Normen
ABGB §918
ABGB §921
ABGB §1394
ABGB §1396
ABGB §1435
ABGB §918
ABGB §921
ABGB §1394
ABGB §1396
ABGB §1435
Spruch:
Der Zessionar ist zur Rückzahlung des Erhaltenen an den vom Vertrag zu Recht zurückgetretenen Zessus verpflichtet, wenn ihm bei der Zession die sodann nicht erfüllte Verpflichtung des Zedenten zur Erbringung einer Nachleistung bekannt war
OGH 22. November 1979, 7 Ob 732/79 (OLG Graz, 7 R 56/79; LG Klagenfurt, 28 Cg 52/78)
Text
Die Klägerin vereinbarte im Jahre 1977 mit der A Ges. m. b. H. & Co. KG (in der Folge kurz "A" genannt) eine Flugreise nach T und übergab am 5. Dezember 1977 als Anzahlung einen Scheck über 50 000 S. Nach der getroffenen Vereinbarung sollte am 20. Dezember 1977 pro Reiseteilnehmer ein weiterer Betrag von je 2000 S überwiesen werden. Die gesamte noch offene Forderung betrug 125 000 S. Die Flugreise sollte im Jahre 1978 stattfinden.
Mit Abtretungsanzeige der Firma A vom 5. Dezember 1977 erhielt die Klägerin die Mitteilung, daß der noch offene Rechnungsbetrag von 125 000 S an die Beklagte abgetreten worden sei und daher an diese überwiesen werden solle.
Am 6. Dezember 1977 übermittelte die Beklagte der Klägerin eine Abtretungsanzeige, in der darauf hingewiesen wurde, daß die A der Beklagten "mit" (gemeint im Rahmen des) Kreditvertrages vom 26. November 1976 und Zessionsvertrag vom 30. November 1976 ihre Forderungen gegen die Klägerin im Betrage von 125 000 S abgetreten habe. Es wurde um Überweisung dieses Betrages an die Beklagte ersucht.
Am 21. Dezember 1977 wurde der Vertreter der Klägerin telefonisch von einem Angestellten der Beklagten auf die Fälligkeit einer weiteren Vorauszahlung verwiesen, wobei ihm ein Betrag von 50 000 S genannt wurde. Die Klägerin überwies hierauf am 22. Dezember 1977 an die Beklagte die Summe von 75 000 S, die sich (abgerundet) unter Berücksichtigung einer Zahlung von 2000 S pro Reiseteilnehmer ergab.
Am 28. Dezember 1977 erfuhr der Vertreter der Klägerin über den Rundfunk vom Bankrott der A. über deren Vermögen wurde mit Beschluß des Landesgerichtes K vom 16. Jänner 1978 der Konkurs eröffnet. Bereits mit Schreiben vom 21. Dezember 1977 hatte die Beklagte der A den eingeräumten Kredit über 4 000 000 S fällig gestellt. Zum Zeitpunkt der Überweisung der 75 000 S durch die Klägerin hatte die Beklagte eine diesen Betrag weit übersteigende Forderung gegen die
A.
Mit der Behauptung, durch die Fälligstellung des offenen Kredites sei auch die Zession hinfällig geworden und die Klägerin hätte von der A die geleisteten Beträge zurückverlangen können, weil diese die vereinbarte Leistung nicht habe erbringen können, begehrt die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung der am 22. Dezember 1977 überwiesenen 75 000 S samt Anhang.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet ein, in der Überweisung sei ein Anerkenntnis der Zession und somit auch ein selbständiger Verpflichtungsgrund zu erblicken. Im übrigen könne Rückzahlung nicht von der gutgläubigen Beklagten, sondern nur von der Firma A begehrt werden.
Das Erstgericht sprach der Klägerin die begehrten 75 000 S samt Anhang zu. Es vertrat den Standpunkt, in der bloßen Überweisung von 75 000 S sei ein Anerkenntnis im Sinne des § 1396 ABGB nicht zu erblicken. Die Klägerin könne daher der Beklagten ihre Einwendungen aus dem Grundgeschäft entgegenhalten. Da ihr Vertragspartner die vereinbarte Gegenleistung nicht erbracht habe, seien die A und somit auch die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Zahlung verpflichtet.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Hiebei vertrat es den Standpunkt, die Frage, ob die Klägerin nach § 1396 ABGB ein Anerkenntnis abgegeben habe, sei durch die tatsächlich geleistete Zahlung nicht mehr entscheidungswesentlich. Daß die Beklagte zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Zahlung den Ruin der A gekannt hätte, sei gar nicht behauptet worden. Da diese der Beklagten einen größeren Betrag als den überwiesenen geschuldet habe, sei eine Bereicherung der Beklagten nicht eingetreten. Dies wäre aber Voraussetzung für einen Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und stellte das Ersturteil wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Tatsächlich hat die Klägerin Schlechtgläubigkeit der Beklagten bei Empfang der Zahlung in der Richtung, daß sie die Fähigkeit der A zur Erbringung ihrer Leistung bezweifeln hätte müssen, gar nicht behauptet. Der Standpunkt, durch die Bestreitung des Vorbringens der Beklagten in der Klagebeantwortung sei eine solche Behauptung aufgestellt worden, ist unzutreffend. In der Klagebeantwortung wurde nur als rechtliche Schlußfolgerung aus den aufgestellten Tatsachenbehauptungen angeführt, daß von der gutgläubigen Beklagten Rückzahlung nicht verlangt werden könne. Gutgläubigkeit wird jedoch vermutet. Es ist daher Sache desjenigen, der aus der angeblichen Unredlichkeit seines Gegners Ansprüche ableiten will, Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich die Unredlichkeit ergibt. An solchen Tatsachenbehauptungen seitens der Klägerin fehlt es. Durch die Tatsache, daß der Gegner auf seine Gutgläubigkeit verweist und dessen Vorbringen pauschal bestritten wird, tritt keine Umkehr der Beweislast in bezug auf die Redlichkeit ein. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung ein Kennen oder Kennenmüssen der Beklagten von der Leistungsfähigkeit der Firma A zum Zeitpunkt des Einganges der strittigen Zahlung nicht in Betracht gezogen.
Eine Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 1431 ABGB scheidet schon deshalb aus, weil von einem Irrtum der Klägerin bei der Zahlung am 22. Dezember 1977 keine Rede sein kann. Die Klägerin hat nicht etwa in der irrigen Annahme, sie schulde einen größeren Betrag, diesen überwiesen. Nach den getroffenen Feststellungen war sie vielmehr vertraglich verpflichtet, am 20. Dezember 1977 pro Reiseteilnehmer 2000 S zu überweisen. Die überwiesenen 75 000 S ergaben sich (abgerundet) unter Zugrundelegung jenes Betrages und der voraussichtlichen Anzahl der Reiseteilnehmer. Sohin hat die Klägerin einerseits nicht irrtümlich und andererseits nicht gezahlt, was sie nicht geschuldet hätte.
Die Frage, von wem die dem Zessionar geleistete Zahlung zurückverlangt werden kann, wenn nachträglich ein Rückforderungsanspruch wegen Rücktritts vom Vertrag entsteht, haben Bydlinski (in Klang[2] IV/2, 420 ff.) und ihm folgend die in RZ 1979/68 veröffentlichte Entscheidung des OGH für den drittfinanzierten Kauf dahin beantwortet, daß dies der Zessionar sei, weil die Erbringung der Gegenleistung Geschäftsgrundlage auch für die Zession gewesen sei. Ähnlich argumentiert der Autor bezüglich der Beurteilung des Eigentumserwerbes beim sogenannten "Streckengeschäft", wobei er davon ausgeht, daß der Empfänger des Kaufgegenstandes, dem direkt geliefert worden ist, diesen Gegenstand erkennbar nicht als Gläubiger seines Vertragspartners, sondern als Zessionar der vermeintlichen Lieferforderung seines Vertragspartners dem ihm bekannten Vertrag erkennen mußte, daß diese Forderung von der nachträglichen Erbringung einer Gegenleistung abhängig ist, dann ist im Falle eines Vertragsrücktrittes nach § 918 ABGB für ihn der Grund, die empfangene Leistung zu behalten, weggefallen, weshalb diesfalls er selbst passiv für die Rückforderung nach § 921 zweiter Satz ABGB legitimiert ist. In diesem Falle geht eben die gesamte Stellung des bisherigen Gläubigers bezüglich der abgetretenen Forderungen mit allen ihren Vor- und Nachteilen gemäß § 1394 ABGB auf den Zessionar über.
Im vorliegenden Fall war der Beklagten bekannt, daß ihr Forderungen aus bestimmten, ihr inhaltlich bekannten Werkverträgen abgetreten wurden. Sie wußte aus der Zessionsurkunde auch, daß es sich bei der Zahlung der Beklagten nur um eine vertragliche Vorleistung auf die von der Zedentin zu erbringende Gegenleistung handelte. Da die Gegenleistung nicht erbracht worden ist, erfolgte gemäß § 918 ABGB mit Recht ein Rücktritt vom Vertrag. Dies begrundet den Rückersatzanspruch der Klägerin, der nach den aufgezeigten Erwägungen gegen die Beklagte besteht.
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