European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0070OB00074.75.0417.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
In dem zwischen den Streitteilen zu GZ. 1 Cg 121/73 beim Kreisgericht St. Pölten anhängigen Rechtsstreit beschloß der Verhandlungsrichter am 6. Juni 1973 die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens über die Frage der Prozeßfähigkeit der Klägerin. Den dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin wies das Kreisgericht St. Pölten mit Beschluß vom 22. Juni 1973, 1 Cg 121/73‑8, als unzulässig zurück. Dem gegen diesen Zurückweisungsbeschluß von der Klägerin ergriffenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht mit Beschluß vom 17. August 1973, 7 R 168/73, nicht Folge.
Die Klägerin brachte hierauf am 11. November 1974 beim Oberlandesgericht Wien eine Nichtigkeitsklage ein, in der sie die Nichtigerklärung des vorgenannten Beschlusses beantragte. Das Oberlandesgericht Wien erklärte sich jedoch für unzuständig und wies die Nichtigkeitsklage mit dem der Klägerin am 13. Dezember 1974 zugestellten Beschluß vom 6. Dezember 1974, 7 R 247/74‑4, zurück. Der dagegen von der Klägerin erhobene, am 27. Dezember 1974 zur Post gegebene und beim Oberlandesgericht Wien am 30. Dezember 1974 eingelangte Rekurs (ONr. 5) wurde von diesem zunächst an das Kreisgericht St. Pölten weitergeleitet, wo er am 3. Jänner 1975 eintraf (ON. 7). Nach Vorlage durch das Kreisgericht St. Pölten wurde der Rekurs vom Oberlandesgericht Wien als verspätet zurückgewiesen (ON. 8).
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss aufzuheben und dem Oberlandesgericht Wien die Vorlage des Rekurses ONr. 5 an den Obersten Gerichtshof aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Rechtsmittel gegen die im Verfahren über eine Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage ergehenden Entscheidungen stets bei jenem Gericht einzubringen, das im Vorprozeß in erster Instanz eingeschritten ist, und zwar selbst dann, wenn das Berufungs- bzw. Rekursgericht des Vorprozesses die Entscheidung über die Rechtsmittelklage zu treffen hat (JBl 58 = SZ 26/150; MietSlg 18.683; 4 Ob 573/71; zuletzt 4 Ob 23/73). Die in der Entscheidung SZ 17/57 vertretene Rechtsansicht, daß in diesem Falle die Rechtsmittel beim Gericht zweiter Instanz einzubringen seien, wurde vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung JBl 58 = SZ 26/150 ausdrücklich abgelehnt. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von seiner in der vorgenannten Entscheidung ausführlich begründeten Rechtsansicht abzugehen, gegen deren Richtigkeit auch die Rekurswerberin keine stichhältigen Argumente vorzubringen in der Lage ist.
Der im JBl 58 ausgesprochene Rechtssatz wird vom Obersten Gerichtshof auch dann für anwendbar erklärt, wenn das (als erste Instanz einschreitende) Berufungs- bzw. Rekursgericht seine Entscheidung über die Nichtigkeits‑ oder Wiederaufnahmsklage nicht im Wege des Erstgerichtes, sondern unmittelbar zugestellt hat. Dies würde nämlich zur Annahme einer wahlweisen Zuständigkeit führen, die mit dem Gesetz unvereinbar wäre (SpR 43 neu = SZ 28/213; MietSlg 18.683; zuletzt 4 Ob 573/71).
Der Rekurs der Klägerin wäre daher richtig bei dem (im Vorprozeß als erste Instanz einschreitenden) Kreisgericht St. Pölten zu erheben gewesen. Wird aber ein Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht eingebracht und von diesem erst an das zuständige Gericht weitergeleitet, so ist die Zeit der Übersendung in die Rechtsmittelfrist einzurechnen (Fasching IV, S. 54; SZ 24/10; RZ 1934/79; 7 Ob 204/74; zuletzt 7 Ob 12/75). Der vorgenannte Rekurs wurde von der Klägerin am letzten Tag der Rechtsmittelfrist (27. Dezember 1974) zur Post gegeben und langte nach seiner Weiterleitung durch das Oberlandesgericht Wien beim Kreisgericht St. Pölten erst am 3. Jänner 1975 (also nach Ablauf der Rekursfrist) ein. Die Bestimmung des § 89 GOG. kommt nicht zur Anwendung, weil der Rekurs beim falschen Gericht eingebracht wurde (SZ 24/10; zuletzt 4 Ob 608/71). Dessen Zurückweisung durch das Oberlandesgericht Wien erfolgte somit zu Recht.
Die Entscheidung über die Rekurskosten stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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