OGH 7Ob708/86

OGH7Ob708/8626.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Petrasch und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** Gesellschaft m.b.H., Graz-Seiersberg, Feldkirchner Straße 4, vertreten durch DDr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Heinrich L*** Pensionist, zuletzt wohnhaft Treibach-Althofen, Unterer Markt 37, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 304.844 S samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 25. Juni 1986, GZ. 4 R 93/86-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. März 1986, GZ. 23 Cg 253/85-39, in der Hauptsache abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 11.726 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 978,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 2. Oktober 1981 bestellte der Beklagte bei der Klägerin einen Anhänger-Wohnwagen um 304.844 S. Der Kaufpreis sollte in einer Teilzahlung von 100.000 S bis 10. Oktober 1981 und der Rest von 204.844 S bei Übernahme des Fahrzeuges bezahlt werden. Der Beklagte sollte den Wohnwagen nach einer Änderung der serienmäßigen Möblierung im Herstellwerk in der Bundesrepublik Deutschland überprüfen und abnehmen, worauf dann die Klägerin das Fahrzeug auf ihre Gefahr dem Beklagten nach Klagenfurt zu überstellen gehabt hätte. Für den Fall des Annahmeverzuges des Beklagten hatten die Streitteile vereinbart, daß die Klägerin berechtigt sei, über den Kaufgegenstand frei zu verfügen und dem Beklagten ein gleichartiges Ersatzfahrzeug zu liefern. Der Beklagte hat am 8. Dezember 1981 den fertiggestellten Wohnwagen beim Hersteller überprüft und genehmigt, irgendwelche Zahlungen auf den Kaufpreis aber nie geleistet. Die Überstellung des Fahrzeuges nach Klagenfurt scheiterte daran, daß der Beklagte für die Klägerin weder per Post noch persönlich erreichbar war und auch von sich aus den Kontakt mit der Klägerin nicht mehr aufnahm. Nachdem die Klägerin im Februar 1982 die vorliegende Kaufpreisklage eingebracht hatte, ließ sie das Fahrzeug im März 1983 auf Drängen der Herstellfirma nach Graz überstellen. Dabei erlitt das Fahrzeug eine Beschädigung, die jedoch derart repariert wurde, daß es zu keiner wesentlichen Wertminderung gekommen ist. Hierauf wurde das Fahrzeug im Sommer 1983 endgültig in das Lager der Klägerin nach Graz überstellt. Dort stand es bis zum Sommer 1983, zu welchen Zeitpunkt es die Klägerin um 208.000 S an einen Dritten veräußerte.

Im Jahre 1984 erschien der Beklagte bei der Herstellfirma und besichtigte einen 7 m-Wohnwagen. Da die Bauweise der Wohnwagen vorher geändert worden war, konnte die Herstellfirma ein dem Wesen nach identes Fahrzeug nicht mehr liefern. Dem Beklagten wurde jedoch die Lieferung eines Wohnwagens der Type 700 zugesagt. Der Grundriß und die Form des Wohnwagens dieser Type ist gegenüber dem bestellten Wohnwagen gleich geblieben. Eine Änderung der Einrichtung wie sie der Beklagte ursprünglich wünschte, ist auch jetzt möglich. Die Änderung gegenüber der früheren Type betrifft hauptsächlich das Material, das wesentlich verbessert wurde. Dementsprechend ist der Verkaufspreis eines Wohnwagens der neuen Type um 36 % höher als der ursprüngliche Kaufpreis.

Das Erstgericht hat das auf 304.844 S samt Anhang gerichtete Klagebegehren, ebenso wie das Eventualbegehren, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin 100.000 S s.A. binnen 14 Tagen sowie weitere 296.000 S Zug um Zug gegen Übergabe eines der Bestellung der Beklagten entsprechenden Wohnwagens zu zahlen, abgewiesen. Es ging zwar von einem Annahmeverzug des Beklagten aus, vertrat jedoch die Rechtsansicht, zwischen den Streitteilen sei durch den freihändigen Verkauf des Wohnwagenanhängers am 1. August 1983 eine Änderung der Rechtsbeziehungen eingetreten. Die Klägerin könne nunmehr nur einen geänderten Wohnwagen liefern. Demnach sei der Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises nicht verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab dem Hauptbegehren unter Zuspruch kapitalisierter Zinsen von 25.780,23 S und Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 20.967,45 S statt. Hiebei ging es ebenfalls von einem Annahmeverzug des Beklagten aus. Da der Beklagte erkennen habe lassen, daß er zu einer Übernahme des Fahrzeuges keinesfalls bereit sei, sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den Wagen nach Klagenfurt zu führen. Vereinbarungsgemäß durfte die Klägerin infolge des Annahmeverzuges des Beklagten das Fahrzeug veräußern und dem Beklagten ein gleichartiges Ersatzfahrzeug liefern. Diesen Weg habe die Klägerin beschritten. Der Umstand, daß das gleichartige Ersatzfahrzeug ein besseres Aufbaumaterial aufweist als das ursprünglich bestellte Fahrzeug, beseitige als unbedeutender Unterschied, der eher dem Beklagten zugute komme, die Lieferfähigkeit der Klägerin nicht. Auch der Preisunterschied spiele deshalb keine Rolle, weil die Klägerin vom ursprünglich vereinbarten Preis ausgehe. Eine Unmöglichkeit der Lieferung durch die Klägerin habe der Beklagte nicht bewiesen. Durch die Genehmigung des wunschgemäß ausgestatteten Fahrzeuges sei die Gattungsschuld, der Klägerin nicht in eine Stückschuld umgewandelt worden, weil die Konzentration auf das Stück noch nicht eine solche Umänderung bewirke. Sie habe bloß hinsichtlich der Gefahrtragung ähnliche Wirkung, wie wenn eine Stückschuld vorgelegen hätte. Auch noch nach vorgenommener Konzentration könne der Schuldner ein anderes Stück aus der Gattung liefern.

Der Beklagte sei auch nicht nur Zug um Zug gegen Fahrzeuglieferung zu verurteilen, weil die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, aus der sich das Recht auf Zurückbehaltung bis zur Erbringung der Gegenleistung ableite, dem in Annahmeverzug befindlichen Beklagten nicht zustehe.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Abs.1 Z 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Der Beklagte geht bei Ausführung seiner Rechtsrüge weitgehend nicht von dem festgestellten Sachverhalt aus. Nach den getroffenen Feststellungen ist nämlich die Ablieferung des Wohnwagens beim Beklagten nur deshalb unterblieben, weil der Beklagte jeden weiteren Kontakt mit der Klägerin abgebrochen und auf diese Weise eine Ablieferung vereitelt hat. Ferner übersieht der Beklagte bei der Ausführung der Rechtsrüge, daß der einzige Unterschied des nunmehr bereitgestellten Wagens gegenüber dem seinerzeit bestellten darin besteht, daß die grundsätzlich gleiche Ausstattung des Wagens nunmehr mit besserem Material und auf eine bessere Weise erfolgt. Der Preisunterschied spielt, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, keine Rolle, weil die Klägerin vom vereinbarten Kaufpreis ausgeht und nicht einen höheren verlangt. Was die Bemängelung des Zinsenzuspruches anlangt, ist darauf zu verweisen, daß nach den getroffenen Feststellungen nie eine mangelnde Lieferbereitschaft der Klägerin bestanden hat. Während der Zeit, in der die Klägerin den ursprünglich bestellten Wagen zur Reparatur bei sich hatte, hat der Beklagte nicht nur eine Lieferung nicht verlangt, sondern im Gegenteil durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, daß er zu einer Abnahme des Wagens gar nicht bereit wäre. Der Beklagte hat nicht bewiesen, daß er, falls er seine Bereitschaft zur Abnahme gezeigt hätte, die Klägerin nicht imstande gewesen wäre, eine dem Vertrag entsprechende Lieferung vorzunehmen. Daß sich der Beklagte in Annahmeverzug befunden hat, kann er wohl selbst nicht bestreiten. Diesbezüglich enthält die Revision auch keine Ausführungen. Durch § 1062 ABGB wird dem Käufer die gesetzliche Obliegenheit auferlegt, den Kaufgegenstand zur bedungenen Zeit zu übernehmen, somit jene notwendigen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, die nach dem Vertrag, dessen Gegenstand und den näheren Umständen von ihm vorgenommen werden müssen, um die Kaufsache in seine Verfügungsgewalt zu bringen (SZ 55/102). An einer solchen Mitwirkung hat es der Beklagte fehlen lassen. Er hat im Gegenteil eindeutig zu erkennen gegeben, daß er seiner vertraglichen Verpflichtung zur Übernahme nicht entsprechen wolle. Dieses Verhalten des Beklagten war nicht auf die Unmöglichkeit der Leistung durch die Klägerin oder auf die Weigerung der Klägerin, die ihr obliegende Leistung zu erbringen, zurückzuführen. Daß die Klägerin sich zu irgendeinem Zeitpunkt geweigert hätte, ihre vertraglichenVerpflichtungen zu erfüllen oder daß sie dazu nicht imstande gewesen wäre, hat der Beklagte nicht bewiesen. Die richtige Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß den Beklagten diesbezüglich die Beweislast getroffen hätte (siehe auch HS VII/4), wird in der Revision nicht bekämpft.

Richtig ist, daß die Klägerin den bereits für den Beklagten bereitgestellten Wohnwagen nicht mehr liefern kann, weil sie ihn inzwischen veräußert hat. Dieses Recht stand ihr jedoch aufgrund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung zu. Die Klägerin hatte nämlich nach dem Vertrag bei Annahmeverzug des Käufers das Recht, über den Kaufgegenstand frei zu verfügen und an seiner Stelle einen gleichartigen Kaufgegenstand zu liefern. Daß dieses Recht nach einer erfolgten Spezifizierung nicht mehr gegeben sein sollte, kann der festgestellten Vereinbarung nicht entnommen werden. Vielmehr konnte der Sinn dieser Vereinbarung nur der sein, daß die Klägerin im Falle des Annahmeverzuges des Beklagten nicht mit der Verpflichtung einer ständigen Bereithaltung eines bestimmten Stückes belastet werden sollte. Sie sollte lediglich die Pflicht haben, bei Beendigung des Annahmeverzuges einen gleichartigen Kaufgegenstand zu liefern. Schon aus diesem Grunde kann die Spezifizierung durch den Beklagten nicht dazu führen, daß die Klägerin nicht mehr berechtigt gewesen wäre, den Kaufgegenstand zu veräußern. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht richtig erkannt, daß auch nach und trotz der Spezifikation auf das Gattungsschuldverhältnis zurückgegriffen werden kann, wenn der Vertragspartner kein berechtigtes Interesse hat, auf der Lieferung gerade der spezifizierten Stücke zu bestehen (SZ 54/3 u.a.). Wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, ist ein solches berechtigtes Interesse des Beklagten hier nicht anzunehmen. Die Klägerin ist in der Lage und bereit, dem Beklagten einen Wagen zu liefern, der in seiner Ausstattung zur Gänze dem bestellten Wagen entspricht. Der einzige Unterschied besteht in einer besseren Qualität des für die Herstellung des Wagens verwendeten Materials und in einer besseren Ausführung der Herstellung. Diese Differenz kann also dem Beklagten nur zum Vorteil gereichen, weshalb er kein berechtigtes Interesse an einem Bestehen auf Lieferung des seinerzeit bestellten Wagens hat. Ein solches berechtigtes Interesse wäre nur dann gegeben, wenn der Beklagte verpflichtet wäre, für den Wagen einen höheren Preis zu bezahlen. Gerade das ist aber hier nicht der Fall, weil die Klägerin selbst vom vereinbarten Kaufpreis ausgeht.

Mit Recht hat also das Berufungsgericht erkannt, daß der Beklagte infolge der Leistungsbereitschaft der Klägerin verpflichtet ist, dieser den Kaufpreis zu bezahlen.

Schließlich ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, daß nach der ständigen Judikatur (SZ 54/3, JBl. 1980/92, 1976, 537 u. a.). sowie einem Teil der Lehre (Bydlinski JBl. 1973, 290 f) die Einrede der bestehenden Gegenforderung, die dem Begehren auf Verurteilung Zug um Zug zugrunde liegt, ausgeschlossen ist, wenn sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet. An dieser Judikatur hat der Oberste Gerichtshof bis in die jüngste Zeit (1 Ob 602/82) festgehalten. Die vereinzelt von Jabornegg (Zurückbehaltungsrecht 266 ff) vorgebrachte gegenteilige Rechtsansicht berücksichtigt zu wenig die durch den Annahmeverzug des Beklagten eingetretene Verschiebung der Interessenlage. Der erkennende Senat sieht sich daher trotz dieses Einwandes nicht veranlaßt, von der ständigen Judikatur in diesem Punkt abzugehen. Was die Bekämpfung des Zuspruches kapitalisierter Zinsen anlangt, so wurde bereits oben darauf verwiesen, daß sich der Beklagte zumindest ab 7. Jänner 1982 im Verzug befand. Da er eine fehlende Lieferfähigkeit oder Lieferbereitschaft der Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht bewiesen hat und seit dem vorgenannten Zeitpunkt durch ein geändertes Verhalten auch sein Annahmeverzug nicht beendet ist, besteht kein Anlaß, einen nach dem 7. Jänner 1982 liegenden Zeitraum bei der Berechnung der Verzugszinsen außer acht zu lassen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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