Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.632,96 (darin S 3.105,49 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei Zahlung von S 2,787.101,39 sA. Am 5.April 1985 sei zwischen den Streitteilen eine verbindliche, von der beklagten Partei formulierte Vereinbarung, und zwar eine Punktation, nicht etwa ein Vorvertrag, zustandegekommen, mit der festgelegt worden sei, daß der Kläger die Liegenschaft EZ 18 KG Kitzbühel-Stadt mit dem darauf errichteten Haus Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 7, und die Liegenschaft EZ 233 KG Kitzbühel-Stadt, über die der Kläger auf Grund eines nicht verbücherten Kaufvertrages verfügungsberechtigt gewesen sei und welche an die erstgenannte Liegenschaft angrenze, der beklagten Partei um S 12,500.000 verkaufe. Ausgenommen vom Verkauf seien Keller und Erdgeschoß des bestehenden Hauses sowie das ausschließliche Nutzungsrecht bezüglich bestimmter Grundflächen geblieben. Als weitere Gegenleistung sollte die beklagte Partei dem Kläger 10 Garagenabstellplätze übergeben. Die beklagte Partei sei daran interessiert gewesen, das gesamte Areal zu erwerben, um unter Einbeziehung des Altbestandes in geschlossener Weise an das Sporthotel R*** heranzubauen und die so geschaffenen Wohnungen und Geschäftslokale zu verkaufen. Vom Kaufpreis seien S 2 Mio. bei Unterfertigung der Vereinbarung an den Kläger bezahlt worden. S 5,500.000 hätten bei Unterfertigung der vom Anwalt der beklagten Partei zu errichtenden endgültigen Vertragsurkunde fällig sein sollen, der Rest von S 5 Mio. bis "spätestens März 1986". Die beklagte Partei habe das Risiko übernommen, die Bewilligung einer geschlossenen Bauweise herbeizuführen. In der Folge habe die beklagte Partei unter verschiedenen Vorwänden versucht, sich der Kaufvereinbarung zu entziehen, und habe einen Vertragsrücktritt erklärt. Mit Schreiben vom 1.September 1986 habe die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Zuhaltung der Kaufvereinbarung vom 5. April 1985 anerkannt. Inzwischen sei es ihr auch gelungen, eine Änderung des Bebauungsplanes im Sinne einer geschlossenen Bauweise zu erwirken. Erst am 19.Februar 1987 sei schließlich ein auf der Vereinbarung vom 5.April 1985 aufbauender Vertragstext ausgearbeitet worden. Mit Telex vom 19.Februar 1987 sei seitens der beklagten Partei der restliche Kaufpreis von S 10,500.000 vorbehaltlos freigegeben worden. Die Gegenzeichnung des Kaufvertrages durch die beklagte Partei sei erst am 23.März 1987 erfolgt. Eine "Auflösungsvereinbarung" vom 9.November 1985 sei wegen Dissenses nicht wirksam geworden. Dem habe die beklagte Partei auch Rechnung getragen, indem sie sich schließlich vorbehaltlos der Vereinbarung vom 5.April 1985 unterworfen habe, die niemals ihre Geltung verloren habe. Der Kläger sei immer bereit gewesen, der beklagten Partei die Kaufliegenschaften zu übergeben. Die beklagte Partei habe sich im Leistungs- und Annahmeverzug befunden, indem sie die Wirksamkeit der Kaufvereinbarung vom 5.April 1985 bestritten habe. Die beklagte Partei habe die Nichtaufhebung der Vereinbarung vom 5.April 1985 in der Korrespondenz durch ihren Rechtsfreund anerkannt. Hinsichtlich der Fälligkeit der Kaufpreisraten sei davon auszugehen, daß eine der Vereinbarung vom 5.April 1985 entsprechende Vertragsurkunde spätestens innerhalb eines Monates hätte errichtet werden können, sodaß die zweite Kaufpreisrate am 5.Mai 1985 fällig geworden wäre. Bei der dritten Rate werde zugunsten der beklagten Partei die Zeitbestimmung "März 86" auf den ultimo dieses Monats bezogen. Die beklagte Partei sei Vollkaufmann und habe sich grob fahrlässig in Zahlungsverzug befunden. Die beklagte Partei habe dem Kläger zehn Tiefgaragenplätze entgegen der getroffenen Vereinbarung nicht verschafft. Als Ausgleich hiefür begehre der Kläger unter Berücksichtigung des Werts von zehn Freiplätzen S 1,800.000. Er begehre weiters 8,5 % Zinsen aus S 5,5 Mio. vom 5.Mai 1985 bis 31. März 1986 von S 423.347,22 sowie 8,5 % Zinsen aus S 10,500.000 vom 1.April 1986 bis 19.Februar 1987 von S 790.854,17. Der Klagebetrag ergebe sich unter Berücksichtigung der Vermietungserlöse, die der Kläger bis Ostern 1987 erzielt habe (S 227.100). Der Kläger habe seit 5.Mai 1985 Bankkredit in Anspruch genommen, der die offenen Kaufpreisbeträge bei weitem überstiegen habe und durchschnittlich mit 8,5 % Zinsen p.a. zu verzinsen gewesen sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger sei hinsichtlich der Liegenschaft EZ 233 KG Kitzbühel-Stadt noch gar nicht im Besitz eines verbücherungsfähigen Vertrages gewesen. Der - von den Streitteilen gemeinsam formulierte - Aufsatz vom 5.April 1985 sei ein Vorvertrag gewesen, sei doch auf die Unterfertigung des Hauptvertrages abgestellt worden und der beklagten Partei freigestanden, eine andere Person als Käufer namhaft zu machen. Als Vorvertrag aber sei der Aufsatz mangels Nennung eines Zeitpunktes zur Errichtung des Hauptvertrages unwirksam gewesen. Schließlich sei zwar auf der Grundlage, nicht aber in Erfüllung des Textes vom 5.April 1985 ein Kaufvertrag abgeschlossen worden. Der Kläger habe bald nach dem 5.April 1985 feststellen müssen, daß er den Inhalt des Aufsatzes vom 5.April 1985 gar nicht erfüllen könne. So sei der vorausgehende Vertrag bezüglich der EZ 233 KG Kitzbühel-Stadt erst am 29.Mai 1985 unterfertigt worden. Anschließend habe durch mehrere Monate hindurch noch keine Lastenfreiheit bestanden. Auch die Grenze stimme mit dem Grundbuchsstand nicht überein. Der Kläger habe sich daher auf eine Fortsetzung der Verhandlungen eingelassen, die am 9.November 1985 zu einer Auflösung der bestehenden Vereinbarungen geführt habe. Es sei dann aber doch wieder weiterverhandelt worden, und schließlich habe sich die beklagte Partei zum Kauf entschlossen, wobei, soweit rechtlich verwertbar, der Urtext vom 5.April 1985 verwendet worden sei, jedoch nicht im Sinne eines Anerkenntnisses des Bestehens der Vorvereinbarung oder ihrer Wiederholung. Der Vorvertrag vom 5.April 1985 sei auch wegen List nicht zustandegekommen. Denn der Kläger habe wahrheitswidrig eine verbindliche Zusage des Kitzbüheler Bürgermeisters bezüglich der Genehmigung der geschlossenen Bauweise behauptet. Es seien keine Fälligkeiten überzogen worden,zumal keine Vorleistungspflichten bestanden hätten. Der Kläger habe die Lastenfreistellung erst nach den von ihm nunmehr geltend gemachten Fälligkeitsterminen bewirkt. Da die Stadtgemeinde Kitzbühel die Bewilligung von Tiefgaragenplätzen verweigert habe, liege Unmöglichkeit der Leistung vor. Die beklagte Partei macht gegen die Klageforderung auch näher bezeichnete Gegenforderungen geltend. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche - das Begehren des Klägers auf Zahlung von S 1,800.000 als Ausgleich für zehn nicht verschaffte Tiefgaragenplätze ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens - Feststellungen:
Der Kläger war Eigentümer der Liegenschaft EZ 18
KG Kitzbühel-Stadt (Haus Kitzbühel, Franz-Reisch-- Straße 7), in dessen Erdgeschoß er ein Gastlokal betreibt. Im April 1983 hat der Kläger mit Gertraud M***-R*** einen Kaufvertrag über die unverbaute Liegenschaft EZ 233 KG Kitzbühel-Stadt abgeschlossen, die an das Haus Franz-Reisch-Straße 7 und das Sporthotel R*** angrenzt. Anfang März 1985 kam es zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Ferdinand H***, zu Vertragsverhandlungen über die Liegenschaften EZ 18 und 233. An der Liegenschaft EZ 18 sollte Wohnungseigentum begründet, und es sollten die beiden Obergeschosse an die beklagte Partei verkauft werden, während sich der Kläger das Eigentum an dem Gastlokal vorbehielt. Die Liegenschaft EZ 233 sollte der beklagten Partei zur Gänze verkauft werden. Bei einer Besprechung am 28.März 1985 legte der Kläger Pläne vor, die im Bereich der Liegenschaft EZ 233 entgegen dem geltenden Bebauungsplan eine geschlossene Bauweise vorsahen, und erklärte, Bürgermeister und Stadtbauamt, mit denen er bereits Kontakt aufgenommen habe, hätten daran Gefallen gefunden. Ferdinand H*** nahm auf Grund dieser Mitteilung an, daß die Stadtgemeinde Kitzbühel gegen eine Änderung des Bebauungsplanes in diesem Bereich keine Einwände erheben werde. Nach weiteren Besprechungen trafen sich die Streitteile am 5.April 1985 im Haus des Klägers, wobei sie den Text der Kaufvereinbarung Beilage A handschriftlich festhielten. Ferdinand H*** ließ diesen Text noch am selben Tag von seiner Sekretärin in Maschinschrift übertragen. In der Kaufvereinbarung, die von beiden Teilen unterschrieben wurde, heißt es unter anderem:
".....Kaufgegenstand EZ 232" (richtig: 233) "KG Kitzbühel, bestehend aus .....
Das gesamte Grundstück, auf welchem das Haus S*** errichtet wurde ..... den gesamten ersten und zweiten Stock des Hauses S*** samt eingebautem Inventar .....
Zahlungsvereinbarungen: Unabänderlicher Fixpreis S 12,500.000 zuzüglich 10 zugewiesene, parifizierte Parkplätze. Am 5.April 1985 wird ein Betrag von S 2 Mio. auf das Konto des Verkäufers bei der Sparkasse Kitzbühel bezahlt. Ein weiterer Teilbetrag von S 5,500.000 wird bei Unterfertigung des Hauptvertrages bezahlt. Den Restbetrag von S 5 Mio. erhält der Verkäufer bis spätestens März 1986 ..... Den oben beschriebenen Kaufgegenstand kauft der Käufer auf sein eigenes Risiko, unabhängig von etwaigen Bebauungsvorschriften seitens der Gemeinde. Diese Vereinbarung geht beiderseits auf die jeweiligen Rechtsnachfolger über und steht es dem Käufer frei, eine andere Person als Käufer im Hauptvertrag einzusetzen."
Der Kaufpreisteilbetrag von S 2 Mio. wurde von der beklagten Partei nach Unterfertigung der "Kaufvereinbarung" an den Kläger ausbezahlt.
Die Bebauungspläne wurden nach mehrfachen Abänderungen erst am 15. Mai 1987 genehmigt.
Als sich herausstellte, daß die Liegenschaft nicht in dem vorgesehenen Ausmaß verbaubar war, unterblieb die Errichtung des (in der "Kaufvereinbarung" vorgesehenen) Hauptvertrages, wobei die beklagte Partei überdies "aus besonderer Vorsicht" mit Schreiben ihres Vertreters vom 29.Mai 1985 ihren Rücktritt vom Vertrag erklärte.
Es kam in der Folge zu einer regen Korrespondenz sowie zu Besprechungen zwischen den Parteienvertretern. Als diese ohne erkennbaren Erfolg blieben und der Kläger auch die Rückgabe des Betrages von S 2 Mio. ablehnte, nahmen die Streitteile wieder direkten Kontakt auf und trafen am 9.November 1985 eine neue Vereinbarung ("Besprechungsnotiz" Beilage 16) folgenden Inhaltes:
"Auflösung der bestehenden Vereinbarungen
Neue Regelung - insgesamt werden S 6 Mio. vereinbart.
In diesem Betrag sind inbegriffen: Grundstücke der Gertrud M***-R*** sowie sämtliche Grundstücke des Herrn D***. Ausgenommen ist die notwendige Fläche für die Gewährleistung der Parifizierung des Altbestandes (Haus S***), Gewährleistung der vorgeschriebenen Parkplätze, Servitutsrechte für Mülldeponie, sowie Geh- und Fahrrechte, sowie die Einlagerung für sein Restaurant. Die notwendige Parifizierung wird von Herrn H***
durchgeführt mit der Einschränkung, daß nach Vertragsabschluß ein Jahr kein Verkauf der parifizierten Wohnungen stattfindet. Dies aus dem Grunde, allenfalls eine geschlossene Bauweise zum Haus S*** zu erreichen.
In diesem Falle muß der notwendige Umbaukostenersatz festgelegt werden oder mit einer weiteren Fensterachse wegen notwendiger Belichtung kostenlos gegen Baukostenersatz und Spesen wie im S***-Parterre von Constantin D*** beglichen werden. Somit fallen für Herrn H*** keinerlei Umbaukosten im Hause S*** an.
Die Dringlichkeit der Erledigung dieser Besprechung ist insbesondere gegeben, da bis zum 1.Dezember 1985 der Aufschub der Finanzschuld des Herrn D*** abläuft."
Nach Abschluß dieser Vereinbarung traten zwischen dem Kläger und Ferdinand H*** abermals Meinungsverschiedenheiten darüber auf, wie nun dieser Vertrag auszulegen sei. Es kam zu verschiedenen Besprechungen zwischen den Parteienvertretern, ohne daß sich eine Lösung abzeichnete. Um den Kläger zur Unterfertigung eines Kaufvertrages zu bewegen, verfaßte der Beklagtenvertreter schließlich den Kaufvertrag Beilage B. Obwohl beiden Parteien bekannt war, daß die Stadtgemeinde Kitzbühel die Genehmigung zum Bau einer Tiefgarage nicht erteilt, ist in dem Vertrag die Rede von "zu schaffenden Garagenabstellplätzen". Der Kläger hätte den Vertrag auch nicht unterfertigt, wenn darin nicht die Fälligkeit des Kaufpreises, wie sie seinerzeit in der Urkunde vom 5.April 1985 festgehalten worden war, aufgenommen worden wäre. Die Parteien bestimmten bewußt im Kaufvertrag zwei verschiedene Fälligkeitstermine und kamen überein, Streitigkeiten in bezug auf nicht übergebene Tiefgaragenplätze und die Fälligkeit des Kaufpreises in einem zukünftigen Zivilverfahren auszutragen. Der Kaufvertrag Beilage B, der vom Kläger am 29.Jänner 1987, vom Geschäftsführer der beklagten Partei am 23.März 1987 unterschrieben wurde, lautet auszugsweise:
"I. ..... verkauft und übergibt Herr Constantin D*** ..... die angeführten Liegenschaften in EZ 18 und 233, je Grundbuch Kitzbühel-Stadt, an die Firma E*** Eigentumswohnungsbau Gesellschaft mit beschränkter Haftung .....
II. Das Erdgeschoß und der Keller des auf Grundstück ..... errichteten Gebäudes wird nicht verkauft ..... Hinsichtlich dieser dem Verkäufer vorbehaltenen Liegenschaftsanteile, ebenso wie hinsichtlich der veräußerten, wird Wohnungseigentum gebildete werden
.....
III. Der Kaufpreis für die mit diesem Vertrag veräußerten Liegenschaften und Liegenschaftsanteile beträgt S 12,500.000 ...., worauf S 2 Mio. bereits bezahlt wurden, während der Restkaufpreis von S 10,500.000 mit Unterfertigung dieses Vertrages bei gleichzeitiger Sicherstellung der vertragsgerechten Verbücherung des Eigentumsrechtes für die Käuferin zu bezahlen ist. Die Fälligkeit dieser Kaufpreisteile war in einer Urkunde vom 5.April 1985 festgelegt und wird durch die heutige Urkunde nicht verändert ..... Die Käuferin erwirbt den Kaufgegenstand auf ihr eigenes Risiko
....."
Die beklagte Partei bezahlte mit 31.März 1987 den restlichen Kaufpreis von S 10,500.000.
Nicht bewiesen hat der Kläger seine Prozeßbehauptung, zwischen den Parteien sei vereinbart worden, soferne die Vereinbarung, wie sie in Beilage 16 festgehalten ist, nicht zum Tragen komme, lebe die Vereinbarung vom 5.April 1985 wieder auf und habe für die Parteien Gültigkeit. Die beklagte Partei hat ihre Behauptung, der Kläger habe ihr eine Garantie für die vorgesehene Bebauung des Grundstückes in geschlossener Bauweise abgegeben, nicht bewiesen.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Kaufvereinbarung vom 5.April 1985 stelle nicht einen Vorvertrag, sondern eine Punktation im Sinne des § 885 ABGB dar. Am 9. November 1985 hätten der Kläger und der Geschäftsführer der beklagten Partei einverständlich die "Auflösung der bestehenden Vereinbarungen" erklärt, worunter die Kaufvereinbarung Beilage A gemeint gewesen sei. Dies entspreche einem einvernehmlichen Rücktritt vom bereits abgeschlossenen Vertrag. Auf Grund neuerlicher Differenzen sei ein Kaufvertrag, wie er am 9.November 1985 vereinbart worden sei, ebenfalls nicht zustandegekommen. Die Parteien hätten nicht vereinbart, daß (in diesem Fall) der Kaufvertrag vom 5.April 1985 wieder aufleben solle. Der am 29. Jänner/23.März 1987 unterfertigte Kaufvertrag stelle daher den dritten zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag dar. Er lehne sich zwar inhaltlich an den Text der Vereinbarung vom 5.April 1985 an, doch sei dadurch die Punktation mangels übereinstimmenden Parteiwillens nicht wieder aufgelebt. Gehe man davon aus, daß der Kaufvertrag Beilage B von der Punktation Beilage A unabhängig sei, könnten die Auslegungsregeln des § 914 ABGB nicht Platz greifen. Bei einer Vertragsauslegung im Sinne dieser Gesetzesstelle sei es Sache des Gerichts, den Vertragsinhalt und damit auch den Willen der Parteien bei Vertragsabschluß zu erforschen und die Erklärungen der Parteien so zu beurteilen, wie sie bei objektiver Sicht der Sachlage zu verstehen seien. Es sei aber nicht Aufgabe des Richters, für den Fall eines fehlenden Parteiwillens über einzelne Vertragspunkte eine Vertragsergänzung vorzunehmen. Daß die Parteien bei Vertragsabschluß eine Einigung hinsichtlich der Fälligkeit nicht hätten erzielen können, berühre nicht die Gültigkeit des Kaufvertrages. Eine beide Parteien bindende Regelung für die Fälligkeit des Kaufpreises sei nicht getroffen worden. Sei keine gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden, könne sie sogleich, nämlich ohne unnötigen Aufschub, gefordert werden. Die beklagte Partei habe sieben Tage nach der Unterfertigung des Kaufvertrages den Restkaufpreis überwiesen. Sie sei daher mit der Zahlung nicht in Verzug geraten. Schadenersatzansprüche in Form der geltend gemachten Verzugszinsen stünden dem Kläger sohin nicht zu.
Die zweite Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es ergänzte die Feststellungen des Erstgerichtes hinsichtlich der - im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen - Garagenplätze und bezeichnete eine Feststellung des Erstgerichtes hinsichtlich eben dieser Garagenplätze als aktenwidrig, übernahm aber die Feststellungen im übrigen. Mache der Kläger Dissens bezüglich der Vereinbarung vom 9.November 1985, Beilage 16, geltend, weil dem Geschäftsführer der beklagten Partei der Sinn der Vertragsklausel bezüglich einer "Fensterachse" nicht klar gewesen sei, sei ihm entgegenzuhalten, daß das ungenügende Verständnis bestimmter Klauseln in einem schriftlichen Vertrag durch denjenigen, der ihn gleichwohl unterfertige, noch nicht zur Annahme eines Dissenses führen könne. Diessens setze voraus, daß die Annahme unter anderen Bestimmungen erfolge, als unter welchen das Versprechen geschehen sei. Derjenige aber, der einen schriftlichen Vertrag zwar nicht verstehe, sich ihm aber trotzdem unterwerfe, erkläre sich mit ihm entsprechend der bei Verkehrsgeschäften geltenden Vertrauenstheorie mit seinem objektiven Erklärungswert einverstanden. Der Fall liege nicht anders als bei der gleichwohl grundsätzlich verbindlichen Unterfertigung einer Urkunde, ohne sie gelesen zu haben. Denn in beiden Fällen werde die Zustimmung zu einer Willenserklärung des Partners gegeben, bezüglich welcher sich der Unterfertigende keine Vorstellung verschafft habe. Es könne aber auch nicht gesagt werden, daß die Vertragsklausel mit der Fensterachse objektiv unverständlich oder mehrdeutig sei. Sie sei zumindest durch Mittel der Vertragsauslegung zu erschließen. Eine Abrede über ein Wiederaufleben der Vereinbarung vom 5.April 1985 für den Fall, daß die in Beilage 16 festgehaltene Übereinkunft nicht zum Tragen komme, sei nicht festgestellt worden. Eine Vertragsauslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs führe keineswegs zum Ergebnis, daß die Auflösung des ursprünglichen Vertrages nur unter der Bedingung des Zustandekommens einer neuen, wirksamen, in allen Punkten unbestrittenen und alle Auseinandersetzungen bereinigenden Regelung hätte erfolgen sollen. Bei Abschluß der Vereinbarung vom 9.November 1985 hätten die Parteien nicht daran gezweifelt, daß die neue Regelung zum Tragen komme. Sie sei auch schließlich zum Kaufvertrag vom 29.Jänner/23.März 1987 hin fortentwickelt worden. Die ursprüngliche Vereinbarung vom 5.April 1985 könne daher zur Begründung einer Fälligkeit des Kaufpreisrestes von S 10,500.000 nicht herangezogen werden. Bei den Klauseln über die Fälligkeit bestehe im Kaufvertrag vom 29.Jänner/23.März 1987 ein offener Dissens. Dieser Dissens hindere zwar nicht das - von den Parteien nicht bezweifelte - Zustandekommen des Vertrages. Es stehe den Parteien frei, eine Einigung unter Offenlassen einzelner Punkte verbindlich zu schließen. Die offenen Punkte bestimmten sich hilfsweise nach dem Gesetz oder nach ergänzender Auslegung. Angesichts der Fälligkeitsregel des § 1062 ABGB bestehe zu einer ergänzenden Vertragsauslegung hinsichtlich der Fälligkeit kein Anlaß. Da nur Zinsen für einen Zeitraum begehrt würden, der der Unterfertigung des Vertrages Beilage B durch beide Partner vorangegangen sei und die für die Fälligkeit des Kaufpreises maßgebliche Verbücherung daher zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht habe erfolgt sein können, erweise sich die Forderung des Klägers auf kapitalisierte Verzugszinsen als unbegründet.
Der Kläger bekämpft mit seiner Revision gegen das Urteil der zweiten Instanz nur mehr die Abweisung eines Betrages von S 987.101,39 sA (8,5 % Zinsen aus dem Kaufpreisrest von S 5,500.000 für die Zeit vom 5.Mai 1985 bis 31.März 1986 und von S 10,500.000 für die Zeit vom 1.April 1986 bis 19.Februar 1987) aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben und dem Berufungsgericht, allenfalls dem Erstgericht, eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revisions nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger vertritt in der Revision weiterhin den Standpunkt, die "Auflösungsvereinbarung" vom 9.November 1985 sei nicht wirksam, weil kein Konsens bestanden habe. Die Vertragsklausel hinsichtlich der Fensterachse sei objektiv unverständlich und mehrdeutig. Habe der Geschäftsführer der beklagten Partei den Sinn dieser Klausel nicht verstanden, die Vereinbarung aber dennoch unterfertigt, bedeute dies nicht, daß er sich jener Deutung unterworfen habe, die der Kläger dieser Klausel beigemessen habe. Wer einer Willenserklärung zustimme, ohne sie zu kennen oder zu verstehen, verpflichte sich dem objektiven Erklärungswert, nicht dem subjektiven Verständnis des anderen Teils. Die Bestimmung des § 878, zweiter Satz, ABGB werde nicht nur auf Teilunmöglichkeit, sondern auch auf andere Fälle der Teilunwirksamkeit angewendet. Die Frage der Wirksamkeit der restlichen Vertragsbestimmungen vom 9.November 1985 sei daher vom hypothetischen Parteiwillen, also davon abhängig, ob die Vertragspartner den Restteil des Vertrages auch allein geschlossen hätten. Dieser Parteiwille sei durch Auslegung nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs zu ermitteln. Sie führe zum Ergebnis, daß die Vereinbarung vom 9.November 1985 gänzlich unwirksam, daß sohin weiterhin von der Wirksamkeit der Vereinbarung vom 5.April 1985 auszugehen sei. Eine Feststellung, daß die Streitteile am 9.November 1985 bedachten und wollten, daß der Vertrag vom 5.April 1985 aufzuheben sei, auch wenn der übrige Teil der Vereinbarung Beilage 16 wegen Dissenses nichtig sei, liege nicht vor.
Nach § 869, zweiter Satz, ABGB entsteht kein Vertrag, wenn die Erklärung unverständlich oder ganz unbestimmt ist oder wenn die Annahme unter anderen Bestimmungen erfolgt, als unter welchem das Versprechen geschehen ist. Der Kläger meint, die Vertragsklausel hinsichtlich der "Fensterachse" in der "Auflösungsvereinbarung" vom 9. November 1985 sei objektiv unverständlich und mehrdeutig gewesen, weil zwar er, nicht aber der Geschäftsführer der beklagten Partei damit eine bestimmte Vorstellung verbunden habe und eine eindeutige Auslegung dieser Bestimmung nicht möglich sei.
Feststellungen dahingehend, daß die Erklärungen des Klägers und des Geschäftsführers der beklagten Partei, Ferdinand H***, bei Abschluß der Vereinbarung vom 9.November 1985, Beilage 16, nicht übereinstimmten, wurden nicht getroffen. Auch wenn man jedoch davon ausgeht, daß Ferdinand H*** den (vom Kläger formulierte - Kläger, AS 63, Ferdinand H***, AS 73) Absatz mit der "Fensterachse" nicht verstanden hat, wie er dies bei seiner Parteienvernehmung angegeben hat (AS 73 - vgl. hiezu die Ausführungen des Klägers AS 63), hat er die Vereinbarung doch ohne jeden Einwand und Vorbehalt unterschrieben und damit sein Einverständnis ebenso zum Ausdruck gebracht, als hätte er die Urkunde ungelesen gefertigt. Eine ungelesen unterschriebene Urkunde aber bindet grundsätzlich den Erklärenden. Nach herrschender Auffassung ist nämlich eine Anfechtung ausgeschlossen, soweit der Unterschreibende dem anderen Teil die Inhaltsfestlegung überlassen, also deren (fremdbestimmten) Inhalt in Kauf zu nehmen erklärt hat, ohne sich selbst eine genaue Vorstellung davon zu machen (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 871). Wer eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung, auch wenn er ihn nicht verstanden hat (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 116; EvBl 1973/15). Daß er sich in einem Irrtum befunden hätte (HS 6.459/3), hat der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht geltend gemacht. Es wurde auch nicht behauptet, daß Ferdinand H*** diesen Absatz anders als der Kläger verstanden hat. Nur dann aber, wenn die Parteien zwar zunächst überzeugt waren, eine Einigung erzielt zu haben, dies aber tatäschlich nicht zutraf, weil die eine oder andere Willenserklärung trotz ihrer scheinbaren Übereinstimmung jeweils anders gemeint war, läge ein (versteckter) Dissens vor (Gschnitzer aaO 96; HS 11.094).
Dadurch, daß Ferdinand H*** mit dem durch den Kläger formulierten Vertrag einverstanden war, auch soweit er ihn nicht verstanden hat, ist der Behauptung des Klägers, der Vertrag sei wegen Dissenses unwirksam, der Boden entzogen. Der - nicht weiter begründeten - Ansicht des Klägers, der erwähnte Absatz sei "objektiv unverständlich und mehrdeutig", kann nicht beigepflichtet werden. Eine Erklärung ist unverständlich, wenn ihr Sinn durch die nach den §§ 914 und 915 ABGB zulässigen Auslegungsmittel nicht festgestellt werden kann (Gschnitzer aaO 94); eine derartige Auslegung aber wurde gar nicht versucht.
Ist aber die "Neuregelung" im Sinne des zweiten Teils der Vereinbarung vom 9.November 1985 - mangels Dissenses - wirksam zustandegekommen, ist es entbehrlich, Erwägungen darüber anzustellen, ob der erste Teil der Vereinbarung (Auflösung der bestehenden Vereinbarungen) für sich allein wirksam gewesen wäre. Weder nach dem Wortlaut, noch nach den festgestellten Umständen bei Abschluß der Vereinbarung vom 9.November 1985 kann davon ausgegangen werden, daß die bestehenden Vereinbarungen (vom 5.April 1985) etwa nur dann aufgelöst sein sollten, wenn die "neue Regelung" durchgeführt wird. Hätte die Auflösung der Vereinbarung vom 5.April 1985 von der Durchführung der "neuen Regelung" abhängig sein sollen, hätte dies in irgendeiner Form zum Ausdruck kommen müssen. Mit Recht sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Vereinbarung vom 5.April 1985, Beilage A, zur Begründung der vom Kläger behaupteten Fälligkeit des Kaufpreisrestes von S 10,500.000 nicht herangezogen werden kann. Gegen die demnach zutreffenden weiteren Ausführungen der angefochtenen Entscheidung über die Fälligkeit dieses Betrages im Sinne des letztlich abgeschlossenen Vertrages vom 29.Jänner/23.März 1987, Beilage B, macht der Kläger keine Bedenken mehr geltend.
Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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