European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00663.840.1018.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Erstgerichts wird mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass es zu lauten hat:
„Der Beklagten steht auf Grund des am 2. Juli 1980 errichteten Testaments des am 12. Juli 1980 verstorbenen Franz B***** ein über ein Drittel des Nachlasses hinausgehendes Erbrecht auf ein weiteres Sechstel des Nachlasses nicht zu.
Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 49.269,16 S bestimmten Kosten (darin enthalten 3.538 S Barauslagen und 3.387,49 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zuersetzen.“
Die Beklagte ist ferner schuldig, den Klägern auch die mit 4.459,60 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 356 S Barauslagen und 372,60 S Umsatzsteuer) sowie die mit 8.068,32 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 558,94 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind die gesetzlichen Erben des am 12. 7. 1980 verstorbenen Franz B*****. Dieser hatte am 2. 7. 1980 in der Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. Josef L***** ein maschingeschriebenes Testament errichtet, dessen Punkt 2. wie folgt lautet:
„Ich setze als Erben meines Nachlasses meine Großnichten Mrs. Hana L***** (die Beklagte) ..., Frau Jitka S***** ... und meine Großcousine Olga M***** ... zu je einem Drittel ein“.
Da einer der das Testament unterfertigenden Zeugen der Bruder der Olga M***** ist, war die Erbeinsetzung der Genannten ungültig. Aus diesem Grunde haben die Kläger bezüglich des letzten Drittels des Nachlasses eine Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben, während die Beklagte und Jitka S***** Erbserklärungen betreffend dieses Drittel auf Grund des Testaments abgaben. Im Verlassenschaftsverfahren wurde den Klägern die Klägerrolle zugeteilt. Sie strebten daher mit der vorliegenden Klage die Feststellung an, dass die im Testament genannten Personen bezüglich des auf Olga M***** entfallenden Drittels nicht Erben sind, vielmehr das Erbrecht ihnen zukomme. Sowohl Olga M***** als auch Jitka S***** haben im Zuge dieses Verfahrens das Klagebegehren anerkannt, weshalb diesbezüglich in Rechtskraft erwachsene Anerkenntnisurteile ergangen sind.
Während das Erstgericht auch bezüglich der verbleibenden Beklagten dem Klagebegehren stattgegeben hat, wurde dieses Begehren vom Berufungsgericht abgewiesen. Es führte aus, dass über den Wortlaut des Testaments hinaus ein bestimmter Testierwille des Erblassers nicht feststellbar sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und ließ die Revision zu. Das Erstgericht vertrat den Rechtsstandpunkt, bei der Erbeinsetzung handle es sich um eine zu bestimmten Anteilen, weshalb der freigewordene Anteil nicht über den übrigen Erben zuwachse. Demgegenüber führte das Berufungsgericht aus, rein rechnerisch komme die vorliegende Erbeinsetzung auf dasselbe hinaus, wie die Einsetzung zu gleichen Teilen. Da eine solche als unbestimmte Erbeinsetzung gelte, müsse auch die vorliegende Erbeinsetzung als solche behandelt werden, weshalb der freigewordene Teil der Beklagten, als eingesetzter Erbin, zur Hälfte zuwachse.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist gerechtfertigt.
Nach § 560 ABGB findet ein Zuwachs dann statt, wenn alle Erben ohne Bestimmung der Teile, oder in einem allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Teilung zur Erbschaft berufen werden, während gemäß § 562 ABGB einem bestimmt eingesetzten Erben in keinem Falle das Zuwachsrecht gebührt. Wie das Berufungsgericht selbst erkennt, legt die überwiegende Lehre (eine Ausnahme bilden Gschnitzer , Erbrecht S 64 f und Faistenberger in Gschnitzer , Erbrecht 2 , 76) diese beiden Bestimmungen dahin aus, dass eine Einsetzung „zu gleichen Teilen“ oder zu „vier gleichen Teilen“ unbestimmt ist, nicht aber die Einsetzung zu je einem Viertel ( Welser in Rummel , Rdz 4 zu §§ 560 bis 563 ABGB, Kralik , Erbrecht, 176, Weiss in Klang 2 III, 247 f, Koziol‑Welser 6 II 294 f). Die gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts dahin, dass wegen des rechnerisch gleichen Ergebnisses die Erbeinsetzung zu ziffernmäßig bestimmten gleich großen Quoten einer Einsetzung ohne Bestimmung der Teile gleichgehalten werden müsse, widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, weil es geradezu eine Verkehrung in das sprachliche Gegenteil wäre, würde man die Festsetzung ziffernmäßig bestimmter Quoten als Einsetzung ohne Bestimmung der Teile verstehen. Würde man dagegen der Ansicht Gschnitzers folgen, dass infolge des gleichen rechnerischen Resultates die Erbeinsetzung zu bestimmten Quoten einer in allgemeinen Ausdrücken gehaltenen Erbeinsetzung zu gleichen Teilen gleichgehalten werden müsse, würde der zweite Teil der Bestimmung des § 560 ABGB jeden Sinnes entbehren. Tatsächlich ergibt eine Gegenüberstellung der Bestimmung des § 560 ABGB mit jener des § 562 ABGB, dass der Gesetzgeber zwischen einer Erbeinsetzung zu gleichen Teilen in einem allgemein gehaltenen Ausdruck und einer Erbeinsetzung zu ziffernmäßig bestimmten Anteilen einen Unterschied machen wollte, obwohl klar ist, dass rein rechnerisch zwischen derartigen Erbeinsetzungen dann kein Unterschied bestehen kann, wenn im zweiten Fall die ziffernmäßig festgesetzten Anteile gleich groß sind.
Es ist richtig, dass bei dieser Auslegung einem unter Umständen nur zufällig vom Erblasser gewählten Ausdruck entscheidende Bedeutung zukommen kann. Dies mag unbefriedigt erscheinen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass es sich beim Testament um ein streng formgebundenes Rechtsgeschäft handelt und bei derartigen Rechtsgeschäften sprachlichen Wendungen oft besonders entscheidende Bedeutung zukommt. Demnach ist es nicht außergewöhnliches, dass auch in Fällen wie dem vorliegenden die vielleicht zufällig gewählte sprachliche Wendung dann entscheidend ist, wenn ein gegenteiliger Testierwille des Erblassers nicht feststellbar ist.
Es war daher grundsätzlich die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen, wobei jedoch unter Zugrundelegung der zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts das Begehren richtig zu formulieren war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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