Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die von den beiden Klägern am 28. Dezember 1987 beim Bezirksgericht Bad Ischl eingebrachte Klage - mit der sie einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe verbunden haben - wurde am 13. Jänner 1988 dem Kreisgericht Wels zuständigkeitshalber überwiesen (§ 79 Abs 1 JN). Schon in der Klage haben die Kläger alle Richter des Kreisgerichtes Wels und des Oberlandesgerichtes Linz wegen Besorgnisses der Befangenheit abgelehnt. Sämtliche Richter des Kreisgerichtes Wels und ein Teil der Richter des Oberlandesgerichtes Linz, darunter auch die Mitglieder des Senates 3, Dr. H***, Dr. G*** und Dr. J***, haben wegen
dienstlicher oder privater Kontakte zu den Beklagten ihre Befangenheit angezeigt.
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluß vom 14. April 1988, 7 N 504/88, dem Antrag der Kläger auf Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichtes Linz nicht Folge gegeben.
In einer Ergänzung ihrer Erklärungen haben die zur Entscheidung über die geltend gemachte Befangenheit der Richter des Kreisgerichtes Wels zuständigen Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. H***, Dr. G*** und Dr. J*** ausgeführt, ihre Befangenheitsanzeige nur für den Fall aufrecht zu erhalten, daß sie an einer materiellen Entscheidung mitwirken müßten, nicht aber auch für den Fall einer formellen Entscheidung wie insbesondere der Beschlußfassung über Befangenheitsanzeigen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Linz den Befangenheitsanzeigen der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. H***, Dr. G*** und Dr. J*** nicht stattgegeben. Jede Ablehnung und jeder Ausschluß eines Richters sei immer nur im Hinblick auf das konkrete Verfahren zu beurteilen. Es sei daher nicht nur zu untersuchen, ob eine aus der Befangenheit ableitbare psychologische Hemmung überhaupt vorliege, sondern auch, ob sie in bezug auf die zu erwartenden konkreten Amtshandlungen des abgelehnten oder seine Befangenheit anzeigenden Richters zum Tragen kommen könne. Dies sei hier zu verneinen. Für die Mitwirkung an einer Entscheidung über die Ablehnung der Richter des Kreisgerichtes Wels bzw. darüber, ob sich die Richter dieses Gerichtes zu Recht zur Entscheidung über die Klage befangen erklärt haben, sei ein allfälliges beruflich bedingtes oder kollegiales Nahe- oder Freundschaftsverhältnis zu einem der Beklagten ohne jede Bedeutung. Sei dabei doch nicht für oder gegen die Beklagten zu entscheiden, sondern nur darüber, ob ein die Prozeßführung beeinträchtigendes Naheverhältnis zwischen den Richtern des Kreisgerichtes Wels und den Prozeßparteien vorliege.
Die Kläger bekämpfen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz mit Rekurs, der nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen ist. Sie stellen jedoch auch neuerlich einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, "soweit Unterfertigung durch Rechtsanwälte erforderlich ist". Es gehe nicht an, Richtern, die sich selbst für befangen erklärten, die "Anerkennung dieser Befangenheit zu verweigern". Ein Richter wisse selbst am besten, wann er befangen sei.
Soweit in einer bürgerlichen Rechtssache gegen eine im Ablehnungsverfahren ergangene Entscheidung ein Rechtsmittel nicht nach der Regelung des § 24 Abs 2 JN ausgeschlossen ist, richten sich Zulässigkeit und Formgebundenheit des Rekurses nach den für das Anlaßverfahren geltenden Bestimmungen. Im Rechtsstreit müssen schriftliche Rekurse gemäß § 520 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Im Verfahren über Verfahrenshilfeanträge gilt diese Formvorschrift nach der Regelung des § 72 Abs 3 ZPO jedoch nicht (Fasching II 454). Die von den Klägern erhobenen Ablehnungserklärungen betreffen zwar nicht bloß das Verfahren über den Verfahrenshilfeantrag, sondern alle zufolge der Klageerhebung notwendig werdenden gerichtlichen Amtshandlungen. Wegen des von den Klägern gestellten Verfahrenshilfeantrages bedarf es aber vorweg einer Entscheidung in dem vom Anwaltszwang ausgenommenen Verfahren über die Verfahrenshilfeanträge. Das wirkt auch für den Rekurs im anhängigen Ablehnungsverfahren. Der vorgelegte schriftliche Rekurs unterliegt daher nicht dem Gebot der Anwaltsunterfertigung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive. Befangenheit liegt vor, wenn die Fähigkeit zu einer sachlichen Beurteilung fehlt oder irgendwie behindert ist oder eine solche Behinderung doch mit Grund befürchtet werden kann. Die Frage der Befangenheit läßt sich jedoch nicht generell für alle Rechtssachen einer einen Richter wegen Besorgnisses der Befangenheit ablehnenden Partei oder einer Partei, der gegenüber ein Richter seine Befangenheit angezeigt hat, lösen. Sie ist vielmehr in bezug auf die konkrete Rechtssache zu prüfen.
Auch wenn ein Richter selbst seine Befangenheit erklärt, muß dies deshalb unter Hinweis auf konkrete Umstände, die ihrer Natur nach in einer konkreten Sache eine Befangenheit zu begründen geeignet sind, geschehen.
Im vorliegenden Fall haben die Richter des Oberlandesgerichtes Linz Senatspräsident Dr. Othmar H***, Dr. Othmar G*** und Dr. Wilhelm J*** zunächst zwar in allgemeiner Form wegen dienstlicher oder privater Kontakte zu den Beklagten ihre Befangenheit angezeigt, in der Folge jedoch ihre Erklärungen dahin ergänzt, daß sie sich in der konkret zu entscheidenden Sache nicht befangen fühlen. Eine Befangenheitserklärung der genannten Richter in der konkreten Rechtssache - Entscheidung über die Ablehnung der Richter des Kreisgerichtes Wels wegen Besorgnisses der Befangenheit - liegt daher gar nicht vor. Mit Recht hat daher das Oberlandesgericht Linz ihren allgemein erklärten Befangenheitsanzeigen nicht stattgegeben.
Dem Rekurs der Kläger war deshalb ein Erfolg zu versagen.
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