OGH 7Ob754/79

OGH7Ob754/794.10.1979

SZ 52/145

Normen

EheG §83 Abs1
EheG §90
EheG §94
EheG §83 Abs1
EheG §90
EheG §94

 

Spruch:

Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens an einem zur Ehewohnung bestimmten Haus kann durch Übertragung des Eigentumsrechtes oder Einräumung eines Fruchtgenusses gegen Ausgleichszahlung erfolgen; die bloße Benützungsregelung bietet keinen Schutz gegenüber einem gutgläubigen Erwerber

Keine strenge Bindung an Anträge im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens

OGH 4. Oktober 1979, 7 Ob 754/79 (KG Wiener Neustadt, R 95/79; BG Wiener Neustadt, 1 Nc 151/79)

Text

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Kreisgerichtes W vom 20. Dezember 1978 rechtskräftig gemäß § 55 Abs. 3 EheG geschieden, wobei ausgesprochen wurde, daß das Alleinverschulden an der Zerrüttung der Ehe den Antragsgegner trifft. Der Ehe entstammen vier minderjährige Kinder im Alter von 13 bis 18 Jahren. Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 644 KG K, auf der sie gemeinsam ein Einfamilienhaus errichtet und im Jahre 1969 bezogen haben. Der Antragsgegner hat im Jahre 1972 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben und ist aus dem Einfamilienhaus ausgezogen. Seither bewohnt es die Antragstellerin mit ihren Kindern allein. Am 5. Jänner 1979 hat sie die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens derart beantragt, daß die im Eigentum des Antragsgegners stehende Hälfte der Liegenschaft EZ 644 KG K in ihr bücherliches Eigentum übertragen, allenfalls ihr und ihren Kindern auf dieser Liegenschaftshälfte das unentgeltliche lebenslange Wohnungsrecht und Fruchtgenußrecht eingeräumt werde. Schließlich wurde der Zuspruch der auf der Liegenschaft befindlichen Fahrnisse begehrt.

Das Erstgericht hat dem Antrag der Antragstellerin bezüglich der Fahrnisse entsprochen, den Gebrauch der im gleichen Eigentum der Parteien stehenden Liegenschaft derart geregelt, daß der Antragstellerin und den Kindern die alleinige und persönliche Benützung der Liegenschaft zusteht, das Mehrbegehren betreffend Übertragung des Eigentumsrechtes des dem Antragsgegner gehörenden Hälfteanteils bzw. Einräumung eines lebenslangen Fruchtgenußrechtes und Wohnungsrechtes jedoch abgewiesen. Begrundet hat es die Abweisung damit, daß nach § 90 Abs. 1 EheG die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen oder die Begründung dinglicher Rechte daran nur angeordnet werden dürfe, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden könne. Eine gleichsam entschädigungslose Enteignung des Antragsgegners durch unentgeltliche Übertragung seiner Liegenschaftshälfte oder durch Einräumung eines dinglichen Rechtes daran sei unbillig. Auf das Wohl der Kinder und der Antragstellerin könne hinreichend durch die getroffene Benützungsregelung Bedacht genommen werden.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Antrages, soweit dieser die Einräumung einer Dienstbarkeit zugunsten der Kinder betraf, hob ihn jedoch in seinem abweisenden Teil (die Stattgebung betreffend die Fahrnisse war nicht bekämpft worden) auf und erklärte den Rekurs an den OGH für zulässig. Es traf hiebei aus einem Vorakt die zusätzliche Feststellung, daß bereits während der aufrechten Ehe von der Antragstellerin eine Gefährdung ihrer Wohnmöglichkeit auf der Liegenschaft behauptet und daß in diesem Verfahren dem Antragsgegner eine Verfügung über seinen Liegenschaftsanteil verboten worden war. Rechtlich vertrat es den Standpunkt, durch die Benützungsregelung seien die Bedürfnisse der Antragstellerin nicht hinreichend gesichert, weil eine solche Benützungsregelung gutgläubige Rechtsnachfolger des Antragsgegners an der Geltendmachung eines Teilungsanspruches nach § 830 ABGB nicht hindere. Nur durch eine entsprechende bücherliche Eintragung sei ein hinreichender Schutz für die Antragstellerin gewährt. Hier komme lediglich die Einverleibung des Eigentumsrechtes oder eines Fruchtgenußrechtes in Frage. Hiebei werde wahrscheinlich der Übertragung des Eigentums der Vorzug zu geben sein, weil im Falle der Einräumung eines Fruchtgenußrechtes die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten nicht hinreichend getrennt würden. Allerdings werde für die Übertragung des Eigentumsrechtes oder allenfalls die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes eine Ausgleichszahlung zu leisten sein, deren Höhe unter Berücksichtigung der Grundsätze der Billigkeit festzusetzen wären.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was vorerst die Frage anlangt, ob im Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens eine Bindung des Gerichtes an die gestellten Anträge gegeben ist, muß der Auffassung des Rekursgerichtes, derzufolge es sich hiebei lediglich um für das Gericht nicht bindende Aufteilungsvorschläge handle, beigepflichtet werden. Grundsätzlich ist nämlich nach § 83 Abs. 1 EheG die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen. Nur falls sich die Ehegatten über die Aufteilung einigen, hat eine Entscheidung des Gerichtes, die die im § 83 EheG aufgezeigten Grundsätze beachten muß, zu entfallen (§ 85 EheG). Es handelt sich hier um ein außerstreitiges Verfahren, bei dem nicht der im Zivilprozeß geltende Grundsatz der strengen Bindung an Anträge gilt. Wird grundsätzlich ein Antrag im Sinne dieser Bestimmungen gestellt, so hat das Gericht von Amts wegen die Aufteilung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Aufteilungsgrundsätze vorzunehmen.

Im übrigen wurde sowohl die Übertragung des Eigentumsrechtes als auch die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes vom Antrag der Antragstellerin umfaßt. Lediglich bezüglich der Beurteilung der Frage, ob die Nichtbewilligung der Einräumung eines Wohnungsrechtes zu einer formellen Abweisung führen müsse, könnte eine Bindung an die Anträge zu einem anderen Ergebnis führen. Da hier jedoch der Rechtsstandpunkt des Rekursgerichtes geteilt wird, besteht kein Anlaß, diesen Teil des Antrages formell abzuweisen.

Daß die Übertragung von Eigentum an unbeweglichen Sachen im Verfahren nach den §§ 81 ff. EheG grundsätzlich zulässig ist, ergibt sich aus § 86 Abs. 1 EheG. Die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen oder die Begründung von dinglichen Rechten daran darf allerdings nur angeordnet werden, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann (§ 90 Abs. 1 EheG). Dies haben beide Untergerichte richtig erkannt. Lediglich bei der Beurteilung der Möglichkeit einer anderen billigen Absicherung der Antragstellerin weichen ihre Ansichten voneinander ab. Hier muß jedoch dem Rekursgericht beigepflichtet werden, daß eine bloße Benützungsregelung der vom Erstgericht vorgenommenen Art keinerlei Sicherung der Antragstellerin gegenüber einem gutgläubigen Erwerber des Liegenschaftsanteiles des Antragsgegners darstellen würde. Gerade eine solche Sicherung soll aber durch die Aufteilung erreicht werden. Die Argumente des Antragsgegners in seinem Revisionsrekurs sind nicht geeignet, die Erwägungen des Rekursgerichtes zu erschüttern. Daß der Antragsgegner bereit wäre, einer Benützungsregelung vertraglich zuzustimmen, ist unerheblich, weil eine solche Zustimmung schon durch den erstgerichtlichen Beschluß ersetzt worden wäre. Richtig hat das Rekursgericht ausgeführt, daß eine solche Benützungsregelung, möge sie nun auf vertraglicher Regelung oder auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhen, so lange keinen Schutz gegen die Teilungsklage eines gutgläubigen Erwerbers darstellen kann, als sie im Grundbuch nicht aufscheint. Ob im allgemeinen die Neigung besteht, Hälfteanteile zu erwerben oder nicht, muß nicht untersucht werden, weil ein solcher Erwerb durch einen gutgläubigen Dritten keinesfalls soweit außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit liegt, daß er ausgeschlossen werden könnte.

Geht man also davon aus, daß eine Sicherung der Antragstellerin nur durch eine Eintragung im Grundbuch erreicht werden kann, so mußte, wie seitens des Rekursgerichtes geschehen, geprüft werden, welche Eintragungen hier in Frage kommen. Richtig hat das Rekursgericht erkannt, daß unter den gegebenen Umständen nur die Einverleibung des Eigentumsrechtes oder eines Fruchtgenußrechtes für die Antragstellerin in Frage kommt. Demnach gibt es keinerlei andere, den Grundsätzen der Billigkeit entsprechende Lösung zugunsten der Antragstellerin.

Ob die Übertragung des Eigentumsrechtes erforderlich sein wird oder ob auch mit der Einräumung eines Fruchtgenußrechtes das Auslangen gefunden werden kann, wird sich erst nach Prüfung sämtlicher Umstände endgültig beantworten lassen.

Die weiteren Einwände des Revisionsrekurses gegen die Entscheidung des Erstgerichtes betreffen ausnahmslos Umstände, die bei der Bemessung und der Festsetzung der Art der Leistung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen sein werden. Daß nach § 94 EheG eine solche Ausgleichszahlung nicht zu umgehen sein wird, hat das Rekursgericht ebenfalls richtig dargetan. Es hat auch die Grundsätze aufgezeigt, die bei deren Bemessung zu berücksichtigen sind. In dieser Richtung erweist sich das Verfahren tatsächlich als ergänzungsbedürftig.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses entspricht im Hinblick auf den mangelnden Erfolg des Rechtsmittels der Billigkeit (§ 234 AußStrG). Die Kosten der Gegenschrift waren gemäß § 52 ZPO vorzubehalten.

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