European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00675.840.1213.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 7.873,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 541,20 S an USt und 1.920 S an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten waren als selbständige Handelsvertreter von der Klägerin mit dem Vertrieb von „GEKE“‑Fenstern und Türen für das gesamte Bundesgebiet betraut. Es stand ihnen das Recht zu, Subvertreter zu beschäftigen. Am 30. 4. 1979 tätigte Anton G***** auf dem Messestand der Klägerin bei der Grazer Frühjahrsmesse, an dem ein Schild auf eine günstige Finanzierung durch einen Kredit mit 10‑jähriger Laufzeit hinwies, bei einem Subvertreter der Beklagten. Franz R*****, einen Auftrag über die Lieferung von Türen, Fenstern und Futterstöcken zum Nettogesamtpreis von 79.000 S. Hiebei sicherte Franz R***** dem Anton G***** für die Finanzierung ausdrücklich einen Kredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren und eine Verzinsung von 0,6 % pro Monat zu und vermerkte auf dem Bestellschein handschriftlich: „Bar oder 10 Jahre Raten“. Er klärte Anton G***** nicht darüber auf, dass die Kreditgewährung von der Zustimmung der Z‑Bank als der Kreditgeberin abhängig sei. Das Bestellscheinformular enthielt bezüglich „Finanzierung“ folgenden Vordruck: „Wenn gewünscht und möglich, Finanzierung durch Kredit (Bank‑ bzw Eigenfinanzierung). Laufzeit 10 bis 60 Monate, je nach Höhe des Rechnungsbetrags, zuzüglich derzeit ... Zinsen per Monat“. Mit Schreiben vom 4. 5. 1979 bestätigte die Klägerin dem Käufer diese Bestellung und hielt darin unter anderem fest: „Zahlung: In bar nach Lieferung und Rechnungserhalt innerhalb von 8 Tagen netto Kasse oder Finanzierung: Aufgrund der Kreditvorschriften der Bank der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien GmbH“. Am 14. 5. 1979 nahm Anton G***** bei einer Angestellten der Klägerin in deren Büro eine als „Zusatzauftrag“ bezeichnete weitere Bestellung im Nettobetrag von 10.570 S vor. Mit Schreiben vom 18. 6. 1979 teilte die Z‑Bank dem Anton G***** mit, dass wegen seines niedrigen Einkommens die Stellung eines Bürgen erforderlich sei. Anton G***** antwortete hierauf am 25. 6. 1979, es sei ihm nicht möglich, einen Bürgen zu finden. Mit Schreiben vom 5. 9. 1979 teilte die Klägerin dem Anton G***** mit, dass die Z‑Bank ihm lediglich einen Kredit von 70.000 S mit einer Laufzeit von 60 Monaten bewillige. Anton G***** erklärte daraufhin gegenüber der Klägerin mit Schreiben seines Rechtsfreunds vom 18. 9. 1979, er betrachte die Bestellung vom 30. 4. 1979 als gegenstandslos, weil der Kredit nicht in der Höhe des vollen Kaufpreises und nur für eine Laufzeit von 5 statt wie vereinbart von 10 Jahren bewilligt worden sei und die Klägerin offensichtlich nicht in der Lage sei, die Vereinbarung zuzuhalten. Mit den Schreiben seines Rechtsfreunds vom 4. Oktober 1979, 20. November 1979 und 28. Juli 1980 wiederholte Anton G***** seinen Rechtsstandpunkt und erklärte schließlich mit Schreiben seines Rechtsfreunds vom 18. 8. 1980 ausdrücklich den Rücktritt vom Vertrag. In weiterer Folge belangte die Klägerin Anton G***** zum AZ 13 Cg 188/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz auf Zahlung des Kaufpreises. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Verträge zwischen der Klägerin und Anton G***** sind mit den Bestellungen vom 30. 4. 1979 und 14. 5. 1979 zustandegekommen. Die Klägerin sandte die Auftragsbestätigung deshalb an Anton G*****, „weil sie dies immer so gemacht hat und um die Maße festzuhalten, sowie allgemeine Aussagen, die auf der Bestellung oder am Kaufvertrag angeführt sind, noch einmal zu bestätigen“.
Mit der am 13. 7. 1983 eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung folgender Beträge:
1. Rechnungsbetrag für die Waren G***** laut
Rechnung vom 31. Juli 1980 118.035,42 S
2. Lagergebühr für nicht verkaufte
Waren 2.422,42 S
3. Prozesskosten der beklagten Partei
im Verfahren 13 Cg 188/80 des
Landesgerichts für ZRS Graz 28.723,38 S
4. Eigene Prozesskosten der Klägerin
in obigem Verfahren 35.477,18 S
5. 12 % Zinsen vom 8. 8. 1980
(Rechnungsfälligkeit) bis 20 6. 1983 41.577,24 S
6. 18 % USt aus den Zinsen 7.483,90 S
zusammen 233.689,54 S
abzüglich verkaufter Waren 45.935,04 S
187.754,50 S
Dieses Begehren wurde in der Tagsatzung vom 18. 10. 1983, ON 6, um einen weiteren Verkaufserlös auf 146.747,12 S sA eingeschränkt. Die Klägerin bringt vor, sie habe den Beklagten am 30. November 1978 schriftlich mitgeteilt, dass eine verbindliche Zusage einer Finanzierung auf 120 Monate nur nach positiver Zusage der Z‑Bank akzeptiert werde. Dies sei auch den Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen. Die Beklagten und ihre Subvertreter hätten auch aufgrund einer ihnen am 8. 2. 1978 übergebenen Tabelle gewusst, dass Kredite nur auf 60 Monate mit einer monatlichen Verzinsung von 0,7 % gewährt werden könnten. Franz R***** habe somit bei Entgegennahme der Bestellung durch Anton G***** auftrags‑ und vereinbarungswidrig und somit schuldhaft gehandelt. Für dieses Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen hätten die Beklagten zur ungeteilten Hand zu haften.
Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage. Sie bestreiten die Verursachung eines Schadens durch Franz R***** sowie ein diesen treffendes Verschulden und wenden überdies Verjährung ein, da der Klägerin der Schädiger und der Eintritt eines Schadens bereits im Jahre 1979 bekannt geworden sei. Die Beklagten bestreiten die Klageforderung auch der Höhe nach und wenden Provisionsansprüche in der Höhe von 600.000 S als Gegenforderung zur Aufrechnung ein.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es erachtete den Klageanspruch, soweit er sich aus dem Rechnungsbetrag, der Lagergebühr, den kapitalisierten Zinsen und der Umsatzsteuer zusammensetzt, als verjährt. Hinsichtlich der Prozesskosten verneinte es den Anspruch, da diese nur infolge der auf einer unrichtigen Rechtsansicht der Klägerin beruhenden, missglückten Prozessführung gegen Anton G***** entstanden seien und daher keine adäquate Verursachung durch Franz R***** vorliege.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und vertrat in seiner rechtlichen Beurteilung den Standpunkt, der geltend gemachte Schadenersatzanspruch bestehe unabhängig von der einen Teil dieses Anspruchs tangierenden Frage der Verjährung nicht zu Recht. Anton G***** habe die Bestellung vom 30. 4. 1979 nur unter der Voraussetzung getätigt, dass er den Kaufpreis ratenweise in einem Zeitraum von 10 Jahren abstatten könne. Daraus folge, dass jede andere Vorgangsweise des Subvertreters Franz Rath als die ihm nunmehr von der Klägerin zum Vorwurf gemachte zu keinem Vertragsabschluss geführt hätte. Insbesondere sei anzunehmen, dass Anton G***** zu einem Geschäftsabschluss nicht bereit gewesen wäre, wenn Franz R***** ihm einen Kredit mit einer Laufzeit von nur fünf Jahren offeriert oder ihm zwar eine Finanzierung durch einen Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren angeboten, dessen Gewährung aber als fraglich hingestellt hätte. Das Verhalten des Subvertreters bei der Aufnahme der Bestellung vom 30. 4. 1979 sei daher nicht schadensursächlich. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil die Entscheidung hinsichtlich des Vorliegens eines Schadens, eines schadensursächlichen Verhaltens und der Verjährung von Fragen des materiellen Rechts abhänge, denen zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, es komme nicht darauf an, ob ein ordnungs‑ und pflichtgemäßes Verhalten des Subvertreters zu keinem Vertragsabschluss geführt hätte, sondern nur darauf, ob der Subvertreter weisungswidrig gehandelt und den Kredit mit einer Laufzeit von 10 Jahren fix zugesagt und nicht als fraglich hingestellt habe. Habe er das aber getan, habe er schuldhaft gehandelt. Es sei unverständlich, weshalb das Verhalten des Subvertreters bei Aufnahme des Auftrags vom Berufungsgericht nicht als schadensursächlich angesehen werde. Mangelnde Kausalität könne nicht deshalb angenommen werden, weil es bei weisungsgemäßem Verhalten des Subvertreters möglicherweise zu einer Bestellung G***** nicht gekommen und in diesem Fall naturgemäß auch ein Schaden nicht entstanden wäre. Mit Rücksicht auf den vorgedruckten Vertragstext über die Finanzierung habe die Klägerin nicht annehmen können, dass es sich bei dem handschriftlichen Vermerk: „Bar oder 10 Jahre Raten“ um eine fixe Zusage gehandelt habe.
Es ist richtig, dass der Untervertreter der Beklagten, folgt man den Feststellungen der Vorinstanzen, bei Abschluss des Vertrags vom 30. 4. 1979 – dass es sich bei der Bestellung vom 30. 4. 1979 nicht etwa um einen Antrag des Anton G***** handelte, der der Annahme der Klägerin bedurft hätte, wurde ausdrücklich festgestellt und entspricht auch dem von der Klägerin in der Revision vertretenen Standpunkt –, rechtswidrig und schuldhaft handelte, da er Anton G***** nicht darüber informierte, dass die Gewährung eines Kredits von der Zustimmung der als Kreditgeberin vorgesehenen Bank abhänge. Nach dem Wortlaut des Vertrags durfte allerdings bei der Klägerin kein Zweifel darüber bestehen, dass die Vereinbarung „Bar oder 10 Jahre Raten“ ohne jeden Vorbehalt getroffen worden war, sodass Anton G***** berechtigt war, den Preis entweder bar oder ratenweise in einem Zeitraum von 10 Jahren abzustatten. Ein einseitiges Abgehen von dieser Vereinbarung (etwa durch die „Auftragsbestätigung“ vom 4. 5. 1979) war der Klägerin – entgegen ihren eigenen Vorstellungen – nicht möglich.
Zog es deshalb die Klägerin nicht vor, sich dem von Anton G***** nach Ablehnung eines ausreichenden Kredits durch die Z‑Bank vertretenen Standpunkt anzuschließen, die Bestellung vom 30 4. 1979 sei gegenstandslos, hätte sie, da Anton G***** mit einer Änderung der vereinbarten Abstattung des Rechnungsbetrags im Sinne des Kreditanbots der Z‑Bank nicht einverstanden war, die Kreditierung des Kaufpreises, um vertragstreu zu sein, aus eigenen Mitteln ergänzen müssen. Es ist hier nicht zu untersuchen, ob die Beklagten für die Mehrkosten, die der Klägerin durch eine Zuhaltung des Vertrags unter Ergänzung des Kredits entstanden wären, hätten in Anspruch genommen werden können. Denn derartige Kosten sind nicht Gegenstand des Verfahrens. Keinesfalls aber kann es den Beklagten zugerechnet werden, dass Anton G***** nicht bereit war, den Vertrag vom 30. 4. 1979 unter Bedingungen zu erfüllen, die von den vereinbarten in einem wesentlichen Punkt – jenem der Art der Zahlung des Kaufpreises – abwichen (vgl zur Zurechnung Koziol , Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 169 ff). Es darf nicht übersehen werden, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schaden zur Gänze auf ein verfehltes Verhalten der Klägerin selbst zurückzuführen ist. Die Klägerin durfte, weil der mit Anton G***** vereinbarte Kredit nicht gesichert und sie selbst nicht bereit war, bei ungenügender Kreditgewährung durch die Z‑Bank den erforderlichen Kredit aus eigenem zu ergänzen. Vor Zustimmung der Kreditgeberin zur Kreditvereinbarung vom 30. 4. 1979 keinesfalls mit der Herstellung der bestellten Sachen beginnen, da sie keinen Grund zur Annahme hatte. Anton G***** werde bereit sein, den Vertrag auch zu anderen als den vereinbarten Zahlungsbedingungen zu akzeptieren. Hat die Klägerin deshalb die Herstellung der bestellten Elemente dennoch schon vor diesem Zeitpunkt in Auftrag gegeben (Schreiben vom 26. 9. 1979, Beilage ./L im Akt 13 Cg 188/80), hat sie dies auf ihre eigene Gefahr getan. Nicht anders verhält es sich mit den Kosten des Verfahrens 13 Cg 188/80, in dem die Klägerin die Zuhaltung des Vertrags zu geänderten Bedingungen begehrte, sodass die Prozessführung erkennbar aussichtslos war. Nach einhelliger Ansicht trifft den Geschädigten eine Pflicht zur Schadensminderung ( Koziol aaO, 257). Die Zurechnung einer Schadensfolge ist dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn diese auf einem selbständigen, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht mehr herausgeforderten Entschluss des Geschädigten beruht, der sie deshalb auch allein zu verantworten hat ( Koziol aaO 261 f). Die Beklagten haften daher weder für den Rechnungsbetrag der bestellten Waren, noch auch für eine Lagergebühr und die Kosten des Verfahrens 13 Cg 188/80 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz.
Es erübrigt sich damit, zur Frage der Verjährung des Klageanspruchs Stellung zu nehmen.
Im Ergebnis zu Recht haben deshalb die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen, sodass der Revision ein Erfolg versagt bleiben musste.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)