschädigt oder zerstört wird, in dem die Einwirkung der Naturgewalt erfolgt (7 Ob 152/97x = RIS‑Justiz RS0081136 [T1]). Ein solches Verständnis und eine solche Abgrenzung der „unmittelbaren Einwirkung“ ist zwanglos auch für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers evident.
3. Im vorliegenden Fall steuerte der Kläger sein Fahrzeug in einen überschwemmten Fahrbahnbereich, wonach es infolge Wasserverdrängung durch die Reifen zum Hochspritzen des Wassers, durch Ansaugen zum Wassereintritt in den Motorraum und dann zum Motorschaden kam (sogenannter Wasserschlag). In einem solchen Fall liegt kein unmittelbares Einwirken im zuvor dargestellten Sinn vor, weil der Schaden letztlich auf spezifische (bewegungs-)technische Abläufe des Fahrzeugbetriebs zurückzuführen war. Eine Deckungspflicht der Beklagten aus der Elementarkaskoversicherung besteht daher nicht.
4. In Übereinstimmung mit dem zuvor gewonnenen Ergebnis wird auch zu vergleichbaren deutschen Elementarversicherungsbedingungen die Eintrittspflicht im Fall eines sogenannten Wasserschlags bei einem in einen überschwemmten Fahrbahnbereich einfahrenden Fahrzeug verneint ( Knappmann in Prölss/Martin VVG 29 AKB 2008 A.2.2.3. Rn 38; Halbach in Rüffer/Halbach/Schimikowski , Versicherungsvertragsgesetz 2 , A.2.2. AKB 2008 Rn 33; vgl auch Stadler in Stiefel/Maier Kraftfahrversicherung 18 AKB 2008 A.2.2. Rn 148, 152).
5. Der vom Kläger auf § 864a ABGB gestützte Einwand bedeutet eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung und ist auch inhaltlich unberechtigt, weil die strittige primäre Risikobeschreibung nach Branchenüblichkeit und dem Erwartungshorizont des angesprochenen Verkehrskreises (RIS‑Justiz RS0014646) nicht ungewöhnlich ist.
6. Es besteht ‑ entgegen der Ansicht des Klägers ‑ schon aus systematisch-logischen Erwägungen kein Anlass ein nach Maßgabe der primären Risikobeschreibung nicht versichertes Risiko neuerlich bei den Risikoausschlüssen anzuführen. Woraus der Kläger ableiten will, die Beklagte preise die Kaskoversicherung als umfassenden Fahrzeugschutz an, legt er inhaltlich nicht dar.
7. Im Ergebnis erweist sich somit die Revision als nicht berechtigt:
7.1. Fährt ein Fahrzeug in einen überschwemmten Fahrbahnbereich ein und kommt es infolge Wasserschlags zu einem Motorschaden ist dieser in der Elementarkaskoversicherung nach Art 1.1.1. a) AKKB 2007 nicht gedeckt, weil es an einer unmittelbaren Einwirkung des Hochwassers fehlt. Dieses ist in einem solchen Fall nicht einzige oder letzte Ursache für den Schaden.
7.2. Die in Art 1.1.1. a) AKKB 2007 enthaltene versicherungsvertragliche Regelung ist keine Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts im Sinn des § 864a ABGB.
7.3. Dass und wodurch die Beklagte die Kaskoversicherung vermeintlich als umfassenden Fahrzeugschutz anpreise, hat der Kläger nicht dargetan.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.
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