European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00667.840.1108.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 9.626,63 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 960 S Barauslagen und 787,88 S USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
Im Zwangsversteigerungsverfahren des Bezirksgerichts *****, EZ *****, gegen den Sohn der Beklagten Albert E***** jun, wurde der klagenden Partei am 12. Jänner 1983 die Liegenschaft EZ ***** KG Niederthalheim mit dem Haus Nr ***** um das Meistbot von 1.700.000 S zugeschlagen. Nach dem Schätzungsprotokoll vom 22. Juli 1982 und dem Versteigerungsedikt vom 30. November 1982 gehört zur Liegenschaft kein Zubehör. In den Versteigerungsbedingungen erscheint ein Zubehör der Liegenschaft nicht auf. Mit einer beim Exekutionsgericht am 11. Jänner 1983 eingebrachten Exzindierungsklage begehrten die Beklagten unter Berufung auf ihr Eigentum die Unzulässigerklärung der Exekution hinsichtlich einer Einbauküche, eines Einbauschranks im Wohnzimmer und zweier Hochschränke. Mit der Klage war ein Antrag auf Aufschiebung der Exekution verbunden. Dieser Antrag wurde bei der Versteigerungstagsatzung am 12. Jänner 1983 mit der Begründung abgewiesen, dass die erhobenen Einwendungen die Realexekution nicht unzulässig machten und die genannten Fahrnisse – ausgenommen eine Holzdecke, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist – kein Zubehör darstellten. Die Exzindierungsklage wurde von den Beklagten unter Hinweis auf diese Entscheidung in der Folge zurückgezogen, und die obgenannten Sachen von ihnen aus dem Hause weggebracht.
Die klagende Partei, die das Eigentum der Beklagten bestreitet, begehrt unter Berufung auf ihren Eigentumserwerb durch Zuschlag die Herausgabe dieser Sachen. Die Möbelstücke seien im Schätzungsgutachten als Liegenschaftsbestandteile mitberücksichtigt und mitgeschätzt worden.
Die Beklagten vertreten den Standpunkt, dass die Möbel mangels Eigentümeridentität nicht Zubehör der Liegenschaft und auch nicht Gegenstand des Versteigerungsverfahrens gewesen seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen stand den Beklagten aus dem Verkauf eines Hauses ein Betrag von 500.000 S zur Verfügung. Hievon verwendeten sie einen Teilbetrag von 250.000 S zur Anschaffung der Einbaumöbel. Dabei wurde zwischen ihnen und ihrem Sohn vereinbart, dass ihnen dieser den für die Einbaumöbel aufgewendeten Betrag zurückbezahlt und dass die Einbaumöbel bis zur Bezahlung dieses Betrags Eigentum der Beklagten bleiben. Bisher wurden von Albert E***** jun keine Rückzahlungen geleistet. Bei den Einbaumöbeln handelt es sich nicht um Maßanfertigungen, sondern um aus verschiedenen vorgefertigten Einzelteilen zusammengesetzte Möbelstücke. Ihre Entfernung ist mit keiner wirtschaftlichen Beeinträchtigung verbunden. Nach der Baubeschreibung des Schätzungsgutachtens sind „eine aufwendige Einbauküche sowie zahlreiche Einbaumöbeln vorhanden“. Ob diese bei der Ermittlung des Schätzwerts berücksichtigt wurden, ist dem Schätzungsgutachten nicht zu entnehmen.
Das Erstgericht vertrat die Auffassung, dass die Einbaumöbel nicht unselbständige Bestandteile und mangels Eigentümeridentität auch nicht Zubehör des Hauses seien. Aber auch unabhängig von der Frage, wer Eigentümer der Möbel sei, habe die klagende Partei durch den Zuschlag kein Eigentum an den Möbeln erworben, weil diese nicht Gegenstand des Versteigerungsverfahrens gewesen seien. In den Versteigerungsbedingungen sei ein Zubehör nicht angegeben. Das Versteigerungsedikt enthalte den ausdrücklichen Vermerk, dass zur Liegenschaft kein Zubehör gehöre. Aus der Erwähnung der Einbaumöbel im Schätzungsgutachten könne nicht gefolgert werden, dass die Möbel als Zubehör der Liegenschaft mitversteigert wurden. Das Exekutionsgericht habe auch durch seinen Beschluss vom 12. Jänner 1983, mit dem der Aufschiebungsantrag der Beklagten abgewiesen worden sei, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Einbaumöbel kein Zubehör der Liegenschaft seien. Der klagenden Partei käme auch keine Gutgläubigkeit beim Erwerb zu, weil sie aus der Aufforderung zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen und dem Versteigerungsedikt entnehmen habe können, dass die Einbaumöbel nicht Zubehör seien.
Das Berufungsgericht ließ die Frage des Eigentums der Beklagten an den Einbaumöbeln offen. Es teilte im Übrigen die Rechtsmeinung des Erstgerichts und sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteigt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Als Bestandteile bezeichnet man die Teile einer zusammengesetzten Sache. Ist die Verbindung mit der Hauptsache so eng, dass sie von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnten, spricht man von unselbständigen Bestandteilen, die sonderrechtsunfähig sind und notwendig das sachenrechtliche Schicksal der Hauptsache teilen (Koziol ‑ Welser 6 II 10; SZ 45/29; SZ 42/35; 1 Ob 21/82 ua). Der Versuch der Revision, die Einbaumöbel als unselbständige Bestandteile zu qualifizieren, scheitert an den Feststellungen der Vorinstanzen über die Beschaffenheit der Möbel und deren Entfernbarkeit, ohne dass damit irgendeine wirtschaftliche Beeinträchtigung verbunden wäre. Die Möbel können demnach nur selbständige Bestandteile oder Zubehör sein, wobei ihre Zuordnung zu der einen oder anderen Kategorie ohne rechtliche Bedeutung ist (Klang 2 II 16).
Ob Möbel und Einrichtungsgegenstände überhaupt als Zubehör einer Liegenschaft anzusehen sind, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (Heller‑Berger‑Stix 1131; Klang aaO 19). Die Eigentümeridentität als Erfordernis der Zubehöreigenschaft ist in jüngster Zeit im Schrifttum in Zweifel gezogen worden (Koziol‑Welser aaO). Beide Fragen können hier auf sich beruhen. Für den Umfang des Eigentumserwerbs des Erstehers durch Zuschlag sind grundsätzlich die im Exekutionsverfahren erfolgte Beschreibung und Schätzung des Exekutionsobjekts, die Versteigerungsbedingungen und das Versteigerungsedikt maßgebend (5 Ob 626/78). Der Gegenstand der Versteigerung wird durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsedikts festgelegt (SZ 52/13; SZ 51/117; 3 Ob 85/83). Im vorliegenden Fall enthält schon das Schätzungsprotokoll vom 22. Juni 1982 den Vermerk „kein Zubehör“. In den Versteigerungsbedingungen scheint ein Zubehör nicht auf. Das Versteigerungsedikt enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass zur Liegenschaft kein Zubehör gehört. Damit ist aber hinreichend klargestellt, dass ein Zubehör der Liegenschaft nicht Gegenstand der Versteigerung war. Natürlicher Zuwachs oder die Vermehrung solchen Zubehörs, wie sie die normale Führung einer Land‑ und Forstwirtschaft mit sich bringt, gebührt allerdings dem Ersteher auch dann, wenn es nicht beschrieben oder geschätzt wurde (Heller‑Berger‑Stix 1245; SZ 20/6; SZ 16/44; 5 Ob 626/78). Ebenso soll der Ersteher auch Zubehörstücke verlangen können, deren Vorhandensein bei der Schätzung nicht bekannt war oder von denen angenommen wurde, dass sie nicht Zubehör sind, wenn deren Vorhandensein nicht von wesentlichem Einfluss auf den Gesamtschätzwert der Liegenschaft ist (Heller‑Berger‑Stix aaO). Die Einbaumöbel, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, können weder der erstgenannten Kategorie noch – ihre Zubehöreigenschaft überhaupt vorausgesetzt – der zweitgenannten Kategorie zugerechnet werden. Zu Unrecht beruft sich die klagende Partei auf die Erwähnung der Einbaumöbel im Sachverständigengutachten, weil diesem keine selbständige Bedeutung zukommt. Die Beschreibung der Liegenschaft und des Zubehörs hat im Schätzungsprotokoll zu erfolgen, dessen Errichtung dem Beauftragten des Gerichts obliegt. Auch die Feststellung des Schätzwerts erfolgt durch das Gericht. Dem Sachverständigen kommt hiebei nur beratender auf aufklärender Wirkungskreis zu. Es obliegt ihm lediglich, dem Gericht die erforderlichen Grundlagen zu liefern (Heller‑Berger‑Stix 1147 f, insb 1152). Daraus ergibt sich aber, dass die klagende Partei durch den Zuschlag Eigentum an den Einbaumöbeln nicht erwerben konnte. Auf einen anderen Rechtsgrund hat sie sich nicht berufen. Zur Frage ihrer Gutgläubigkeit ist nach der dargestellten Sach‑ und Rechtslage nicht mehr Stellung zu nehmen.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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